Kapitalmarktbrief

April 2015
Kapitalmarktbrief
Wasser marsch!
Stand: 30.03.15
Im ersten Quartal 2015 dürfte die Weltwirtschaft wohl verhaltener
zugelegt haben als in der zweiten Jahreshälfte 2014. Ein Blick auf die
Regionen zeigt, dass die Konjunkturdynamik in den Industrieländern
weiterhin höher ausfällt als in der Gruppe der Schwellenländer. Dabei
schwimmen insbesondere die USA – trotz jüngster Schwächesignale
– weit oben auf der Wachstumswelle.
Mit Sicht auf die kommenden Monate könnten (geo-)politische
Störfeuer wie der ungelöste Ukraine-Konflikt, der drohende
Liquiditätsengpass in der griechischen Staatskasse und die
im Mai anstehenden britischen Unterhauswahlen für ein
„Wechselbad der Gefühle“ sorgen. Dagegen sollten drei Treiber
„Wasser auf die (Konjunktur-)Mühlen gießen“ – wenngleich im
Hinblick auf die damit verbundenen Wachstumsperspektiven
nach Ländern zu differenzieren ist.
1. Der Ölpreiskollaps: Seit Sommer 2014 haben sich die
Notierungen mehr als halbiert – ein Konjunkturprogramm für
die Weltwirtschaft, weil die fallenden Ölpreise in erster Linie
durch ein strukturelles Überangebot an Öl ausgelöst werden,
und weniger durch eine schwache Nachfrage. Insbesondere
Netto-Ölimporteure wie Japan, der Euroraum, die USA,
Südkorea, Indien, Indonesien und China profitieren.
2. Die Geldpolitik: „Wasser marsch!“ scheint angesichts der
Anfang März eingeleiteten quantitativen Lockerung (QE) der
Europäischen Zentralbank (EZB) das geldpolitische Motto
im Euroraum zu lauten. Währenddessen dürfte sich die USNotenbank Fed noch in diesem Jahr mit den Zehenspitzen auf den
„zinspolitischen Wasserschlauch“ stellen – auch wenn dies die
globalen Rentenmärkte weiterhin nicht recht annehmen wollen.
Ann-Katrin Petersen
Assistant Vice President
Global Capital Markets &
Thematic Research
Allianz Global Investors
Der Ölpreisverfall,
die für länger lockere
Geldpolitik und die
Wechselkurseffekte
sollten „Wasser auf die
(Konjunktur-)Mühlen
gießen“.
Aktienindizes
DAX12.086
Euro Stoxx 50
3.728
S&P 500
2.086
Nasdaq4.947
Nikkei 225
19.411
Hang Seng
24.855
Währungen
USD/EUR1,085
Rohstoffe
Öl (Brent, USD/Barrel)
54,9
Neue Publikationen
Zinsen in %
USA
3 Monate
2 Jahre
10 Jahre
EWU
3 Monate
2 Jahre
10 Jahre
Japan 3 Monate
2 Jahre
10 Jahre
0,28
0,56
1,95
0,02
-0,24
0,21
0,17
0,04
0,36
Kapitalmarktbarometer
RentenfondsAktienfonds
„QE“ – Startsignal für Anlagen im Euroraum?
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3. D
as Wechselkursgefüge: Der schwächere Außenwert hat
sich für Japan und den Euroraum zu einem bedeutenden Anker
des konjunkturellen Aufschwungs entwickelt, während der
starke Franken die schweizerischen Konjunkturperspektiven
eintrübt. Interessant – vor dem Hintergrund der erstmals explizit
geäußerten Sorgen von Fed-Präsidentin Janet Yellen – der
Außenwert des US-Dollars hatte historisch betrachtet lediglich
einen eher zu vernachlässigen Effekt auf die Entwicklung der
weniger exportabhängigen US-Wirtschaft.
„Unter Wasser“ befindet sich derweil eine wachsende Zahl von
Staatsanleiherenditen bonitätsstarker Emittenten – mittlerweile
rentieren etwa 70 % der ausstehenden Bundesanleihen im negativen
Bereich. Die finanzielle Repression hat damit eine neue Phase erreicht.
