KU N D E N S E RVI C E 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 KO M M E N TA R Zippert zappt Waffenkauf löst Terroralarm in Bremen aus E Mitglieder der russischen Oppositionsgruppen beim Gedenkmarsch in Moskau für den erschossenen Boris Nemzow Opposition gibt Putin die Schuld am Nemzow-Mord Präsident schaffe „Atmosphäre des Hasses“. Trauermarsch in Moskau. Deutsche Abgeordnete wollen trotz Spannungen nach Russland fahren DANIEL FRIEDRICH STURM Wirtschaft Jetzt rutscht in Frankreich sogar die Unterwäsche in die Krise Seite 12 Finanzen Rentner können viel Geld bei der Steuer sparen Seite 14 Feuilleton Wie werden eigentlich Hexen verbrannt? Seite 22 Aus aller Welt Londoner Katze bringt einen Süchtigen auf den rechten Weg Seite 24 LOTTO: 2 – 20 – 25 – 41 – 45 – 49 Superzahl: 0 Spiel77: 3 1 4 1 3 1 1 Super6: 2 1 6 5 0 2 ohne Gewähr ANZEIGE Sind wir gewappnet? „Die Macht der Natur“ Heute ab 20.05 Uhr Diskutieren Sie mit uns auf Facebook: facebook.com/welt Wir twittern live aus dem Newsroom: twitter.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Kanälen – mit der „Welt“-App auf dem Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle Hinweise auf einen gewaltbereiten Libanesen, der sich Maschinenpistolen beschafft haben soll, haben die Warnung vor einer Terrorgefahr in Bremen ausgelöst. Das teilten die Staatsanwaltschaft und der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) mit. Bei Durchsuchungen am Samstagabend seien aber keine Waffen gefunden worden. Auslöser für die Aktion seien Hinweise einer Bundesbehörde vom Freitagabend gewesen. „Diese Hinweise waren so konkret, dass wir einen Anschlag in Bremen nicht mehr ausschließen konnten“, sagte Mäurer. Die Ermittler waren davon ausgegangen, dass sich der verdächtige 39-Jährige Maschinen- und Automatikpistolen zum Weiterverkauf beschafft hatte. Durchsucht wurden ein islamisches Kulturzentrum sowie Wohnung und Arbeitsplatz des Mannes. Der Libanese sowie ein weiterer Mann waren vorübergehend festgenommen worden. Die Polizei hatte am Samstagmorgen vor Aktivitäten potenzieller islamistischer Gefährder gewarnt und war mit einem starken Aufgebot im Einsatz. BREMEN – U nter dem Motto „Ich habe keine Angst“ haben Zehntausende in Moskau und St. Petersburg an einem Trauermarsch für den ermordeten Oppositionspolitiker Boris Nemzow teilgenommen. In der russischen Hauptstadt zogen sie zu der Brücke in der Nähe des Kremls, auf der Nemzow am späten Freitagabend erschossen worden war. Der Oppositionspolitiker Ilja Jaschin machte Präsident Wladimir Putin politisch für den Mord verantwortlich. „Es war Präsident Putin, der eine Atmosphäre des Hasses in unserem Land erzeugt hat, eine Atmosphäre der Intoleranz, die auf die eine oder andere Weise zu der Kugel wurde, die meinen Freund Boris Nemzow getötet hat“, sagte Jaschin. „Es ist ein politischer Mord, der die Bevölkerung in Angst versetzen soll.“ Nemzow war in den 90er-Jahren stellvertretender russischer Regierungschef. Nach der ersten Wahl Putins im Jahr 2000 wurde er dann einer der schärfsten Kritiker des Kremlchefs. So prangerte er Ineffizienz und Korruption an und äußerte scharfe Kritik an der russischen UkrainePolitik. Er sagte, er arbeite an einem Bericht, der nach seiner Überzeugung beweisen werde, dass russische Soldaten an der Seite der Separatisten in der Ostukraine kämpften – trotz aller offiziellen Dementis. Jaschin sagte, Nemzows Bericht werde nun wohl nie veröffentlicht werden, weil Ermittler bei