Rede von Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer zur

Es gilt das gesprochene Wort –
Sendesperrfrist: Redebeginn!
Auftakt "nordwindaktiv"
Rede von
Arbeitgeberpräsident
Ingo Kramer
BDA | Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände
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Gründung Arbeitgeber-Netzwerk für die Branche der Erneuerbaren Energien
Berlin, 16. März 2015
Ich darf Sie, liebe Mitglieder von „nordwindaktiv“, zunächst einmal ganz herzlich zur Gründung dieses Arbeitgeber-Netzwerkes für die Branche der Erneuerbaren
Energien beglückwünschen.
Das war ein überfälliger Schritt, um eine Lücke in der
Verbändelandschaft zu schließen. Und dass der Sitz
des neuen Verbandes ausgerechnet hier in meiner
Heimatstadt Bremerhaven ist, macht mich natürlich
besonders stolz.
Ich komme gerade aus Berlin, und hier arbeiten wir bei
fast allen Themen eng mit dem BDI zusammen. Die
Arbeitsteilung ist für uns gelebter Alltag. Denn fast jedes
Thema hat zwei Seiten: eine wirtschaftspolitische, aber
auch eine sozialpolitische. Nehmen Sie als aktuelles
Beispiel das von Vizekanzler Gabriel einberufene
„Bündnis zur Zukunft der Industrie“: Auch wenn es hier
vordergründig um industriepolitische Fragestellungen
geht, dürfen natürlich Themen wie Arbeitsplätze und
Arbeitskosten, wie Bildung und Fachkräfte, wie Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisation nicht außen vor
bleiben. Deshalb sind auch die BDA und die regionalen
Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie in
den entsprechenden Gremien und Arbeitsgruppen angemessen vertreten.
Auch die Windenergie-Medaille hat zwei Seiten. Zum
einen geht es um Fragen von Netzausbau, Fördersätzen, Flächennutzung, etc. Also die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für diesen Industriezweig. Darüber lesen Sie fast
jeden Tag etwas in der Zeitung.
Zum anderen geht es aber um die Menschen und die
Bedingungen, zu denen sie in dieser Branche arbeiten:
Welche Arbeitszeit-Regimes greifen auf OffshorePlattformen? Welche Werkvertrags-Bedingungen gelten
für die Errichtung von Windparks? Wie steht es dort um
die Arbeitssicherheit? Welcher Verdienst in der Branche
ist marktgerecht?
Die eine Seite der Medaille ist von mächtigen Fürsprechern geprägt – einer von ihnen, der Bundesverband
Windenergie, wird ja gleich auch an der Podiumsdiskussion teilnehmen. Die andere Seite der Medaille hatte
bisher kein Sprachrohr, kein prägendes Bild. Das ist
jetzt anders: Mit „nordwindaktiv“ haben die Unternehmen auch in sozialpolitischen Fragen einen erfahrenen
und zuverlässigen Partner an ihrer Seite:
Profis, die sich auskennen. Die jahrelange Expertise auf
den Gebieten Arbeitsrecht, Arbeitswissenschaft und
Arbeitsorganisation haben. Die nicht nur das Mandat,
sondern auch den Gestaltungswillen haben, die Arbeitsund Einkommensbedingungen vernünftig und zum Wohle der Betriebe und ihrer Beschäftigten zu regeln. Die
sehr genau die Grenzen dessen kennen, was man einer
so jungen Branche abverlangen kann. Aber die auch
den Sozialpartner, die IG Metall, gut kennen und wis-
sen, wie man konstruktiv miteinander umgeht und was
man sich gegenseitig zumuten kann und was lieber
nicht.
Es sind sieben starke Partner, die sich Ende Februar
unter dem Namen „nordwindaktiv“ zusammengeschlossen haben – mit einem Verbandsgebiet, das von der
niederländischen über die dänische bis zur polnischen
Grenze reicht und sich über fünf Bundesländer erstreckt: das nordwestliche Niedersachsen, Bremen,
Hamburg, Schleswig-Holstein und MecklenburgVorpommern. Ein gewaltiges Netzwerk, das zur Aufgabe hat, den Aufbau dieser jungen, aber für Norddeutschland so wichtigen Branche zu unterstützen.
Die arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Themen der
Unternehmen in der Erneuerbaren-Energien-Branche
sind die gleichen, die uns generell in Berlin beschäftigen: Überschaubare, wettbewerbsfähige Arbeitskosten,
planbare und verlässliche Rahmenbedingungen, ein
möglichst flexibler Personaleinsatz und keine Gängelung durch unnötige Regulierungen.
Die Große Koalition hat ja in den letzten Monaten die
Unternehmen mit neuer Regulierung und zusätzlichen
Kosten belastet. Die Politik hat sich in betriebliche Fragen eingemischt, die die Sozialpartner und Tarifparteien
mit deutlich mehr Kompetenz und Pragmatismus lösen
können:

