TOMORROW – HEUTE MIT VERLOSUNG! Die Welt ist voller Lösungen Wir verlosen 150x 2 Kinokarten FREITAG, 27. MAI 2016 KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 ** D 2,50 E URO Zippert zappt THEMEN POLITIK Streit über Arbeitsmarktreform erschüttert Frankreich Kommentar Seite 3, Seite 7 WIRTSCHAFT Mehr Schwarzarbeit durch Flüchtlinge? Seite 9 Die Armenier und wir JACQUES SCHUSTER Z Seite 20 PANORAMA Wie Florenz gegen die vielen Schmierereien vorgeht DPA/MICHAEL KAPPELER (2); REUTERS/TORU HANAI Da stimmt die Chemie Dieser Mann hat sich stets im Griff. Joachim Sauer, Ehemann von Kanzlerin Angela Merkel, liebt öffentliche Auftritte nicht sonderlich. Dennoch ist er mit seiner Frau zum G-7-Gipfel nach Japan gereist. Dort absolviert er das obligatorische Begleitprogramm für Ehepartner. Der sonst oft so reserviert wirkende Chemieprofessor zeigt sich gelöst und heiter, ob beim Bäumchenpflanzen (oben) oder beim Small Talk. Mit Akie Abe (Bild unten rechts, 2. v. r.), Gattin des japanischen Premiers Shinzo Abe, sowie Malgorzata Tusk (l., Frau des EU-Ratspräsidenten Donald Tusk) und Sophie Grégoire-Trudeau (Kanada) gab es offenbar einiges zu lachen. Wie er das alles wirklich fand? Das Seite 6 weiß wohl nur er. Bundestag nimmt keine Rücksicht auf Erdogan Neuer Antrag zum Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich: Es soll nun klar als Völkermord bezeichnet werden. Türkischer Präsident hat genau davor gewarnt – und Beweise verlangt E igentlich sollte es schon vor mehr als einem Jahr so weit sein. Doch seither sind mehrere Anläufe gescheitert. Denn jedes Mal waren andere Interessen wichtiger: diplomatische Rücksichtnahme auf den wichtigen Verbündeten im Kampf gegen islamistische Terroristen beispielsweise – und zuletzt höfliche Milde, um das Flüchtlingsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei nicht ins Wanken zu bringen. WISSEN Schwarze Löcher gibt es häufiger, als man denkt Nr. 122 KOMMENTAR N ach Tagen der Ungewissheit gibt es endlich wieder ein Lebenszeichen vom Hauptstadtflughafen. Dieser neue Berliner Bürgermeister, der nicht mehr Wowereit heißt, sagte, er könne „nicht mehr ausschließen, dass wir mit der Eröffnung im Jahr 2018 landen“. Ein Zeichen der Hoffnung: Dann landet 2018 wenigstens etwas auf dem Flughafen. Flughafenchef Mühlenfeld hält allerdings an einem Termin 2017 fest. Es wäre also durchaus denkbar, dass der Flughafen 2017 eröffnet wird, aber erst 2025 in Betrieb geht. Wichtig wäre es, dass endlich Eröffnung gefeiert wird, damit das Thema mal vom Tisch ist. Denn es droht neuer Ärger: Umliegende Gemeinden beschweren sich bereits über ausbleibenden Fluglärm. Tiefflieger der Bundeswehr sollen Abhilfe schaffen. Doch wie geht es mit dem Flughafen weiter? Das größte Problem gibt es mit der Entrauchungsanlage. Deshalb wird überlegt, ob der BER nicht Deutschlands erster Raucherflughafen werden soll, dann wäre Entrauchung kein Thema mehr. Natürlich muss dann der Flughafen außen mit großformatigen Schockfotos bedruckt werden. B VON CLAUDIA KADE Nun wird es aber der 2. Juni sein, an dem der Deutsche Bundestag klare Worte findet: Am Donnerstag kommender Woche werden Union, SPD und Grüne in einem gemeinsamen Antrag über die Parteigrenzen hinweg die Massaker an Armeniern im Osmanischen