der Durchsuchung seiner Wohnung seinen Laptop mitnahmen. Auf einer Brücke am russischen Regierungssitz war Nemzow aus einem fahrenden Auto heraus erschossen worden. Die Staatsmedien berichteten, Nemzows Freundin sei ein ukrainisches Model, und das Paar sei unterwegs zur Wohnung des Dissidenten gewesen. Deshalb spekulier- ten die Medien über Eifersucht. Der Kreml bezeichnete den Mord als „Provokation“ und „Versuch zur Destabilisierung der politischen Lage im Land“. Die Ermittlungsbehörden setzten drei Millionen Rubel (rund 45.000 Euro) Belohnung für Hinweise auf den Täter aus. Auch international löste das Verbrechen große Bestürzung aus. Der amerikanische Präsident Barack Obama sprach von einem „brutalen und bösartigen Mord“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine schnelle Aufklärung. Deutsche Außenpolitiker kritisierten Russland deutlich (siehe Kasten). Trotz der angespannten Lage will eine Delegation des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags Mitte April die Parlamentskollegen in Kiew und Moskau besuchen. Die Fraktionen verständigten sich darauf, eine entsprechende Einladung der außenpolitischen Kommission der russischen Staatsduma anzunehmen. Es wäre die erste Reise des Ausschusses nach Moskau seit Beginn des Ukraine-Kriegs. „Die Duma lud uns ein, mit unserem Besuch davor in der Rada in Kiew wollen wir deutsche Abgeordneten bewusst ein Zeichen der Vertrauensbildung und Kooperation setzen“, sagte CDU/CSU-Obmann Roderich Kiesewetter der „Welt“. Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen sagte: „Wir sollten trotz oder gerade wegen der angespannten Lage jede Möglichkeit nutzen, um unsere Position deutlich zu machen.“ SCHARFE TÖNE AUS BERLIN Außenpolitiker von CDU und SPD haben nach dem Mord an Boris Nemzow die Lage in Russland kritisiert. „Das Attentat wirft ein Schlaglicht auf die veränderte innere Verfassung Russlands und das innere Meinungsklima, das vor allem in den staatlichen Medien durch aggressiven Nationalismus und Militarismus geprägt wird“, sagte Norbert Röttgen (CDU), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, der „Welt am Sonntag“: „Hier liegt die Verantwortung Putins.“ Ausschussvize Franz Thönnes (SPD) sagte der „Welt“, der ihn erschütternde Mord an Nemzow „erfolgte in einer sehr angespannten Lage in Russland. Es herrschen Misstrauen, Druck und Unzufriedenheit.“ Nun müssten die Behörden „in alle Richtungen ermitteln und den Mord mit Nachdruck aufklären“. Siehe Kommentar und Seite 8 Seite 4 Athen stellt Rückzahlung an EZB infrage Varoufakis will schon wieder verhandeln Die griechische Regierung stellt die Rückzahlung von Staatsanleihen in Höhe von 6,7 Milliarden Euro infrage, die von der Europäischen Zentralbank (EZB) gehalten und im Sommer fällig werden. Finanzminister Janis Varoufakis sagte, er wolle über die Anleihen verhandeln. Mit welchem Ziel, ließ er offen. „Wenn wir das Geld hätten, würden wir bezahlen“, sagte der Minister. „Sie wissen, dass wir es nicht haben.“ Der Bundestag hatte erst am Freitag einer Verlängerung des laufenden Rettungsprogramms durch die Euro-Zone um vier Monate bis Ende Juni zugestimmt. Grundlage dafür war eine Zusage Griechenlands, alle Verbindlichkeiten zu erfüllen. Gleichzeitig sagte Varoufakis reichen Bürgern seines Landes und Steuerflüchtlingen den Kampf an. Seine Regierung interessiere sich für diejenigen Griechen, die Geld hätten, „aber nie gezahlt haben“, sagte der Finanzminister. Er drohte: „Sie sind unser Ziel, und wir werden kein Mitleid zeigen.