Erst bestimmt die Politik, welcher Mindestlohn
bundesweit gezahlt werden soll,

dann legt sie fest, wie groß der Frauenanteil in
unseren Aufsichtsgremien sein muss,

und demnächst will sie auch noch Zeitarbeit
und Werkverträge durch überflüssige Regulierung einschränken und gefährdet damit die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.
Die Politik soll sich nicht in Fragen einmischen, von
denen sie jedenfalls deutlich weniger versteht als die
Sozialpartner, die Tarifparteien, die Arbeitgeber und
Arbeitnehmer in den Betrieben.
Statt immer neuer Regulierung müssen wir endlich wieder an das Erwirtschaften denken. Damit der Standort
Deutschland zukunftsfähig bleibt und die erfreuliche
Entwicklung am Arbeitsmarkt anhält, braucht die Wirtschaft ein Belastungsmoratorium!
Wenn wir insgesamt schon sehr vorsichtig sein müssen
mit dem, was wir unseren Unternehmen als Lasten
aufbürden, dann gilt das umso mehr für eine junge
Branche wie die Windenergie. Hier sind einige Strukturen noch im Werden, hier gibt es noch viele Unwägbarkeiten und Unsicherheiten auch bezüglich der Rahmenbedingungen, so dass die Politik hier besonders sensibel sein und besonders vorsichtig vorgehen muss.
Sonst geht der Windenergie irgendwann die Puste aus.
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Auftakt „nordwindaktiv" |
Gründung Arbeitgeber-Netzwerk für die Branche der Erneuerbaren
Energien |
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer
Berlin, 16. März 2015
Doch eine Flaute in dieser für den Norden so wichtigen
Branche müssen wir vermeiden. Deshalb will ich mich
gerne in meiner Funktion als BDA-Präsident dafür einsetzen, die Branche zu unterstützen. Mein Eindruck ist:
Auch der Sozialpartner – Herr Geiken ist ja heute bei
uns – hat ein feines Gespür dafür, was im Moment
machbar ist und was (noch) nicht.
Ich sage aber auch nach innen, in unsere eigenen Reihen: Das Privileg, die Arbeitsbedingungen eigenverantwortlich zu regeln, das den Sozialpartnern vom Grundgesetz verliehen wurde, ist zugleich ein Aufruf und eine
Verpflichtung, zu handeln und gestalten. Wer den Kopf
in den Sand steckt und meint, er könne noch auf Jahre
hinaus in freier sozial- und tarifpolitischer Wildbahn
agieren, wird über kurz oder lang politisch gestaltet und
reguliert.
In der augenblicklichen politischen Konstellation – die
Große Koalition im Bund, die sklavisch den Koalitionsvertrag abarbeitet, und rot-grüne Landesregierungen in
den meisten Küstenländern – erreichen die Arbeitgeber
oft nur dann etwas, wenn sie zusammen mit dem Sozialpartner an einem Strang ziehen: Entweder man verständigt sich mit der Gewerkschaft, oder es geht gar
nicht.
Gerade deshalb aber brauchen die Firmen der Erneuerbaren Energien einen starken Partner an ihrer Seite.
Gerade deshalb sind unsere Arbeitgeberverbände wichtig: um den Interessen der Mitgliedsfirmen in den Landeshauptstädten und in Berlin angemessen Gehör und
Einfluss zu verschaffen.
Ich erneuere an dieser Stelle mein Angebot, mich in
Gesprächen mit der Bundesregierung ganz besonders
auch für Ihre Interessen einzusetzen.
Aber ich ermuntere auch Sie:

Gestalten Sie aktiv die Arbeitsbedingungen in
Ihrer Branche mit,

suchen sie den Austausch mit Gleichgesinnten,

vertrauen Sie auf die professionelle Unterstützung durch starke Arbeitgeberverbände
– dann wird die Energiewende hier im Norden nicht nur
wirtschafts-, sondern auch sozialpolitisch ein Erfolg.
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Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer
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