ANZEIGE Die Kartoffelrevolution Einfach. Nachhaltig. e ier +Postkarten++Blöck papier+ rieffpap Brie ++B lyerr++ Flye ++F r+ Visitenkarten++Büche roschüren++Plakate++ ++B Chinas Regierung will die Kartoffel als Grundnahrungsmittel einführen. Nur: Sie schmeckt den Chinesen nicht Sachkunde SEITE 29–31 AUSGABE BERLIN | NR. 10646 | 8. WOCHE | 37. JAHRGANG | € 3,50 AUSLAND | € 3,20 DEUTSCHLAND www.dieUmweltDruckerei.de | SONNABEND/SONNTAG, 21./22. FEBRUAR 2015 Griechenland Das Donnern der Waffenruhe Was ist so schlimm an einem Staatsbankrott? Es streiten der Bundesbankchef, Hofreiter, Wagenknecht SEITE 5, 17 ANZEIGE KRIEG Obwohl seit einer Woche die Waffen schweigen sollen, gehen die Kämpfe im Osten der Ukraine weiter. Unterwegs in einem Land im Kriegszustand. Und in Kiew, wo alles begann: der Maidan als Bühne der Revolution SEITE 3, 8, 9, 10, 18–20 5. und 6. März 2015 I zakk I Düsseldorf www.zukunftskongresssoziokultur.de Der stärkste Satz Nach Dortmund fahren ergibt keinen Sinn DAVID SCHRAVEN über seine Comic-Recherche zum NSU auf SEITE 35 Weitere Beiträge: MICHA BRUMLIK und MOSHE ZUCKERMANN über jüdische Reaktionen auf die islamistischen Anschläge. Außerdem Kolumnen von PETER UNFRIED und RAINER SCHÄFER b taz.berlin Bewerbung Kann Berlin Olympische Spiele? Bislang deutet darauf wenig hin SEITE 39, 41, 44, 45 ANZEIGE Aus Worten werden Welten. Am 18. Februar feuern prorussische Rebellen Raketen in Richtung der Stadt Debalzewe ab, die sie inzwischen eingenommen haben Foto: Pierre Crom/Getty Images 60608 4 190254 803208 TAZ MUSS SEIN Die tageszeitung wird ermöglicht durch 14.517 GenossInnen, die in die Pressevielfalt investieren. 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Politik Staatspleite Wie Island den Griechen als Inspiration dienen kann Seite 5 Ausspähung SnowdenEnthüllung: Die NSA kann auch SIM-Karten knacken Seite 6 Prozess Der Fall Sebastian Edathy wird ab kommender Woche vor Gericht verhandelt Seite 7 Reportage Titel Eine Busfahrt von München nach Kiew, mitten hinein in den Ukrainekrieg Seite 8, 9 Argumente Titel Warum im Donbass trotz Waffenruhe gekämpft wird Seite 10 Kultur Das IS Karneval Rassismus Achille Mbembes „Kritik der schwarzen Vernunft“ Seite 15 Gesellschaft Streitfrage Was ist so schlimm an einem Staatsbankrott? Seite 17 Titel Die „Tagebücher des Maidan“ Seite 18–20 Hausbesuch „Sie ist formlos“, sagt Anna Konda über Angela Merkel Seite 21 Knick Begegnung mit einem Exstarjournalisten, der heute Möbel verkauft Seite 23 Gespräch „Natürlich haben sie Gesichter“: Der USScharfschütze Garett Reppenhagen über die Menschen, die er im Irakkrieg tötete Seite 24, 25 Sachkunde Knolle Wie die chinesische Regierung der Bevölkerung die Kartoffel schmackhaft machen will Seite 29–31 Medien Nazis Vom Reiz, eine investigative Recherche als Comic zu erzählen Seite 35 Reise Kairo Das Ägyptische Museum bekommt Konkurrenz Seite 36, 37 Leibesübungen Bewerbung Arm, aber sportlich: Wie Berlin die Olympischen Spiele holen will Seite 39 AUS DER TAZ SEITE 16 TAZ.LAB SEITE 27 LESERINNENBRIEFE SEITE 28 TV-PROGRAMM SEITE 34 DIE WAHRHEIT SEITE 40 LEKTIONEN 5 Dinge, die wir diese Woche gelernt haben 1. Die FDP gibt es noch Unter pinkem Einfluss haben die Freien Demokraten einen Wahlsieg gefeiert. Mit 7,4 Prozent wurde die Exregierungspartei in die Hamburger Bürgerschaft gewählt. FDP-Chef Christian Lindner spricht postwendend von einer „Eisbrecher“-Wahl. Vielleicht etwas voreilig? Nach einer Wahlniederlage kommt ja schließlich auch kein Politiker auf die Idee, von