Schweinezucht aktuell 35 - 2009 30 Neue Besamungsställe - Was ist zu beachten? Dr. A. Heinze, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Jena Bei der Rekonstruktion bestehender Sauenanlagen rückt der Besamungs- und Wartebereich immer mehr in den Mittelpunkt. Dies resultiert nicht allein aus den Anforderungen zur Gruppenhaltung tragender Sauen für bereits bewirtschaftete Bestände ab 1.1.2013, sondern auch aus neuen haltungstechnischen Lösungen und der Umsetzung aktueller fortpflanzungsphysiologischer Erkenntnisse. Dabei gilt es die Abferkelraten weiter zu verbessern, Arbeitszeit einzusparen und aus Kostengründen den Biotechnikaeinsatz zu verringern. Generell ist das frühere Bewirtschaftungskonzept der einphasigen Aufstallung der Sauen vom Absetzen bis zur Hochträchtigkeit schon allein durch die Anforderungen zur Gruppenhaltung ab fünfter Trächtigkeitswoche überholt. Die Haltung kann entweder in einer auf Gruppengröße ausgerichteten spezialisierten Besamungseinheit oder mehreren kombinierten Besamungs- und Warteställen erfolgen. Hier sollte aber abgesichert werden, dass analog den anderen Haltungsabschnitten, die Sauengruppen in getrennten Stallabteilen aufgestallt werden. Dies führt zu besseren tiergesundheitlichen Voraussetzungen und reduziert Stress. Beispielsweise lässt sich nur so eine für die Besamungshygiene wirksame Reinigung und Desinfektion der Buchten realisieren. Zugleich entfällt der Stress einer Buchtenreinigung im belegten Stall. Auch ist der Lärm in den mit mehreren Gruppen belegten großen Stalleinheiten ein nicht zu unterschätzender Belastungsfaktor. Weiterhin ist die Unruhe in Verbindung mit dem notwendigen Stimulierebereinsatz bei der Besamungsgruppe, die Umstallungen oder die unterschiedlichen Fütterungsfrequenzen für zu die besamenden gegenüber den tragenden Sauen von Nachteil. Deshalb ist generell die abteilweise Aufstallung der Besamungsgruppen zu bevorzugen. Spezialisierter Besamungsstall hat Vorteile Der spezialisierte Besamungsstall in Verbindung mit einer oder mehreren nachgeordneten Warteeinheiten bis Ende vierte Trächtigkeitswoche bietet eine bessere Stallflächenauslastung bei insgesamt niedrigerem Flächenbedarf je Sauenplatz, was besonders für Rekonstruktionsmaßnahmen von entscheidender Bedeutung sein kann. Dies ergibt sich aus den erforderlichen Stallgangbreiten für die Eberstimulation, die in den Warteställen so nicht erforderlich sind. Zugleich muss nur eine Stalleinheit mit den kostenaufwendigeren Besamungsständen, mit mehr Lampen und mit Heizung ausgestattet sein. Als Nachteil ist die konsequente Einhaltung des Ausstalltermins nach Ablauf der Belegungswoche anzusehen, der rechtzeitige Brunsteintritte erfordert. Die oft angeführten Fruchtbarkeitsdefizite infolge der Umstallungsbelastung in der Frühgravidität lassen sich bei schonendem Umgang mit den belegten Sauen und dem rechtzeitigen Ausstallungstermin innerhalb der ersten zwei Tage nach der Besamung ohne Leistungseinbußen vermeiden. Nachteilig bleibt jedoch, dass der Gruppendurchlauf über eine Besamungseinheit nur für den einwöchigen Produktionsrhythmus zutrifft, da beim Mehrwochenrhythmus nicht vertretbare Leerstandszeiten auftreten. Wird sich planungsseitig für eine Aufstallung in einem kombinierten Besamungs-/Wartestall entschieden, so sind in Abhängigkeit vom Produktionsrhythmus mehrere Stalleinheiten erforderlich. Bei Wochenbewirtschaftung sind es fünf Abteile, beim Zwei-Wochen-Rhythmus dann drei. Der Vorteil dieser Aufstallungsvariante liegt im Wegfall der zusätzlichen Umstallung nach der Besamungswoche. Nachteile resultieren aus einem höheren Stallflächenbedarf und höheren Ausrüstungskosten, da alle