Es gilt das gesprochene Wort – Sendesperrfrist: Redebeginn! Auftakt "nordwindaktiv" Rede von Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer BDA | Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Mitglied von BUSINESSEUROPE Hausadresse: Breite Straße 29 | 10178 Berlin Briefadresse: 11054 Berlin [email protected] www.arbeitgeber.de T +49 30 2033-1800 F +49 30 2033-1805 Gründung Arbeitgeber-Netzwerk für die Branche der Erneuerbaren Energien Berlin, 16. März 2015 Ich darf Sie, liebe Mitglieder von „nordwindaktiv“, zunächst einmal ganz herzlich zur Gründung dieses Arbeitgeber-Netzwerkes für die Branche der Erneuerbaren Energien beglückwünschen. Das war ein überfälliger Schritt, um eine Lücke in der Verbändelandschaft zu schließen. Und dass der Sitz des neuen Verbandes ausgerechnet hier in meiner Heimatstadt Bremerhaven ist, macht mich natürlich besonders stolz. Ich komme gerade aus Berlin, und hier arbeiten wir bei fast allen Themen eng mit dem BDI zusammen. Die Arbeitsteilung ist für uns gelebter Alltag. Denn fast jedes Thema hat zwei Seiten: eine wirtschaftspolitische, aber auch eine sozialpolitische. Nehmen Sie als aktuelles Beispiel das von Vizekanzler Gabriel einberufene „Bündnis zur Zukunft der Industrie“: Auch wenn es hier vordergründig um industriepolitische Fragestellungen geht, dürfen natürlich Themen wie Arbeitsplätze und Arbeitskosten, wie Bildung und Fachkräfte, wie Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisation nicht außen vor bleiben. Deshalb sind auch die BDA und die regionalen Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie in den entsprechenden Gremien und Arbeitsgruppen angemessen vertreten. Auch die Windenergie-Medaille hat zwei Seiten. Zum einen geht es um Fragen von Netzausbau, Fördersätzen, Flächennutzung, etc. Also die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für diesen Industriezweig. Darüber lesen Sie fast jeden Tag etwas in der Zeitung. Zum anderen geht es aber um die Menschen und die Bedingungen, zu denen sie in dieser Branche arbeiten: Welche Arbeitszeit-Regimes greifen auf OffshorePlattformen? Welche Werkvertrags-Bedingungen gelten für die Errichtung von Windparks? Wie steht es dort um die Arbeitssicherheit? Welcher Verdienst in der Branche ist marktgerecht? Die eine Seite der Medaille ist von mächtigen Fürsprechern geprägt – einer von ihnen, der Bundesverband Windenergie, wird ja gleich auch an der Podiumsdiskussion teilnehmen. Die andere Seite der Medaille hatte bisher kein Sprachrohr, kein prägendes Bild. Das ist jetzt anders: Mit „nordwindaktiv“ haben die Unternehmen auch in sozialpolitischen Fragen einen erfahrenen und zuverlässigen Partner an ihrer Seite: Profis, die sich auskennen. Die jahrelange Expertise auf den Gebieten Arbeitsrecht, Arbeitswissenschaft und Arbeitsorganisation haben. Die nicht nur das Mandat, sondern auch den Gestaltungswillen haben, die Arbeitsund Einkommensbedingungen vernünftig und zum Wohle der Betriebe und ihrer Beschäftigten zu regeln. Die sehr genau die Grenzen dessen kennen, was man einer so jungen Branche abverlangen kann. Aber die auch den Sozialpartner, die IG Metall, gut kennen und wis- sen, wie man konstruktiv miteinander umgeht und was man sich gegenseitig zumuten kann und was lieber nicht. Es sind sieben starke Partner, die sich Ende Februar unter dem Namen „nordwindaktiv“ zusammengeschlossen haben – mit einem Verbandsgebiet, das von der niederländischen über die dänische bis zur polnischen Grenze reicht und sich über fünf Bundesländer erstreckt: das nordwestliche Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und MecklenburgVorpommern. Ein gewaltiges Netzwerk, das zur Aufgabe hat, den Aufbau dieser jungen, aber für Norddeutschland so wichtigen Branche zu unterstützen. Die arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Themen der Unternehmen in der Erneuerbaren-Energien-Branche sind die gleichen, die uns generell in Berlin beschäftigen: Überschaubare, wettbewerbsfähige Arbeitskosten, planbare und