Abklärung der männlichen Fertilität (Zeugungsfähigkeit)

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Andrologische Fragestellungen im Kontext
der Reproduktionsmedizin
Bernhard Schwindl
Zusammenfassung
Die Andrologie kann im Kontext der Reproduktionsmedizin einen nicht zu
unterschätzenden Anteil zur Verwirklichung des unerfüllten Kinderwunsches
beitragen. Bei ungewollter Kinderlosigkeit liegen etwa zur Hälfte männliche
Fruchtbarkeitsstörungen vor. Es finden sich mannigfaltige Auslöser: Störungen der Spermiogenese, des Spermientransportes und der Spermienübertragung. Seltener sind infektbedingte, tumorbedingte, endokrine, genetische, immunologische, toxikologische und sexualmedizinische Gründe für Fruchtbarkeitsstörungen. Auch Alterungsprozesse der Fruchtbarkeitsorgane (auch beim
Mann – weniger offensichtlich als bei der Frau) werden in der Bevölkerung
häufig unterschätzt. In fast einem Drittel der Paare bleibt der Grund jedoch
unklar. Zukünftige Anstrengungen werden darauf ausgerichtet sein, diese
Wissenslücken zu schließen. Therapeutische Ansätze sind zum geringen Anteil kausal möglich, zum überwiegenden Teil unterstützen sie die Maßnahmen der assistierten Reproduktionstechnik. Im folgenden Beitrag wird vorgestellt, welche Aufgaben die Andrologie im Kontext des unerfüllten Kinderwunsches hat und welche diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten
zur Verfügung stehen.
Schlagwörter: Reproduktive Gesundheit – Fertilitätsstörungen beim
Mann – andrologische Diagnostik und Therapie bei unerfülltem Kinderwunsch
3.1
Einleitung
Die Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin haben für hilfesuchende Paare
neue Wege zum Wunschkind geebnet. Der männliche Faktor scheint im Zeitalter von ICSI zunehmend vernachlässigbar. Man könnte meinen, dem Andrologen oder Urologen verbliebe nur die Aufgabe, dieses dafür benötigte
Spermium quasi als „Sperm Retriever“ aufzuspüren und abzuliefern. Dass die
Thematik weit vielschichtiger ist, soll im Folgenden dargestellt werden.
Zunächst einmal: Wer ist der Androloge? Die Andrologie (= Männerheilkunde) leitet sich ab aus dem Griechischen als die Lehre des Mannes. In
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Bernhard Schwindl
Deutschland rekrutieren sich die Andrologen zumeist aus den Urologen,
traditionell aber auch aus Dermatologen oder internistischen Endokrinologen,
die sich während (max. sechs Monate) bzw. nach ihrer Facharztausbildung
einer insgesamt mindestens 18-monatigen Zusatzausbildung unterziehen. Der
Androloge beschäftigt sich mit Fragen zur Männergesundheit über den Lebenslauf (vom Hodenhochstand des Neugeborenen bis zur Hormonstörung
des alternden Mannes), darunter häufig auch mit der männlichen Fortpflanzungsfunktion und ihren Störungen.
Etwa zur Hälfte ist der unerfüllte Kinderwunsch durch Fruchtbarkeitsstörungen des Mannes (mit-)bedingt. Von einer Infertilität spricht man, wenn ein
Paar über mehr als zwölf Monate, trotz ungeschütztem Verkehr an den fruchtbaren Tagen der Frau, keine (bleibende) Schwangerschaft erwirkt (WHO
2000). Die Ursachen sind vielfältig (siehe Tab. 3.1). Abgesehen von offensichtlichen Störungen der Samendeposition, zu denen auch die Potenzstörungen zählen (die heute zumeist behandelbare Impotentia coeundi oder erektile
Dysfunktion sei nicht Thema des Beitrages), sind es in erster Linie die Störungen bei der Samenbildung (Impotentia generandi), die den männlichen
Sterilitätsfaktor bestimmen und trotz großer Forschungsanstrengung zu etwa
einem Drittel als idiopathisch (also unbekannter Genese) eingestuft werden
müssen.
In früheren Zeiten war das Rollenverhältnis Mann und Frau klar verteilt:
„Der Mann sorgt für den Unterhalt, die Frau sorgt für die Kinder“. Von dem
Mythos, dass das „Kinderhaben“ gänzlich Frauensache sei, hat „Mann“ sich
selbstverständlich längst verabschiedet. Er ist sich heute zumeist seiner Rolle
bewusst. Im günstigen Fall äußert sich dies in der egalitären Aufteilung der
Erziehungs- und Familienaufgaben (Stichwort „paternale Eltern(teil)zeit“).
Im ungünstigen Fall resultiert aus einer männlichen Fertilitätsstörung eine
Selbstwertkrise des Mannes mit Schuldgefühlen gegenüber der Partnerin,
zumal die männliche Funktionsstörung meist im Rahmen von reproduktionsmedizinischen Behandlungen am Körper der Frau kompensiert werden muss.
Dennoch, die Evolution hat die Rolle der Gebärerin der Frau zugedacht,
so dass nach der gemeinsamen Zeugung des Kindes das Austragen und zur
Welt bringen des Kindes vor allem in der Verantwortung der Frau steht. Dies
kommt besonders auch im Fall einer ungewollten Schwangerschaft zum Ausdruck, insbesondere dann, wenn der Mann sich aus der Verantwortung
stiehlt. Zwar lag der Anteil der 2012 geborenen Kinder, deren Väter Elterngeld bezogen haben, in Bayern bereits bei 38,1 % (Statistisches Bundesamt
2014). Dennoch ist die Elternzeit für den Mann über einige Wochen hinaus
ein idealisiertes Wunschdenken. Obgleich sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen durch moderne Elternzeitmodelle, den Ausbau von Kinderkrippen
und Betreuungsplätzen et cetera verbessert haben, erfordert berufliches Fortkommen meist nach wie vor die starke Präsenz des Mannes am Berufsort.
Verständnis von Seiten des Arbeitgebers ist nicht immer zu erwarten und
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Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
familienfreundliche Arbeitszeitmodelle für Männer sind nach wie vor eher
selten vorzufinden. Des Weiteren sind finanzielle Einbußen ein nicht zu unterschätzendes Hindernis für eine egalitäre Wahrnehmung der Familienaufgaben. De facto bleibt die Gesellschaft hinsichtlich der Kinder-Erziehung
nach wie vor zumeist auf die Mutter hin ausgerichtet.
Tab. 3.1: Ursachen der Infertilität
Primärer (hypergonadotroper) Hypogonadismus
Anorchie, Maldeszensus testis
Varikozele
Nach Radiatio, nach Chemotherapie
postentzündlich (Orchitis)
Hodenverlust: Hodentumor, Hodentorsion, posttraumatisch
Klinefelter-Syndrom
Weitere Chromosomenaberration (Translokation, Inversion, Duplikation)
Y-chromosomale Deletion
Sekundärer (hypogonadotroper) Hypogonadismus
Idiopathischer hypogonadotroper Hypogonadismus (IHH)
Kallmann-Syndrom (olfaktogenitales Syndrom)
Hypophysenadenom, Prolaktinom
Endokrinopathie (adrenogenitales Syndrom, Schilddrüsendysfunktion etc.)
Schädelbestrahlung
Chronische Erkrankungen
Kachexie, Gewichtsverlust
Hämochromatose
Zentrale Ischämie, cerebrales Trauma
Testosteronabusus, Anabolika, Rauschmittel
GnRH-Rezeptormutation
Tertiärer (hypogonadotroper) Hypogonadismus, Hypothalamusstörung
Androgenresistenz
Mutation des Androgenrezeptors
5-Alpha-Reduktase-Mangel
Obstruktion
Vasoresektion
Prostatacyste, Utriculuscyste
CBAVD, cystische Fibrose
Anatomische Störung, Samendeposition (Hypospadie, Induratio penis plastica etc.)
Immunologische Störung
Medikamente, Kunststoffe, Schwermetalle, Pestizide, Nikotin
Idiopathische Ursache
Quelle: erweitert nach Zitzmann 2011: S. 61
So verwundert es nicht, wenn in den psychosozialen Beratungseinrichtungen
auch im Hinblick auf den unerfüllten Kinderwunsch in hohem Prozentsatz
vor allem Frauen Rat suchen, seltener das Paar und nur in Ausnahmefällen
Männer allein vorstellig werden (Mayer-Lewis 2012). Nach wie vor ist auch
die Bereitschaft zum Arzt zu gehen schon bei den jungen Männern nur gering
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Bernhard Schwindl
ausgeprägt und bricht meist mit den U-Untersuchungen im Kindesalter (in
Begleitung der Mütter!) ab. Die Hemmschwelle, ärztliche oder psychosoziale
Beratung in Anspruch zu nehmen, scheint bei Männern deutlich höher angesetzt zu sein als bei Frauen. Die Rolle des Musterungsarztes, welcher frühzeitig zum Beispiel eine Varikozele aufdecken konnte, ist mit dem Fall der allgemeinen Wehrpflicht weggebrochen. Pädiater und Urologen bemühen sich
deshalb, dieses Vakuum mit speziellen Jungensprechstunden und dem Gang
in die Schulen (z. T. noch mit ehrenamtlichem Engagement) auszufüllen.