Standplätze den Anforderungen eines Besamungsstandes entsprechen sollten. Die Entscheidung für eine der beiden Bewirtschaftungsvarianten wird oft nicht allein aus Sicht der Kosten erfolgen, denn anders als bei Neubauten zwingen bei Rekonstruktionsmaßnahmen die verfügbaren Stallhüllen zu platzsparenden Lösungen. Generell sollte jedoch bei der Planung der Sauenplätze für die Besamungseinheit nicht von der günstigsten Fruchtbarkeitssituation ausgegangen werden, sondern sicherheitshalber in der Anzahl der Besamungsplätze etwas vorgehalten werden. Ebergang mit Fixierung vor den Sauen Zum Ebereinsatz bei der Rauschestimulation und Besamungsdurchführung gibt es keine gleichwertige Alternative. Deshalb sind die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. So muss der Stallgang für den Einsatz des Stimulierebers vor den Köp- Bild 1: Blick in ein modernes Besamungszentrum mit zweireihiger Aufstallung kopfseitig zur Wand und breitem Ebergang vor den Köpfen der Sauen Bild 2: Geschlossene bzw. geöffnete Salontür als Voraussetzung für ein leichtes Hineintreten in den Besamungsstand Bild 3: Absperrtüren auf Eberstimulationsgang mit Türfixierung, so dass sie sich nur einseitig durch Eber öffnen lässt Schweinezucht aktuell 35 - 2009 31 fen der Sauen liegen, damit eine maximale Stimulation erzielt wird. Dieser Gang sollte dabei mit Absperrtüren ausgestattet sein, die sich mittels Gestänge von der Besamungsbucht öffnen lassen. Nur so lässt sich eine praktikable Fixierung des Ebers bei der Besamung vor den unmittelbar zu besamenden Sauen ermöglichen. Ein auf dem Stallgang umherwandernder Stimuliereber bringt nur Unruhe und stimuliert zur falschen Zeit. Hinsichtlich der Stimulationsdauer ist ein zweimaliger Kurzzeitkontakt gegenüber einem Eberdauerkontakt mindestens gleichwertig, was bauseitig Stallfläche einspart. Wichtig bei der Planung der Besamungsställe ist weiterhin der Verzicht auf die Eberaufstallung im Besamungsbereich und als Konsequenz das Einrichten der Eberbuchten in einem separaten Abteil mit möglichst kurzem Treibeweg. Dabei sind die rechtlichen Anforderungen zur Buchtengröße zu berücksichtigen. In der Übersicht 1 werden die Empfehlungen zum Ebereinsatz zusammengefasst. Übersicht 2: Empfehlungen zur Gestaltung der Besamungsstände - Standbreite (innere Weite): JS = 0,60 m; AS = 0,65-0,70 m - Standlänge: ab Trog 1,85 – 1,90 m, trogseitig ab 1,40 m Spaltenboden - Standhöhe: 1,10 – 1,15 m - Querrohre bis zu drei im vorderen Bereich als Überspringschutz aufgelegt - Rückwandausgestaltung entscheidend für leichten Zutritt in Bucht. Möglichst Einhandbedienung, um zweite Hand frei für Besamungskatheder oder Gurt zu haben - Kopfseitige Standklappen zur Erleichterung der Umstallung besonders bei wöchentlicher Umstallung im Besamungszentrum vorteilhaft Übersicht 1: Empfehlungen zum Ebereinsatz - Ohne Stimulierebereinsatz keine maximale Fruchtbarkeit - 2 x täglicher Kurzkontakt ist besser als 100 Stundendauerkontakt - Eberstimulation unbedingt als Nase-zu-Nase-Kontakt - Bei Besamung erzielen zwei Eber hintereinander eine noch bessere Stimulation - Aufstallung der Eber außerhalb des Besamungsstalles - Buchtengröße für Eber ab 24 Monate Alter ≥ 6 m2 - Wandseitige Stimulationsgangbreite 0,60-0,80 m, breitere Wendeschleife am Gangende oder Quergang erforderlich. Alternativ Gangbreite von ≥ 1,30 m zum Umkehren - Bei mittigen Stimulationsgang Breite von ≥ 1,40 m - Stimulationsgang stets mit Absperrtüren, um Eber bei Besamung zu fixieren Problem eines schlechten Kotdurchsatzes lässt sich am besten durch eingebaute Kotabwurfklappen lösen. Breitere und größere Sauenstände Bei der Ausführung der Besamungsstände muss