Dank des fließenden Übergangs von einer Welt der Nullzinspolitik
in ein Umfeld, in dem die ultralockere Geldpolitik Negativzinsen
zum Normalfall werden lässt, erleben Sachwerte wie Aktien derzeit
einen neuen Nachfrageschub. Dieser Impuls hat sich speziell bei
europäischen Titeln in diesem Jahr nochmals erheblich beschleunigt.
Lenken Sie Ihre überschüssige Liquidität in Anlageformen, die eine
positive Realrendite versprechen, meint Ihre
Ann-Katrin Petersen
Allianz Global Investors: Kapitalmarktbrief – April 2015
Märkte im Detail
Taktische Allokation Aktien & Anleihen
• Der Wachstumspfad der Weltwirtschaft ist moderat, aber geografisch unausgewogen. Der gesunkene Ölpreis sollte per saldo
einen positiven Wachstumsimpuls liefern. Unterstützend wirkt zudem der monetäre Stimulus rund um den Globus.
• Die expansive Zentralbankpolitik bleibt ein strukturelles Plus für Aktieninvestments, vor allem vor dem Hintergrund der
niedrigen zukünftigen Erträge auf dem Rentenmarkt.
• Insgesamt spricht dies dafür, eine Übergewichtung von Risiko behafteteren Anlageformen wie z. B. Aktien beizubehalten. Dabei
sollten sich Anleger auf eine zunehmende Volatilität einstellen.
Aktien Deutschland
• Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte nach dem
überraschend starken Zuwachs Ende 2014 (+0,7 % gegenüber
Vorquartal) im ersten Jahresviertel 2015 weiter kräftig
gestiegen sein. Insbesondere die deutsche Binnenkonjunktur
hat in Anbetracht guter Arbeitsmarktperspektiven, kräftiger
Lohnsteigerungen und Kaufkraftzuwächsen infolge der
gesunkenen Energiepreise an Schwung gewonnen.
• Dank des Beschäftigungsaufschwungs, Ölpreisverfalls und der
Euroschwäche (d. h. verbesserter Exportchancen) bleiben die
Konjunkturaussichten weiterhin positiv.
• Die Bewertungen am deutschen Aktienmarkt liegen gemessen
an dem zyklusbereinigten Kurs-Gewinn-Verhältnis („ShillerKGV“) leicht über dem langfristigen Durchschnitt für Aktien
der Industriestaaten.
Aktien Europa • Frühindikatoren, wie der Einkaufsmanagerindex, bestätigen
der Euroraum-Konjunktur einen schwungvollen Start in das
neue Jahr – auch wenn auf Länderebene weiterhin große
Unterschiede bestehen. Sinkende Rohstoffpreise, günstigere
Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und der
schwächere Euro-Außenwert sollten in den kommenden
Quartalen positiv zu Buche schlagen.
• Die Ereignisse rund um Griechenland dürften keine
dauerhaften negativen Ausstrahleffekte auf andere
Eurostaaten entfalten – dank der krisenfesteren Architektur
der Währungsunion (z. B. permanenter Rettungsschirm ESM,
Bankenunion) und angesichts des Vertrauens der Märkte in die
Tatkraft der EZB.
• In Großbritannien könnte dagegen eine potenziell schwierige
Regierungsbildung nach der britischen Unterhauswahl im Mai
für einen Stimmungsdämpfer sorgen. Die Märkte scheinen
sich bereits auf eine erhöhte Unsicherheit einzustellen.
• Die Aktienmarktbewertungen in einer Reihe von Euroländern
sowie im Vereinigten Königreich können besonders auf Basis
des Shiller-KGV als attraktiv eingeschätzt werden. Britische
Titel weisen einen merklichen Abschlag zu ihrem historischen
Durchschnitt auf.
• Die US-Notenbank Fed dürfte im Verlauf von 2015 die
Zinswende einleiten. Das Zinserhöhungstempo sollte jedoch
moderat – und damit für Finanzmärkte und Konjunktur
verkraftbar – ausfallen.
• Die Bewertungen am Aktienmarkt sind, auch auf Grundlage
des Shiller-KGV, hoch, werden aber von den niedrigen Zinsen
gestützt.
• Die Gewinnrevisionen waren über die letzten Wochen
überwiegend negativ. Ein Grund dafür dürfte der starke
US-Dollar sein.
