Investitionen und Strukturreformen sollten Hand in Hand gehen

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer beim BUSINESSEUROPE-Day
Investitionen und Strukturreformen sollten Hand in Hand gehen
Unter der Überschrift „Invest in Europe“ fand am 26. März 2015
der diesjährige „BUSINESSEUROPE-Day“ in Brüssel statt. Im
Rahmen der ersten Podiumsdiskussion des Tages diskutierte
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer gemeinsam mit dem Präsidenten des französischen Arbeitgeberdachverbandes MEDEF,
Pierre Gattaz, sowie Stefan Reimelt, Präsident und CEO von
GE Europe, die Frage, wie die mangelnde Attraktivität des
Standorts Europa für Investoren wiederhergestellt werden könne.
Der von Juncker vorgestellte 315 Mrd. € schwere Investitionsfonds könne einen wichtigen Beitrag leisten, die Investitionslücke in Europa zu schließen. Entscheidend sei jedoch, dass
durch das Investitionspaket zusätzliche – insbesondere private
Investitionen – mobilisiert würden. Öffentliche Investitionen
könnten private Investitionen lediglich anstoßen, sie jedoch
nicht ersetzen. Zudem müsse in Projekte investiert werden, die
tatsächlich zu einer Ankurbelung des Wachstums in Europa
führen.
Kramer betonte, dass Hauptinvestitionshindernisse steigende
Energiekosten, eine hohe Regulierungsdichte, eine starke Unternehmensbesteuerung sowie der Fachkräftemangel seien.
Politischen Entscheidungsträgern komme eine entscheidende
Rolle dabei zu das Investitionsklima zu verbessern. Investitionsschädigende Regulierungen in wichtigen Sektoren müssten
abgebaut und nationale Strukturreformen zur Steigerung der
globalen Wettbewerbsfähigkeit vorangetrieben werden. So
könne das verloren gegangene Vertrauen privater Investoren
wiederhergestellt werden.
Neben der Frage, wie die Stärkung privater und öffentlicher Investitionen in Europa vorangetrieben werden könne, diskutierten die Teilnehmer aus Politik und Wirtschaft am „BUSINESSEUROPE-Day“ u. a. über die Digitalisierung der Wirtschaft und
wie eine bessere Rechtsetzung auf europäischer Ebene das
volle Potenzial des europäischen Binnenmarkts freisetzen könne. Hauptredner waren u. a. EU-Kommissionspräsident JeanClaude Juncker sowie der deutsche EU-Kommissar für digitale
Wirtschaft und Gesellschaft, Günther Oettinger.
Séverine Féraud/Martin Kumstel
Nr. 02 | 27. März 2015
Impressum
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer beim
BDA | Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände
BUSINESSEUROPE-Day
Öffentliche Online-Konsultation zur Überarbeitung der
EU-Arbeitszeitrichtlinie
ILO und Streikrecht: Sozialpartner erzielen Fortschritte
Linda Kromjong neue Generalsekretärin der IOE
Deutsche G7-Präsidentschaft: Internationale Stakeholderkonferenz zu „Standards in Lieferketten“
Angekündigte Rücknahme des Revisionsvorschlags zur
Mitglied von BUSINESSEUROPE
Breite Straße 29 | 10178 Berlin
T +49 30 2033-1904
F +49 30 2033-1905
[email protected]
Mutterschutzrichtlinie
Entpolitisierung der Mittelvergabe beim neuen Europäischen Investitionsfonds richtiger Schritt
Evaluierung EU-Acquis Arbeitsschutz
EU-Datenschutzgrundverordnung: Ratsverhandlungen
langsam auf der Zielgeraden
Stv. MEDEF-Hauptgeschäftsführer Foucher zu Gast im
BDA-Europaausschuss
BDA | euro-info Nr. 02 | 27. März 2015
Verantwortlich: Renate Hornung-Draus
Redaktion: Martin Kumstel
Satz: Konstanze Wilgusch
Offizielle Stellungnahmen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sind als solche gekennzeichnet
EU-Arbeitszeitrichtlinie
Nur begrenzte Überarbeitung der Richtlinie
ist sinnvoll
Von Dezember 2014 bis Mitte März 2015 hat die
EU-Kommission eine öffentliche Online-Konsultation zur Überarbeitung der EU-Arbeitszeitrichtlinie durchgeführt. Die Beiträge
