Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ... MA-Verlag Elektronische Zeitung Schattenblick Freitag, 26. August 2016 POLITIK / KOMMENTAR Frieden in Kolumbien? Konzeption.Zivile.Verteidigung - Pläne zur Mobilmachung? Regierung und FARC schließen historisches Abkommen Katastrophenvorbereitung in Zei (SB) 25. August 2016 ten der Katastrophenpolitik (SB) 25. August 2016 Die Bun- desregierung spielt mit dem Gedanken, wieder die Wehrpflicht einzuführen, und sie rät der Bevölkerung, sich für den Notfall zu bevorraten, berichteten verschiedene Medien diese Woche. Alles nur "abstruser Stuss", wie der Sozialdemokrat Johannes Kahrs zu der Debatte meint? ... (S. 3) BÜRGER / MEINUNGEN Internationale Presseagentur Pressenza Büro Berlin Gedanken zum Erdbeben in Italien und zur neuen Welt von Evelyn Rottengatter, 24.8.2016 Das Erdbeben gestern Nacht in Amatrice, Mittelitalien, hat schlimme Erinnerungen wachgerüttelt. Die Narben von l'Aquila, wo es 2009 zu einem ähnlich verheerenden Erdbeben kam ... (S. 5) SPORT / BOXEN Duell der verschmähten Kandidaten - Gabriel Rosado trifft in Arlington auf Willie Monroe (SB) Am 17. September fordert Saul "Canelo" Alvarez im AT&T Stadium in Arlingto Liam Smith, heraus ... (Seite 6) Die kolumbianische Regierung und die Rebellengruppe FARC haben ein historisches Friedensabkommen geschlossen, mit dem ein 52 Jahre währender Konflikt beigelegt werden soll. In den Auseinandersetzungen zwischen staatlichen Sicherheitskräften, rechten Paramilitärs und linken Rebellen waren seit den 1960er Jahren über 220.000 Menschen getötet worden. Nach fast vier Jahren zäher Verhandlungen in Havanna konnten sich die Parteien am 24. August 2016 in Kuba auf einen "endgültigen, integralen und definitiven" Friedensvertrag einigen. Dieser soll am 2. Oktober in einem Referendum zur Abstimmung kommen. Die getroffene Vereinbarung soll "ein definitives Ende des über 50 Jahre dauernden bewaffneten Konflikts bringen", heißt es in dem von den Verhandlungspartnern unterzeichneten Text. [1] ten Nationen ihre Waffen niederlegen. Die Guerilla will künftig als politische Partei für ihre Ziele eintreten, ab 2018 soll sie für zwei Wahlperioden zehn garantierte Sitze im Kongreß erhalten. Außerdem vereinbarten beide Seiten ein eigenes Justizwesen zur Aufarbeitung der Verbrechen des Konflikts. Für politische Straftaten wird eine weitreichende Amnestie gewährt. Wer seine Beteiligung an schweren Verbrechen einräumt, muß mit einer Freiheitsstrafe von höchstens acht Jahren rechnen. [2] Ob die Bevölkerung dem Abkommen zustimmen wird, ist völlig offen. Die Mehrheiten sind knapp und wechseln von Umfrage zu Umfrage. Der unpopuläre Präsident Juan Manuel Santos wirbt für das Referendum, da der Frieden mehr Bildung, Tourismus, Arbeitsplätze und Wohlstand bringen werde. Sein Amtsvorgänger Álvaro Uribe (20022010) gehört hingegen zu den schärfsten Kritikern des Friedensprozesses, die sich insbesondere vehement dagegen aussprechen, daß die Guerillakämpfer mit relativ milden Strafen davonkommen dürften. [3] In den Verhandlungen einigten sich die Unterhändler der Regierung und der FARC auf eine Landreform, die künftige politische Teilhabe der Rebellen, neue Ansätze im Kampf gegen den Drogenhandel und eine Entschädigung der Opfer. Innerhalb von sechs Monaten sollen die Rebel- Während die Führung der FARC len nun unter Aufsicht der Verein- zugesagt hat, die Waffen nieder- Elektronische Zeitung Schattenblick zulegen, war die kleinere Guerilla der ELN nicht an den Verhandlungen auf Kuba beteiligt. Zudem hatten am 6. Juli Angehörige der "Frente Primero 'Armando Ríos'" (Erste Front 'Armando Ríos') der