“ ATHEN – J Ö RG E I G E N D O R F Ein Hauch von Weimar er hat Boris Nemzow umgebracht? Und was genau war der Auslöser? Es sind Fragen, auf die man wohl keine angemessene Antwort erhalten wird. Die Suche danach wird wahrscheinlich so erfolglos bleiben wie bei so vielen Attentaten zuvor. Was maximale Verunsicherung erzeugt. „Cui bono?“ ist dann die Frage, deren Beantwortung wiederum der Nährboden für Verschwörungstheorien ist. Doch auch die Suche einer Antwort darauf ist müßig: Fragt noch jemand, wem der Tod des Regimekritikers Sergej Litwinenko nützte? Oder die Haft der hungerstreikenden ukrainischen Pilotin Nadjeschda Sawtschenko, die in Russland als „Tochter des Satans“ verspottet wird? Und wem nutzte der grausame Tod von Sergej Magnitski? Hinter jedem dieser Opfer steckt ein trauriges Schicksal, doch es ergibt noch kein ganzes Bild. Letztlich geht es um das Klima im Russland Putins. Die Spur führt immer wieder zurück zu einem übermächtigen autokratischen Staat. Mit Nemzows Tod erlebt Russland eine weitere Zäsur, deren Symbolik kaum wuchtiger sein könnte. Vor den Mauern des Kreml und den laufenden Kameras der Sicherheitsbehörden wird nicht nur ein führender Oppositioneller hingerichtet, sondern es vollzieht sich auch der endgültige Bruch mit der JelzinÄra, an deren Anfang so große Hoffnung stand. Die Killer zielen auf genau den Mann, der als Gebietsgouverneur in Nischni Nowgorod eine einst abgeschottete Stadt erfolgreich öffnete und anschließend als Jelzins Kronprinz galt. Diese Rolle wurde dann Putin zuteil. Mit Nemzow verlieren die Russen die Person, die für den erfolgreicheren Teil ihrer neueren Geschichte stand. Viele im Land sehen die 90er-Jahre jedoch als Schandfleck an und verherrlichen inzwischen die Stalin-Ära und die gesamte Sowjetunion. Andersdenkende gehören in diesem Weltbild dorthin, wohin man auch Schwule und Lesben schicken möchte – wenn schon nicht ins Lager, dann zumindest zum Arzt. Auch wenn man mit derartigen Vergleichen vorsichtig sein sollte, so ist in Putins Russland ein dumpfes Klima entstanden, das in manchem an das Deutschland der frühen 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts erinnert. Wenn Faschismus als ein Ziel definiert wird, die Gesellschaft von „andersartigen“ Kräften und Gruppen zu reinigen, dann führt der Kreml das Volk gerade auf diesen fatalen Weg. Viele Russen, die so stolz darauf sind, den deutschen Faschismus besiegt zu haben, drohen nun einer eigenen Form des Extremismus zu verfallen. Vor diesem Hintergrund ist die Ermordung Nemzows zu sehen. Der Staat hat die Hinrichtung am zentralsten Ort seiner Macht zugelassen. Was eine harmlose Frage beängstigend werden lässt: Was passiert morgen? W [email protected] Seite 10 ANZEIGE Der Panda hat wieder Sex Neue Schutzgebiete ermöglichen der bedrohten Art erfolgreiche Fortpflanzung D en vom Aussterben bedrohten Großen Pandas in China geht es besser. Die Population der in freier Wildbahn lebenden Tiere ist in den vergangenen zehn Jahren um 268 auf 1864 Pandabären gestiegen, wie das chinesische Forstamt mitteilte. „Das ist ein wichtiger Erfolg“, sagte Chen Fengxue, Chef der Forstbehörde. Ein Grund für die Entwicklung liege in den 27 neuen Schutzgebieten, die für die Tiere eingerichtet worden seien. Insgesamt gibt es in China inzwischen 67 Reservate. Pandabären gelten als ausgesprochene Sexmuffel und haben in der freien Wildbahn eine sehr geringe Geburtenrate. Die neuen Schutzgebiete