Aktien Japan
• Zwar hat die japanische Wirtschaft im Schlussquartal 2014 mit
einem Zuwachs von 0,6 % (gegenüber Vorquartal) die
kurzweilige Rezession im Zuge der Mehrwertsteuererhöhung
hinter sich gelassen. Auf das Gesamtjahr bezogen hat Japan
aber lediglich Null-Wachstum erzielt.
• Trotz der nur schleppenden Konjunkturerholung werden
japanische Aktien vom schwächeren Yen und einer
Aufholbewegung bei der Profitabilität unterstützt. So ist der
Aufwärtstrend bei den Gewinnrevisionen ungebrochen, während
der Nikkei abermals ein neues 15-Jahres-Hoch erreichte.
• Aufgrund anhaltender Zweifel am langfristigen Erfolg der
„Abenomics“ (u. a. werden tiefgreifende Strukturreformen
hinausgeschoben) könnte sich diese Aufwärtsbewegung
jedoch als zeitlich begrenztes Phänomen entpuppen.
• Daneben sollten internationale Anleger den Wechselkurs in
ihre Investitionsentscheidung mit einbeziehen.
Aktien Emerging Markets • Bei den Aktien der Schwellenländer ist aktuell eher
Zurückhaltung angesagt.
• Zum einen zeigte sich die Konjunktur weiter von der
schwächeren Seite, zum anderen bedeutete ein starker
Dollar in der Vergangenheit Gegenwind.
• Die Ländergruppe erweist sich jedoch als sehr inhomogen,
was Selektion erforderlich macht, etwa zwischen
rohstoffimportierenden und -exportierenden
Schwellenländern.
Aktien USA Branchen
• Die USA bleiben der Wachstumsmotor der Weltkonjunktur.
Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiter erfreulich. Die zuletzt
auf der negativen Seite überraschenden Konjunkturindikatoren
dürften teilweise zeitlich befristeten Sonderfaktoren
geschuldet sein, wie der Witterung in weiten Teilen des
Nordostens zu Jahresbeginn. Sie zeigen daher zwar eine
nachlassende Konjunkturdynamik an, aber keine Abkehr von
der bisher soliden Konjunkturentwicklung.
• Eine moderat zyklische Sektorenausrichtung liegt weiterhin nahe,
wobei die Lage etwas zwiespältig ist: Die niedrigen Renditen
dürften die defensiven Wachstumsunternehmen unterstützen.
Allerdings spricht das Wachstumsbild eher für die Zykliker.
• Übergewichtungen sollten besonders mittels Technologieund zyklischer Konsumwerte (u. a. Automobilsektor)
vorgenommen werden.
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Allianz Global Investors: Kapitalmarktbrief – April 2015
• Bei den Bewertungen kommt es zu teilweise extremen
Unterschieden. So zeigen sich beispielsweise die Rohstofftitel
mit einem deutlichen Abschlag gegenüber den Konsumwerten.
Investmentthema Euroraum-Aktien
• Die Schere bei der Gewinnentwicklung hat sich im Verhältnis
zu den USA sehr stark auseinanderbewegt. Hier ist in den
nächsten Quartalen eine Gegenbewegung zugunsten von
Aktien aus dem Euroraum zu erwarten, wozu der schwächere
Euro beitragen sollte.
• Rückenwind erhält das Segment darüber hinaus durch starke
Nettokapitalzuflüsse, die sich seit Jahresbeginn auf
Rekordhöhen geschraubt haben.
• Gemessen am zyklisch bereinigten Shiller-KGV weisen
europäische Aktien (also inklusive des Vereinigten
Königreichs) einen Abschlag von circa 25 % gegenüber der
Weltbörse aus.
Euro Renten
• In den kommenden Monaten dürfte die Renditeentwicklung an
den Euro-Rentenmärkten primär durch das EZBAnkaufprogramm geprägt sein, während klassische
fundamentale Einflussfaktoren wie die Inflations- oder
Konjunkturentwicklung an Bedeutung verlieren.
• Bis auf Weiteres sollte QE die Staatsanleiherenditen im breiten
Laufzeitenspektrum niedrig halten – und scheint Negativzinsen
bei Staatsanleihen hoher Bonität zum Normalfall werden
zu lassen.
