PDF - Institut für Medizinische Diagnostik Berlin

Institut für Medizinische Diagnostik Berlin – Potsdam MVZ
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Diagnostik-Info 196
Umfassende Ejakulatanalyse bei Kinderwunsch
WHO Update 2010
Der unerfüllte Kinderwunsch ist ein zunehmend häufiges Problem. Etwa 2 Millionen Paare in Deutschland
sind ungewollt kinderlos. Die Tendenz ist steigend. Die
Ursache einer Infertilität in der Partnerschaft ist in etwa
40 Prozent der Fälle zumindest teilweise beim Mann
zu suchen. Bei unerfülltem Kinderwunsch eines Paares sollte deshalb nicht nur die Frau, sondern auch der
Mann untersucht werden. Eine allgemeine und spezielle Anamnese, die körperliche Untersuchung mit Beurteilung des äußeren Genitales (Hodengröße, Vorhandensein der Samenleiter, Ausschluss einer Varikozele)
und ein Ultraschall des Hodens lassen viele Probleme
erkennen oder mögliche Ursachen ausschließen. Eine
Kontrolle der männlichen Sexualhormone kann zusätzlich spezielle Fragestellungen klären. Die wichtigste Untersuchung, um die Zeugungsunfähigkeit des Mannes
abzuschätzen, ist jedoch die Untersuchung des Ejakulats (Spermiogramm).
Die Chlamydieninfektion ist eine wesentliche Ursache der Infertilität der Frau. Es wird auch diskutiert, inwieweit diese beim Mann zur Infertilität oder
Subfertilität führen kann. Bei positivem oder fraglich positivem Antikörpernachweis wird ergänzend
zum Nachweis einer aktiven Chlamydieninfektion
die Chlamydien PCR durchgeführt.
• Bakteriologische Untersuchung: Bei mikroskopischen Hinweisen auf einen bakteriellen Infekt (Leukozyten, Bakterien…) wird eine Kultur angelegt.
• Zink im Seminalplasma: Dieser biochemische Marker gibt Hinweise auf den Funktionszustand der
Prostata.
Aus der Summe dieser quantitativen und qualitativen
Untersuchungen ist eine Einschätzung der Fertilität
möglich.
Materialgewinnung
Die nach dem Update der WHO 2010 überarbeiteten
Referenzbereiche finden Sie in der Tabelle 1. Diese
mussten in den letzten Jahren deutlich nach unten korrigiert werden, d.h. die Normalpopulation von heute
zeigt Werte, die noch vor Jahren deutlich pathologisch
waren. Die Entwicklung sehen Sie in den Diagrammen
1-2.
Methodik und klinische Bewertung
Die Ejakulatanalyse erfolgt nach den 2010 durch die
WHO überarbeiteten Kriterien. Die Untersuchung umfasst folgende Schritte:
• Makroskopische Beurteilung (Volumen, pH-Wert,
Farbe, Konsistenz, Verflüssigungszeit): Veränderungen können u.a. einen Hinweis auf Infektionen
oder einen Enzymmangel geben.
• Nativpräparat (Spermienzahl und -motilität, Leukozyten, Erythrozyten, Rundzellen): Die mikroskopische Beurteilung der zellulären Komponenten
des Ejakulates erlaubt weiterführende Hinweise
hinsichtlich der morphologischen Besonderheiten.
• Eosintest: Mittels dieser speziellen Färbung werden
vitale und avitale Spermien differenziert.
• MAR-Test: Diese immunologische Methode erlaubt
den Nachweis von Spermienautoantikörpern.
• Teratozoospermieindex (TZI): Der bisher berechnete TZI kann praktisch nach dem WHO-Update nicht
mehr berechnet werden und fällt deshalb ersatzlos
weg.
• Fructose im Seminalplasma: Die Fructose erlaubt
eine Beurteilung der Energiereserve im Ejakulat.
• Chlamydia trachomatis-IgA-Antikörper als Hinweis
auf frische oder kürzlich durchgemachte Infektion:
Durchführung
Die Analytik wird wöchentlich, jeweils am Mittwoch
vormittag durchgeführt. Der Patient füllt einen Anamnesebogen aus. Auf Wunsch stellen wir Ihnen neben
dem Befund auch den Anamnesebogen in Kopie zur
Verfügung. Eine telefonische Voranmeldung unter der
Telefonnummer 030 - 77001 0 ist erforderlich.