Reich vor gut 100 Jahren klar als Völkermord verurteilen. Die Zurückhaltung aus Sorge vor Verstimmungen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist in den Koalitionsfraktionen gewichen. Auf Druck der Grünen wird ein fraktionsübergreifender Antrag zur Abstimmung gestellt, in dem der Begriff „Völkermord“ gleich in der Überschrift auftaucht und dann in dem fünfseitigen Textentwurf, der der „Welt“ vorliegt, mehrmals zu lesen ist – insgesamt kommt er vier Mal vor. Es geht um die Vertreibung und Ermordung von bis zu 1,5 Millionen Angehörigen der christlichen Minderheit im damaligen Osmanischen Reich. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin hat die Gräueltaten an den Armeniern bedauert, bestreitet aber vehement, dass es sich um Genozid handelt. Präsident Erdogan und seine Mitstreiter betrachten eine solche Einstufung der Massaker als Angriff auf die Türkei. Wird der Antrag am kommenden Donnerstag im Bundestag verabschiedet, droht Ärger aus Ankara. Ein Sprecher Erdogans hatte bereits vor einigen Tagen gedroht: Den Vorwurf des Völkermordes zu verbreiten, ohne dafür Beweise vorzulegen, komme einer politischen Ausbeutung des Themas gleich. Eine neuerliche Belastung des deutsch-türkischen Verhältnisses ist zu erwarten – nach dem Zoff über die Erdogan-Satire des ZDFModerators Jan Böhmermann, gegen den auf Klage des türkischen Präsidenten wegen Beleidigung eines Vertreters eines ausländischen Staates ermittelt wird. Auch die Bundesregierung hat eine Festlegung auf den Begriff „Völkermord“ EU: Klare Grenzen bei Zugeständnissen Nach den Drohungen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Streit mit der EU über die Visumfreiheit haben sich die Fronten verhärtet. „Bei unseren Zugeständnissen gibt es klare Grenzen“, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk beim G-7Gipfel in Japan. „Mir ist völlig bewusst, dass wir unsere Maßstäbe nicht dem Rest der Welt aufzwingen können, inklusive der Türkei. Aber die anderen können uns ihre Maßstäbe nicht aufzwingen.“ bisher vermieden. Das Kanzleramt und vor allem das Auswärtige Amt hatten die Abgeordneten von Union und SPD über Monate hinter den Kulissen davor gewarnt, mit einer klaren Wortwahl die Beziehungen zu Ankara zu belasten und auch die Versöhnung zwischen der Türkei und Armenien zu erschweren. Um dieser Sorge entgegenzutreten, ist der Text geprägt von dem Bestreben, die Mitverantwortung Deutschlands für die Gräueltaten von damals sowie auch für die Beförderung der armenisch-türkischen Aussöhnung von heute aufzuzeigen. „Der Bundestag bekennt sich zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands“, heißt es. „Dazu gehört, Türken und Armenier dabei zu unterstützen, über die Gräben der Vergangenheit hinweg nach Wegen der Versöhnung und Verständigung zu suchen.“ Grünen-Chef Cem Özdemir sendet versöhnliche Signale Richtung Ankara. „Es geht nicht darum, mit dem Finger auf die Türkei zu zeigen“, sagte Özdemir der „Welt“. „Wir reden endlich ohne jedes Hin und Her über unsere Verantwortung als Deutsche.