zur Online-Konsultation sollen in die laufende Überprüfung und
Folgenabschätzung zur Zukunft der Arbeitszeitrichtlinie einfließen. Die BDA hat sich an der Konsultation beteiligt und sich für
eine gezielte und streng begrenzte Überarbeitung der Arbeitszeitrichtlinie ausgesprochen. Vor dem Hintergrund der gescheiterten Versuche zu einer umfassenden Richtlinienüberarbeitung
in den Jahren 2004 bis 2009 ist nur eine streng begrenzte
Überarbeitung sinnvoll. Eine solche ist aber auch erforderlich,
um die durch die EuGH-Rechtsprechung zum Bereitschaftsdienst und Urlaub entstandene Rechtsunsicherheit und Praxisprobleme zu beseitigen. Auch sollte die Flexibilität für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung erhöht werden, v. a. in Bezug auf die von der Richtlinie vorgegebenen Bezugszeiträume, Ausgleichs- und Ruhezeiten. Einschränkungen
der vorhandenen Flexibilität sind abzulehnen. Damit die Mitgliedstaaten die Flexibilitätsspielräume nach Verabschiedung
der überarbeiteten Richtlinie auf nationaler Ebene tatsächlich
auch nutzen können, muss die sog. Non-Regression-Clause
gestrichen werden.
Bei einem tripartiten Treffen, das vom 23.-25. Februar 2015 bei
der ILO in Genf stattfand, konnten die Arbeitgeber durchsetzen,
dass die Frage nach der globalen Normierung des Streikrechts
nicht dem Internationalen Gerichtshof (IGH) zur Entscheidung
vorgelegt, sondern im Rahmen der ILO unter Einschluss aller
drei Konstituenten (Regierungen, Arbeitgeber und Gewerkschaften) fundiert erörtert wird. In einer gemeinsamen Erklärung haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf eine Reform des Normenüberwachungssystems der ILO geeinigt, das
alle von den Arbeitgebern problematisierten Aspekte der Normenüberwachung umfassend adressiert. So soll beispielsweise
ein Mechanismus zur regelmäßigen Aktualisierung der
ILO-Übereinkommen und Empfehlungen etabliert werden. Dieser soll sicherstellen, dass die ILO-Normen an die sich laufend
verändernden Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt anpasst
werden.
Der Verwaltungsrat der ILO hat bei seiner Sitzung im März
2015 die vereinbarten Festlegungen der Sozialpartner vom
Februar offiziell angenommen und sich zu eigen gemacht sowie
erste konkrete Maßnahmen zu ihrer Umsetzung beschlossen.
Max Conzemius
International Organisation of Employers (IOE)
Linda Kromjong neue IOE-Generalsekretärin
Wie bereits in vergangenen Konsultationen bot der OnlineKonsultationsfragebogen der EU-Kommission leider keine Möglichkeit zur detaillierten Stellungnahme. Zudem erfolgt im Wege
der Online-Konsultation keine angemessene Gewichtung der
Teilnehmer, die sich in ihrer Repräsentativität (Einzelmeinungen versus Beitrag repräsentativer Großorganisationen wie Sozialpartner) erheblich unterscheiden. Die BDA hat dieses Format daher nachdrücklich gegenüber der EU-Kommission kritisiert und wird die Entwicklungen zur etwaigen Überarbeitung
der EU-Arbeitszeitrichtlinie intensiv weiter verfolgen.
Christina Breit
Das Management Board der International Organisation of
Employers (IOE), dem auch die BDA angehört, hat Linda
Kromjong mit Wirkung zum 1. Mai 2015 zur neuen IOEGeneralsekretärin ernannt. Der bisherige Generalsekretär,
Brent Wilton, wird die Organisation Ende März 2015 auf eigenen Wunsch verlassen.
Linda Kromjong war zuvor als Vice-President, Labor Relations
International and Human Rights, für Deutsche Post DHL tätig.
In dieser Funktion verantwortete sie die internationale Personalpolitik des Konzerns und gehörte sowohl dem
BDA-Ausschuss für Sozialpolitik in der EU als auch dem Global
Industrial Relations Network (GIRN) der IOE an.
Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und Streikrecht
Max Conzemius
Sozialpartner erzielen wichtige Fortschritte
Im Konflikt um die Frage, ob im ILO-Übereinkommen 87 zur
Vereinigungsfreiheit auch das Streikrecht geregelt ist, konnten
sich die Sozialpartner in der ILO auf eine umfassende Reform
des Systems der Normenüberwachung einigen. Grundlage dieses Gesamtpakets bildet das gemeinsame Bekenntnis, dass
sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer ein grundsätzliches Recht auf Arbeitskampf existiert, dessen konkrete
Ausgestaltung und Reichweite aufgrund der Diversität der industriellen Beziehungen jedoch der nationalen Ebene vorbehalten bleiben muss.
BDA | euro-info Nr. 02 | 27. März 2015
Deutsche G7-Präsidentschaft
Internationale Stakeholderkonferenz zu
„Standards in Lieferketten“
Im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Initiative „Gute Arbeit weltweit durch nachhaltige Lieferketten fördern“ ins Leben gerufen. Zum Auftakt
fand am 10./11. März 2015 in Berlin eine internationale Stake-
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holderkonferenz mit über 400 hochrangigen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften aus G7-Ländern und Herstellerländern statt, bei der erste Vorschläge für konkrete Maßnahmen der G7-Regierungen diskutiert wurden. Hierzu gehört
vor allem die Einrichtung eines globalen Fonds zur Prävention
von Arbeitsunfällen in den Produktionsländern („Vision Zero
Fund“), der durch freiwillige Beiträge von Unternehmen finanziert werden soll.
Renate Hornung-Draus, Vizepräsidentin der Internationalen
Arbeitgeberorganisation (IOE) und Geschäftsführerin der BDA,
begrüßte auf der Konferenz die BMAS/BMZ-Initiative zu globalen Lieferketten, da es sich hierbei um ein für Unternehmen
hochrelevantes Thema handele. Es müsse jedoch sichergestellt werden, dass die Verantwortung der Regierungen zur
Durchsetzung von internationalen Arbeits- und Sozialstandards
im Rahmen des Lieferkettenmanagements nicht auf Unternehmen abgewälzt wird. Auch könne G7 nur der Ausgangspunkt
für eine breiter angelegte, multilaterale Initiative sein, die die
Schwellen- und Entwicklungsländer mit einbezieht. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), unter deren Dach bereits
zahlreiche Projekte – u. a. zum Kapazitätsaufbau bei den staatlichen Arbeitsinspektionen – aufgesetzt wurden, wäre hierfür
die ideale Plattform. Gleichzeitig werde über die ILO sichergestellt, dass die Sozialpartner umfassend in die Initiative eingebunden werden.
Umso wichtiger ist es, dass die ILO ein besseres Verständnis
der Komplexität und Diversität von globalen Lieferketten entwickelt. Zu diesem Zweck wird sich die Internationale Arbeitskonferenz 2016 mit der Thematik der Lieferketten befassen. Die
Arbeitgeber messen dieser Diskussion größte Bedeutung zu.
Max Conzemius
nen bezahlten Vaterschaftsurlaub von mindestens zehn Tagen
festschreibt, vorlegen. Neben diesen inhaltlichen Forderungen
ruft die S&D die lettische Ratspräsidentschaft auf, eine informelle Arbeitsgruppe der Trio-Präsidentschaft (Italien, Lettland,
Luxemburg) einzuberufen, um den Verhandlungen über das
Dossier neues Leben einzuhauchen.
Der Vorschlag eine neue Arbeitsgruppe einzurichten, hat offenbar jedoch kaum Chancen vom Rat aufgegriffen zu werden.
Neben Deutschland, Großbritannien und Frankreich scheinen
weitere Staaten die Rücknahme des Revisionsvorschlags vorantreiben zu wollen. Richtigerweise wird zudem angeführt,
dass der Kompromissvorschlag nicht die Meinung des gesamten Europäischen Parlaments repräsentiere, sondern nur die
der S&D-Fraktion. Lediglich die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) hat ihre Unterstützung für den
Kompromissvorschlag signalisiert.
