Glimpses 1/2015 - Schoch & Partner

01/2015
Gründe, weshalb Frauen sich nicht für Jobs bewerben
Ein Artikel von Tara Sophia Mohr in der Online-Ausgabe von
Harvard Business Review vom 25.8.2014 enthält einige Anregungen für alle, die ein Interesse haben mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Ausgangspunkt war ein im FORBES
Magazine vom 28.4.2014 erschienener Artikel, der die Autorin
nachdenklich machte. Im besagten Artikel wird aus einem internen Report von Hewlett Packard zitiert: Männer bewerben sich,
wenn sie die Job-Anforderungen zu 60 % erfüllen, Frauen jedoch nur dann, wenn sie die Anforderungen zu 100 % erfüllen.
Vielleicht haben Sie diese Daten so oder in einer anderen Form
auch schon gelesen. Der FORBES Artikel kam zum Schluss, dass
Frauen mehr Selbstvertrauen haben müssen, um an die Top-Jobs
zu kommen.
Die Autorin hat daraufhin eine Erhebung bei über 1000 vorwiegend amerikanischen Fachleuten (professionals) mit folgenden
Ergebnissen durchgeführt:
Was sagt die Autorin dazu?
Interessant war, dass die Gründe „ich dachte, dass ich den Job
nicht hätte gut machen können“ und „ich dachte, dass sie mich
nicht nehmen würden, weil ich die Anforderungen nicht abgedeckt habe und weil ich meine Zeit und Energie nicht verschwenden wollte“ keine grossen Unterschiede zwischen den
Geschlechtern erkennen liess. Mit anderen Worten sagt die
Autorin: Menschen, die sich nicht bewarben, glaubten, die
geforderten Qualifikationen wären notwendig, um eingestellt zu
werden und weniger, um den Job erfolgreich zu machen. Und
weiter sagt Tara Sophia Mohr: Die Vermutung der Bewerbenden
ist, dass die Erfüllung der Anforderungen im Einstellungsprozess
wichtiger ist als eine positive Beziehungsgestaltung, das Verfechten der eigenen Meinung und ein kreativer Umgang mit den
Rahmenbedingungen. Was Kandidaten beider Geschlechter
zurückhielt, war nicht eine verzerrte Wahrnehmung der eigenen
Fähigkeiten, sondern eine verzerrte Wahrnehmung des Einstellungsprozesses.
Rund 22 % der Frauen wollten das Risiko des Scheiterns nicht
eingehen (Grund 3 in der Grafik), ein Aspekt, der Männer deutlich weniger von einer Bewerbung abhielt.
Wenn ein Unternehmen mehr Bewerbungen von Frauen möchte, dann ist es notwendig den Bewerbungsprozess möglichst
einfach und transparent zu gestalten. Frauen neigen dazu, sich
eher an die Regeln zu halten als Männer (Grund 5). Deshalb
brauchen sie Ermutigung sich zu bewerben, auch wenn sie die
geforderten Qualifikationen nicht zu 100 % erfüllen.
Roland Schochs Anmerkungen
Der Wunsch nach Innovation ist allgegenwärtig. Sie werden
kaum eine Zeitung finden, in der nicht irgendwo die Forderung
nach innovativen Lösungen zu lesen ist. Die Politik, die Wirtschaft, die Sozialpartner, der Kunstbetrieb, der Tourismus und
das Bildungswesen sind nur einige Beispiele, die in den letzten
Wochen in den Medien diskutiert wurden. Auch findet sich
kaum ein Unternehmen, das nicht
an irgendeiner Stelle den innovativen Anspruch proklamiert. Allein,
Innovation zu fordern ist weder
besonders einfallsreich noch zielführend. Zielführend ist, zu klären, was
unter Innovation (Invention, also
Erfindung, oder Innovation im Sinne
der inkrementellen oder radikalen
Erneuerung) verstanden wird und
ob im Unternehmen dazu Konsens
herrscht. Dann ist die Frage zu
beantworten, was genau der Innovation bedarf: Produkte, Prozesse,
Systeme, Strukturen, das Geschäftsmodell oder die Kultur? Welche heiligen Kühe sind zu
schlachten (z.B. Schuster bleib bei deinen Leisten) und welche
Themen sollen weiterhin tabu bleiben (z.B. Innovation ist ein
Thema der Entwicklungsabteilung)? Innovation auf die Dinge
einzugrenzen, die gewollt resp. erlaubt sind, scheint in der Praxis
nicht gut zu funktionieren. Innovative Firmen haben über lange
Zeiträume eine Kultur entwickelt, gehegt und gepflegt, die im
Wettbewerb den Unterschied machen. Dabei muss das Management einen Spagat machen, der schwer auszuhalten ist.