Häufig entsteht eine relativ lange Zeitspanne, bis der Mann den Gang
zum Andrologen antritt. Oft muss die Partnerin den Weg bereiten. Der Mann
ist (wie auch die Frau) heute deutlich älter bei der Realisierung des Kinderwunsches (im Durchschnitt circa 32 Jahre, die Frau circa 29 Jahre) (vgl.
Pink-Studie 2014). Das Alter ist eine wesentliche, wenn nicht die hauptsächliche Ursache eines unerfüllten Kinderwunsches, welche jedoch in der Gesellschaft als solche wenig bewusst ist. Nimmt man den Fertilitätsstatus einer
25-Jährigen fiktiv mit 100 % an, so sinkt er ab dem 30. Lebensjahr deutlich;
bei der 35-Jährigen ist er bereits auf die Hälfte abgefallen, bei der über 40Jährigen liegt er bei nur 5 %! 2012 betrug das mittlere Alter des Mannes im
IVF-Zentrum knapp 39, das der Frau 35 Jahre (DIR Jahrbuch 2012).
Auch wenn im Gegensatz zur Frau (mit Eintreten der Menopause um das
50. Lebensjahr) eine fixe Altersgrenze der natürlichen Reproduktionsfähigkeit beim Mann nicht gezogen werden muss – das Thema des Social Freezing
stellt sich hier bis dato noch nicht – und der gesunde Mann prinzipiell bis ins
hohe Alter zeugungsfähig bleibt (z. B. Charly Chaplin oder Luis Trenker als
prominente Vertreter), so ist doch das genetische Risiko des älteren Mannes
hinsichtlich neuauftretender Punktmutationen (monogene Erbkrankheiten wie
die Achondroplasie oder das Apert-Syndrom) sowie wohl auch hinsichtlich
genetisch komplexer Krankheitsbilder (Schizophrenie, Autismus, ADHS,
bipolare Störungen, Hirntumor, Leukämie) höher (D’Onofrio et al. 2014;
McGrath et al. 2014; Zitzmann 2014). Damit untermauern diese Tatsachen
die juristisch für die gesetzliche Krankenkasse festgelegte Altersbeschränkung zur Kostenübernahme einer künstlichen Befruchtung, die beim Mann
unter 50 Jahren liegt. Männer über 40 Jahre sind von einer Samenspende zur
donogenen Insemination (Fremdsamenspende) ausgeschlossen (Hammel et
al. 2006).
3.2
Andrologische Praxis und Diagnostik bei unerfülltem
Kinderwunsch
Es ist Aufgabe des Andrologen, nach exakter Anamneseerhebung und Diagnostik (s. u.) einfühlsam, getragen von einer bereits beim Erstkontakt Ver64
Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
trauen aufbauenden Arzt-Patienten-Beziehung, den Mann bzw. (falls möglich) das Paar über fertilitätsminderndes Verhalten oder eventuell vorliegende
ungünstige Befunde aufzuklären und falls erforderlich weitere therapeutische
Schritte anzubahnen. Dabei sollte der Behandler – also auch der Androloge –
die Technik der psychisch stützenden Gesprächsführung beherrschen. Fortbildungsangebote zur psychosomatischen Grundversorgung können dabei
Hilfestellung leisten (Berberich 2004).
Folgende Auflistung zeigt, wie und womit der Androloge zur Abklärung
der männlichen Fruchtbarkeit (Fertilität) beiträgt:

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



Untersuchung des Urogenitale (Harn- und Geschlechtsorgane) und der
männlichen Brust
Ultraschall, Urin, Labor (incl. Analyse der Hormone)
Spermiogramm (Beurteilung der Samenqualität)
Diagnostik genetischer Erkrankungen
Ausschluss von Infektionen (incl. sexuell übertragbarer Krankheiten)
Beratung und Behandlung von Sexualstörungen
Behandlung von Störungen der Erektion (Potenz), der Libido (Lust) und
des Samenergusses
Operative Maßnahmen (s. u.)
Im Allgemeinen wird mit der Erhebung der Vorgeschichte und der Durchführung einer körperlichen Untersuchung (gesamter Habitus, incl. Brust, Urogenitale mit Hodenvolumen, Samenleiter und rektaler Palpation) begonnen.
Ultraschall-Untersuchungen des männlichen Genitales und Laboranalysen (s. u.) sind für den Patienten diagnostische Maßnahmen, die kaum belasten. Ungünstige Resultate – wie zum Beispiel einen zufällig entdeckten Hodentumor – gilt es dagegen einfühlsam, jedoch immer objektiv ehrlich zu vermitteln. Durch eine Hodensonographie lassen sich Leistenhoden, Gleithoden,
eine Varikozele (Krampfaderbildung im Bereich der Hodenvenen) oder andere Auffälligkeiten relativ schnell erkennen, so dass sie dann einer Behandlung
zugeführt werden können. Spermatozelen (Nebenhoden-Retentionszysten)
dagegen dürfen erst nach Realisation des Kinderwunsches therapiert werden
(Risiko einer obstruktiven Narbe!). Beim hochauflösenden Ultraschall lässt
die Struktur des Nebenhodens Rückschlüsse auf eine mögliche Verlegung der
Samenwege zu. Sternenhimmel-Verkalkungen sind Ausdruck von Gewebsuntergang und können eventuell auch auf eine Vorstufe zum Tumor hinweisen, weshalb sie der langfristigen Kontrolle bedürfen. Adrenale Resttumore
(TART) sind selten, aber richtungsweisend auf ein behandelbares adrenogenitales Syndrom. Transvesikaler Ultraschall lässt einen Blick auf Prostata und
Samenblasen zu und kann bei Bedarf (geringes Spermavolumen, Fruktosemangel etc.) durch eine transrektale Sonographie (zur Erkennung von Prostataund Utriculus-Zysten oder Samenblasenobstruktion) ergänzt werden.
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Bernhard Schwindl
Im Zentrum der andrologischen Diagnostik steht die Analyse einer Samenprobe, das Spermiogramm. Auch wenn dies keine invasive Maßnahme
darstellt, so ist dennoch das natürliche Schamgefühl des Patienten (u. a. auch
abhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe,
Kultur oder Religion) zu berücksichtigen. Die Qualität eines Spermiogramms
kann stark unter einer falschen Abnahmetechnik leiden. Insbesondere durch
eine Nicht-Beachtung der Karenzzeit (Enthaltsamkeit vor der Probengewinnung) kann die Güte des Spermas stark variieren. Eine entsprechende Aufklärung (am besten im Voraus mit Hilfe eines Merkblatts) ist sinnvoll, zumal die
Auswertung nach neuerem WHO-Standard (WHO 2010) äußert präzise erfolgt. Mitarbeiterschulung und Spermiogramm-Kurs (Haidl et al. 2011),
interne und externe Qualitätskontrollen (verpflichtend seit 2013: Ringversuche, zum Beispiel QuaDeGA: Qualitätskontrolle der Deutschen Gesellschaft
für Andrologie; Mallidis et al. 2012) sichern valide Ergebnisse und machen
automatisierte Auswertungen entbehrlich. Die Spermagewinnung gelingt
idealerweise vor Ort in der andrologischen Praxis. Entsprechende Räumlichkeiten für eine ungestörte Masturbation sind bereitzustellen. Häusliche Gewinnung stellt eher den Ausnahmefall dar (gegebenenfalls mit nicht beschichtetem Spezialkondom) und erfordert eine genaue zeitliche Dokumentation sowie zügigen Transport und unmittelbare Verarbeitung. Eine Wiederholungsuntersuchung im Abstand von sechs Wochen (vor ICSI sind zwölf Wochen gewünscht) soll die intraindividuellen Schwankungen reduzieren.
Standardmäßig bestimmt werden die Verflüssigungszeit (15 bis 60 Minuten), die Konsistenz, das Aussehen, das Volumen (> 1,5 ml), der pH-Wert
(≥ 7,2), die Motilität an Hand des Direktpräparates (40 %), die Anzahl
(> 39 Millionen) und die Konzentration (> 15/ml) nach Verdünnung. Eine
Vitalitätsprüfung (> 58 %) und eine Spermatozoen-Antikörper-Bestimmung
(im Allgemeinen mittels MAR-Test (Mixed Antiglobulin Reaction) oder
Immunobead-Test) schließen sich an. Eine Agglutination (Aneinanderhaften
von motilen Spermien an Kopf oder Schwanz) kann bereits im Nativpräparat
ein Hinweis für das Vorhandensein von Spermienantikörpern sein; mehr als
50 % an Antikörper gebundene Spermien im MAR-Test scheinen die In-vivoBefruchtung zu beeinträchtigen. Die immunogene Sterilität bleibt jedoch
weiterhin ein Buch mit sieben Siegeln. Im Routinebetrieb hat die Antikörperbestimmung im Ejakulat und Serum keinen besonderen Stellenwert. Die
Peroxidase-Reaktion erlaubt ein (Infekt-assoziiertes) Granulozyten-Screening
(Grenzwert > 1 Millionen Peroxidase-positiver Rundzellen/ml). Bei Leukospermie erfolgt eine Spermabakteriologie (pathologisch > 1000 KBE/ml),
gegebenenfalls auch eine erweiterte Infektionsdiagnostik (GranulozytenElastase, Prostatamassage, STD-Erregernachweis). Nach Färbung (Verfahren
nach Papanicolaou, Shorr) wird die Morphologie beurteilt (Kopf, Hals- und
Mittelstück, Schwanz, Zytoplasmareste). Eine Aussage über die Vitalität der
Spermien liefert der Eosin-Test (> 58 %). Eine Wertigkeit im Hinblick auf
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Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
die Spermienfunktionstüchtigkeit hat auch der früher regelmäßig durchgeführte
HOS-Schwelltest (Anschwellen der Spermienschwänze im hyposmolaren
Medium), welcher im Rahmen der ICSI-Behandlung eine gewisse Renaissance
erlebt. Die optional aus dem Ejakulat bestimmten Werte für Zink (Referenzbereich ≥ 2,4 µmol), Alpha-Glucosidase (Norm ≥ 20 mU) und Fructose
(≥ 13 µmol) geben Auskunft über Prostata-, Nebenhoden- bzw. Samenblasenfunktion.
