Antrag zum 8. Bundeskongress der Linksjugend ['solid] vom 17. bis 19. April 2015 in Erfurt Antrag: Antragsteller*in: Anerkennung des Völkermords an den Armeniern Kristof Sebastian Roloff (Landesverband Niedersachsen) Die Delegierten des Bundeskongresses mögen nachstehende Resolution verabschieden: Vor 100 Jahren | Deutschlands Beihilfe zum Völkermord an den Armeniern Am 24. April 1915 begann eines der grauenvollsten Verbrechen während des Ersten Weltkriegs und des 20. Jahrhunderts insgesamt. An diesem Tag veranlasste die damalige jungtürkische Regierung des Osmanischen Reichs die Verhaftung von 2.345 Armeniern in Konstantinopel unter dem Vorwurf einer angeblichen Kollaboration mit dem verfeindeten russischen Zarenreich, welcher sich ab dem 27. Mai 1915 mit einem entsprechenden Deportationsgesetz gegen die gesamte armenische Bevölkerung richtete. Die Zivilbevölkerung wurde auf „Todesmärsche“ in die syrische Wüste geschickt oder umgehend direkt massakriert. Dies war der Beginn einer systematischen Deportations- & Vernichtungsaktion von insgesamt 1,5 Millionen Armeniern. Das deutsche Kaiserreich wusste um die Verbrechen an den Armeniern und förderte diese zugunsten des politischen Verhältnisses gegenüber dem Osmanischen Reich als Bündnispartner im Ersten Weltkrieg. So berichtete der deutsche Generalkonsul Johann Heinrich Mordtmann bereits im Juni 1915, Zitat: „Das lässt sich nicht mehr durch militärische Rücksichten rechtfertigen. Es handelt sich vielmehr, wie mir Talât Bey [Innenminister des Osmanischen Reichs & jungtürkischer Führer, Anm.] vor einigen Wochen sagte, darum, die Armenier zu vernichten.“ Die von deutschen Ingenieuren errichtete „Anatolische Bahn“, Symbol der deutsch-türkischen Zusammenarbeit und wichtige strategische Verbindung, diente maßgeblich zur Deportation der Armenier in Viehwagen. Diese Bahn wurde von der Anatolischen Eisenbahngesellschaft betrieben, welche wiederum geführt wurde von... der Deutschen Bank. So wurden im deutschen Kaiserreich die Verbrechen an den Armeniern systematisch totgeschwiegen, was dem deutschen Kapital in der Logik des Krieges nur nützlich sein konnte. So kommentierte der damalige deutsche Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg gegen Ende des Jahres 1915 gleichgültig: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zu Grunde gehen oder nicht.“ Diese längst durch Fakten belegte Verbrechen sowie die direkte Verstrickung Deutschlands in den Völkermord an den Armeniern wird bis heute von der deutschen Bundesregierung aus CDU & SPD nicht als Völkermord bezeichnet. Die Deutungshoheit über die Geschehnisse in Armenien während des Ersten Weltkriegs läge nicht bei der Bundesregierung, heißt es sinngemäß in einer Antwort auf eine Anfrage der Partei DIE LINKE im Bundestag. Der türkische Staatsapparat wiederum sieht in der Verwendung des Völkermord-Begriffs gar einen Angriff auf das Türkentum selbst und ahndet dies mit hohen Gefängnisstrafen. Das bedeutet, dass ausgerechnet die beiden am Völkermord beteiligten Länder sich den historischen Tatsachen verweigern, die armenische Bevölkerung auch 100 Jahre später demütigen und letztlich de facto Geschichtsrevisionismus betreiben. What the fuck?! Als sozialistischer & antifaschistischer Bundesverband wehren wir uns entschieden gegen diese skandalösen Relativierungen seitens der deutschen Regierung. Die Deutung der Geschichte ist Grundlage für die heutige und zukünftige Politik in der Bundesrepublik Deutschland. Wir fordern daher: • Öffentliche Anerkennung der Verbrechen an den Armeniern als Völkermord • Verbot sämtlicher Relativierungen oder Leugnungen des Völkermords an den Armeniern • Verpflichtende Behandlung des Themas an sämtlichen deutschen Schulformen ab der 8. Klasse • Errichtung von je einer Gedenktafel in unmittelbarer Nähe der Deutschen Bank in Frankfurt am Main und des Reichstagsgebäudes in Berlin • Eine Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Jerewan • Staatlich finanzierte Förderung von Aufklärungsarbeiten bezüglich des Völkermords an den Armeniern Begründung: erfolgt mündlich, bei Bedarf. Der Bundeskongress möge zudem direkt nach Verabschiedung der Resolution eine Schweigeminute für die 1,5 Millionen ermordeten Armenier vor 100 Jahren einlegen.
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