26 SachsenPost Schwein 23 - 2003 Was in den Eileitern der besamten Sauen passiert Dr. B. Schumann, Eberstation Herbertingen und Prof. Dr. U. Hühn, Wölfershausen Die fachgerechte Gestaltung des Belegungsmanagements in der Sauenhaltung erfordert Kenntnisse der biologischen Prozesse der Fortpflanzung beim Schwein. Das gilt insbesondere für die erfolgreiche Anwendung der künstlichen Besamung. Versteht man, was in der Sau „passiert“, kann man das Besamungsmanagement wirksam darauf ausrichten. Die Geschlechtsorgane dienen der Bildung von Geschlechtszellen (Eberspermien, Eizellen der Sau) und von Geschlechtshormonen sowie der Paarung/Insemination, Befruchtung, Entwicklung und schließlich Geburt der Ferkel. Zu den weiblichen Geschlechtsorganen gehören: • Eierstöcke • Eileiter • Gebärmutter und • Begattungsorgane Zu einigen fortpflanzungsbiologischen Gegebenheiten Die Eileiter sind paarig angelegte Organe. Sie verbinden die Eierstöcke mit den Gebärmutterhörnern. Sie beginnen als trichterförmige Gebilde, die den Eierstöcken eng anliegen, ohne jedoch mit ihnen verwachsen zu sein. Sie verengen sich zu gewundenen Röhren von 25 bis 30 cm Länge. An ihrer engsten Stelle münden sie in die Gebärmutterhornspitzen. Der Trichterrand ist mit Flimmerzellen besetzt. Desgleichen ist die Schleimhaut im Inneren des Eileiters mit Flimmerepithel ausgekleidet. Die Wände des Eileiters bestehen aus kräftigen Längs- und Ringmuskeln. Diese befähigen ihn zu peristaltischen Bewegungen. Der Trichter nimmt nach der Ovulation die freigesetzten Eizellen auf. Abbildung 1 verdeutlicht die drei Segmente, aus welchen der Eileiter besteht; es sind dies: • Eileitertrichter • Ampulle und • Isthmus. Die Übergänge zwischen den genannten Segmenten heißen: • Ampulle-Isthmus-Verbindung (AIV) • uterotubale Verbindung (UTV) Der Weg der Spermien zum Ort der Befruchtung Der Eileiter dient über den Empfang der befruchtungsfähigen Eizellen hinaus der ungestörten Befruchtung sowie der Entwicklung, dem Transport und der Abgabe früher Teilungsstufen an den Uterus. Diese Aufgaben haben eine absteigende Wirkung. Ihnen ist eine Phase mit aufsteigender Funktionsrichtung zur Verwirklichung des Antransportes und der Reifung der Spermien vorgeschaltet. In dieser Phase wird das nach dem Natur- sprung bzw. nach der Insemination in der Gebärmutter befindliche Ebersperma vom Eileiter übernommen. Hier gelangt es zunächst in das Spermienreservoir, das sich im gebärmutternahen Abschnitt des Isthmus befindet. Diesem Speicher kommen wesentliche Aufgaben zu: • Selektion intakter Spermien • Schaffung der Voraussetzungen zum Überleben einer genügend großer Anzahl von Spermien • Reifung der Spermien (Kapazitation) • Begrenzung der Spermienzahl, die zum Befruchtungsort gelangt. Aus dem Reservoir wird eine kleine Anzahl reifer Spermien langsam gelöst und zum Ort der Befruchtung transportiert. Kapazitierte Spermien behalten ihre Befruchtungsfähigkeit bis zu einem Tag. Für die Erlangung und Bewahrung der Befruchtungsfähigkeit sind sowohl die Qualität des Eberspermas als auch die Milieubedingungen in der Ampulle bedeutungsvoll. Sie unterliegen sowohl hormonellen Einflüssen als auch der Wirkung anderer Regelkreise, des Stoffwechselsystems sowie immunologischen Faktoren. Der Weg der Eizellen Die befruchtungsreifen Eizellen werden mit der Follikelflüssigkeit vom Eileitertrichter aufgenommen. Das Ovulationsvolumen beträgt 1-3 ml. Sein Transport vom Ovar zum Eileiter erfolgt entsprechend der Ovulationsfrequenz. Die Eisprünge der Sauen beanspruchen einen Zeitraum von mehreren Stunden. Das Ovulat gelangt jeweils in die Ampulle. Dor t erwar ten die kapazitierten und befruchtungskompetenten Spermien, die aus dem Spermienreservoir