Im Zusammenhang mit der Spermiogramm-Beurteilung ist dabei Folgendes anzumerken: Die vermeintliche Abnahme der Spermaqualität, welche in
Zeiten des Wohlstands der Nachkriegsjahre beobachtet wurde (im Gegenzug
zum Postulat des Anstiegs der Spermien in Not- und Kriegszeiten durch Fortpflanzungsdruck), hat Niederschlag in den veränderten Normwerten für Spermiogramme der WHO 2010 gefunden. Mit ihrer Novellierung wurden die
Anforderungen an ein „normales“ Spermiogramm deutlich gesenkt, allerdings unter Einhaltung stringenter Untersuchungsmethoden. So spricht man
bereits von Normozoospermie, wenn die Spermienkonzentration mindestens
15 Millionen pro ml beträgt. Die Spermienkonzentration steht dabei in Relation zu Fertilisation und Schwangerschaftsraten. Eine Asthenozoospermie
liegt vor, wenn weniger als 32 % vorwärts beweglich sind (wobei nicht mehr
unterschieden wird in schnell und langsam progressiv). Die Gesamtbeweglichkeit sollte über 40 % liegen. Nur 4 % der Spermien müssen normal geformt sein, erst darunter wird eine Teratozoospermie konstatiert. Allerdings
erreichen Proben aufgrund detaillierter Deskription selten eine MorphologieGüte über 25 % (Menkveld et al. 2011; Nieschlag et al. 2010: 52). So sind
zum Beispiel mehr als zwei Kopfvakuolen oder auch ein Zytoplasma-Rest
≥ 1/3 der Spermienkopfgröße als pathologisch zu werten. Ist die Anzahl der
Spermien (unterer Referenzwert 39 Millionen) oder die Konzentration reduziert (im Zweifel liegt die Priorität auf der Gesamtzahl), liegt eine Oligozoospermie vor. Ist die Motilität reduziert, spricht man von Asthenozoospermie. Kombinationen aus zwei oder drei Faktoren sind häufig, wobei Letzteres
als OAT-Syndrom bezeichnet wird (Oligo-astheno-teratozoospermie-Syndrom). Findet sich kein Spermium, liegt eine Azoospermie vor. Sind nur vereinzelt Spermien (< 1 Millionen/ml) vorhanden, wird eine Kryptozoospermie
konstatiert, die für eine künstliche Befruchtung von großer Bedeutung sein
kann.
3.3
Sterilitätsfaktoren beim Mann
Zahlreiche Abhandlungen in den letzten 30 Jahren beschäftigen sich mit der
Verschlechterung der Spermaparameter (Carlsen et al. 1992). Ein zunehmend
negativer Einfluss der Umweltfaktoren auf die Spermaqualität wurde ange67
Bernhard Schwindl
nommen. Als Belastungen werden u. a. eine vermehrte Östrogenanreicherung
der Lebensmittel durch Tiermast, der Einfluss der Pille auf die männlichen
Föten im Mutterleib, Kunststoffe, Umweltgifte et cetera angeführt. Erstmals
dokumentiert wurde die chronische Bleivergiftung als Ursache der Unfruchtbarkeit Anfang des 19. Jahrhunderts (Heinrichs 2000).
Eine Studie neueren Datums (Jörgensen 2011: Longitudinaluntersuchung
von 1996 bis 2010 an 5.000 dänischen Rekruten) findet allerdings eine im
Wesentlichen konstante Spermienzahl um 40 bis 45 Millionen/ml (bei allerdings nur kurzem Beobachtungszeitraum), so dass Zweifel an der vormals
postulierten „Spermienkrise“ aufkamen. Das von Prof. Dr. E. Nieschlag –
dem Mentor der deutschen Andrologie – wieder aufgewärmte Thema bleibt
deshalb weiter sehr kontrovers (vgl. Nieschlag 2011).
Fakt ist, dass Umweltfaktoren (wie z. B. Strahlung, Hitze, Druck) und
Kunststoffe (polychlorierte Biphenyle, perfluorierten Kohlenwasserstoffe)
Einfluss auf die Spermaqualität haben, sich aber schwer quantifizieren lassen,
wenngleich eine neuere Methode, die den Einfluss verschiedener Umweltgifte auf einen Ionenkanal der Spermien misst, vielversprechend ist (Schiffer et
al. 2014). Der Einfluss der „Teflonpfanne“ erreicht aber wohl kaum das schädigende Potenzial, welches von persönlichem Fehlverhalten ausgeht (wie
z. B. dem übermäßigen Nikotingenuss oder der Testosteron-Substitution des
Kraftsportlers). Allgemeine Empfehlungen für die hilfesuchenden Männer
lauten deshalb: Nikotinkonsum, exzessiver Ausdauer- und Leistungssport
(Marathonläufe etc.), allzu häufige Saunabesuche können für die Realisierung eines Kinderwunsches kontraproduktiv sein; auch zu Letzterem gibt es
mittlerweile durch Studien gesicherte Daten (Hammad et al. 2014; Garolla et
al. 2013). Dagegen ist Freizeitsport im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsvorsorge zu befürworten, selbst Radsport ist unbedenklich und bewirkt
keine andauernde Verminderung der Samenparameter (Sommer 2004; Jung
et al. 2008). Was die Kleidung angeht, so soll allzu enge Beinkleidung, welche die Lage und Temperatur der Hoden beeinträchtigt, vermieden werden.
Wichtig ist eine ausgeglichene eiweiß- und vitaminreiche Kost. Nahrungsergänzung ist von fraglichem Nutzen: Studien lassen eine Reduktion des zellulären Stresses durch Antioxidantien vermuten. Zumeist ist in entsprechenden
Präparaten eine Mischung aus Zink, Folsäure, Vitaminen (wie z. B. B 12, C,
D und E), L-Carnitin, Coenzym Q10 und Omega-III-Fettsäuren enthalten.
Substitution vermag jedoch eine ausgewogene Mischkost nicht zu ersetzen.
Extreme Adipositas ist ebenso wie Magersucht schädlich (BMI > 30 oder
< 18). Auch eine radikale Diät kann eine hormonelle Dysbalance auslösen.
Alkohol ist nur in kleinen Mengen vertretbar. Der Einfluss von Chemikalien
ist zu vermeiden – und hier gilt es insbesondere vor den Auswirkungen von
Hormonen, Anabolika und Drogen zu warnen. Des Weiteren gelten Zytostatika und ionisierende Strahlung (vgl. Kap. 3.4) für die Spermatogonien als
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Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
ungesund. Ob aber der Laptop am Schoß oder das Handy in der Hosentasche
eine Rolle spielt, ist schwierig zu beurteilen.
Psychische Faktoren fließen ein, wurden in der Vergangenheit mit 30 bis
35 % aber überschätzt. Im Berufsleben soll ungesunder Stress sowie Schichtarbeit ebenso vermieden werden wie eine einseitige nur körperliche oder nur
geistige Betätigung. Der günstige Einfluss von Ferien und Milieuveränderung
gilt als erwiesen (Stalla 2014). Umgekehrt wirkt ein über Jahre persistierender unerfüllter Kinderwunsch für das Paar (für den Mann in ähnlicher Weise
wie für die Frau) belastend. Dies äußert sich im Rahmen von erfolglosen reproduktionsmedizinischen Maßnahmen im Besonderen (z. B. Reaktionen von
Angst, Depression oder Trauer). Im Unterschied zu Frauen wird von Männern
die Gefühlslage eher selten verbalisiert. Für die Erhebung psychosozialer
Belastungsfaktoren empfehlen sich Fragebögen wie zum Beispiel FertiQol,
SEAR-M oder die Infertilitätsbelastungsskala (IBS), um belastete Männer zu
identifizieren und gezielt unterstützen zu können.
Psychopathologische Auffälligkeiten liegen bei den betroffenen Frauen
und Männern jedoch nicht gehäuft vor. Eine verhaltensbedingte Fertilitätsstörung ist bei 5 bis maximal 10 % der Paare festzustellen (vgl. Kentenich et al.
2014).