Bewaffneten revolutionären Streitkräfte Kolumbiens - Volksarmee (FARC-EP) ihren Ausstieg aus den Friedensverhandlungen mit der Regierung bekanntgegeben. Wie die Gruppe in einem Kommuniqué mitteilte, beteilige sie sich nicht an der Demobilisierung und werde "den Kampf für die Übernahme der Macht für das Volk und durch das Volk weiterführen". Zur Begründung hieß es, der Regierung und ihren Verbündeten gehe es ausschließlich um die Entwaffnung der Guerilla und die Weiterführung ihres bisherigen Wirtschaftsmodells. Die vereinbarten Zonen, in denen sich die Guerilleros sammeln und die Waffen abgeben sollen, seien nur mehr "Gefängnisse unter offenem Himmel". [4] Davon abgesehen werden diverse Paramilitärs, kriminelle Gruppen und Drogenbanden ihre Interessen weiterhin mit Waffengewalt durchsetzen. Friedensverhandlungen fanden in Kolumbien schon unter der Regierung des Konservativen Belisario Betancur (1982-1986) wie auch der folgenden Präsidenten César Gaviria (1990-1994) und Andrés Pastrana (1998-2002) statt. In keinem Fall war die politische Führung des Landes bereit, auf die sozialen Forderungen der Rebellen einzugehen. In einem Konflikt, der tiefgreifende historische und gesellschaftpolitische Ursachen hatte, ausschließlich über dessen Demilitarisierung zu verhandeln, ohne im mindesten an den Herrschaftsstrukturen zu rühren, kam für die Guerilla einer Seite 2 Preisgabe all dessen gleich, wofür von einem schweren Schlag gezu kämpfen sie einst angetreten gen den Friedensprozeß, für den war. sich Cano zuletzt in mehreren Erklärungen ausgesprochen hatte. Während der Sozialdemokrat An- Die frühere Senatorin Piedad drés Pastrana der FARC zeitwei- Córdoba wies darauf hin, daß nun se eine demilitarisierte Schutzzo- eine weitere Freilassung von Gene von der Größe der Schweiz ge- fangenen der Guerilla bis auf weiwährt hatte, in der Gespräche ge- teres unmöglich gemacht worden führt wurden, erklärte sein Nach- sei. Präsident Santos räume der folger Uribe kategorisch, er wer- militärischen Konfrontation ofde den Rebellen keinen einzigen fensichtlich Vorrang gegenüber Quadratmeter kolumbianischen Dialog und Verhandlungen ein. Bodens freiwillig überlassen und Die Regierung wolle durch den sie militärisch besiegen. Er lehn- Krieg ihre Privilegien und Gete es insbesondere ab, die Gueril- winne bewahren, während sie la als Kriegspartei anzuerkennen, keine glaubwürdige Friedenspoliund bezeichnet sie als "Terrori- tik erkennen lasse. sten", mit denen man nicht verhandle. Die große Offensive der Im Sommer 2011 hatte die FARC mit US-amerikanischer Hilfe ein Dialogangebot unterbreitet, in massiv aufgerüsteten Streitkräfte dem sie ihre Bereitschaft zu einer blieb jedoch nach anfänglichen politischen Lösung des sozialen militärischen Erfolgen stecken, und bewaffneten Konflikts durch und so galt dieser Vorstoß bereits einen "zivilisierten Ausweg, der Ende der ersten Amtszeit Uribes zu Frieden für das Land führt" er2006 als gescheitert. klärte. Während die kolumbianische Oligarchie den Konflikt seit Präsident Juan Manuel Santos Jahrzehnten immer weiter vertiekündigte bei seinem Amtsantritt fe, strebe die Guerilla einen Frie2010 eine harte Linie gegen die den mit sozialer Gerechtigkeit an. Rebellen an und verkündete in In diesem Zusammenhang nannseiner ersten Weihnachtsbot- te die FARC unter anderem würschaft: "Die Schlange sitzt in der digen Wohnraum, kostenlose BilFalle, 2011 werden wir sie besie- dung auf allen Ebenen sowie ein gen." Im November 2011 feierte vorsorgendes Gesundheitssystem er die Tötung des damaligen An- für die gesamte Bevölkerung. führers der FARC, Alfonso Cano, Diesen