Abrechnung
Die Abrechnung der Ejakulatanalyse ist im Leistungsspektrum des EBM und der GOÄ enthalten. Sie bezieht die Bestandteile Spermiogramm, Eosin-Test, Fructose im Seminalplasma, Chlamydien-IgA-Antikörper,
Chlamydien PCR (bei positivem oder fraglich positivem
IgA-Antikörper), Mixed Antiglobulin Reaction (MARTest), Kultureller Erregernachweis (nur bei Verdacht
oder Hinweis auf bakteriellen Infekt) und Zink ein.
Begriffsbestimmung
In Tabelle 2 finden Sie die Hinweise zur Terminologie.
Literaturauswahl
Nieschlag E, Behre HM (2000) Andrologie. Springer Verlag, Berlin,
Heidelberg, New York
World Health Organization. WHO Laboratory Manual for the Examination of Human Semen and Sperm-Cervical
Mucus Interaction. 5tth edn.: Cambridge University Press, 2010
Keck C, Neulen J, Breckwoldt M (1997) Endokrinologie, Reproduktionsmedizin, Andrologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York
Ochsendorf F, Beschmann HA (1996) Männliche Infertilität. Springer
Verlag, Berlin, Heidelberg, New York
Dr. Wolf-D. Müller
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Diag-Info: 196 Version: 4
Eine Ejakulatanalyse sollte nach einer sexuellen Karenz von 4-5 Tagen beurteilt werden. Dazu gewinnt der
Mann Samenflüssigkeit durch Masturbation. Eine zügige Analyse nach Ejakulatgewinnung ist die Grundlage für eine richtige Bewertung des Befundes. Deshalb
sollte die Gewinnung ausschließlich im Labor und nicht
im häuslichen Milieu stattfinden. Aufgrund der biologischen Varianz sollten immer 2 Spermiogramme im
Abstand von 2-3 Wochen untersucht werden, um die
männliche Zeugungsfähigkeit sicher beurteilen zu können.
Referenzbereiche (WHO-Richtlinien)
Tabelle 1:geänderte Referenzbereiche nach WHO-Richtlinien 2010
Ejakulatvolumen pro Samenerguss
> 1,5 ml
PH
> 7,2
Spermienkonzentration
> 15 Mio. Spermien/ml
Spermiengesamtzahl
> 39 Mio. Spermien/Gesamtejakulat
Motilität (Beweglichkeit)
> 32 % progressiv bewegliche Spermien
> 40 % bewegliche Spermien (progressiv + nicht progressiv beweglich)
Morphologie
> 4 % normal geformte Spermien
Vitalität (Anteil lebender Spermien)
> 58 % vitale Spermien (Eosin*)
Teratozoospermieindex (TZI)
Nicht mehr berechenbar (Angabe entfällt)
MAR-Test (Spermatozoen- Antikörperbestimmung)
< 10 % Spermien negativ
< 50 % Spermien grenzwertig
Tabelle 2: Terminologie bei Abweichungen vom Normalbefund
Aspermie
kein Samenerguss
Multisemie (Polysemie)
> 6ml Ejakulatvolumen
Parvisemie (Hypospermie)
< 1,5 ml Ejakulatvolumen
Kryptozoospermie
< 1 Mio. Spermien/ml (erst im Zentrifugat)
Hyperzoospermie
> 150 Mio. Spermien/ml
Oligozoospermie
< 15 Mio. Spermien/ml
Polyzoospermie
> 200 Mio. Spermien/ml (als relative Polyzoospermie bei Parvisemie)
Asthenozoospermie
< 32% motile Spermien
Teratozoospermie
< 4% normale Formen
Nekrozoospermie
keine Beweglichkeit der Spermien,
im Eosin-Test keine vitalen Spermien
Leukospermie
Entzündung, meist Prostatitis
Oligo-Astheno-Terato-Zoospermie
Kombination von geringer Zahl, schlechter Beweglichkeit und zu
vielen Fehlformen der Spermien.
< 15 Mio. Spermien/ml
Azoospermie
keine Spermien im Samenerguss
45
40
Ejakulatvolumen (ml)
35
30
Diagramm 1: Referenzbereichsänderungen
von 1987 - 2010 (Ejakulatvolumen, Spermiengesamtzahl,
Spermienkonzentration)
Gesamtzahl
Spermien (Mio)
25
20
15
Spermien
Konzentration
(Mio/ml)
10
5
0
1987
1992
1999
2010
80
70
60
Diagramm 1: Referenzbereichsänderungen
von 1987 - 2010 (Anzahl normal beweglicher
Spermien, vitale Spermien, normale Formen)
normal bewegliche
Spermien
50
vitale Spermien (%)
40
30
normale Formen (%)
20
10
0
1987
1992
1999
2010