einem Ergebnis in einem ziemlich unbedeutenden Stadtstaat einen Bundestrend abzuleiten. örg Rupp hatte das Sonntagabendessen gekocht und schaute Hamburg-Wahl, als sein Landesvorsitzender anrief. Tittengate! Wegen eines Tweets von ihm. „Mit Titten und Beinen anstatt Inhalten“, so hatte der grüne Gemeinderat von Malsch bei Karlsruhe den Wahlerfolg von Katja Suding (FDP) bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg analysiert. Wenn er Morddrohungen bekommt für sein Anti-Pegida-Engagement, interessiert das kein Schwein, aber jetzt landet er auf dem Titel von Bild. Neben dem riesigen Foto von Sudings Beinen steht sein Zitat, sein Name und das Wort „Skandal“. Was „Inhalte“ sind, ist im Zusammenhang mit allen Parteien oft schwer zu sagen. „Beine“ ist jedenfalls ein Begriff für die untere Extremität von Mensch und Säugetier. Und „Titten“ ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für die weibliche Brust, der trotz Gründung der Grünen im Volk bis heute nachhaltig verankert ist; geschlechterübergreifend. Aber von einem grünen Mann als J Nein, das ist nicht in Mossul oder Rakka. Diese Kämpfer des „Islamischen Staats“ sind verkleidete Karnevalisten beim Umzug in Aalst in Ostflandern, Belgien. Die Waffen sind Attrappen, die Bärte nur angeklebt. Zum 87. Mal fand der Umzug in diesem Jahr statt, er ist offiziell Weltkulturerbe. In Braunschweig wurde der traditionelle „Schoduvel“, der größte Karnevalsumzug in Norddeutschland, hingegen abgesagt. Als Grund gab die Polizei an: eine islamistische Anschlagsdrohung. Foto: Yves Hermann/reuters 2. Man kann der Rundfunkgebühr entkommen Eigentlich müssen alle den Rundfunkbeitrag (früher GEZ) von monatlich 17,98 Euro pro Haushalt bezahlen. Manche kämpfen dagegen an. Jürgen Wagner etwa, er wurde als „Waldmensch“ bekannt, wohnhaft in Jurten und Erdlöchern, ohne Geld. Er hat immer betont, dass er in seiner Unterkunft nicht mal Strom habe. Notfalls könne er die Rundfunkgebühr aber mit Falläpfeln bezahlen. Muss er nicht. Die Forderung wurde zurückgezogen. 3. Die katholische Kirche ist transparent Als Protz-Bischoff von Limburg ist Tebartz-van Elst in die Kritik geraten, die freistehende Badewanne in seiner zweistöckigen Wohnung dürfte es zu einem der bekanntesten Einrichtungsstü- cke Deutschlands gebracht haben. Der Bischof ist suspendiert, ein neuer noch nicht bestimmt, die Wohnung mit ihren 283 Quadratmetern also unbewohnt. Sie durfte nun am Freitag zum ersten Mal von Journalisten besichtigt werden. Ab April soll es weitere Führungen durch den Bischofssitz geben. Die Privatwohnung aber bleibt tabu. Offenheit hat auch ihre Grenzen. 4. Die PNP brauchte das Geld Die Passauer Neue Presse hat sich über ihr Verbreitungsgebiet hinaus einen Bekanntheitsgrad erarbeitet. Durch das passende Politikerzitat zur richtigen Zeit belegt die PNP unter den Regionalzeitungen regelmäßig einen Spitzenplatz im Zitateranking. Jetzt macht sie selbst Schlagzeilen. Der Verein „Die Deutschen Konservativen“ warb darin auf einer halben Seite für eine Hetz- schrift gegen den Islam. Ein Versehen? Die Verlegerfamilie selbst habe die Veröffentlichung abgesegnet, zitiert die Süddeutsche Zeitung aus einem Brief, der von Verlagsmitarbeitern stammen soll. 15.000 Euro soll die Anzeige eingebracht haben. 5. Ironie muss man aushalten „War das Ernst? Oder August?