Vorschlag wies die Regiein einer Fernsehansprache als den rung umgehend mit der Begrünbislang schwersten Schlag gegen dung zurück, man werde den Redie FARC in der Geschichte des bellen keine nutzlose Bühne erLandes: "Ich möchte eine klare richten. Im August 2011 bekräfBotschaft an jedes einzelne Mit- tigte der Zentralstab der FARC glied dieser Organisation senden: noch einmal seine Bereitschaft, so Legt die Waffen nieder, sonst en- schnell wie möglich die Vorausdet ihr im Gefängnis oder im setzungen für einen Dialog zu Grab!" schaffen. Ein Friedensprozeß müsse jedoch mit konkreten soziWährend Regierung und rechts- alpolitischen Reformen einhergegerichtete Kreise triumphierten, hen. Schließlich habe sich an den sprach die kolumbianische Linke Problemen, die Mitte der 1960er www.schattenblick.de Fr, 26. August 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Jahre zur Gründung der FARC geändert hat. Eine Elite aus Bogeführt hatten, nichts geändert. gotá und Medellín, die in wohlhabenden Verhältnissen lebt, beHeute ist in manchen ländlichen herrscht das Land. In den ArmenRegionen die Hälfte der Bevölke- vierteln und außerhalb der Städte rung offiziell als Kriegsopfer re- fehlt es hingegen oftmals an den gistriert. So sehr die Menschen grundlegenden Voraussetzungen den Frieden ersehnen, machen sie wie Trinkwasser, Gesundheitssich doch keine Illusionen. Daß versorgung und Bildung, von der ein unterschriebenes Stück Papier stets präsenten Gewalt bewaffneallein nicht für bessere Lebens- ter staatlicher und nichtstaatlicher verhältnisse sorgt, dürfte allen Akteure ganz zu schweigen. Wie klar sein. Stimmt eine Mehrheit Frieden und ein Leben in Würde beim Referendum für das Ab- für die Mehrheit der Menschen in kommen, muß dieses erst noch Kolumbien durchgesetzt werden mit Leben gefüllt werden. Der können, ist eine Frage, die durch Bürgerkrieg entsprang einst der das Abkommen von Havanna erextremen sozialen Ungleichheit neut auf die Tagesordnung geder kolumbianischen Gesell- setzt, aber keiensfalls beantwortet schaft, an der sich bis heute nichts worden ist. Anmerkungen: [1] http://www.swissinfo.ch/ger/jean-pierre-gontard-erinnert-sich_wie-die-schweiz-in-kolumbien-den-frieden-foerderte/42397868 [2] http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article157851053/Friedensabkommen-fuer-Kolumbien.html [3] http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-08/kolumbien-friedenvertrag-regierung-farc-rebellen [4] https://amerika21.de/dokument/156206/farc-frente-primero http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/redakt/ ltnm2474.html POLITIK / KOMMENTAR / LAIRE Konzeption.Zivile.Verteidigung - Pläne zur Mobilmachung? Katastrophenvorbereitung in Zeiten der Katastrophenpolitik (SB) 25. August 2016 Die Bun- kräftig mitgestrickt. Aus dem Bürger in Uniform, der Deutschland verteidigt, wurde ein Berufssoldat, der auf der ganzen Welt eingesetzt wird. Und doch hatte sich schon der Bürger in Uniform an der Bombardierung der Menschen in Belgrad beteiligt, und er "verteidigt" seit vielen Jahren die Vormachtstellung Deutschlands und seiner NATOPartner am Hindukusch mit Waffengewalt. Was waren das für friedliche Zeiten, als ein deutscher Bundespräsident noch seinen Hut nehmen mußte, weil er ausgesprochen hat, was längst Daß es überhaupt zu einer neuen zur Maxime der Bundeswehr Bedrohungslage gekommen ist, herangereift war: Das Militär daran hat die Bundesregierung wird auch dafür eingesetzt, um desregierung spielt mit dem Gedanken, wieder die Wehrpflicht einzuführen, und sie rät der Bevölkerung, sich für den Notfall zu bevorraten, berichteten verschiedene