Was tun, wenn der Kunde strauchelt? Zeigt ein - BWI-Bau

Was tun, wenn der Kunde strauchelt?
Zeigt ein Unternehmer gegenüber seinem Kunden, der nicht pünktlich zahlt, Nachsicht, indem er zum Beispiel Teil- oder Ratenzahlungen akzeptiert, stellt dies ein mittlerweile unkalkulierbares Risiko für den Unternehmer dar. Hintergrund ist die Insolvenzanfechtung. Damit holt
der Insolvenzverwalter, sofern der Kunde später in die Insolvenz gegangen ist, auch Zahlungen des Kunden zurück, auf die der Unternehmer einen Anspruch hatte – und das bis zu einem Zeitraum von zehn Jahren. In den Jahren 2012 und 2013 erhielten die Insolvenzverwalter laut Branchenverband VID über die Anfechtung Zahlungen von über 90 Mio. Euro. Damit
zahlen gerade die Unternehmen die Zeche, die bei finanziellen Engpässen ihrer Vertragspartner nicht sofort vollstrecken. Das Anfechtungsrisiko kann aber auch ohne Vollstreckung
erheblich gemindert werden, wenn Unternehmer – vor allem Lieferanten – einige Regeln beachten.
Der Kunde zahlt nicht pünktlich – Sofortmaßnahmen für Unternehmer
Zahlt der Kunde unregelmäßig, verspätet, nicht vollständig oder gar nicht, dann ist Eile geboten. Drei Maßnahmen können das Risiko einer späteren Insolvenzanfechtung erheblich mindern:
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Künftige Zahlungen müssen zuerst auf künftige Lieferungen und Leistungen angerechnet werden. Der Kunde soll immer auf die neueste „Rechnung“ zahlen. Allerdings
muss und kann der Kunde bestimmen, auf welche „Rechnung“ er zahlt, da nach dem
Gesetz die Zahlung sonst auf die älteste Forderung (Tilgungsbestimmung) angerechnet wird.
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Zwischen Leistung und Gegenleistung sollte ein enger zeitlicher Zusammenhang
herrschen. Der Unternehmer sollte seine Leistung sofort abrechnen und der Kunde
unverzüglich, spätestens aber binnen 30 Tagen zahlen.
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Auf der Rechnungen sollten großzügigere Zahlungsziele ausgewiesen sein: 30 Tage
statt sieben Tage. Es fällt dem Kunden damit leichter, Rechnungen bei Fälligkeit zu
bezahlen.
Kommt es zu Zahlungsverzögerungen ist die Androhung von Klagen, Vollstreckung oder Insolvenzantragstellung sowie Mahn- und Anwaltsschreiben, in der das zögerliche Zahlungsverhalten und die Zahlungsunfähigkeit des Kunden dokumentiert werden, zu unterlassen.
Diese Kommunikation, egal ob über E-Mail, SMS, Fax oder Brief, dient dem Insolvenzverwalter später als Beweis, dass der Unternehmer von den Zahlungsschwierigkeiten wusste. Denn
erhält der Unternehmer daraufhin eine Zahlung, so legt der Verwalter das Vorgehen als
Gläubigerbenachteiligung aus und ist berechtigt, alle Zahlungen seit dieser Zeit (maximal bis
zu zehn Jahre) einzufordern.
Deshalb gilt die Goldene Regel: Wenn mit der Vollstreckung gedroht wird, dann muss auch
vollstreckt werden. Für Vollstreckungen gilt die kurze Anfechtungsfrist von nur drei Monaten.
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Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarung schließen? Ja, aber…
Dennoch können trotz des Risikos der Insolvenzanfechtung weiterhin Raten- und Stundungsvereinbarungen mit dem Kunden vereinbart werden. Allerdings ist in diesen Vereinbarungen
jede Aussage zur Zahlungsfähigkeit zu unterlassen. Nur wenn der Unternehmer durch qualifizierte Unterlagen positive Kenntnis von der Zahlungsfähigkeit hat und dies auch dokumentieren kann, darf die Vereinbarung sich zu dieser Frage verhalten. Weiterhin muss der Kunde
bei den Rückzahlungsmodalitäten “Luft zum Atmen“ haben. Die Raten sind entsprechend
anzupassen, so dass der Kunde diese auch im laufenden Geschäft erwirtschaften kann. Weiterhin helfen längere Laufzeiten und keine harten Verfallsklauseln. Sollten die Vertragsverhandlungen mit dem säumigen Kunden allerdings scheitern, dann bleibt nur der Weg der
Vollstreckung. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Besicherung alter Verbindlichkeiten
nur mit Vermögensgegenständen vorgenommen wird, die nicht dem Schuldner gehören. Eine
Anfechtung der Besicherung ist dann ausgeschlossen.
Wichtig ist, unabhängig von den vorgenannten Maßnahmen zur Unterstützung des Kunden,
der Lieferant muss in einem Anfechtungsprozess aufzeigen können, dass er zum Zeitpunkt
der Vereinbarung von der Zahlungsfähigkeit des Kunden ausgehen konnten. Das kann beispielsweise durch eine aktuelle so genannte Offene-Posten-Liste (OPOS-Liste) aus der
Buchhaltung des Kunden erfolgen. Sind in der Liste überfällige Zahlungen vorhanden, sind
die Hintergründe durch den Kunden zu erklären (z.B. Forderung ist gestundet oder steht im
Streit). Weiterhin geben die BWA, Summen-Salden-Listen und die beiden letzten Jahresabschlüsse des Kunden, die auf www.ebundesanzeiger.de heruntergeladen werden können,
Hinweise für eine Zahlungs(un)fähigkeit. Eine aktuelle Auskunft bei einer Wirtschaftsauskunft
wie der Creditreform gibt darüber hinaus Aufschluss über die Einstufung des Kunden.
Alle vorgenannten durchgeführten Maßnahmen müssen für einen späteren Anfechtungsprozess dokumentiert werden – auch die Plausibilisierung der Zahlungsfähigkeitsprüfung. Sollte
die Prüfung jedoch zu dem Ergebnis kommen, dass der Kunde drohend zahlungsunfähig ist,
sind die oben genannten Sofortmaßnahmen zu ergreifen und die alten Forderungen mittels
Mahn- und Vollstreckungsbescheid zu titulieren. Die Hintergründe der Vollstreckung sollten
dem Kunden nur telefonisch mitgeteilt werden.
Bei folgenden Alarmzeichen, sollten Sofortmaßnahmen ergriffen werden:
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Ihr Kunde zahlt verspätet, schleppend, nicht oder nicht vollständig
Lastschriften „platzen“, werden also mangels Deckung nicht eingelöst bzw. zurückgegeben
Ihr Kunde zahlt in anderer Form als vereinbart; er tritt Ihnen z.B. Forderungen gegen
Dritte erfüllungshalber ab
Ihr Kreditversicherer stuft die Bonität des Kunden herab
Ihr Kunde tritt – möglicherweise mit Unternehmensberatern oder Anwälten – an Sie
heran, um eine Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarung oder einen Vergleich
über den Erlass von Schulden zu schließen.
In der Presse wird über wirtschaftliche Schwierigkeiten Ihres Kunden berichtet.
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Autor: Dr. Olaf Hiebert, Rechtsanwalt, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater
[email protected]
Robert Buchalik, Partner und Rechtsanwalt, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater
[email protected]
Weiter Informationen zum Anfechtungsrecht und wie sich Unternehmen gegen die Anfechtungsbegehren der Insolvenzverwalter schützen können, finden Sie auf der Seite:
http://insolvenzanfechtung-buchalik.de/
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