freigesetzt wurden, die befruchtungsreifen Eizellen. Das Zusammentreffen der Keimzellen beiderlei Geschlechtes muss zeitlich präzise koordiniert sein. Der gesamte Befruchtungsprozess stellt eine abgestimmte Serie verschiedener Ereignisse dar. Schließlich entsteht durch Verschmelzung des Spermiums und der Eizelle die Zygote, die den Eileiter uteruswärts passiert. Währenddessen nimmt sie eine Reihe von wichtigen Nährstoffen aus dem Eileitersekret durch die Poren der Zona pellucida, welche eine unentbehrliche biochemische und mechanische Schutzhülle darstellt. Abbauprodukte des Stoffwechsels werden von der Eizelle durch die Zona pellucida wieder ausgeschieden. Die Zygoten bzw. Embryonen sind in den Eileiterabschnitten unterschiedlich verteilt und erst nach einem Zeitraum von 50-56 Stunden wandern die Embryonen in die Gebärmutter. Störungen während der Eileiterpassage sowie unphysiologische hormonelle Verhältnisse und Einflüsse auf den Ablauf dieser komplexen Prozesse 27 SachsenPost Schwein 23 - 2003 beeinträchtigen die Befruchtungsergebnisse. Zu den pathologischen Störungen zählen Verklebungen, Verwachsungen und Sekretionsanomalien. Sie können infolge von akuten oder chronischen Entzündungen sowie von Stoffwechselstörungen auftreten. Was bedeutet das für die praktische Besamung? Eine erfolgreiche Befruchtung und eine anschließende ungestörte Entwicklung des Embryos sind das Resultat einer enormen Vielzahl von fein aufeinander abgestimmten Vorgängen. Das bedeutet grundsätzlich, dass Haltung und Fütterung und Umgang mit den Tieren, also das ganze Umfeld um das Tier so gestaltet sein müssen, Störungen dieser komplexen Vorgänge zu vermeiden. Da sowohl die ovulierten Eizellen als auch die Spermien schnell altern, muss der Spermalagerung und der Wahl des optimalen Besamungszeitpunktes volle Aufmerksamkeit geschenkt werden. Abbildung 1 Spermalagerung auf dem Betrieb: optimale Temperatur: 15° - 18° Temperaturschwankungen vermeiden am besten in der elektrischen Thermobox unter hygienisch einwandfreien Bedingungen regelmäßige Kontrolle (Minimum-MaximumThermometer verwenden) u täglich mindestens 1x wenden u u u u u Um den optimalen Besamungszeitpunkt festzustellen, ist eine ordnungsgemäße Brunstkontrolle notwendig. Nur eine ovulationsnahe Besamung bringt den vollen Erfolg. Um Voraussagen zu können, wann die Ovulation erfolgen wird, muss der Zeitpunkt des Brunsteintrittes möglichst genau erfasst werden. Ist dies geschehen, kann daraus der beste Zeitpunkt für die Besamung nach bewährtem Schema abgeleitet werden. Abbildung 2 Obwohl die gereiften Spermien bis zu einem Tag befruchtungsfähig sind, hat es sich in der deutschen Besamungspraxis bewährt, die maximale Befruchtungsfähigkeit der inseminierten Spermien auf weniger als 24 Stunden zu veranschlagen. Daher ist der Abstand von Abbildung 3 12-16 Stunden zwischen 1. und 2. (bzw. evtl. notwendiger 3.) Besamung als optimal anzusehen. Einem erfolgreichen „Treffen“ von Eizellen und Spermien steht dann nichts mehr im Wege. (Dieser Beitrag wurde in der SUS 5/2003 veröffentlicht.) 9. Bernburger Biotechnik-Workshop Prof. Dr. M. Wähner, Hochschule Anhalt (FH) Bernburg Am 16. und 17. Mai 2003 fand an der Hochschule Anhalt (FH) in Bernburg der 9. Bernburger Biotechnik-Workshop statt. Für Landwirte, Tierärzte, Praktiker, Wissenschaftler, Vertreter der Futtermittelindustrie, der Pharmaindustrie und von Beratungsfirmen stand das Thema: „Das Saugferkel“. In insgesamt 18 Vorträgen wurden die unterschiedlichsten Probleme der Aufzucht, der Tierverluste, der Geburtssteuerung, der Fütterung, der Haltung, der Gesundheit und Vitalität sowie der Genetik vorgestellt und diskutiert.
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