scheinen ihnen jetzt aber die Ruhe und Abgeschiedenheit zu garantieren, die für die Fortpflanzung notwendig sind. China hat den Schutz der Pandabären zu einem nationalen Anliegen erklärt und betreibt mehrere Aufzuchtstationen. Mittlerweile leben mehr als 200 Tiere in den Zuchteinrichtungen. Aber es gibt auch immer wieder Rückschläge. Ende vergangenen Jahres waren mehrere Pandabären bei einem Ausbruch des Stau- pevirus in einer Zuchtanlage in Sichuan gestorben. Die Seuche gilt mittlerweile als eingedämmt. In den 70er-Jahren ließ China zum ersten Mal die Zahl der Großen Pandas im Land ermitteln. Die jüngste Auszählung hatte im Jahr 2011 begonnen und drei Jahre gedauert. Aber längst nicht alle Tiere leben in den Schutzgebieten. Wilde Pandabären sind besonders in den Wäldern und Bergen von Chinas südwestlicher Provinz Sichuan zu Hause. Sie haben sich auf einem Areal von rund 2,6 Millionen Hektar ausgebreitet. Pandas gehören zu den wichtigsten Symboltieren in China. Neben Drachen benutzen chinesische Behörden und Firmen immer wieder Pandas als Wappentiere. Während der Olympischen Spiele 2008 in China wählten die Organisatoren fünf Pandas als Maskottchen aus. Für Peking sind Pandas auch zu einem diplomatischen Faktor geworden: Schon viele Bären wurden in ausländische Zoos geschickt, wo sie stets zu den größten Attraktionen zählen. DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Tel. 030/25910, Fax 030/259171606, E-Mail: [email protected]; Anzeigen: 030/585890, Fax 030/585891, E-Mail [email protected], Kundenservice: DIE WELT, Brieffach 2440, 10867 Berlin, Tel. 0800/9 35 85 37, Fax 0800/9 35 87 37, E-Mail [email protected] ISSN 0173-8437 51-10 A 3,20 & / B 3,20 & / CH 5,00 CHF / CZ 95 CZK / CY 3,40 & / DK 25 DKR / E 3,20 & / I.C. 3,20 & / F 3,20 & / FIN 3,20 & / GB 3,00 GBP / GR 3,40 & / H 820 FT / I 3,20 & / IRL 3,20 & / KRO 28 KN / L 3,20 & / MLT 3,20 & / N 38 NOK / NL 3,20 & / P 3,20 & (Cont.) / PL 15 PLN / S 42 SEK / SK 3,20 € / SLO 2,80 & + © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung DIE WELT BERLIN-2015-03-02-swonl-86 4d0c174da009801afef19bd5e7a1c588 ZKZ 7109 NOCH 4 TAGE! DIESEN FREITAG I N D E R W E LT DIE GUTEN SEITEN DER WIRTSCHAFT. B I L A N Z - M A G A Z I N . D E THEMEN Durchsuchungen mit großem Polizeiaufgebot REUTERS/SERGEI KARPUKHIN; MARC PIASECKI/FILMMAGIC/GETTY IMAGES ine Studie des Bundesumweltamts ergab, dass Elektrogeräte immer schneller kaputtgehen. Die durchschnittliche Lebensdauer von durchschnittlichem Technikquatsch beträgt fünf Jahre, dann muss das Gerät durch etwas Flacheres ersetzt werden. Die Technikquatsch erzeugende Industrie ist selber verzweifelt und versteht auch nicht, warum die schönen Apparate immer so schnell kaputtgehen. Die Branche steht unter einem ungeheuren Druck. Ständig müssen neue Geräte entwickelt und auf den Markt geworfen werden, weil die alten jederzeit ihren Geist aufgeben können. Da ist es natürlich möglich, dass vollkommen überforderte Arbeiter in einem schlecht beleuchteten Billiglohnland versehentlich Schwachstellen in die Geräte einbauen, obwohl sie gar keine Anweisungen dafür haben. Niemand weiß, wie man diese Entwicklung stoppen kann. Experten raten, neu gekauften Technikquatsch möglichst schnell nach Hause zu transportieren, weil das Gerät bereits unterwegs kaputtgehen kann. Auch die Technikquatschhersteller wollen reagieren und die Garantiezeit auf 90 Minuten senken. B ** D 2,30 E URO M O N TAG , 2. M Ä RZ 2 015
© Copyright 2024 ExpyDoc