Gut möglich, dass sich die Innovation-Fordernden selbst im
Wege stehen. Hier die Gründe weshalb:
Rahmenbedingungen
für Innovation
Regeln brechen
Dinge hinterfragen, die absolut sicher erscheinen
Risiken eingehen
Chancen nutzen
Management Aufgaben
Regeln aufstellen
Für Regeleinhaltung sorgen
Risiken minimieren
Planen und Antizipieren als
Zukunftssicherung
Ausserdem erhöht Innovation den Veränderungsdruck und
damit steigt die Wahrscheinlichkeit von Unruhe und Unsicherheit
im Unternehmen. Nur wenige Mitarbeiter vermögen Veränderung als Chance wahrzunehmen, und Führungskräfte sind da
keine Ausnahme. Wenn das mentale „Mindset“ auf Zukunftssicherung und Stabilität fokussiert ist, sind Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit keine Option fürs Management.
der Kitt, der das Unternehmen zusammenhält. Mit zunehmendem Alter verliert der Kitt die Elastizität und damit auch die
Fähigkeit, Dinge zusammen und dicht zu halten. Dieses „Verbindende“ verträgt sich schlecht mit Egoismus und „Egomanentum“. Das Durchsetzen persönlicher Interessen und der stete
Blick auf die nächsthöhere Position führen zu einer internen
Wettbewerbskultur anstatt zu einer externen Wettbewerbskultur
mit Fokus auf die Märkte.
Glimpses
Organisationen neigen dazu, die Verantwortung für KarriereEntgleisungen der gescheiterten Führungskraft zuzuschieben und
geben selten zu, auch einen erheblichen Teil zum Scheitern
beigetragen zu haben. Diese selektive Wahrnehmung und das
Ausblenden der eigenen Verantwortung verhindert aber Lernen.
Das Paradoxe an der Tabuisierung von Niederlagen und der
eigenen Verantwortung an Misserfolgen führt zu einer Verliererkultur. Wenn es schwierig ist über Fehler zu sprechen, werden
sie verschwiegen. Führungskräfte und Mitarbeiter beginnen,
Verantwortliche für die Fehler anderswo zu suchen. „Cover your
ass“ nennen das die Amerikaner. Bekannte Symptome für eine
Schuldzuweisungskultur sind: Man sucht Schuldige anstatt Lösungen, jede Aktion wird abgesichert, die „cc-Zeile“ in Emails ist
voll, Entscheidungen werden nach „oben“ delegiert, „Beweise“
werden gesammelt und in Dateien abgelegt etc., etc., etc. Dass
eine Vertrauenskultur in einem solchen Kontext nicht möglich
ist, scheint jedem klar. Da sei die Frage erlaubt, warum Vertrauenskulturen so selten sind. Ist in einer kompetitiven Welt etwas
anderes als eine Wettbewerbskultur überhaupt möglich? Ist es
utopisch, eine Vertrauenskultur zu propagieren, wenn Durchsetzungskraft, Ehrgeiz und Umsetzungskompetenz die wichtigsten
Attribute sind, um die ambitionierten Unternehmensziele zu
erreichen?
Frauen in Führungspositionen
Spätestens dann, wenn grosse Beratergruppen ein Terrain besetzen oder einem Thema vermehrte Aufmerksamkeit schenken, ist
die Zeit für Führungskräfte und HR gekommen, sich auch dem
Thema zu nähern. Es ist dann „Mainstream“ geworden und ein
Zeichen dafür, dass der Zeitgeist in die oberen Etagen von Unternehmen eingezogen ist. Im April 2014, im September 2014,
im Januar 2015, im Februar 2015 und im McKinsey Quarterly
vom 11.2.2015 und 17.2.2015 sind „Frauen in Führungspositionen und Diversity“ thematisiert worden. Lareina Yee stellt im
McKinsey Quarterly vom Januar 2015 fünf Fragen an das TopTeam, die ich Ihnen in der Originalfassung als „food for thought“
wiedergeben möchte:
1.