“, diese Zeile hatte ein Zigarettenhersteller zum Bild einer eingedrückten Zigarettenschachtel gestellt. Eine Anspielung auf eine tätliche Auseinandersetzung zwischen Musikproduzent Dieter Bohlen und Ernst August Prinz von Hannover. Beide klagten dagegen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte nun: Die Werbung hat die beiden „weder abwertend noch negativ dargestellt“. Zumindest nicht negativer, als sie selbst auftreten. SEBASTIAN ERB .................................................................................................................. DIE EINE FRAGE Titten DER FALL KATJA SUDING: DÜRFEN GRÜNE UMGANGSPRACHLICHE WORTE FÜR DIE WEIBLICHE BRUST BENUTZEN? Wahlanalyse? Nicht nur Grüne, auch antisexistische Vorkämpfer wie Kubicki (FDP) und Strobl (CDU) sind empört. Rupp, 48, ist Mitglied des baden-württembergischen Parteirats. Er hat fünf Söhne mit zwei Frauen (nacheinander). Tschernobyl und die Volkszählung haben ihn Mitte der 80er politisiert. Dann ist er auch noch linker Grüner. „Das ist in BadenWürttemberg schwer genug“, sagt er. Wer regiert, ist immer Realo. Anders als sein Ministerpräsident Kretschmann zog er sich mit zwanzig sogar aus dem organisierten Faschingsbusiness zurück, weil ihn das Saufen und der Sexismus dort anwiderten. Und jetzt das. „Titten darf man als Grüner nicht sagen“, sagt Rupp am Tele- ....................................................... PETER UNFRIED IST TAZ-CHEFREPORTER ....................................................... fon. Ein Kurzschluss. Er möge den Ausdruck „Titten“ selbst nicht. Weshalb er Suding umgehend um Entschuldigung bat, was sie akzeptierte. Allerdings: „Von meiner Kritik an der FDPKampagne lasse ich nicht ab.“ Rupp war im Grunde der Allerletzte, der der FDP und ihrer Spitzenkandidatin vorwarf, mit „gutem“ Aussehen Wahlkampf zu machen. „Der Verdacht, dem Äußeren mehr als den Inhalten verpflichtet zu sein.“ – Mit solchem Blabla wurden Seiten 3 gefüllt, also das Heiligtum des Qualitätsjournalismus. Die Welt fragte: „Mehr als Bein und Busen?“ Bildunterschrift: „Voller Körpereinsatz“. So ging das ständig. Die angebliche Kritik an einem ARDKameraschwenk über Sudings untere Extremitäten wurde (aus Gründen der Informationspflicht) entsprechend bebildert. Eine Gala-Fotostrecke wurde dito rauf- und runtergehechelt. Naserümpfend, kulturpessimistisch. Wo sind wir da nur hingekommen? Das Zitat „Wir sind nicht im Krieg mit dem Islam. Wir sind im Krieg mit Menschen, die den Islam pervertiert haben“ US-Präsident Barack Obama auf einer Konferenz gegen gewaltsamen Extremismus am Mittwoch im Weißen Haus Foto: reuters Heimat Micha Brumlik über die Verdienste jüdischer Mitbürger Seite 12 Look at yourself. Den wichtigsten Beitrag zum FDP-Erfolg leistete weder Sudings Körper noch ihr Geist, noch Gala, sondern die scheinheilige, aufgegeilte und antipolitische Auseinandersetzung mit der Thematisierung ihres „guten“ Aussehens durch sich, die FDP und die anderen Medien. Wir alle sind Gala. Die Sache ist ein erneuter Beleg, mit welcher Besessenheit sich auch die angeblich kritische Medienöffentlichkeit an Oberflächengedöns festbeißt. Mit welcher Inbrunst es darum geht, potentielles individuelles Fehlverhalten zu geißeln, was Haltungen und Sprache angeht. Und wie blass dagegen die Prozesse sind, die gleichzeitig die Welt wirklich – und zum Schlechteren – verändern. Da sieht man mal, wie sehr grüne Politik tatsächlich auf die Gesellschaft eingewirkt hat: Erst wenn der letzte Titten-Sager abgeurteilt ist, kann sich das geläuterte Land dem Klimawandel zuwenden. Also nie. Im übrigen bin ich nicht der Meinung, dass Katja Suding gut aussieht. Die Drei SONNABEND/SONNTAG, 21./22. FEBRUAR 2015 TAZ.AM