• An den Peripheriemärkten (außerhalb Griechenlands) dürfte
der Liquiditätseffekt in eine fortgesetzte Einengung der
Risikoprämien gegenüber laufzeitäquivalenten Bundesanleihen
münden. Denn noch immer bewegen sich die eingepreisten
Ausfallwahrscheinlichkeiten auf Sicht von fünf Jahren über
Vorkrisenniveau. Anleihen der Peripheriestaaten sollten daher
unverändert übergewichtet bleiben.
• Dank der installierten Schutzmechanismen dürfte Griechenland
kaum nachhaltige negative Ausstrahleffekte auf den Markt für
Euroraum-Staatsanleihen entfalten. Hingegen sind
Liquiditätsrisiken (Engpässe in der Handelbarkeit) im Umfeld
von QE nicht zu unterschätzen.
Renten International
Renten Emerging Markets
• Strukturell bleibt das positive Umfeld für Hartwährungsanleihen
aus den aufstrebenden Staaten intakt (längerfristig bessere
Wachstumsperspektiven und robustere Situation der
öffentlichen Haushalte im Vergleich zu den Industrieländern).
• Kurzfristig belasten demgegenüber gemischte Konjunkturdaten
und die Erwartung einer weniger expansiven US-Geldpolitik die
Anlageklasse.
• Bei lokalen Emerging Markets-Anleihen wirken die gerade im
Vergleich zu den Industriestaaten hohen und unverändert
positiven Realrenditen mittelfristig unterstützend.
Unternehmensanleihen
• Die ambitionierten Bewertungen von Unternehmensanleihen
mit Investment Grade und die High Yield-Segmente in der
Eurozone werden durch eine fortgesetzt expansive Geldpolitik
und sich verbessernde Fundamentaldaten ausgeglichen.
• Bei US-Unternehmensanleihen bewegen sich die
Kreditrisikoprämien nahe ihres historischen Durchschnitts. Auf
Konjunkturdaten, Liquiditätsausstattung und Marktvolatilität
basierende Modelle lassen die eingepreisten Risikoprämien
jedoch als fundamental gerechtfertigt erscheinen.
Währungen
• Eine Nebenwirkung der Renditetiefs an den Anleihemärkten
bleibt nicht aus: Währungsvolatilität.
• Das internationale Währungsgefüge befindet sich dabei im
Wechselspiel von Geldpolitik (z. B. Dollarstärke,
Euroschwäche) und Rohstoffpreisen (z. B. Abwertung der
Rohstoffwährungen Rubel, kanadischer Dollar und
norwegische Krone).
• Zwar ist der US-Dollar aus fundamentaler Sicht teuer
gegenüber den meisten Währungen, ein weiteres
Überschießen des Greenbacks ist im Zuge einer anhaltend
divergierenden Geldpolitik dennoch wahrscheinlich.
• Dagegen könnte eine potenziell zähe und langwierige
Regierungsbildung nach der Unterhauswahl im Mai das
britische Pfund – ungeachtet des langsamen Kursschwenks
der Bank of England – in den kommenden Wochen und
Monaten unter Druck setzen.
• Die US-Notenbank tastet sich behutsam an eine erste
Leitzinserhöhung heran. Nach wie vor preisen die Rentenmärkte
jedoch ein weniger „falkenhaftes“ Szenario ein. Das damit
verbundene Rückschlagpotenzial bzw. Risiko fallender Kurse bei
US-Staatsanleihen bleiben daher eines der zentralen
Investmentthemen für die kommenden Monate.
• Die negativen Auswirkungen des erwarteten Anstiegs der
US-Staatsanleiherenditen werden durch die aktuelle Steilheit
der Renditekurve und korrespondierende „Roll-Down“Erträge nur teilweise abgemildert.
• Bewertungsmodelle deuten auf eine Überbewertung
10-jähriger deutscher und US-Staatsanleihen hin.
Insbesondere Bundesanleihen bewegen sich bereits auf sehr
ambitionierten Bewertungsniveaus und dürften sich im Zuge
des EZB-Kaufprogramms aus fundamentaler Sicht weiter
verteuern.
• Mittelfristig sollten sich die Bundrenditen am langen Ende
dem Sog kletternder US-Renditen sowie steigender
Konjunktur- und Inflationserwartungen nicht entziehen
können.
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