Neue Zürcher Zeitung - Die Onleihe

Neuö Zürcör Zäitung
NZZ – ZEITUNG FÜR DIE SCHWEIZ
gegründet 1780
Dienstag, 28. Oktober 2014 V Nr. 250 V 235. Jg.
www.nzz.ch V Fr. 4.20 V € 3.60
Dilma Rousseff vor
der Bewährungsprobe
Brasiliens Präsidentin regiert ein geteiltes Land
Mit 51,6 Prozent haben die
Brasilianer Präsidentin Dilma
Rousseff im Amt bestätigt. Das
Land ist nach einem äusserst
aggressiven Wahlkampf geteilt.
Es ist nicht das einzige Problem,
das Rousseff erwartet.
Tjerk Brühwiller, Sao
˜ Paulo
Mit der Wiederwahl von Dilma Rousseff haben sich die Brasilianer am Sonntag für die Weiterführung der Regierung des Partido dos Trabalhadores
(PT) entschieden. Es war eine Wahl der
Dankbarkeit für das, was sich in den
vergangenen Jahren in Brasilien verändert hat. Begünstigt vom RohstoffBoom, hat Brasilien unter Rousseffs
Vorgänger Lula da Silva den Hunger
ausgerottet und die Armut verringert.
ARNAUD DUMONTIER / MAXPPP / KEYSTONE
In Calais sind alle grenzenlos überfordert
2000 Personen sollen es sein, die aus allen Kriegsregionen der Welt bis nach Calais gekommen sind. Die Flüchtlinge aus
dem Sudan, aus Syrien, Somalia, Eritrea (Bild) wollen weiter nach Grossbritannien. Der Sprung auf einen Lastwagen, die
Überwindung des Zauns sind jedoch schwierig. So verlieren alle die Geduld: die Polizei, die Einwohner und die Flüchtlinge.
International, Seite 7
Neue Kräfte können
die Ukraine formen
Die beiden ETH
stossen an ihr Limit
Autoverzicht für
Sozialhilfeempfänger
Moskau akzeptiert Wahlresultat
Ausländerzahl begrenzen
Zürcher Kantonsrat will Abzug
nyf. V In den ukrainischen Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende
haben proeuropäische und reformwillige Parteien mit rund 60 Prozent Wähleranteil den Sieg davongetragen. Der
Block um den Präsidenten Poroschenko
sowie die Nationale Front von Ministerpräsident Jazenjuk erreichten am meisten Stimmen. Der Block der Opposition,
der aus der Partei der Regionen des geflohenen Ex-Präsidenten Janukowitsch
entstanden ist, dürfte die einzige Vertretung mit starker ostukrainischer Verankerung werden. Damit haben die
reformwilligen Parteien grundsätzlich
die Chance, die Zukunft der Ukraine zu
gestalten. Moskau akzeptierte das Wahlresultat und schlug in seiner Reaktion
versöhnlichere Töne an als auch schon.
International, Seite 3
nyf. V Die Präsidenten der ETH Lausanne und der ETH Zürich haben ein
Anliegen öffentlich gemacht, das mit seiner Stossrichtung gegen Ausländer in
eine schwierige Zeit fällt. Dabei betonen
die Vorsitzenden, dass sie noch so gerne
ausländische Studierende aufnehmen
möchten. Doch in den letzten Jahren
haben die beiden ETH so stark zugelegt,
dass sie ihre Grenzen erreicht sehen.
Deshalb wollen sie das ETH-Gesetz dahingehend ergänzen, dass sie Zulassungsbeschränkungen für ausländische
Studierende aussprechen können. Man
werde bestürmt von Erstsemestrigen und
befürchte einen Qualitätsverlust bei der
Lehre. Die Schweizer Matur nicht anzuerkennen, komme hingegen nicht infrage, heisst es bei der ETH Zürich.
Schweiz, Seite 9
lsc. V Sozialhilfebezügern im Kanton
Zürich soll es nur noch in Ausnahmefällen möglich sein, ein Auto regelmässig zu benützen. Der Kantonsrat hat
am Montagmorgen knapp einer parlamentarischen Initiative von FDP und
SVP zugestimmt. Diese verlangt, dass
Sozialhilfebezügern die Unterhaltskosten direkt vom Grundbedarf abgezogen
werden, falls sie keine beruflichen oder
gesundheitlichen Gründe für die Benützung eines Fahrzeugs geltend machen
können. Die Befürworter der Initiative
sind der Ansicht, dass Autofahren für
Sozialhilfebezüger grundsätzlich zu
kostspielig sei. Die Massnahme kommt
einem faktischen Verbot nahe und dürfte rechtlich umstritten sein, wie Erfahrungen in anderen Kantonen zeigen.