der größere Rahmen der meisten Zuchtherkünfte berücksichtigt werden. Weiterhin hat sich die Gestaltung der Rückfront für einen besseren Zutritt bei Brunstkontrolle oder Besamung und die Fußbodenausführung verändert. Zur Absicherung eines tierschutzgerechten Verhaltens sind breitere und längere Einzelstände, als noch vor einigen Jahren, erforderlich. Zugleich müssen die Stände höher ausgeführt werden, da ansonsten die obenliegenden Querrohre zu Verletzungen führen. Die Bemaßungen sind der Übersicht 2 zu entnehmen. Sie dienen als Empfehlung und sind bei Erfordernis den Besonderheiten der betriebliche Sauenherkunft anzupassen. Großes Augenmerk ist auf die Ausführung der Buchtenrückwand zu legen. Dabei werden herstellerseitig verschiedene Lösungsvarianten angeboten. Wichtige Gesichtspunkte bei der Auswahl sind eine gute Zugänglichkeit für den Besamer, das Öffnen der Verriegelung mit einer Hand und eine nicht zu hohe Ausführung, da ansonsten ein ungewolltes Herausziehen der Besamungspipette bei der Gurtbesamung verursacht wird. Weiterhin muss in Umsetzung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung auf die Fußbodengestaltung verwiesen werden. Bei Einzelhaltung ist Teilspaltenboden erforderlich. Die Spaltenweite für Sauen beträgt maximal 20 mm. Praxiserfahrungen zeigen jedoch, dass bei 18 mm weniger Fundamentprobleme auftreten. Das Viel Licht und gutes Klima Letztlich lassen sich beim Stallneubau oder der Rekonstruktion bessere Voraussetzungen für fruchtbarkeitsrelevante Stallklimafaktoren zu schaffen. Hinlänglich bekannt ist die stimulierende Wirkung des Lichtes auf die Fortpflanzungsfunktion. Für die Besamungsabteile wird eine Ausleuchtung mit 300 Lux bei Einebenenmessung in Augenhöhe für 12 – 14 Stunden empfohlen. Zwecks maximaler Lichtausnutzung muss die Lampenleiste über den Köpfen der Sauen angebracht sein. Eine Stallausleuchtung erfolgt jedoch auch über den Lichteinfall der Fensterflächen. Mit den Anforderungen der TierschutzNutztierhaltungsverordnung sind sie in der Regel bei Neubauten oder Umbauten mit drei Prozent der Stallgrundfläche groß ausgelegt. Besonders bei südseitiger Fensterflächenausrichtung kann starker Sonnenlichteinfall bei den betroffenen Tiere Fruchtbarkeitsprobleme hervorrufen. Abhilfe ist durch Jalousien oder einfache wärmereflektierende Platten möglich, die an den entsprechenden Tagen in die Fenster gestellt werden. Für das Wohlbefinden der Sauen ist außerdem ein optimaler Temperaturbereich von 18 – 20 ° C anzustreben. In den Sommermonaten reicht jedoch die Lüftung allein nicht aus, um diese Stalltemperatur abzusichern. Deshalb laufen derzeit einige Forschungsvorhaben, um effektive Verfahren zur Kühlung des zugeführten Luftstrom zu ermitteln. Aber auch zu kalte Besamungsställe verursachen Fruchtbarkeitsdefizite. Besser als die aufwendige Raumheizung hat sich die Warmwasserfußbodenheizung bewährt. Damit kann speziell in den Wintermonaten ein Auskühlen der Sau und damit das Auftreten von Entzündungen des Urogenitaltraktes vermieden werden. In den heißen Sommermonaten wäre dann mit Kaltwasser eine Abkühlung zu erreichen. Fazit Besamungsställe für Sauen sind entweder als ein spezialisiertes Besamungscenter mit Wochenrhythmus oder als kombinierte Besamungs- und Wartestalleinheiten einzurichten. Für letztere hat die gruppenweise getrennte Aufstallung gegenüber dem Mehrgruppenstall wesentliche Vorteile. Bei der Ausgestaltung der Besamungseinheiten sind die Anforderungen an den Stimulierebereinsatz, an den Besamungsstand sowie an die umfassende Nutzung der fruchtbarkeitsstimulierenden Umweltfaktoren zu berücksichtigen.
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