Pro & Contra: Bundesanleihen halten oder verkaufen?

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Pro & Contra
Bundesanleihen halten
oder verkaufen?
Inhaber von Bundesanleihen werden
Verlierer der internationalen Geldpolitik
Die Frage, ob man Bundesanleihen eher
halten oder verkaufen sollte, lässt sich
pauschal nicht beantworten. Viel hängt
Markus Steinbeis
von der Gewichtung der Anleihen im
Leiter PortfoliomanagePortfolio, der persönlichen Lebenssitument der Huber, Reuss
ation und der individuellen Risikonei& Kollegen Vermögensverwaltung GmbH in
gung des Anlegers ab.
München
Isoliert betrachtet bleiben Bundesanleihen gut unterstützt. Die Europäische
Zentralbank (EZB) wird von nun an bis
September 2016 monatlich Euro-Anleihen im Wert von 60 Mrd.
Euro erwerben. Da bei Bundesanleihen gleichzeitig die Emissionstätigkeit zurückgehen sollte, ist davon auszugehen, dass die EZB in
diesem Zeitraum bis zu 20 Prozent aller ausstehenden Bundesanleihen einsammeln wird. Das könnte die Renditen vielleicht sogar
nochmal etwas drücken und damit für steigende Kurse sorgen. Allerdings muss festgehalten werden, dass sich derzeit die Zinsstruktur bis zu einer Restlaufzeit von etwa 6 Jahren bereits im negativen
Bereich befindet, es sich also um eine reine Kursspekulation handelt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Anleger in den nächsten Jahren
mit dieser Strategie sein Kapital erhält, dürfte daher gering sein.
Die Realität zwingt uns aber zum Umdenken. Negative Realzinsen
und eine deutliche Abwertung des Euros sorgen für eine sukzessive
Enteignung deutscher Sparer. Wer das begriffen hat, sollte seine
Bestände an Bundesanleihen deutlich reduzieren und in ein breit
gestreutes Portfolio investieren. Sachwerte wie Aktien, Immobilien
und Edelmetalle spielen hier die entscheidende Rolle. Anleihen guter Bonität sind nahezu zinslos, können aber die Schwankungen des
Portfolios deutlich reduzieren.
Wir erwarten keine markanten Zinssteigerungen in den nächsten
Jahren, somit wächst der Anlagedruck stetig. In diesem Umfeld
bleiben beispielsweise dividendenstarke Qualitätsaktien mit Renditen von derzeit etwa 3,5 Prozent extrem attraktiv. Kapitalströme
werden sich weiter in diese Richtung bewegen. Sollten deutsche
Anleger ihr Verhalten nicht ändern und weiterhin in großem Stil
an Festgeld, Sparbuch und Bundesanleihen festhalten, drohen Sie
zu den Verlierern der internationalen Geldpolitik zu werden. Man
muss sich große Sorgen um die Altersvorsoge hierzulande machen.
07
Weitere Kursgewinne
in Sicht
Obwohl die Kurse von Bundesanleihen aktuell in der Nähe ihrer historischer Hochs notieren, raten wir,
diese noch zu halten: Wir erwarten,
dass die Zinsen nochmals fallen und
Sascha Anspichler
sich das Zinsniveau in den tieferen
Geschäftsführender
Minusbereich entwickelt. Die daGesellschafter der FP Asset
durch zu erwartenden Kursgewinne
Management GmbH in
Freiburg
können durchaus beachtlich sein.
Kursgewinne entstehen dadurch,
dass Anleger, die ihre Anleihen in
der Vergangen-heit zu höheren Zinsniveaus erworben haben,
die-se an der Börse zu höheren Kursen veräußern können. Der
Kursgewinn entspricht damit in etwa dem Zinsausgleich für die
gesamte Restlaufzeit der Anleihe.
Daher bestehen insbesondere bei Anleihen mit längeren Laufzeiten höhere Kurschancen – aber auch höhere Kursrisiken.
Diese Kursrisiken wer-den jedoch durch das kürzlich angelaufene Anlei-hekaufprogramm der EZB ein Stück weit abgefedert. So ist zu erwarten, dass die EZB deutlich mehr Anleihen
aufkauft, falls es zu schnellen Ge-genbewegungen am Markt
bzw. zu vorübergehen-den Zinserhöhungen kommt. Notenbankchef Ma-rio Draghi deutete vor einigen Tagen an, keine
An-leihen mit tieferen Zinsen als minus 0,2 Prozent aufzukaufen. Es ist anzunehmen, dass die EZB von dieser Aussage
spätestens dann Abstand nimmt, sollten das angepeilte Inflationsziel von zwei Pro-zent sowie die sukzessive Staatsentschuldung nicht erreicht werden.
Kürzlich hob die EZB ihre Inflationsprognose für das Jahr 2015
sogar von 1,3 Prozent auf 1,5 Pro-zent an, obwohl die Preise
in Europa flächende-ckend fallen. Den Schlüssel, dieses Inflationsziel zu erreichen, sehen wir vor allem in der Möglichkeit, die
Zinsen in den tiefroten Bereich zu senken und dadurch unter
anderen den Konsum und Investiti-onen anzukurbeln.
Fazit: Für das Kurspotenzial einer Anleihe ist vor allem die
zukünftige Zinsentwicklung, weniger das aktuelle Zinsniveau
ausschlaggebend. Je tiefer die Zinsen fallen und je höher die
Laufzeiten der An-leihen, desto höher das Kurspotenzial. Aufgrund des Zinssenkungstrends bieten sich ähnliche Chan-cen
auch am internationalen Anleihemarkt.
BÖRSE am Sonntag · 12/1 5