Die BDA setzt sich dafür ein, dass die EU-Kommission die vorgeschlagene Rücknahme des Revisionsvorschlags zur Mutterschutzrichtlinie bis Juni 2015 in die Tat umsetzt. Die Einrichtung
einer Arbeitsgruppe zur Verhandlung des neuen Kompromissvorschlags ist deshalb nicht erforderlich. Die Mutterschutzrichtlinie ist ein Instrument des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
und sollte ausschließlich zur Erreichung dieser Ziele verwendet
werden. Der in ihr gesetzte Mindeststandard von 14 Wochen
Mutterschutzfrist ist unter den Gesichtspunkten des Arbeitsschutzes völlig ausreichend. Abgesehen davon, dass der Revisionsvorschlag die Vielfalt der Regelungen in den
EU-Mitgliedstaaten ignoriert, würde die darin vorgesehene
Ausweitung der Mutterschutzfrist auf 18 Wochen – wie jetzt von
der S&D gefordert - eine erhebliche finanzielle Belastung für
Unternehmen und öffentliche Haushalte darstellen, die nicht zu
rechtfertigen ist.
Martin Kumstel/Eric Veillerobe
Angekündigte Rücknahme des Revisionsvorschlags zur
Mutterschutzrichtlinie
S&D-Vorschlag ohne Aussichten auf Erfolg?
Die Rücknahme des Revisionsvorschlags zur Mutterschutzrichtlinie wird immer wahrscheinlicher. Nachdem die
EU-Kommission in ihrem Arbeitsprogramm angekündigt hatte
den Revisionsvorschlag zurückziehen zu wollen, hat die Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D) unter Federführung der neuen Berichterstatterin für das Mutterschutzdossier,
Marie Arena, einen Versuch unternommen, die Verhandlungen
zwischen Rat und Europäischem Parlament wiederzubeleben.
Der Kompromissvorschlag der S&D sieht eine Mindestdauer
von 18 Wochen für den Mutterschaftsurlaub (sechs obligatorische Wochen bei voller Bezahlung plus zwölf weitere bezahlte
Wochen im Einklang mit dem geltenden nationalen Recht oder
sofern keine Regelungen vorhanden sind bei mindestens 85%
des vorherigen Gehalts) vor. Zusätzlich solle die
EU-Kommission einen separaten Richtlinienvorschlag, der eiBDA | euro-info Nr. 02 | 27. März 2015
EU-Investitionspaket
Entpolitisierung der Mittelvergabe beim
neuen Europäischen Investitionsfonds richtiger Schritt
Die EU-Finanzminister haben am 10. März 2015 eine gemeinsame Position zum Vorschlag der EU-Kommission über die
Einrichtung eines Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) beschlossen. Die EU-Kommission hatte am
13. Januar 2015 einen Verordnungsvorschlag für die Errichtung
des Fonds vorgelegt, über den sich Rat und Europäisches Parlament bis Ende Juni 2015 einigen sollen. Damit könnte der
Fonds, der innerhalb der Europäischen Investitionsbank (EIB)
errichtet werden soll, bereits Mitte 2015 einsatzbereit sein.
Der Fonds ist das Kernstück der „Investitionsoffensive für
Europa“ – ein Maßnahmenpaket, mit dem die EU-Kommission
zwischen 2015 und 2017 mindestens 315 Mrd. € an öffentli3
chen und privaten Investitionen in strategischen Transport-,
Energie- und Breitbandinfrastrukturprojekten sowie in den
Schlüsselbereichen Bildung, Forschung & Entwicklung mobilisieren will. Dafür soll der Fonds einen Teil des Verlustrisikos in
der besonders risikoreichen Anfangsphase von Investitionsprojekten absichern oder Kredite vergeben.
Der Investitionsfonds selbst wird mit 16 Mrd. € aus dem EUHaushalt und 5 Mrd. € aus dem Budget der EIB ausgestattet.
Die Mittel aus dem EU-Haushalt werden zum Teil aus laufenden Programmen umgeleitet. Betroffen sind das Programm
„Horizon 2020" und die „Connecting Europe-Fazilität“. Die BDA
hatte die Umleitung von vorhandenen Mitteln aus dem
EU-Haushalt prinzipiell begrüßt, da damit dem nach wie vor
dringenden Konsolidierungsbedarf in vielen Mitgliedstaaten
Rechnung getragen wird. Wenig zielführend ist allerdings, dass
ausgerechnet die strategisch wichtigen Programme „Horizon
2020" und „Connecting Europe", die innovative Projekte in Forschung und Entwicklung sowie Transportinfrastruktur unterstützen und damit einen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit der
EU leisten, finanziell geschwächt werden.