Sehr sensibel ist auch mit Störungen der Sexualität umzugehen (Rösing
et al. 2009; Strauß et al. 2004). Luststörungen, Orgasmus- und Ejakulationsstörungen, Störungen der sexuellen Präferenz, Beziehungsstörungen oder
Partnerschaftsprobleme werden gelegentlich erst im Rahmen der Kinderwunsch-Abklärung offengelegt. So outen sich zum Beispiel in diesem Kontext auch manche Männer, von der Partnerin bedrängt zu werden. Ein Paar,
das mangels Lust oder zeitlicher und räumlicher Trennung selten Geschlechtsverkehr ausübt oder ausüben kann1, bedarf neben dem Ausschluss
hormoneller Störungen einer grundlegenden sexualphysiologischen Beratung.
Insbesondere unter Maßnahmen der Reproduktionsmedizin kommen Partner
nicht selten an ihre körperlichen und psychischen Grenzen. Bei Beziehungskrisen sollte immer eine Paarberatung durch einen kundigen Psychologen
stattfinden, wohlwissend, dass sowohl positives als auch negatives Resultat
aus künstlicher Befruchtung zur Trennung des Paares führen kann.
Genetische Erkrankungen sind in der Kinderwunschsprechstunde mit 4 bis
5 % eher selten ein Thema (Tüttelmann 2011). Weiterführende genetische
Tests (z. B. die Bestimmung des AZF-Gen-Lokus am Y-Chromosom oder dem
Mukoviszidose bzw. Samenleiteraplasie assoziierten CFTR – cystic fibrosis
transmembrane conductance regulator Gen) wiederum greifen in die Persönlichkeitsrechte des Patienten ein und bedürfen aus Datenschutzgründen der
schriftlichen Einwilligung und ausführlichen Aufklärung und Beratung
(Gendiagnostikgesetz, 01.02.2010). Die ein- oder beidseitige Ductusaplasie
1
„Normwerte“ des Sexualvollzugs variieren altersbezogen und liegen durchschnittlich bei
über 150-mal pro Jahr im Alter bis 30 und unter 100-mal pro Jahr im Alter ab 40.
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Bernhard Schwindl
(CUAVD/CBAVD) kann als Minimalvariante einer cystischen Fibrose (Mucoviszidose) gelten (sogenannte atypische Form), bei der in Abhängigkeit der
Mutation am CFTR-Gen (am häufigsten die „schwere“ Mutation F508del)
die pulmonale oder enterale Symptomatik fehlt. 1 bis 2 % aller infertilen
Männer weisen Mutationen im CFTR-Allel auf. Ein Mutationstest und gegebenenfalls die Sequenzierung des gesamten CFTR-Gens ist angezeigt bei
Samenleiteraplasie mit Azoospermie, Kryptozoospermie oder positiver Familienanamnese beider Partner (autosomal-rezessiver Erbgang mit Heterozygotenfrequenz in der Allgemeinbevölkerung 1:25). Auch seltene Mutationen im
HNF1B-Gen (Hepatic Nuclear Factor 1 Beta) können eine CBAVD (in Verbindung mit Nierenzysten, Diabetes mellitus) verursachen. Eine humangenetische Beratung ist dann vor einer ICSI-Maßnahme immer indiziert.
Auch ein negatives Resultat muss vermittelt werden können und zu möglichen Alternativen (wie z. B. zur Fremdsamenspende oder Adoption) beraten
werden. Beispielsweise ist bei Vorliegen einer AZFa-Mikro-Deletion am YChromosom, welche histologisch zum Sertoli-Cell-Only-Syndrom führt, sowohl von einer Hodenbiopsie (TESE) als auch von IVF-medizinischen Maßnahmen abzuraten. Auch ein komplettes oder partielles Fehlen von AZFb,
b + c führt zur Azoospermie. Bei isolierter AZFc-Deletion kann dagegen eine
TESE eventuell befruchtungsfähige Spermatozoen detektieren (Vogt et al.
1996; Krausz et al. 2014). Beim AZF (Azoospermiefaktor)-Locus handelt es
sich um eine Region am langen Arm des Y-Chromosomes, die in drei Abschnitte (a, b, c) unterteilt wird. In Abhängigkeit der betroffenen Gensequenz
resultiert eine Azoospermie bzw. ein höhergradiges OAT-Syndrom. MikroDeletionen im AZF-Gen sind bei 15 bis 20 % aller Männer mit nicht-obstruktiver Azoospermie zu erwarten. Bei Spermienkonzentration unter 2 Millionen/ml (wenngleich es keinen festen Grenzwert gibt) ist grundsätzlich ein
Screening auf eine AZF-Deletion indiziert.
Seltenere Gendefekte autosomaler Chromosomen bzw. am X-Chromosom mit Einfluss auf die Fertilität haben noch keinen Eingang in die klinische
Diagnostik der Andrologie gefunden.
Selten liegen auch Hormonstörungen einer Infertilität zugrunde. Eine
Spermienkonzentration unter 10 Millionen/ml sollte Anlass zur Abklärung
der Hypophysen-Hodenachse sein. Überprüfung der Testosteronwerte und
Hirnanhangsdrüsenhormone LH, FSH sowie ein Schilddrüsenscreening
(TSH) gehören dann zum Standard und sind im Einzelfall zu erweitern
(SHBG, Östradiol, Prolaktin, Cortisol, 17-OH-Progesteron, Inhibin-B, diverse Funktionstests wie Hypophysenstimulationstest, LH-RH-Test, ClomifenTest, HCG-Test).
Die Bedeutung des follikelstimulierenden Hormons (FSH) zeigt das seltene Krankheitsbild des fertilen Eunuchen (Pasqualini-Syndrom). Ein partieller Defekt des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH) aus dem Hypothalamus führt zum Mangel an luteinisierendem Hormon (LH) und Testosteron.
70
Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
Nicht betroffen ist dabei die FSH-Bildung, so dass ausreichend Spermien
gebildet werden.
Häufiger ist die gleichzeitige Verminderung von FSH, LH und Testosteron, dem sogenannten hypogonadotropen Hypogonadismus.
Die Therapie der männlichen Fertilitätsstörung ist bekanntermaßen nicht
immer ganz einfach. Bei bestimmten Erkrankungen, wie dem zentralnervösen, hypogonadotropen Hypogonadismus ist sie jedoch in hohem Maß erfolgversprechend. Hormonelle Substitution mittels HCG/HMG (bzw. rekombinantem FSH) ist bei hypophysärer (Hirnanhangsdrüse) oder hypothalamischer (Zwischenhirn) Insuffizienz wirksam (vgl. Bouloux et al. 2003). Es
wird nach entsprechender Latenz von einigen Monaten (SpermiogeneseDauer beim Menschen etwa 70 Tage) eine erstaunliche Anzahl von Spermien
induziert und binnen ein bis zwei Jahren zumeist eine fast normale Fertilität
erreicht (Ausnahmen bestätigen die Regel, so zum Beispiel bei einer DAX-1Genmutation).
Das bekannteste und häufigste Beispiel eines angeborenen, hypogonadotropen Hypogonadismus ist das Kallmann-Syndrom, welches sich neben der
fehlenden bzw. stark verzögerten Pubertätsentwicklung durch eine Anosmie
auszeichnet. Der Ausprägungsgrad ist abhängig von einer Vielzahl möglich
betroffener Gene unterschiedlichen Vererbungsmusters, so dass eine humangenetische Fachberatung erforderlich ist.
Aber auch einen Hypogonadismus auslösende Hypophysentumore können durch medikamentöse Therapie erfolgreich behandelt werden (z. B. das
Prolaktinom, welches durch Dopamin-Agonisten am verdrängenden Wachstum gehindert wird), bzw. werden nur beobachtet (z. B. asymptomatische,
hormoninaktive Tumore ohne Wachstum) und bei Hormonmangel mit HCG/
HMG substituiert, andere sind chirurgisch anzugehen und erfordern Hormonsubstitution (Schaaf 2012).
Das nicht klassische adrenogenitale Syndrom (Late-Onset-AGS), welches durch eine autosomal-rezessiv vererbte Störung der adrenalen Kortikoid-Synthese bedingt ist und mit einer konsekutiven Testosteronüberproduktion einhergeht, ist beim Mann prima facei nicht erkennbar. Bei Vorliegen einer Fertilitätsstörung ist das Syndrom nach Diagnosesicherung (mittels
ACTH-Test) durch Cortison-Zufuhr behandelbar (Speiser et al. 2010; Mönig/
Jacobeit 2012; Stieg 2014).
In einigen Fällen gelingt es durch Beseitigung eines hormonproduzierenden Hodentumors (z. B. Leydig-Tumor) die gestörte Hormonachse wiederherzustellen.
Azoospermie, auffällige FSH- (> 10 U/l) und Inhibin B-Werte (< 80 ng/l)
werfen den Verdacht auf eine hochgradige Infertilität auf. Eine Azoospermie
beim hypergonadotropen Hypogonadismus (primärer Hodenschaden) erfordert immer operative Maßnahmen (TESE bzw. Mikro-TESE), um die (zum
Teil minimale) Chance zur Realisierung des Kinderwunsches zu nutzen. So fin71
Bernhard Schwindl
den sich bei einem Mann mit Klinefelter Syndrom (47, XXY), der häufigsten
chromosomal bedingten Infertilitätsstörung (1/500 männliche Neugeborene),
in etwa 40 % der Fälle Spermatogenese-Inseln, die zur TESE geeignet sind
(Høst et al. 2014). Allerdings werden diese mit zunehmendem Abstand zur
Pubertät rarefiziert, so dass eine frühzeitige Kryo-TESE (das Einfrieren von
Samenzellen, die mit Hilfe einer TESE entnommen wurden) propagiert wird.