WOCHENENDE 03 UKRAINE Die Politikwissenschaftlerin Constanze Stelzenmüller hält das Friedensabkommen Minsk 2 für gescheitert und sieht die europäische Friedensordnung in Gefahr. Ein Interview über Putin, Obama und rote Linien „Was hier geschieht, ist schamlos“ Man kann natürlich der ukrainiMcCain aus Arizona, einer der Als mündige Bürgergesellschaft schen Seite militärische und poschärfsten Kritiker in München, haben wir ein Recht, mitzureden. taz: Frau Stelzenmüller, müssen litische Fehler vorwerfen. Die hat zu Hause starke Gegner in der Insofern finde ich es gut, dass der wir Angst vor einem Krieg haPrivatbataillone der Oligarchen Tea Party. Weißbuchprozess mit einer öfben? sollten dem Kommando von Konkret: Wie schätzen Sie Oba- fentlichen Konferenz angefanConstanze Stelzenmüller: Es Kiew unterstellt werden, dann mas nächste Schritte ein? gen hat. gibt ja bereits einen Krieg in der hätte es auch ein Ende mit proObama hat den Amerikanern Was heißt das? Ukraine mit mindestens 5.000 blematischen Abzeichen. Alles versprochen, dass sich Amerika Wir sehen gerade, wie wichtig Toten, vielleicht deutlich mehr. konzediert. Trotzdem: Wir haben nicht mehr in endlose, nicht zu Abschreckung und Landes- beUnd es gibt einen klaren Aggreses hier mit nackter russischer gewinnende Kriege verstrickt. ziehungsweise Bündnisverteidisor, Russland, der aber seine BeAggression zu tun. Putin verlässt Denn damit haben die USA im gung ist. Aber wir lernen auch, teiligung nur scheibchenweise sich offensichtlich darauf, dass Irak, in Afghanistan und anders- wie wichtig es für Europa ist, von zugibt. Das ist alles an sich schon wir das ertragen, weil die Ukraiwo sehr schlechte Erfahrungen einer stabilen und prosperierenempörend genug. Die Ukraine ne nicht in der Nato und Russgemacht. Der Druck zu Hause den Nachbarschaft umgeben zu grenzt an vier EU-Staaten: Polen, land eine Atommacht ist. wird zwar steigen, aber ich ver- sein. Wir treiben mit diesen Ländie Slowakei, Ungarn und RumäGelingt ihm das? mute, dass man erst über weitere dern Handel; und von dort wernien. Natürlich muss den MenIch frage mich, ob wir seit der Sanktionen nachdenken wird. den angesichts unserer niedrischen dort die Gewalt im NachBosnienkrise Mitte der 90er JahIch wünsche mir, dass Amerika gen Geburtenrate auch die Arbarland Sorgen machen und re nicht so etwas wie normative und Europa außerdem mehr tun, beitskräfte der nächsten Jahrauch Angst. Es ist weniger als Abrüstung betrieben haben. um der Ukraine auf dem Weg zehnte kommen. Russland wie25 Jahre her, dass sie zusammen Wenn wir das menschliche Leid nach Europa zu helfen. Aber ich derum scheint mir nicht so sehr mit der Ukraine unter russischer vor unserer Türschwelle nicht kann mir auch vorstellen, dass es zu stark für uns, sondern zu Herrschaft waren. Für diese Gezur Kenntnis nehmen – oder uns zu amerikanischen Waffenliefe- schwach für sich selber zu sein; fühle sollten gerade wir als früweigern, darin eine Normverletrungen kommt. die Aggression nach außen soll herer Frontstaat im Kalten Krieg zung zu sehen –, müssen wir Würden Sie sagen, dass die USA die innere Schwäche überdeviel Verständnis haben. auch nicht reagieren und uns sich zu sehr aus Europa zurück- cken. Das kann für uns alle noch Also stimmt es, dass der „dritte nicht schuldig fühlen, weil wir gezogen haben? sehr gefährlich werden. So ein ......................................................................................................................................................................... Weltkrieg“ schon begonnen das zulassen. Das entlastet. Die USA haben sich nicht zurück- Weißbuchprozess kann helfen, Constanze Stelzenmüller hat? War es ein Fehler von Merkel ....................................................................................................................................................... gezogen, und sie haben auch diese neuen Entwicklungen einIch bin da ganz bei der Bundesund anderen, militärische Un- ■ Die Juristin und Politikwissennicht das Interesse an uns verlo- zuordnen und Folgerungen darkanzlerin: Bitte alle die Nerven terstützung so grundsätzlich schaftlerin arbeitet derzeit als Ro- ren, im Gegenteil. Aber sie sind aus zu ziehen. Vor allem müssen behalten! Alle diese historischen auszuschließen? mit Problemen anderswo be- wir uns fragen: Wie sorgen wir bert Bosch Senior Fellow bei der Analogien – der dritte Weltkrieg, Es wäre klug gewesen zu sagen: Denkfabrik Brookings Institution schäftigt, und sie müssen mehr für die Sicherheit unseres Kontiein neuer Kalter Krieg – sind hysWir schließen nichts aus. Alle Op- in Washington, D.C. Ihre Fachgeals früher Prioritäten setzen. Das nents ohne die Rückversicheterischer Unsinn. Aber dass tionen bleiben auf dem Tisch. biete sind die transatlantischen heißt, dass wir Europäer mehr rung einer garantierten ameriRussland, eine Großmacht mit Schließlich haben wir, aus huma- Beziehungen, sowohl die deuttun müssen für den Schutz der kanischen Präsenz? Atomwaffen, glaubt, es kann in nitären Gründen, schon zweimal sche Außen-, Sicherheits- und Ver- europäischen Friedensordnung. Wer ist in dem Zusammenhang einem Nachbarland der EU Krieg in Nicht-Nato-Staaten interve„wir“? Ist das Europa, ist es teidigungspolitik als Ich finde das nur richtig. führen, ist schon schlimm geniert: in Bosnien, im Kosovo. Die Sie waren auf der Sicherheits- Deutschland, ist es ein Teil Euauch die der Eunug. Denn wir sollten diesen völkerrechtliche Begründung konferenz und jetzt bei den Dis- ropas? ropäischen Konflikt auch nicht kleinreden. war damals etwas konstruiert, Union, die Na- kussionen über das neue Weiß- Natürlich müssen wir mit dem Er ist eine Gefahr für die europäaber sie hat viele Leben gerettet. to, internatio- buch der Bundeswehr in Berlin Denken auf der nationalen Ebeische Friedensordnung. Präsident Obama hat bisher ein zugegen. Wie bewerten Sie die ne anfangen, weil wir da die nales Recht Was also bedeutet die EinnahGutteil der Initiative Europa Diskussion über die Sicher- stärkste Einheit von Autorität und Menme der ostukrainischen Stadt und Frau Merkel überlassen. heitspolitik in Europa? und Verantwortung haben. Aber schenrechte. Foto: idw Debalzewe? Wird sich seine Zurückhaltung Die Stimmung in München war wir Europäer sind so tief miteinIch gebe nicht gern den Ohrenjetzt ändern? so düster wie seit vielen Jahren ander verflochten und intesesselgeneral. Aber sie kann ein Hinter den ruppigen Äußerunnicht mehr, Wladimir Putin hat griert, dass man auch unsere Siwichtiger militärischer Wendegen einiger US-Senatoren auf der viel strategische Klarheit produ- cherheit am Ende nur europäpunkt werden, weil die ukrainiSicherheitskonferenz in Münziert – wie die Umfragen der letz- isch denken kann. schen Streitkräfte damit einen chen steht auch innenpolitischer ten Monate zeigen. Das ist wich- Sehen Sie überhaupt eine eurologistischen Knotenpunkt auf Druck, das darf man nicht vertig, weil es heute undenkbar ist, päische Grundhaltung? dem Weg nach Westen an die von gessen. Im Frühjahr