verlässliche Rahmenbedingungen, ein möglichst flexibler Personaleinsatz und keine Gängelung durch unnötige Regulierungen. Die Große Koalition hat ja in den letzten Monaten die Unternehmen mit neuer Regulierung und zusätzlichen Kosten belastet. Die Politik hat sich in betriebliche Fragen eingemischt, die die Sozialpartner und Tarifparteien mit deutlich mehr Kompetenz und Pragmatismus lösen können: Erst bestimmt die Politik, welcher Mindestlohn bundesweit gezahlt werden soll, dann legt sie fest, wie groß der Frauenanteil in unseren Aufsichtsgremien sein muss, und demnächst will sie auch noch Zeitarbeit und Werkverträge durch überflüssige Regulierung einschränken und gefährdet damit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die Politik soll sich nicht in Fragen einmischen, von denen sie jedenfalls deutlich weniger versteht als die Sozialpartner, die Tarifparteien, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Betrieben. Statt immer neuer Regulierung müssen wir endlich wieder an das Erwirtschaften denken. Damit der Standort Deutschland zukunftsfähig bleibt und die erfreuliche Entwicklung am Arbeitsmarkt anhält, braucht die Wirtschaft ein Belastungsmoratorium! Wenn wir insgesamt schon sehr vorsichtig sein müssen mit dem, was wir unseren Unternehmen als Lasten aufbürden, dann gilt das umso mehr für eine junge Branche wie die Windenergie. Hier sind einige Strukturen noch im Werden, hier gibt es noch viele Unwägbarkeiten und Unsicherheiten auch bezüglich der Rahmenbedingungen, so dass die Politik hier besonders sensibel sein und besonders vorsichtig vorgehen muss. Sonst geht der Windenergie irgendwann die Puste aus. 2 Auftakt „nordwindaktiv" | Gründung Arbeitgeber-Netzwerk für die Branche der Erneuerbaren Energien | Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer Berlin, 16. März 2015 Doch eine Flaute in dieser für den Norden so wichtigen Branche müssen wir vermeiden. Deshalb will ich mich gerne in meiner Funktion als BDA-Präsident dafür einsetzen, die Branche zu unterstützen. Mein Eindruck ist: Auch der Sozialpartner – Herr Geiken ist ja heute bei uns – hat ein feines Gespür dafür, was im Moment machbar ist und was (noch) nicht. Ich sage aber auch nach innen, in unsere eigenen Reihen: Das Privileg, die Arbeitsbedingungen eigenverantwortlich zu regeln, das den Sozialpartnern vom Grundgesetz verliehen wurde, ist zugleich ein Aufruf und eine Verpflichtung, zu handeln und gestalten. Wer den Kopf in den Sand steckt und meint, er könne noch auf Jahre hinaus in freier sozial- und tarifpolitischer Wildbahn agieren, wird über kurz oder lang politisch gestaltet und reguliert. In der augenblicklichen politischen Konstellation – die Große Koalition im Bund, die sklavisch den Koalitionsvertrag abarbeitet, und rot-grüne Landesregierungen in den meisten Küstenländern – erreichen die Arbeitgeber oft nur dann etwas, wenn sie zusammen mit dem Sozialpartner an einem Strang ziehen: Entweder man verständigt sich mit der Gewerkschaft, oder es geht gar nicht. Gerade deshalb aber brauchen die Firmen der Erneuerbaren Energien einen starken Partner an ihrer Seite. Gerade deshalb sind unsere Arbeitgeberverbände wichtig: um den Interessen der Mitgliedsfirmen in den Landeshauptstädten und in Berlin angemessen Gehör und Einfluss zu verschaffen. Ich erneuere an dieser Stelle mein Angebot, mich in Gesprächen mit der Bundesregierung ganz besonders auch für Ihre Interessen einzusetzen. Aber ich ermuntere auch Sie: Gestalten Sie aktiv die Arbeitsbedingungen in Ihrer Branche mit, suchen sie den Austausch mit Gleichgesinnten, vertrauen Sie auf die professionelle Unterstützung durch starke Arbeitgeberverbände – dann wird die Energiewende hier im Norden nicht nur wirtschafts-, sondern auch sozialpolitisch ein Erfolg. 3 Auftakt „nordwindaktiv" | Gründung Arbeitgeber-Netzwerk für die Branche der Erneuerbaren Energien | Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer Berlin, 16. März 2015
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