Insbesondere bei noch normalen Testosteronspiegeln ist die Aussicht auf
Erfolg besser. Eine HCG-Vorbehandlung wird empfohlen. Mosaikformen (in
7 % der Fälle) weisen eine Restspermiogenese auf, so dass auch Spontanschwangerschaften berichtet wurden. Gut organisierte Selbsthilfegruppen stehen den betroffenen Patienten und Paaren (wie auch bei vielen anderen genetischen oder endokrinologischen Erkrankungen) in der Bewältigung der persönlichen Lebenssituation bei.
Einen positiven Einfluss einer hochdosierten HCG-Vorbehandlung
(3 x 5.000 IU/3x/Woche) vor wiederholter Mikro-TESE fanden japanische
Forscher auch bei hypergonadotropen Patienten (mit hohem LH, FSH) bei
nicht-obstruktiver Azoospermie (Shiraishi et al. 2012 b).
Ob man Patienten mit idiopathischem OAT-Syndrom mit Antiöstrogenen
oder Aromatase-Inhibitoren helfen kann, ist ebenfalls Gegenstand der Forschung (Schlegel 2012). Letztere werden eher bei übergewichtigen Patienten
mit ungünstigem Testosteron/Östrogen-Verhältnis gelegentlich „off-label“
eingesetzt (Kumar 2013).
Der Einfluss von Infektionen des Genitalbereichs wird häufig unterschätzt. Tabelle 3.2 listet die im Zusammenhang mit Fertilitätsstörungen am
häufigsten genannten Infektionen auf. Bakterielle Infekte der männlichen
Adnexe sollten konsequent und resistenzgerecht, im Fall einer chronisch-bakteriellen Prostatitis über vier bis sechs Wochen, antibiotisch behandelt werden. Auch der asymptomatische Erregernachweis kann über eine Dauer von
etwa zehn Tagen zur Verbesserung der Fertilitätsparameter behandelt werden. Allerdings gibt es auch eine Beeinträchtigung der Fertilität durch längere
Antibiose-Anwendung (Weidner et al. 2013). Außerdem erfordern zunehmende Antibiotika-Resistenzen der Erreger im Bereich der sexuell übertragbaren Erkrankungen neben dem Einsatz stärkerer Antibiotika eine nicht müde
werdende und forcierte Aufklärungsarbeit. Die Promiskuität unter Jugendlichen lässt ein Ansteigen von Chlamydien, Mykoplasmen- und UreaplasmenInfekten erkennen. Die Epididymitis (Entzündung des Nebenhodens) des jungen Mannes ist häufig Chlamydien assoziiert; als Vektor dient oft die gering
bis asymptomatische Partnerin, welche bei chronisch schleichendem Verlauf
eine Sterilität durch Eileiterobstruktion erleiden kann. Ein Ausfluss aus der
Harnröhre kann mittels Abstrich und moderner PCR (Polymerasekettenreaktion) rasch abgeklärt werden. Eitriger Harnröhrenausfluss oder die Nebenhodenentzündung des jungen Mannes ist nicht selten mit einer Gonorrhoe assoziiert. Verklebungen im Bereich der Samenkanälchen verhindern den Samen72
Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
transport. Selbst wenn nur ein Hoden betroffen ist, so geht die Infektion häufig (bei bis zu 40 % der Patienten) mit einer Reduktion der Fertilität einher
(Pilatz 2014). Autoimmun-Prozesse werden diskutiert.
Tab. 3.2: Genitale Infektionen mit Einfluss auf Fertilität
Infektion
Urethritis
Erreger
Nachweis
Therapie
Neisseria
gonorrhoea
Polymerasekettenreaktion Ceftriaxon 1 g i.m./i.v. einmalig
(PCR) (Urethralabstrich), (bei Adnexitis 7 Tage und länKultur, Mikroskopie
ger), zunehmende Resistenz
Chlamydia trachomatis, Ureaplasma
urealyticum,
Mycoplasma hominis
PCR, (Mikroskopie, Spe- Doxcyclin 2 x 100 mg über 10
zialnährböden für Kultur) bis 14 Tage bzw. Azithromycin
(Urethralabstrich, Ersturin) 1,5 g p. o. bzw. 500 mg über
3 Tage (bei STD-Erregern
jeweils Partnermitbehandlung,
Kontrolle nach 6 Wochen)
Epididymitis Gram.-neg. Keime,
STD-Erreger
Urinkultur, Urethralabstrich
Levofloxacin 500 mg 10 Tage
und länger); bei Alter < 35 Jahre
bzw. STD-Anamnese Ceftriaxon
1 x 1g i. m. u. Doxcyclin
2 x 100 mg 10 bis 14 Tage
(Partnermitbehandlung)
Prostatitis,
Adnexitis
masculina,
UrogenitalTbc
Gram.-neg. Harnwegsinfekt-Keime (E. coli,
Klebsiella, Proteus
etc.);
selten M. tuberculosis
Mikroskopie, Urinkultur,
modifizierte zweiGläserprobe (Prostatamassage bei chron.
Prostatitis: Exprimaturin
≥104 KBE/ml bzw. 10 x
höher als MittelstrahlUrin), Spermabakteriologie (≥103 KBE/ml)
Resistenzgerecht nach Antibiogramm (z. B. Gyrasehemmer;
bei chron. bakt. Prostatitis über
4 bis 6 Wochen!), Behandlung
der asymptomatischen Prostatitis hinsichtlich Fertilität unklar
(Wagenlehner et al. 2009); Tbc
(s. Leitlinien)
Lues
Treponema pallidum
Mikroskopie, PCR,
Screening-Test, TPHA
Penicillin G 3 x 10 MioIE i.v./10
Tage; Benzathin-P. 2,4 Mio i.m.
Orchitis
(mögliche
postinfektiöse
Sterilität)
Mumps-Virus (MuV)
Virus: Rachenabstrich,
Urin (PCR); Antikörper:
Urin- bzw. Serum-AK
(Enzymimmunoassay)
Keine antivirale Medikation,
sympt. Antiphlogistika, Corticoid
(besser: Impfprophylaxe)
Herpes
genitalis
Herpes simplex virus
(HSV) Typ 2
PCR: Abstrich (von Bläschen) bei unklarer Klinik
Primäraffekt: Aziclovir Tbl.
3 x 400 oder 5 x 200 mg über
7 bis 10 Tage, (seltener i. v.
3 x 5 mg/kgKG).
Rezidiv: Therapie über 5 Tage,
Suppressiontherapie beim häufigen Rezidiv (> 6/a): 2 x 400 mg
über Monate; lokal Aziclovir
Creme 2 g (Wirkung unklar).
Alternativ Famciclovir,
Valaciclovir
Condyloma
accuminata
Humanes PapillomVirus (HPV) v. a. Typ
6,11 (40,42,44,54,61)
Klinik, Typisierung entbehrlich, Histologie bei
Malignitätsverdacht
Chirurgie, Laser-, Kryotherapie,
Externa (Podophyllin toxisch!,
Imiquimod, Grünteeextrakt)
Quelle: Eigene Darstellung
73
Bernhard Schwindl
Dass auch virale Infekte eine immunologische Sterilität auslösen können, ist
von der Mumpserkrankung des Jugendlichen hinlänglich bekannt. Der Einfluss zahlreicher weiterer viraler Infekte ist hinsichtlich der Auswirkung auf
die männliche Fertilität weniger evident (Gizzo 2014). Cai (2014) berichtet
über eine Reduktion der Spermamotilität und -morphologie. Kondylomata
accuminata (Feigwarzen durch HPV-Viren) im Genitalbereich sollten vor
einer reproduktionsmedizinischen Maßnahme sowohl beim Mann als auch
bei der Frau saniert werden. HPV-Infektionen des Mannes erhöhen die Abortrate nach IVF/ICSI-Verfahren, wie eine italienische Forschergruppe um Perino beschreibt (Perino et al. 2011). Toxische Medikation (z. B. Podophyllotoxin) und lange Eradikationsdauer (im Durchschnitt > 7 Monate; vgl. Giuliano
et al. 2011) können dann in Konflikt mit dem Leidensdruck und Alter des
Kinderwunschpaares stehen. Für eine Extraktsalbe aus Grünteeblättern ist
dagegen keine teratogene Wirkung bekannt. Chirurgische, Kryo- bzw. thermische Verfahren bewirken einen schnelleren Behandlungserfolg. Da HPVViren auch in Samenspenden enthalten sein können, stellt sich in diesem
Zusammenhang die Frage nach einer Testung nach HPV-Viren im Samen.
Diese Frage stellt sich vor allem unter dem Aspekt, dass die gängigen Spermaaufbereitungsmethoden nur geringe Auswaschraten (< 15 %) erzielen
(Foresta 2011).
Ubiquitäres Vorkommen von HPV-Viren (etwa 150 bis 200 Typen) mit
hoher Durchseuchungsrate von 50 bis 70 % auf gesunder Haut macht ein
generelles Screening mit Genitalabstrichen – selbst bei Beschränkung auf die
aggressiven Typen (Condylomata induzierten Typen 6, 11; onkogen sind v. a.