Zürich und Region, Seite 13
Nachhall des Vergangenen
Es spricht für sich, dass Rousseff nach
ihrem Sieg als Erstes Lula da Silva
dankte. Und es spricht ebenfalls für sich,
dass Rousseff ihre grössten Stimmenanteile in jenen Regionen und sozialen
Schichten holte, die am stärksten von
der Umverteilungspolitik der Regierung
profitieren. Die Vergangenheit war das
schlagende Argument, mit dem Rousseff sich von ihrem Herausforderer Ae´
cio Neves von der Mitte-Rechts-Partei
Partido da Social Democracia Brasileira
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BÖRSE
Dow Jones
16817,94
0,07%
8520,48
–0,14%
Euro in Franken
1,2057
–0,05%
Erdöl (WTI in $)
80,65
SMI
–0,80%
Seite 27
q
Sportresultate 38
TV/Radio 47
Rousseff sprach am Sonntagabend von
einer politischen Reform, um das politische System Brasiliens zu modernisieren, das von Korruption und Ineffizienz
gezeichnet ist. Es fragt sich allerdings,
wie viel Priorität sie diesem Projekt einräumen kann, wenn sich die brasilianische Wirtschaftslage im gegenwärtigen
Tempo verdüstert. Es ist nicht das einzige Problem, das Rousseff in den kommenden vier Jahren ernsthafte Sorgen
bereiten wird. Das Parlament ist mit 28
vertretenen Parteien so fragmentiert
wie nie zuvor, und das Volk ist nach
einem äusserst aggressiven Wahlkampf
gespalten. Es dürfte eine Weile dauern,
bis Rousseffs und Neves’ Ruf nach Versöhnung bei den Wählern ankommt.
International, Seite 5
Meinung & Debatte, Seite 19
Börsen und Märkte, Seite 27
Überraschung im Schatten von Ecopop
hus. V Im Hinblick auf die Volksabstimmung vom 30. November steht vor
allem die Ecopop-Initiative im Zentrum
des Interesses. Sekundär löst auch die
Initiative zur Abschaffung der Aufwandbesteuerung (salopp: Pauschalbesteuerung) einige Emotionen aus. Im
Schatten dieser beiden Vorlagen segelt
bis anhin die Goldinitiative, die ebenfalls am 30. November vor das Volk
kommt. Doch es war die Goldinitiative,
die bei der Publikation der ersten SRGUmfrage zu den Abstimmungsvorlagen
für die grösste Überraschung sorgte: mit
einer relativen Mehrheit zugunsten der
Initiative.
Volksabstimmungen sind von ganz
anderem Kaliber als Umfragen, wie die
Vergangenheit schon oft bewiesen hat.
Doch vor allem bei Initiativen von
«rechts» können sich Gegner nicht
mehr auf das traditionelle Muster verlassen, wonach die anfängliche Zustimmung bis zum Urnengang in eine starke
Ablehnung mündet.
Wirtschaft, Seite 21
INTERNATIONAL
WIRTSCHAFT
Journalismus erodiert
Seite 6
Seite 23
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SCHWEIZ
SPORT
Seite 9
Seite 40
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PANORAMA
FEUILLETON
Seite 20
Seite 41
Säkulare Kräfte siegen Der zweite Blick auf
bei Wahlen in Tunesien den Banken-Stresstest
Leichterer Kampf
Die Formel 1
gegen korrupte Regime ist in einer tiefen Krise
Schock nach Tötung
Charles Jacksons
von Südafrikas Torhüter verlorenes Wochenende
Fahrzeuge 12
Anlagefonds 34
Veranstaltungen 44
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Kino 46
Trauer 8
KEYSTONE
Hochnebel bis 900 Meter
Über dem Flachland liegt am Vormittag Hochnebel mit einer Obergrenze
bei 700 bis 900 Metern – sonst ist es in
der ganzen Schweiz sonnig. In den
Bergen schwacher Nordostwind. Im
Süden am Morgen im Flachland einige
tiefe Wolkenfelder. Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad.
Seite 49
Ruf nach Versöhnung
Der Weckruf für die Goldinitiative
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WETTER
(PSDB) abheben konnte. Denn die Zukunft sieht alles andere als rosig aus.
Brasiliens Wirtschaft stagniert, die steigende Inflation frisst die Gehälter auf,
die Industrie hat sich unter dem protektionistischen Regime des PT kaum entwickelt, die Rohstoffpreise befinden
sich im Abwärtstrend, und das Vertrauen der Investoren schwindet. Eine
Kehrtwende der Wirtschaftspolitik hat
Rousseff nicht angekündigt. Die Märkte
reagierten deutlich auf die Wiederwahl.
An der Börse von Sao
˜ Paulo kam es am
Montag zu massiven Einbrüchen.
Die SVP hat weiterhin das grösste
Medienecho. Dies zeigen die Zürcher
Forscher um Professor Kurt Imhof im
fünften Jahrbuch, das sie am Montag
publiziert haben. Sie erkennen ferner
eine fortschreitende Erosion der vierten
Gewalt. Sie kommen damit zu ähnlichen Resultaten wie andere Studien.
Medien, Seite 50