“ Siehe Kommentar ur Geschichte des Völkermordes gehört bis heute, ihn zu verleugnen. Nur ein Staat hat jemals eingestanden, eine Gruppe von Menschen als Ganzes zu vernichten versucht zu haben: die Bundesrepublik. Der Völkermord an den Armeniern hingegen wurde durch Lüge vorbereitet, mit Verlogenheit begangen und von den Mördern so ausgeheckt, dass ihre Nachfolger die Vergangenheit durch das Prisma ihrer Weltanschauung verbiegen konnten. Mal berief sich die Türkei auf die Selbstverteidigung, dann wieder hielt sie sich für gänzlich unschuldig, um schließlich „Dokumente“ vorzulegen, die der Welt beweisen sollten, wie niederträchtig man sie behandele, wenn man die Wahrheit einfordert. Wann immer Recep Tayyip Erdogan das Wort vom Völkermord hört, schäumt aus ihm die Wut eines Inquisitors, dem es nicht gelingt, die Ketzerei auszurotten. Es wird ihm auch künftig misslingen. Der Mord an den Armeniern besitzt alle Eigenschaften eines Genozids: Ein von einer Einheitspartei beherrschter Staat, dem alle Gewalt zur Verfügung steht, plant und betreibt mithilfe seiner Bürokratie und Technik die Vernichtung einer Minderheit, von der er behauptet, sie habe sich gegen ihn verschworen und bedrohe seine Existenz. Wie der Völkermord an den Juden so war auch der an den Armeniern die Folge einer Zwangsneurose, fixiert auf einen angeblichen Feind, dessen Ausrottung als überlebensnotwendig erschien, sodass der Massenmord nicht nur als erlaubt, sondern auch als geboten galt. Noch etwas erinnert an den Holocaust: die Gier. Die Jungtürken töteten auch, um sich zu bereichern. Sie waren Mörder und Diebe! Es ist also in der Tat hohe Zeit, den Völkermord an den Armeniern als das zu bezeichnen, was er ist. Nur: Hilft es, wenn der Bundestag es tut? Offen bleibt, was das Parlament erreichen will. Eine ausländische Volksvertretung bezeichnet den Völkermord, der vor hundert Jahren am Rande Europas durch ein anderes Volk geschah, als Genozid, damit geschehen soll – ja, was? Glauben die Abgeordneten, Ankara mit ihrem Bekenntnis umzustimmen? Hilft das Offenlegen der Tatsachen den Armeniern gar, gerichtlich gegen die Türkei vorzugehen? Vielleicht aber will der Bundestag die Türken auch nur ärgern? Die Deutschen wissen: Ein selbstkritischer Umgang mit der Vergangenheit lässt sich nur bedingt von außen erzwingen. Der Türkei hingegen müsste allmählich dämmern, dass – sperrt sie sich weiter – es ihr so ergehen wird, wie es Günter Grass „Im Krebsgang“ beschrieb: „Die Geschichte ist ein verstopftes Klo. Wir spülen und spülen, die Scheiße kommt dennoch hoch.“ [email protected] Seite 23 Ein Blick aufs Portfolio der Investoren DAX Im Plus Dax Schluss Euro EZB-Kurs Punkte US-$ 10.276,66 1,1168 +0,70% ↗ +0,19% ↗ Wie abhängig sind die großen Auktionshäuser in London und New York von der weltwirtschaftlichen Lage? Dow Jones 17.40 Uhr 17.830,28 Punkte –0,12% ↘ ANZEIGE Geniale Erfindungen: Das Handy Heute um 16.05 Uhr Wir twittern Diskutieren live aus dem Sie mit uns Newsroom: auf Facebook: twitter.com/welt facebook.