Typen 16, 18) – nicht effektiv (Köhn/Schanz/Schreiber 2014). Dem Ansinnen gesunder Männer, die aus Verunsicherung über eine latente Infektion
eine Testung wünschen, sollte deshalb eher widersprochen werden.
Ob eine HPV-Impfung beim jungen Mann dem Erhalt der Fertilität dienlich ist, kann derzeit jedoch ebenso wenig beantwortet werden wie die Frage,
ob sich dadurch der Prostatakrebs des Alters verhindern lässt. Der Einfluss
einer HPV-Infektion auf Krebserkrankungen der Mundhöhle, des Anus und
des äußeren Genitales ist dagegen gesichert.
Die Diagnostik hinsichtlich HSV 2 (Herpes simplex genitalis) wird selten
durchgeführt, ist jedoch bei unklaren, klinischen Befunden (und nur da!) indiziert, zumal auch eine therapeutische Leitlinie dazu existiert.
Die Gefahr, dass eine HIV-Infektion zur chronischen, behandelbaren Erkrankung herabgestuft wird, ist, epidemiologisch gesehen, gefährlich. Die
Akzeptanz eines Kondoms ist rückläufig. Mischinfektionen sind häufig und
die Vulnerabilität der Schleimhaut steigt mit der Frequenz der Sexualkontakte. Die Circumcision des Mannes hat dabei protektiven Charakter.
Ejakulationsstörungen lassen sich medikamentös oft nur schwer behandeln (Therapieversuch u. a. mit Alpha-Sympathomimetika). Bei Patienten mit
ausbleibender Ejakulation (z. B. Querschnittsyndrom) können ein Vibrations74
Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
stimulator oder eine Elektrostimulation zur Samengewinnung zum Einsatz
kommen. Inseminationen werden bei Extremformen des verfrühten Samenergusses, der sogenannten Ejaculatio ante portas (Samenerguss vor dem Eindringen in die Scheide) oder der Ejaculatio retarda/deficiens (später bzw. ausbleibender Samenerguss) notwendig. Anejaculation bzw. retrograde Ejaculation (Samenerguss nach hinten in die Blase) tritt zum Beispiel nach einer
Blasenhalsoperation oder einer vegetativ-sympathischen NervengeflechtResektion im kleinen Becken auf. Retrograde Ejakulation oder Anejakulation
ist beispielsweise in 10 bis 15 % eine therapie-assoziierte Komplikation nach
retroperitonealer Lymphknotenresektion beim metastasierten Hodentumor
(Heidenreich et al. 2012). Neurologische Erkrankungen (M. Parkinson, Multiple Sklerose) und Medikamente (SSRI-Antidepressiva, Alpha-Blocker) sowie häufig ein Diabetes mellitus sind weitere Ursachen (Schaaf 2012). Die
therapieresistente retrograde Ejakulation erfordert ein Auswaschen der Spermien aus der Blase und eine spezielle Spermaaufbereitung (McMahon et al.
2013).
Indikationsbezogen kommen auch operative Verfahren zur Verbesserung
der Fertilität zum Einsatz: Durch Varikozelen-Verödung oder Ligatur (zur
Beseitigung der Krampfadern am Hoden) kann das Milieu der Spermatogonien (Keimzellen) verbessert werden, so dass die Zahl und Motilität der Spermien zunehmen kann. Ob dadurch die Schwangerschaftsrate verbessert wird,
bleibt jedoch umstritten. Insbesondere die prophylaktische Varikozelenbehandlung (antegrade Sklerosierung) des Jugendlichen scheint den Fertilitätsstatus nicht zu bessern (vgl. Bogaert et al. 2013: Studie mit 372 Jugendlichen). Dagegen zeigen Untersuchungen einer japanischen Arbeitsgruppe
(Shiraishi et al. 2012 a) eine Verbesserung der ICSI-Erfolge nach Varikozelotomie sowie ein Absinken der Abortrate (Esteves et al. 2010). Abdel-Meguit
(2012) fand selbst bei azoospermen Patienten, die wegen einer Varikozele
mittels mikrochirurgischer, inguinaler Varikozelotomie behandelt wurden, in
über einem Viertel der Patienten mit histologisch spätem Reifungsarrest bzw.
Hypospermatogenese Spermien. Keine Verbesserung erfuhren allerdings jene
Patienten mit früher Reifungsstörung oder Sertoli-Cell-Only-Syndrom.
Samentransportstörungen können ebenfalls Grund für eine Operation
sein. Die Vasoresektion (Samenleiterdurchtrennung) wird als Verhütungsoperation nach Realisierung des Kinderwunsches und abgeschlossener Familienplanung – auch zur Vermeidung hormoneller Nebenwirkungen der Pille
bei der Frau – häufig durchgeführt (Engelmann et al. 1990; 2009). 3,5 % der
Patienten wünscht durch veränderte Lebensumstände (wie z. B. eine neue
Partnerin oder auch ein weiterer Kinderwunsch mit gleicher Partnerin) eine
Wiederherstellung der Zeugungsfähigkeit. Eine Wiedervereinigung der Samenleiter ermöglicht die Vasovasostomie (VVS) bzw. Vasoepididymostomie
(VES). Zunehmend verfeinerte Operationstechniken unter dem Mikroskop
mit zwei- bis dreischichtiger Naht bei Fadenstärken bis 11-0 finden Anwen75
Bernhard Schwindl
dung (Weiske 1996; Schwarzer 2012). Auch ein intraabdomineller Verschluss
(z. B. nach Samenleiterdurchtrennung im Rahmen eines endoskopischen Hernienverschlusses) lässt sich mikrochirurgisch oder laparoskopisch roboterunterstützt im Einzelfall korrigieren (Zimmermann 2014). Die Durchgängigkeitsrate nach VVS beträgt 80 bis 90 % (bei VES um 50 %); die Schwangerschaftsraten liegen mit circa 60 % (bei VES bis 40 %) niedriger, wobei als
Ursache neben dem weiblichen Faktor Störungen des Immunsystems durch
Eröffnung der Blut-Hodenschranke nach Vasektomie mit konsekutiver Autoantikörperbildung diskutiert werden. Das Vasektomie-Intervall oder eine
Granulombildung spielen für den Erfolg dagegen keine entscheidende Rolle
(Magheli et al. 2010). Im Vergleich mit einer IVF-Maßnahme (TESE/ICSI
s. u.) ist die Refertilisierungsoperation des Mannes eine langfristig wirkende
und im Vergleich zu IVF-Maßnahmen (TESE/ICSI) günstigere und natürlichere Variante. Kombinierte Verfahren (mit gleichzeitiger Gewinnung von
Spermien bzw. Hodengewebe zur Kryokonservierung für IVF-Maßnahmen)
erhöhen die Chancen, zumal bei höherem Vasektomie-Intervall (> 10 Jahre)
eine Erholung der Funktion bis zu zwei Jahren dauern kann (Schwarzer et al.
2013).
Eine weitere Methode ist die Eröffnung des blockierten Samenweges im
Bereich der hinteren Harnröhre bzw. der Prostata mittels elektrischer Schlinge (TURED) im Falle von (eher seltenen) Prostatazysten.
Auch eine hochgradige Penisverkrümmung kann die Samendeposition in
die Scheide unmöglich machen. Angeboren, oder wie im Falle der Induratio
penis plastica (Morbus Peyronie) erworben, kann sie groteske Ausmaße annehmen. Eine Penisbegradigungsoperation ist hier eine praktikable Lösung,
die in der Regel keinen nachteiligen Einfluss auf das Orgasmuserleben und
den Samenerguss hat (Klotz 2007).
Penisprothetik ist bei Versagen der medikamentösen Potenztherapie die
ultimo ratio, die ebenfalls eine Samendeposition auf natürlichem Weg erlaubt. Plastische Eingriffe am Genitale (z. B. eine Frenulumplastik, das Kürzen der Vorhaut, eine Hypospadie-Korrektur, eine Penisbegradigung oder
-verlängerung) können ebenfalls der Samendeposition dienen.
Last-but-not-least stehen assistierte Reproduktionstechniken zur Verfügung. Bei unauffälliger Fertilität des Mannes können die Samenfäden durch
Masturbation gewonnen, aufbereitet und „gewaschen“ werden, um dann für
eine intrauterine Insemination Verwendung zu finden. Eine ausreichende Spermienkonzentration von 10 Millionen/ml (nach Aufbereitung 5 Millionen/ml)
ist (auch im Kassenrecht) Voraussetzung. Weitere Kriterien sind eine ausreichende Gesamt-Motilität (30 % bzw. 50 % nach Swim-up-Verfahren) bzw.
die progressive Motilität (25 % bzw. 40 % nach Swim-up-Verfahren) sowie
die Morphologie (20 %, auch 20 % nach Swim-up-Verfahren). Insbesondere
letztere Parameter stehen in Konflikt mit den neuen WHO-Referenzwerten,
76
Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
so dass die kassenrechtlichen Voraussetzungen (Richtlinien über künstliche
Befruchtung, zuletzt vom 18.12.2012) einer Revision bedürfen.