fängt der dass Eliten die Sicherheitspolitik Mir scheint, die entsteht gerade Russland gestützten sogenannWahlkampf für die Präsidentwie früher im rauchigen Herren- in der Krise. Die Ausgangspunkte ten Separatisten verlieren. schaftswahl 2016 an. Senator zimmer unter sich diskutieren. waren ja sehr unterschiedlich – schon weil die historischen Erfahrungen mit Russland so unterschiedlich sind. Die Balten und etwa die Franzosen liegen da weit auseinander. Die meisten neuen EU-Staaten fühlen sich immer noch besonders verwundbar: wegen ihrer Lage, weil sie bis zu 100 Prozent ihrer Energie aus Russland importieren. Und auch, weil Moskau gute Beziehungen zu radikalen Parteien in Europa pflegt. Aber seit dem Euromaidan, der Annexion der Krim, dem Abschuss von MH17 und nun den Kämpfen in Debalzewe ist ein europäischer Konsens entstanden, dass es nicht hinnehmbar ist, was mit der Ukraine geschieht. Je brutaler das Vorgehen der Russen, desto stärker wird dieser Konsens. Bedeutet das in letzter Konsequenz, dass wir die Ukraine aufrüsten sollten? Ich bin in dem Punkt selbst zerrissen. Einerseits hat der Westen, hat Amerika mit dieser Art von Konflikteinmischung schlechte Erfahrungen gemacht. Andererseits: Wie können wir zuschauen, wie ein souveräner Staat filetiert wird, weil seine Menschen sich als Europäer sehen? Ist es nicht besser, mit den Amerikanern über Defensivwaffen zu diskutieren, als sie alleine entscheiden zu lassen? Die Folgen treffen jedenfalls uns früher als sie. Und wenn wir uns doch dagegen entscheiden: Tun wir wirklich alles andere in unserer Macht, um „Ich frage mich, warum wir bei der humanitären Lage in der Ukraine nicht genauer hinschauen.“ Straßenszene in Ilowajsk, Ostukraine Foto: Stanislav Krupar/laif Russland zu stoppen? INTERVIEW INES POHL Ist die ukrainische Armee damit am Ende? Mindestens ist es symbolisch ein schwerer Schlag: für die Streitkräfte und die Regierung, aber auch für die Zivilbevölkerung der Ukraine. Die nächsten Schritte Russlands werden uns zeigen, ob Moskau auf einen Regimewechsel in der Ukraine abzielt. Minsk 2 ist damit gescheitert? Ich fürchte, ja. Sind damit diese außergewöhnlichen Anstrengungen von Merkel und Hollande, eine diplomatische Lösung herbeizuführen, auch am Ende? Eine Demokratie darf nie auf Diplomatie verzichten. Da hat Außenminister Steinmeier recht, der das besonders energisch verficht. Das unterscheidet uns von einer Diktatur. Dann lassen Sie mich anders fragen: Muss man irgendwo eine rote Linie ziehen und sagen, so weit und nicht weiter? Für die Regierung gibt es eine klare rote Linie: wenn es um einen Angriff auf ein Nato-Mitglied geht. Und übrigens gibt es nach dem Lissabonner Vertrag auch eine Beistandsverpflichtung für EU-Mitglieder. Die Ukraine ist aber kein NatoMitglied. Gibt es nur für NatoMitglieder rote Linien? Ich frage mich, warum wir bei der humanitären Lage in der Ukraine nicht genauer hinschauen. Wie belastbar sind die offiziellen Zahlen von rund 5.000 Toten? In einer deutschen Sonntagszeitung wurden „deutsche Sicherheitskreise“ vor Kurzem mit der Einschätzung zitiert, es seien zehnmal so viele. Ich vermute, die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Werden die Verletzten genügend versorgt, wo, und von wem? Wer hilft den angeblich über eine Million Vertriebenen? Was hier geschieht, ist schamlos. Inwiefern? Wie können wir zuschauen, wie ein souveräner Staat filetiert wird, weil seine Menschen sich als Europäer sehen?
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