2.
3.
4.
5.
Where are the women in our talent pipeline?
What skills are we helping women build?
Do we provide sponsors along with role models?
Are we rooting out unconscious biases?
How much are our policies helping?
Vielleicht ist es in Ihrem Unternehmen noch zu früh, um eine
grosse Initiative zu starten. Wie wäre es denn mit einem Mentoring-Programm für Frauen mit Potenzial? Gerne beraten wir Sie
in der Konzeption und Durchführung eines auf Ihre Bedürfnisse
zugeschnitten Programms. Sie haben es in der Hand, Ihre Unternehmung heute schon diesbezüglich in die richtigen Bahnen zu
leiten, bevor jemand unangenehme Fragen stellt.
Leadership
Im 5. Teil der Serie „Talent und Potenzial“ liegt der Schwerpunkt
auf weichen Aspekten, die beim genaueren Hinschauen durchaus harte Konsequenzen haben können.
Kultur als Treiber oder Fallgrube
In vielen Unternehmen ist Führung ein „Unterstellungsspiel“. Die
Beteiligten unterstellen sich gegenseitig Kompetenz. Das ist
manchmal notgedrungen so. Wenn eine junge Nachwuchskraft
zum ersten Mal Führungsverantwortung übernimmt, ist das ein
Schritt ins Ungewisse. Erst die Zeit wird zeigen, ob es der jungen
Führungskraft gelingt, die neue Rolle anzunehmen und auszufüllen. Diese Ungewissheit bleibt bei jedem künftigen Jobwechsel.
Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob es beim nächsten Wechsel in eine neue Hierarchiestufe, in eine neue Funktion, in ein
neues Unternehmen oder in einen anderen Kulturkreis klappt.
Erstaunlicherweise wollen das Organisationen nicht wahrhaben.
Ist der allererste Karriereschritt einmal gelungen, unterstellt man
den Kandidaten, dass sie auch jeden nächsten Schritt schaffen
werden - bis zum Scheitern. Die wenigsten Unternehmen gehen
mit Niederlagen gut um. „Scheitern“ ist eine Schlappe für alle
Beteiligten. Ist ein Ausrutscher auch das Karriereende für die
Hoffnungsträger? Gibt es Fehltritte, die verziehen werden, solange die „Zahlen“ stimmen? Toleriert man herablassendes,
diskriminierendes, sexistisches Verhalten, solange die Ziele erreicht oder gar übertroffen werden? Kann eine Führungskraft als
Menschenschinder gelten und doch fest im Sattel sitzen, weil
z.B. der Shareholder-Value stimmt? Die Antworten auf diese
Fragen geben Hinweise auf die Unternehmenskultur. Diese ist
Wann kann Kultur zu einem Entwicklungstreiber werden? So
eindeutig ist die Sache nicht. Wenn es auch leicht fällt, Stolpersteine und Fallgruben für Organisationen und Individuen zu
identifizieren, ist die Zuschreibung von eindeutigen Kriterien für
den Erfolg als Führungskraft deutlich schwieriger. Ein Ausgangspunkt ist sicherlich, Rahmenbedingungen zu schaffen, die entwicklungsfreundlich und nicht hinderlich sind. Das gilt nicht nur
für hierarchische Karrieren, sondern vielleicht noch vielmehr für
Fachkarrieren. Dazu gehören das Erarbeiten einer Führungskräfte- und Fachkarrieren-Strategie sowie eine Überprüfung der
blinden Flecken der Organisation in Bezug auf Führungskräfteentwicklung und der Verantwortlichkeiten (accountability). Insbesondere Glaubenssätze sind zu hinterfragen. Wenn man in
einem Unternehmen glaubt, dass „der Rahm steigt“, könnte
man sich sämtliche Entwicklungsarbeit sparen. Eine Kultur, die
sich der Menschen im Unternehmen annimmt und mit ihnen auf
Augenhöhe umgeht, eine, die zulässt, dass Menschen ihre eigenen Pläne haben, eine, die ihnen Perspektiven aufzeigt und
durch regelmässiges Feedback Meilensteine in ihrer Entwicklung
schafft, so eine Kultur hat gute Chancen sich zu einem einzigartigen strategischen Wettbewerbsvorteil zu entwickeln.
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