Bei geringeren Spermienkonzentrationen werden im direkten Swim-upVerfahren die beweglichen Spermien für IVF- oder ICSI-Maßnahmen gewonnen. Auch hier fehlen nach Wegfall des Kriteriums der schnell progressiven Beweglichkeit (vormals Motilität WHO A; ICSI-Indikation, wenn kleiner 15 % bzw. 30 % nach Swim-up) mangels valider Studienlage noch genauere Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses, welche der beiden
Methoden zum Einsatz kommen soll2.
Bei Patienten mit retrograder Ejakulation (z. B. nach Blasenhalseingriff
oder neurogen nach Eingriffen im kleinen Becken mit Destruktion des symphatischen Nervengeflechtes) können Spermien durch Isolation aus dem
alkalisierten Urin und Aufbereitung (am effektivsten mit der Dichtegradienten-Methode) konzentriert für IVF-Methoden gewonnen werden. Bei Anejakulation gelingt es meistens, durch Vibration der Eichel oder durch rektale
Elektrostimulation Sperma zu gewinnen.
Durch die Aufbereitungsmethoden wird erreicht, dass Infektionserreger,
Spermien-Agglutination oder auch (bedingt und abhängig von der Methode)
Antikörper beseitigt bzw. reduziert werden (Schneider et al. 2014). So wird
für HIV-Patienten (humane Immundefizienz) empfohlen, zur Eliminierung
viraler Ribonukleinsäure und proviraler Desoxyribonukleinsäure die Dichtegradienten- und Swim-up-Methode zu kombinieren, um – durch eine negative Transkriptions-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR) überprüft – den Partner nicht zu gefährden (WHO-Laborhandbuch 2010).
Als Standard-Therapie für die immunogene Infertilität mit Nachweis von
Anti-Spermien-Antikörpern gilt die ICSI-Behandlung, wobei der Einsatz von
Glucokortikoiden nicht überzeugt hat (AWMF-Leitlinie Immunologische Infertilität 013-40/2012). Leider sind die verfügbaren Testverfahren wegen
fehlender Antigenspezifität nur bedingt aussagekräftig; der MAR-Test (pathologisch > 30 %) wird in der Routine häufig eingesetzt.
Das andrologische Repertoire zur Bereitstellung von Samenfäden bei
hochgradig gestörter Spermatozoon-Bildungsstörung umfasst die Hodenbiopsie mit Gewinnung von TESE-Material (Material nach testikulärer Spermien
Extraktion), die MESA (mikrochirurgische Aspiration von Spermien aus dem
Nebenhoden) und die aufwendigere Mikro-TESE (jeweils in Verbindung mit
ICSI). Letztere bleibt schwersten Störungen mit Isolierung von einzelnen
funktionstüchtigen Samenkanälchen vorbehalten. Ein oder beide Hoden werden dabei mittels Sektionsschnitt eröffnet und unter Zuhilfenahme eines Mikroskopes auf Spermiogenese-Inseln durchsucht (Diemer et al. 2011). Gleichzeitige Histologie-Gewinnung schließt Hodenkrebsvorstufen (TIN) aus und
liefert im Voraus Hinweise über die Sinnhaftigkeit aufwendiger Vorbehand2
Anmerkung: Die Unterscheidung in schnell (A) und langsam (B) progressive Spermien
wurde wegen hoher Untersucher-Variabilität aufgegeben.
77
Bernhard Schwindl
lung der Frau (Johnson et al. 1980; Bergmann 2007). Die Kryokonservierung
ermöglicht dabei ein von der gynäkologischen Behandlung der Frau zeitlich
unabhängiges Vorgehen ohne wesentlichen Funktionsverlust der Spermien
im ICSI-Verfahren (Schulze/Thoms/Knuth 1999). Durch mechanische oder
enzymatische Aufarbeitung gelingt es bei obstruktiver Ursache fast regelhaft
(z. B. nach vorausgegangener Vasoresektion), aber auch bei nicht obstruktiver Ursache in 50 bis 60 % der Behandlungen, Spermien (oder haploide
Spermatiden) zu isolieren. Die Qualität der Spermien steigt mit zunehmender
Differenzierung. Die MESA erfordert im Gegensatz zur TESE das Operationsmikroskop und wird nur selten, wie zum Beispiel bei der (nicht für Refertilisierungsoperationen zugänglichen) CBAVD (bilaterale Samenleiteraplasie)
eingesetzt.
Beim ICSI-Verfahren wird ein einzelnes Spermium in die Eizelle injiziert. Dadurch kann Männern mit Gen- oder Chromosomen-Defekten (z. B.
der AZFc-Deletion auf dem Y-Chromosom oder dem Klinefelter-Syndrom
mit der Chromosomenaberration XXY) im günstigen Fall zu einem eigenen
Kind verholfen werden. ICSI ist auch Mittel der Wahl bei Männern mit immotilen Spermien durch Schwanzdefekte, wie zum Beispiel bei dem sogenannten Kartagener-Syndrom.
Kritisch anzumerken bleibt, dass derartige Defekte auch an nachfolgende
Generationen weitervererbt werden (z. B. AZFc-Locus an alle Söhne). Eine
humangenetische Beratung sollte in solchen Fällen deshalb immer bereits vor
einer reproduktionsmedizinischen Maßnahme erfolgen (Foresta 2005).
Vor einer ICSI-Maßnahme muss dem Paar eine humangenetische Beratung angeboten werden (Richtlinien über künstliche Befruchtung, zuletzt
vom 18.12.12). Auch sind die Paare über ein höheres relatives Fehlbildungsrisiko beim ICSI-Verfahren (Fehlbildungsrisiko bei IVF circa 1,4 % vs. ICSI
2,3 %) aufzuklären. Die in letzter Zeit im Rahmen von ICSI-Behandlungen
vermehrt in das Blickfeld geratenen epigenetischen Störungen („Imprinting
Disorders“, zu denen Krankheitsbilder wie das Beckmann-Wiedmann-Syndrom, das Retinoblastom oder eine seltene Variante des Willi-PraderSyndroms zählen, welche durch Abschalten von väterlichen oder mütterlichen Genen entstehen) haben möglicherweise mehr mit der hochgradig reduzierten männlichen (und weiblichen) Fertilität als mit dem ICSI-Verfahren
an sich zu tun (Sutcliffe et al. 2006; Vermeiden/Bernadus 2013).
Nicht zuletzt ist es Aufgabe des Andrologen, den Mann bzw. das Paar
über die Behandlungsmöglichkeiten sowie über die auf ihn und das Paar zukommenden Belastungen objektiv zu informieren und die erhobenen Befunde
an ein eventuell in Anspruch genommenes IVF-Zentrum weiterzuleiten. Eine
gute Kooperation erleichtert die Abläufe und stärkt das Vertrauen der Patienten. Ein Netzwerk mit Fachkräften aus der Gynäkologie, Reproduktionsmedizin, Labormedizin, Humangenetik, Psychologie und Beratungskräften sozialer Einrichtungen ist fruchtbar.
78
Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
3.4
Tumorerkrankungen und Fertilitätsprotektion
Allgemeinerkrankungen, insbesondere auch konsumierende Erkrankungen,
die zum Teil auch schon in jungen Jahren auftreten, können mit einer Reduktion der männlichen Fertilität einhergehen. Ein Hodentumor, der eventuell im
Rahmen einer Fertilitätsabklärung zufällig entdeckt wird, kann die Lebensplanung des Paares durchkreuzen. Auch wenn die Heilung des Patienten mit
hoher Wahrscheinlichkeit gelingen kann, so sind doch erhebliche psychische
Belastungen (wie z. B. neben dem Umgang mit der Erkrankung selbst auch
die Unterbrechung von Ausbildungs- oder Berufsphasen), körperliche Anstrengungen (z. B. durch die Chemotherapie oder Bestrahlung) und nicht
zuletzt auch Belastungen finanzieller Art (z. B. bei der Sperma-Kryokonservierung für die künstliche Befruchtung, die keine Kassenleistung ist) zu
bewältigen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, jungen Männern, die am Anfang ihrer beruflichen Karriere stehen und aufgrund von einer Erkrankung in
Not geraten sind, finanziell unter die Arme zu greifen. Die jungen Männer
scheuen zuweilen die anfallenden Kosten für Kryosperma (von circa 400
Euro incl. HIV- und Hepatitis-Serologie) plus die Folgekosten für die Einlagerung.
Die Sperma-Kryokonservierung ist in der Urologie ein seit Langem etabliertes Verfahren. Mit modernen Einfriertechniken (Kryoprotektivum, Kryostraws, flüssiger Stickstoffdampf, programmierbare Einfrierautomaten) lassen
sich Spermien bzw. Gewebepartikel über Jahrzehnte ohne Qualitätsverlust
(mit Ausnahme häufig reduzierter Motilität nach dem Auftauen, so dass dann
auf die Methoden der assistierten Reproduktion zurückgegriffen werden
muss) lagern (vgl. Feldschuh 2005). Vor einer Behandlung (und nur in Ausnahmefällen binnen weniger Tage nach Beginn der Therapie unter dokumentierter Aufklärung der Risiken) kann unter sexueller Karenz ein SpermaDepot angelegt werden. Dies kann auch schon bei Jugendlichen (ab dem 13.