Ein Hauptkritikpunkt der BDA – die Verwaltungsstruktur des
EFSI, die nach dem Kommissionsentwurf dazu geführt hätte,
dass die Stimmen im Lenkungsrat des Fonds je nach geleisteten nationalen Beiträgen angepasst würden – wurde mit dem
Beschluss der Finanzminister entschärft. Der Lenkungsrat entscheidet über die Mittelverwendung sowie über die allgemeine
Ausrichtung und das Risikoprofil des Fonds. Anders als ursprünglich geplant, sollen laut Beschluss der EU-Finanzminister
nur Mitglieder der EU-Kommission und der EIB im
EFSI-Lenkungsrat sitzen – die Mitgliedstaaten bleiben außen
vor. Damit wird die sonst zu erwartende Politisierung der Entscheidungen des Lenkungsrats vermieden.
Elisaveta Gomann
Evaluierung EU-Acquis Arbeitsschutz
Abschlussberichte sollen im Juni 2015 vorliegen
Die dänische Beratung „COWI“ führt momentan im Auftrag der
EU-Kommission eine Evaluierung sämtlicher EU-Arbeitsschutzrichtlinien durch. Im Zuge dessen wurden verschiedenste
Stakeholder auf nationaler und europäischer Ebene interviewt
und im Dezember 2014 auf einem Seminar in Brüssel erste vorläufige Ergebnisse der Evaluierung diskutiert.
Mittlerweile liegen die finalen Studienentwürfe vor. Zu jeder der
24 EU-Arbeitsschutzrichtlinien wurde ein Einzelreport erstellt.
Die Autoren analysieren darin, inwiefern die einzelnen Richtlinien in den Mitgliedstaaten implementiert wurden und bewerten
deren Stärken und Schwächen anhand der drei Kriterien Relevanz, Effektivität und Kohärenz. Neben den Evaluierungsreports zu den einzelnen EU-Arbeitsschutzrichtlinien fertigt die
BDA | euro-info Nr. 02 | 27. März 2015
dänische Beratung zusätzlich für jeden EU-Mitgliedstaat (außer
Kroatien) einen Bericht an. Darin wird bewertet, ob und wie die
EU-Arbeitsschutzrichtlinien in den Mitgliedstaaten in nationales
Recht umgesetzt wurden.
Die finalen Studienentwürfe werden momentan überarbeitet
und abschließend beraten. Die Endfassungen der Reports sollen der EU-Kommission im Juni 2015 vorgelegt werden. Die
EU-Kommission wird anschließend entscheiden, wie sie die Arbeiten der dänischen Beratung in ihrer eigenen Evaluierung berücksichtigen wird.
Die BDA begrüßt die gegenwärtig vorgenommene Evaluierung
des EU-Acquis im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Wichtig
wird sein, dass die EU-Kommission in Folge der Evaluierung an
ihrem im strategischen Rahmen für Gesundheit und Sicherheit
am Arbeitsplatz (2014-2020) eingeschlagenen Kurs festhält und
den Fokus zukünftig auf eine verbesserte Implementierung und
eine Vereinfachung des EU-Arbeitsschutzrechts legt. Bei der
für 2016 geplanten Überprüfung des Strategierahmens sollten
die Ergebnisse der laufenden Evaluierung beachtet, der generelle Ansatz des strategischen Rahmens jedoch unbedingt beibehalten werden.