Medien diese Woche. Alles nur "abstruser Stuss", wie der Sozialdemokrat Johannes Kahrs zu der Debatte meint? Geht es bei der am Mittwoch beschlossenen "Konzeption zivile Verteidigung" wirklich nur um die Anpassung einer 20 Jahre alten Gesetzgebung an eine veränderte Bedrohungslage? Fr, 26. August 2016 www.schattenblick.de in der ganzen Welt Ressourcensicherungskriege zu führen, Absatzmärkte zu sichern und Transportwege freizuhalten. Bundeswehrsoldaten sind bis an die Grenzen Rußlands herangerückt; die NATO setzt ihre Einkreisungsstrategie des russischen Bären unverdrossen fort, indem sie an dessen Grenzen Raketenabwehrsysteme stationiert, die in der Konsequenz das Zweitschlagpotential des "Erzfeindes" eliminieren helfen. Damit unterminieren sie das sowieso seit jeher wackelige Gleichgewicht des Schreckens. Das hat jahrzehntelang einen direkten Krieg zwischen dem NATO- und Seite 3 Elektronische Zeitung Schattenblick dem Warschauer Pakt verhindert, weil jeder, der einen nuklearen Erstschlag ausführt, damit die Reaktion des anderen auslöst und somit vernichtet wird. Bemühungen in den Gremien der Vereinten Nationen zur Abschaffung der Atomwaffen werden von Deutschland nicht unterstützt. Ein Atomkrieg des Westens gegen Rußland und/oder China gilt bei vielen Analysten inzwischen als kaum noch zu vermeiden. Deswegen könnte man es als sehr vorausschauend von der Bundesregierung bezeichnen, daß sie auf diese neuen Gegebenheiten reagiert und der Bevölkerung empfiehlt, sich mit ausreichend Wasser, Würstchen oder was auch immer einzudecken. Solche Meldungen sorgen vielleicht für eine gewisse Unruhe in der gegenwärtigen post-olympischen Katerstimmung, aber diese Unruhe ist nichts verglichen damit, würde die Bundesregierung der Bevölkerung reinen Wein einschenken und ihr begreiflich machen, daß sie sich im Falle eines Atomkriegs nun wirklich nicht um Vorräte sorgen muß, weil Deutschland zum atomaren Schlachtfeld wird, sobald Rußland und die USA in den Infight gehen. "Fuck the EU!" (zu deutsch: Scheiß' auf die EU!) sagte die US-Außenpolitikerin Victoria Nuland vor wenigen Jahren, als es ihr darum ging, beim Anfachen der Eskalation des UkraineKonflikts europäische Sicherheitsinteressen den Bach runtergehen zu lassen. Selbstverständlich hatte sie es gar nicht so gemeint, wie sie es gesagt hatte, Seite 4 sondern sie meinte ... ja, was ei- völkerung zu erlangen. Tritt ein gentlich? Katastrophenfall ein, sollen die Soldaten bei der Versorgung mit Aber bitte, warum sich über die Wasser, Nahrungsmitteln und rüde Sprache von Cowgirls aus Informationen sowie beim dem Wilden Westen mokieren, Transport Vorrang genießen. wenn wir eine Verteidigungsmi- Daher ist es aus Sicht der Bunnisterin haben, die unisono mit desregierung wichtig, die Beder Kanzlerin und dem Bundes- völkerung an den Gedanken zu präsidenten darüber schwadro- gewöhnen, daß Soldaten bevorniert, daß Deutschland mehr zugt versorgt werden, und bei ihr Verantwortung in der Welt über- die Einsicht zu fördern, im nehmen muß, weil das von sei- Ernstfall dieser Anordnung Folnen Partnern so gewünscht wer- ge zu leisten. de. Von der Wortwahl gesitteter, in der Entschlossenheit, Kon- Es trifft zwar zu, daß die Behörflikte eskalieren zu lassen, um den auch früher schon empfoheigene Interessen durchzusetzen, len haben, sich Notvorräte anzukeinen Deut anders als Nulands legen, falls beispielsweise bei Imperativ. einer Schneekatastrophe der Strom für längere Zeit ausfällt, Eine neue Debatte über den Ein- wie beschwichtigende Stimmen satz der Bundeswehr im Inneren verlauten lassen. Doch fallen die und die Wiedereinführung der