Lebensjahr, Tanner-Stadium 3+, Hodenvolumen 8 ml, gegebenenfalls unterstützt durch Elektrostimulation) erfolgen. Bei jüngeren Kindern ist die Hodenbiopsie zur späteren Transplantation testikulärer Stammzellen Gegenstand
der Forschung (Ehmcke/Schlatt 2006). Derzeit noch im experimentellen Stadium, ist es im Tierversuch bereits gelungen (Jahnukainen 2012). Während
bei Kindern unter zwölf Jahren beide Eltern entscheiden, wird das Kind ab
dem zwölften Lebensjahr in die vertragliche Regelung mit einbezogen. Im
Falle eines Ablebens wird das Gewebe vernichtet oder von den Eltern zu wissenschaftlichen Zwecken gespendet (Amsterdam, Münster). Die Kosten werden im Rahmen der Studie vom Institut übernommen (Meißner 2014).
Leider existieren Studien darüber, dass nur etwa die Hälfte (!) der Patienten, die im Rahmen einer Krebsbehandlung vor einer Chemotherapie oder
Radiotherapie stehen, über fertilitätsprotektive Maßnahmen ausreichend auf79
Bernhard Schwindl
geklärt wird. Nach Chemotherapie besteht in Abhängigkeit der Anzahl der
Zyklen und der verwendeten Substanzen (niedrigtoxisch z. B. Methotrexat,
Vinblastin, Bleomycin; stark toxische Alkylanzien wie Cispatin, Ifosfamid,
Cyclophosphamid) häufig Infertilität. Am Beispiel der PEB (Cisplatin, Etoposid, Bleomycin)-Chemotherapie des Hodentumors lässt sich trotz möglicher Erholungstendenz von zwei bis vier Jahren mit zwei Zyklen eine Einschränkung der Fertilität (Azoospermie, Oligozoospermie) bei 20 %, mit drei
Zyklen bei 50 % und mit vier Zyklen bei 70 % der Patienten erwarten. Zwar
lassen sich in bis zu 60 % der Patienten später durch eine Hodenbiopsie vitale
Spermien nachweisen, die Realisation des Kinderwunsches ist jedoch unsicher. Der Radrennsportler Lance Armstrong, dem nach seiner Hodenkrebserkrankung noch vier Kinder mittels TESE/ICSI-Verfahren geschenkt wurden,
ist ein prominentes Beispiel für die Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin
im Kontext von Krebserkrankungen mit fertilitätsschädigender Behandlung.
Bestrahlung mit einer Dosis von 1,2 Gray ist gonadotoxisch. Die DosisWirkbeziehung ist aus der vorbeugenden Bestrahlung des Hodens bei der
testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN, einer Krebsvorstufe) gut bekannt. Eine Gonadendosis von 4 Gray hat eine Azoospermie zur Folge. Eine
Leitlinie zur Fertilitätsprotektion bei Jugendlichen mit Tumor, Lymphom,
Leukämie und anderen Erkrankungen vor medizinischer Bestrahlung und
Chemotherapie ist in Planung. Gynäkologischerseits wurde 2006 das Netzwerk „Fertiprotekt“ geschaffen (Wolff et al. 2011; Dittrich 2014) und ein ähnliches mit „Androprotect“ für den Mann initiiert3.
Fertilitätsprophylaxe im weiteren Sinn stellen gesundheitspräventive
Maßnahmen dar, wie zum Beispiel die Impfung gegen Mumps oder die rechtzeitige Behandlung eines Hodenhochstandes. Beim Kryptorchismus (fehlende skrotale Positionierung des Hodens) gilt es ein Syndrom auszuschließen.
Bilateral betroffen sind Erwachsene zu etwa 90 % infertil. Nicht deszendierte
Hoden weisen zudem ein erhöhtes Malignitätspotenzial auf. Rechtzeitige
Hormonbehandlung bzw. Orchidopexie (die operative Fixierung des Hodens
im Skrotum bis zum Ende des 1. Lebensjahres) kann die Entwicklung der
Spermatogonien begünstigen (Mathers 2009; Rösch 2011; Ludwikowski
2014).
Andrologische Aufklärung und Gesundheitshygiene sollten frühzeitig ansetzen und thematisiert werden. Ein Hodenverlust durch Torsion, nach einer
Entzündung oder aufgrund anderer Ursache, kann bei informierten Eltern und
Jugendlichen so oftmals vermieden werden.
3
80
Informationen zu Androprotect unter http://repro.klinikum.uni-muenster.de (Kliesch, S./
Schlatt, S.).
Andrologische Fragestellungen im Kontext der Reproduktionsmedizin
3.5
Ausblick
In den letzten Jahren wurden über das „normale“ Spermiogramm hinaus weiterführende Tests entwickelt, die die Qualität der Spermien validieren sollen.
Der sogenannte Protamin-Test kann a) Aussage geben, ob Spermien gebildet
werden und b) ihr Fertilisierungspotenzial bei IVF/ICSI abschätzen (vgl.
Rogenhofer et al. 2013). Protamin ist ein Kernprotein, das ausschließlich von
haploiden männlichen Keimzellen bei Kondensierungsvorgängen des Chromatins im Austausch gegen Histone freigesetzt wird. Ein weiterer am Markt
befindlicher und ebenfalls nicht von den Kassen vergüteter Test, der Auskunft über die genetische Qualität der Spermatozyten geben soll, beurteilt die
DNS-Fragmentation. Vermehrte Fragmentation (z. B. durch Apoptose-Vorgänge, chromosomale Störungen etc.) erhöht die Abortrate und vermindert
die Schwangerschaftsraten. Die DNS-Fragmentationsrate hat möglicherweise
einen Stellenwert bei der Entscheidung zur Inseminationsbehandlung bzw.
IVF-Maßnahme des scheinbar gesunden Mannes, tritt jedoch in ihrer Aussage im ICSI-Zyklus zurück, da über das einzelne verwendete Spermatozoon
keine Aussage getroffen werden kann. Bei hoher DNS-Fragmentationsrate
(> 30 %) ist ein ICSI-Verfahren erfolgreicher. Im P-ICSI-Verfahren an Hyaluronsäure andockende Spermien sollen dabei eine höhere Erbgutintegrität
aufweisen (vgl. Aitken/Koppers 2011).
Vieles hat sich in dem relativ jungen Fach der Andrologie seit der Entdeckung des Spermiums (im Jahr 1677 mikroskopisch durch den Studenten
Johan Ham entdeckt und von Anton van Leeuwenhoek beschrieben) an Erkenntnissen eingestellt, aber noch mehr gibt es zu erforschen. Insbesondere
auf dem Gebiet der Genetik sind in Zukunft Neuerungen (wie z. B. hinsichtlich multifaktorieller Erbgänge) zu erwarten. Viele Fragen bleiben weiter zu
erforschen:
Wieso vermag ein scheinbar intaktes Spermium eine scheinbar intakte
Eizelle nicht zu befruchten? Warum liegt auch nach zahlreichen IVF-Maßnahmen die Baby-Take-Home-Rate nur bei 20 bis 25 %? Lassen sich mittels
geeigneter Verfahren (wie etwa der Raman-Mikrospektroskopie) einzelne
vitale Spermien mit höherem Befruchtungspotenzial auslesen? Welche Behandlung ist evidenzbasiert, was grenzt an Scharlatanerie oder nutzt den Placebo-Effekt? Sind Impfungen für die immunologische Sterilität wirksam?
Lassen sich epigenetische Marker für den klinischen Gebrauch einführen?
Sind Spermien-DNS-Fragmentierung oder Spermien-FISH-Analysen ihr Geld
wert? Sind neue Sequenzierungsmöglichkeiten zu überlegen? Kann die Proteomik Aufschluss über fertilitätsmindernde Reaktionen geben? Gelingt es,
neue Methoden auf molekularer Ebene zur Detektion oder Entwicklung intakter Spermien zu etablieren? Wie funktionieren die Zellorganellen (Peroxisomen) bei der Spermienentwicklung? Welche Rolle spielen die vermehrt
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Bernhard Schwindl
im Hoden fertilitätsgestörter Männer gefundenen Mastzellen? Sind Spermatogenese-Stammzellen der Schlüssel zum Verständnis der Hodentumorentstehung und gelingt es, aus ihnen ein künstliches Spermium herzustellen?
Antworten auf diese Fragen scheinen noch in weiter Ferne.
Auch die Präimplantationsdiagnostik steht erst am Anfang ihrer Entwicklung. Hier tauchen zum Beispiel folgende zentrale Fragen auf: Lassen sich
mittels Gentechnik Krankheiten vermeiden und Schwangerschaftsabbrüche
aus medizinischer Indikation vermindern?
Grundsätzlich muss überlegt werden, ob innovative Forschung und Anwendung in Zeiten der Kostenbegrenzung bezahlbar bleiben. Eine reiche Gesellschaft sollte in ihre Zukunft investieren. Einen Anspruch auf ein Designerkind aber wird es (hoffentlich) nie geben.
Es stellen sich viele Fragen. So bleibt es spannend, zukünftige Entwicklungen in den Laboratorien abzuwarten. Ärztekammern, Ethikkommissionen
und gesellschaftliche Organisationen werden wachsamen Auges missbräuchlichen Anwendungen entgegentreten müssen.
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