Martin Kumstel
EU-Datenschutzgrundverordnung
Ratsverhandlungen langsam auf der Zielgeraden
Der Rat für Justiz und Inneres hat Mitte März 2015 eine weitere
partielle Einigung zur Datenschutzgrundverordnung zu den Kapiteln II (Grundsätze), VI und VII (v. a. One-Stop-ShopMechanismus) erzielt. Erfreulich ist, dass der Rat dem Kommissionsvorschlag, wonach im Beschäftigungsverhältnis keine
Einwilligung zur Datenverarbeitung hätte erteilt werden dürfen,
eine Absage erteilt hat. Hierfür hatte sich die BDA ebenso intensiv eingesetzt, wie für eine Vereinfachung der Datenübermittlung zwischen Unternehmensgruppen. Dies hat der Rat
ebenfalls aufgegriffen. Wie bereits die vorangegangenen partiellen Einigungen ist auch diese allgemeine Ausrichtung aber
der Einschränkung unterworfen, dass die getroffenen Vereinbarungen im Laufe der Verhandlungen weiter verändert werden
können. Insgesamt sei „nichts vereinbart, solange nicht alles
vereinbart ist“. Auch die Frage des Rechtsinstruments – Richtlinie oder Verordnung – ist nach wie vor offen.
Die Verhandlungen im Rat befinden sich nun aber auf der Zielgeraden, nachdem im Juni 2014 eine partielle allgemeine Ausrichtung zu Kapitel V (Übermittlung personenbezogener Daten
in Drittländer oder an internationale Organisationen), im Oktober 2014 zu Kapitel IV (für die Verarbeitung Verantwortlicher
und Auftragsverarbeiter) und im Dezember 2014 zu den wichtigen Vorgaben zum Beschäftigtendatenschutz in Kapitel IX erreicht wurde. Die BDA hat sich hier erfolgreich dafür eingesetzt,
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dass wie bisher die Datenverarbeitung auf der Grundlage von
Kollektivvereinbarungen erfolgen kann. Bedenklich ist jedoch,
dass der Rat den Beschäftigtendatenschutz weiterhin in die
Hände der Mitgliedstaaten geben will. Eine Einigung im Rat
wird im Juni 2015 angestrebt. Nach den sich danach anschließenden informellen Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission (sog. Trilog) soll die Datenschutzgrundverordnung bis Ende 2015 verabschiedet werden.
Christina Breit
Deutsch-französische Beziehungen
Stv. MEDEF-Hauptgeschäftsführer Foucher
zu Gast im BDA-Europaausschuss
Antoine Foucher, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des
französischen Arbeitgeberdachverbands MEDEF, gab am
18. März im BDA-Ausschuss für Sozialpolitik in der EU einen
Überblick über die – bereits durchgeführten sowie die noch anstehenden – Reformen in Frankreich und stellte die diesbezüglichen Prioritäten der französischen Arbeitgeber vor. Frankreich
habe in den vergangenen Monaten zahlreiche wichtige Reformen auf den Weg gebracht, die nun beginnen, erste Früchte zu
tragen. So wurde beispielsweise eine weitreichende Kurzarbeiterregelung eingeführt, mehr Rechtssicherheit für Unternehmen
bei Massenentlassungen geschaffen und die Anreize zur
Wahrnehmung von Weiterbildungsmaßnahmen gestärkt. Viele
dieser Reformen basieren auf Vereinbarungen der Sozialpartner, die von der Regierung gesetzlich umgesetzt wurden.
In einigen Fällen sei es den Sozialpartnern jedoch nicht gelungen, sich auf gemeinsame Reformansätze zu einigen. Dies gelte beispielsweise für die Reform des sozialen Dialogs auf betrieblicher Ebene. Aktuell gebe es in Unternehmen mit mehr als
50 Arbeitnehmern vier Instanzen des sozialen Dialogs, die für
jeweils unterschiedliche Bereiche wie etwa den Arbeitsschutz
zuständig sind. MEDEF setzt sich für eine Vereinfachung dieses komplexen, bürokratischen und ineffektiven Systems ein
und spricht sich für die Einführung von Betriebsräten nach
deutschem Vorbild aus. Der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf enthält Schritte in diese Richtung, bleibt jedoch hinter den Erwartungen der französischen Arbeitgeber zurück.
Erheblichen Reformbedarf gebe es außerdem bei der Arbeitslosen- und Rentenversicherung, die erhebliche Defizite anhäufen. Schließlich müsse mehr Flexibilität bei den arbeitsrechtlichen Regelungen für Kleinstunternehmen mit weniger als elf
Angestellten geschaffen werden.
Max Conzemius
BDA | euro-info Nr. 02 | 27. März 2015
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