Immer Ärger mit Athen - ePaper

Hier geht’s zur
neuen News-App:
http://kompakt.
welt.de
KOMPAKT
MONTAG, 2. MÄRZ 2015 | 90 CENT
NRW | 42
Wie verhext!
Liebe in den Zeiten der Inquisition: Das ZDF zeigt das
gelungene Drama „Die Seelen im Feuer“ Menschen & Medien, S. 31
Mit dem Roman „Memed
mein Falke“ wurde er
weltberühmt: Zum Tod
von Yasar Kemal Kultur, S. 9
NACHRICHTEN
DEUTSCHLAND
Entwarnung nach
Großeinsatz in Bremen
Nach Hinweisen auf den Handel
mit Maschinenpistolen in der islamistischen Szene fürchtete die
Polizei einen Anschlag. Seite 4
POLITIK
Schäuble legt für Athen
„strenge Maßstäbe“ an
GETTY IMAGES/ SASHA MORDOVETS
Der Finanzminister will harte Auflagen für ein drittes Hilfspaket. Der
griechische Premier Tsipras macht
sich in Südeuropa unbeliebt. Seite 7
SPORT
Auf Schalke stellt
sich die Charakterfrage
Nach seiner völlig verkorksten
Derby-Premiere zweifelt Trainer
Roberto Di Matteo an seiner Strategie. Alle Spiele, Seiten 10–13
WIRTSCHAFT
Verbraucher wollen den
elektronischen Wandel
Deutsche tauschen Geräte wie
Fernseher oder Kühlschränke immer schneller aus – auch wenn sie
keine Mängel haben. Seite 19
„Wir haben keine Angst“: Zehntausende ehren auf einem Trauermarsch in Moskau den ermordeten Kreml-Kritiker Boris Nemzow
Russische Opposition gibt Putin
die Schuld am Nemzow-Mord
Präsident schaffe „Atmosphäre des Hasses“. Trauermarsch für Kreml-Gegner
DANIEL FRIEDRICH STURM
IM INTERNET
Tweets des Tages
Leonards (Nimoy) Beisetzung ist
morgen. Und ich schaffe es nicht
rechtzeitig zurück. Ich bin hier für die
Wohltätigkeit, und einer meiner besten
Freunde wird zur Ruhe gebettet.
William Shatner
R.I.P. Wolfram #Wuttke. Warst ein
genialer Kicker. Mit den längsten Zungen in den Bolzern und dem besten
Matthias Opdenhövel
Außenriss.
Treffpunkt für Fans
facebook.com/weltkompakt
Twittern, was uns bewegt
twitter.com/weltkompakt
E-Mail an die Redaktion
[email protected]
Abo & mehr
www.welt-kompakt.de/abo
News rund um die Uhr
www.welt.de
Digitale Angebote
Tel. 0800 / 95 15 00 0
[email protected]
Kundenservice: 0800 / 53 73 78 3
U
nter dem Motto „Ich
habe keine Angst“
haben Zehntausende
in Moskau und St.
Petersburg an einem Trauermarsch für den ermordeten Oppositionspolitiker Boris Nemzow teilgenommen. In der russischen Hauptstadt zogen sie zu
der Brücke in der Nähe des
Kremls, auf der Nemzow am
späten Freitagabend erschossen
worden war. Der Oppositionspolitiker Ilja Jaschin machte
Präsident Wladimir Putin politisch für den Mord verantwortlich. „Es war Präsident Putin,
der eine Atmosphäre des Hasses
in unserem Land erzeugt hat, eine Atmosphäre der Intoleranz,
die auf die eine oder andere Weise zu der Kugel wurde, die meinen Freund Boris Nemzow getötet hat“, sagte Jaschin. „Es ist ein
politischer Mord, der die Bevölkerung in Angst versetzen soll.“
Oppositionelle sagten, Nemzow
habe wiederholt Drohungen erhalten, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen aber abgelehnt.
Auch der Kreml-Kritiker Michail Kasjanow sagte Reportern,
es könne nur eine Deutung der
Tat geben: „Er wurde erschossen, weil er die Wahrheit gesagt
hat.“ Kasjanow war unter Putin
einst Ministerpräsident. Dagegen warnte der ehemalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow vor voreiligen Schlüssen. „Gewisse Kräfte werden
die Tötung zu ihrem eigenen
Vorteil nutzen“, erklärte er. „Sie
überlegen, wie sie Putin loswerden können.“
Nemzow war in den 90erJahren stellvertretender russischer Regierungschef unter Präsident Boris Jelzin. Nach der
ersten Wahl Putins im Jahr
2000 wurde er dann einer der
schärfsten
Kritiker
des
Kremlchefs. So prangerte er Ineffizienz und Korruption an
und äußerte scharfe Kritik an
der russischen Ukraine-Politik.
Er sagte, er arbeite an einem Bericht, der nach seiner Überzeugung beweisen werde, dass russische Soldaten an der Seite der
Separatisten in der Ostukraine
kämpften – trotz aller offiziellen Dementis. Jaschin sagte,
Nemzows Bericht werde nun
wohl nie veröffentlicht werden,
weil Ermittler bei der Durchsuchung seiner Wohnung seinen
Laptop mitnahmen.
© Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung
Auf einer Brücke am russischen Regierungssitz war Nemzow aus einem fahrenden Auto
heraus erschossen worden. Die
Staatsmedien
berichteten,
SCHARFE TÖNE
AUS BERLIN
Außenpolitiker von CDU
und SPD haben nach dem
Mord an Boris Nemzow die
Lage in Russland kritisiert.
„Das Attentat wirft ein Schlaglicht auf die veränderte innere
Verfassung Russlands und das
innere Meinungsklima, das vor
allem in den staatlichen Medien durch aggressiven Nationalismus und Militarismus
geprägt wird“, sagte Norbert
Röttgen (CDU), der Vorsitzende des Auswärtigen
Ausschusses im Bundestag.
„Hier liegt die Verantwortung
Putins.“ Ausschussvize Franz
Thönnes (SPD) sagte, der ihn
erschütternde Mord „erfolgte
in einer sehr angespannten
Lage in Russland. Es herrschen Misstrauen, Druck und
Unzufriedenheit.“
DIE WELT KOMPAKT BUNDESAUSGABE-2015-03-02-swonl-96 a89d8985351f71a3050bd54a8f63bb8a
Nemzows Begleiterin sei seine
ukrainische Freundin, und das
Paar sei unterwegs zur Wohnung des Dissidenten gewesen.
Deshalb spekulierten die Medien über Eifersucht. Der Kreml
bezeichnete den Mord als „Provokation“ und „Versuch zur Destabilisierung der politischen
Lage im Land“. Die Ermittlungsbehörden setzten drei
Millionen Rubel (rund 45.000
Euro) Belohnung für Hinweise
auf den Täter aus.
Auch international löste das
Verbrechen große Bestürzung
aus. Der amerikanische Präsident Barack Obama sprach von
einem „brutalen und bösartigen
Mord“. Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) forderte eine
schnelle Aufklärung. Deutsche
Außenpolitiker kritisierten Russland deutlich (siehe Kasten).
Mit seiner Kritik erreichte
Nemzow vor allem Intellektuelle in der Hauptstadt Moskau.
Außerhalb der großen Städte
haben die Putin-Gegner wenig
Unterstützung. Unabhängige
Beobachter sprachen von etwa
55.000 Teilnehmern an dem
Trauermarsch nahe des Kremls,
die Polizei gab die Zahl dagegen
nur mit 16.000 an. Seiten 2/3