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Kanälen – mit der „Welt“-App auf dem Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle L ange hat sich das Bild vom exponentiell wachsenden, rekordverwöhnten internationalen Auktionsmarkt gehalten, die Überschriften in den Zeitungen erzählen stets vom adrenalingeschwängerten Rekordregen. Die großen Auktionshäuser Sotheby’s und Christie’s setzen alles daran, sich immer wieder gegenseitig zu überbieten. VON SWANTJE KARICH Und so übertraf der Anstieg der Preise in den Auktionen in New York und London jahrelang alle oft gerade erst hochgesetzten Erwartungen. Im Jahr 2006 staunte man nicht schlecht, als während der großen Auktionswochen in New York Kunst im Wert von einer halben Milliarde Dollar verkauft wurde, zwischenzeitlich hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. In diesem Wetteifern um die Rekorde haben sich die Auktionshäuser zunehmend abhängig gemacht von eini- gen wenigen Sammlern, die bereit sind, in diesen Höhen mitzubieten. Die Folgen beobachten wir zurzeit. Ein Auktionshaus, dass es besonders hart trifft, ist Sotheby’s. Ein alter Spruch sagt, dass dort Gentlemen arbeiten, die so tun, als seien sie Geschäftsleute. Dieser sympathische Ruf leidet zurzeit etwas; renommierte Mitarbeiter wie Henry Wyndham oder Cheyenne Westphal haben das Unternehmen verlassen. Es vergeht keine Woche ohne eine neue Hiobsbotschaft. Die, die zurückbleiben, wollen die Situation – in vielen Medien schon als Exodus beschrieben – noch als Chance sehen. Sotheby’s-Europa-Chef Philipp Herzog von Württemberg sagt in einem ungewöhnlich offenen Gespräch im Kunstmagazin „Blau“, das am morgigen Samstag der „Welt“ beiliegt: Wyndham sei ein Freund gewesen. „Jetzt ist er weg. Fällt jetzt Sotheby’s zusammen? Nein. Ist der Umsatz nach unten gegangen? Nein.“ Doch die Geschäfte bei älterer Kunst laufen alles andere als vielversprechend. Bei den New Yorker Abendauktionen mit Impressio- nismus und Moderne ist ein Drittel der Bilder durchgefallen. Von Württemberg sieht die Gefahr: „Die wenigen superreichen Sammler überlegen sich, ob sie jetzt wirklich 30 oder 40 Millionen Dollar für einen Cy Twombly ausgeben wollen. Sie schauen auf ihr Portfolio, sehen die Ölkrise, ein schlechtes Investment in Asien, das nicht um 40 Prozent gewachsen ist, sondern nur um 14 Prozent.“ Die Auktionshäuser teilen sich weltweit nur 4500 High-End-Kunden. Ihre Erwerbungen machen allein bei Sotheby’s 80 Prozent des Umsatzes aus. Angesichts der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung wird diese Situation nicht nur die Mitarbeiter der Auktionshäuser unruhig werden lassen. Ist die aktuelle Situation der Beweis für die viel beschworene Kunstmarktblase, die irgendwann platzt – vielleicht gar jetzt gleich oder im kommenden Herbst? Nein. All jene High-End-Sammler haben ein viel zu großes Interesse daran, dass das System hält. Ihre Lager sind voll mit Kunst, die ihnen als liebstes Investment gilt. DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Telefon: 030 / 2 59 10 Fax 030 / 259 17 16 06 E-Mail: [email protected] Anzeigen: 030 / 58 58 90 Fax 030 / 58 58 91 E-Mail [email protected] Kundenservice: DIE WELT, Brieffach 2440, 10867 Berlin Telefon: 0800 / 9 35 85 37 Fax: 0800 / 9 35 87 37 E-Mail [email protected] ISSN 0173-8437 122-21 A 3,20 & / B 3,20 & / CH 5,00 CHF / CZ 95 CZK / CY 3,40 & / DK 25 DKR / E 3,20 & / I.C. 3,20 & / F 3,20 & / GB 3,00 GBP / GR 3,40 & / I 3,20 & / IRL 3,20 & / L 3,20 & / MLT 3,20 & / NL 3,20 & / P 3,20 & (Cont.) / PL 15 PLN / SK 3,20 € + © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung DIE WELT -2016-05-27-ab-22 cec1af788afad7510a55a5b92a61635e ZKZ 7109
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