aktuellen Empfehlungen und Wehrpflicht sei nicht erforder- "Gedankenspiele" über die lich, teilte die SPD-Bundestags- mögliche Wiedereinführung der fraktion mit Blick auf die An- Wehrpflicht und die Abwehr nahme der neuen "Konzeption umfassender Angriffe in eine Zivile Verteidigung" am Mitt- Zeit allgemeiner Unruhe, düwoch mit. Bei diesem Einwand sterster Ahnungen und nicht zuhandelt es sich wohl eher um letzt der Gewißheit, daß eine Wunschdenken denn um ein Ar- dermaßen breit und nachhaltig gument. Zumal noch gar keine angelegte Feindbildproduktion, Debatte, die ihren Namen ver- wie sie gegenwärtig in Deutschdiente, über den Einsatz der land und bei seinen BündnisBundeswehr im Innern geführt partnern gegen Rußland voranwurde, und schon bemühen sich getrieben wird, nur allzu leicht in die Sozialdemokraten, einer ihre Erfüllung umschlagen "neuen" Debatte eine Absage zu könnte. Daraufwird die deutsche erteilen. Bevölkerung mit der neuen Konzeption zivile Verteidigung Nach den Vorstellungen der eingestimmt. Konzeption zivile Verteidigung werden Bundeswehr und die übrige Gesellschaft näher zusam- http://www.schattenblick.de/ mengeführt. Damit kommt die infopool/politik/meinung/ Politik einem vielfach geäußerpola1305.html ten Wunsch der Bundeswehrführung nach, sich deutlicher in der Öffentlichkeit zu zeigen und eine höhere Akzeptanz in der Bewww.schattenblick.de Fr, 26. August 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick BÜRGER UND GESELLSCHAFT / MEINUNGEN / STANDPUNKT Internationale Presseagentur Pressenza Büro Berlin Gedanken zum Erdbeben in Italien und zur neuen Welt von Evelyn Rottengatter, 24. August 2016 Das Erdbeben gestern Nacht in Amatrice, Mittelitalien, hat schlimme Erinnerungen wachgerüttelt. Die Narben von l'Aquila, wo es 2009 zu einem ähnlich verheerenden Erdbeben kam und bei dem 308 Menschen ums Leben kamen sowie 67.000 obdachlos wurden, sind noch nicht verheilt. Die vom Staat damals im Stich gelassene Bevölkerung lebt dort teilweise immer noch in Ruinen, das Zentrum gleicht einer Geisterstadt. Letzte Nacht in Amatrice kamen laut Medienberichten mindestens 120 Menschen ums Leben, bis jetzt ist von mehreren tausend obdachlos Gewordenen die Rede. Manche sagen, das ist halt so, ein Erdbeben, höhere Gewalt, da kann man nichts machen. Andere sagen, es ist Mutter Erde, die sich wehrt. In jedem Fall aber wird es ein Gradmesser sein, wie sich die aktuelle Regierung verhalten wird. Ob es wieder nur leere Versprechungen gibt, Gelder die in oberen Schichten versickern und nie bei den Leuten ankommen, die Schwächsten der Gesellschaft, die am härtesten betroffen sind, alleine gelassen werden. Der neoliberale Kurs von Renzi und seiner Regierung gibt da nicht viel Anlass zur Hoffnung. Aber leider ist das inzwischen mit fast allen RegieFr, 26. August 2016 rungen so und unsere bildet da auch keine Ausnahme. Doch wir müssen es als Chance sehen, dass wir gerade eines unmenschlichen Systems zum Trotz, das sich schon lange nicht mehr um Menschenleben schert, Häuser wieder aufbauen können, Wunden heilen können, Hoffnung geben können. Wenn wir zusammenhalten, gerade in Zeiten von Not und Leid, werden ungeheure Energien frei. Ein weiser Meister sagte einmal: "Der Mensch muss komprimiert werden, um Großes zu leisten". Dieser Zeitpunkt ist mit Sicherheit gekommen. Die Menschheit steht unter Druck. Übernahme der Politik durch multinationale Unternehmen, nicht mehr zu leugnender Klimawandel, Abschaffung der Demokratie, Flüchtlingskrise, Kriege und Not ... Und in Italien nun die Angst, dass die Menschen wieder mit dieser Katastrophe allein gelassen werden. Es ist auch ein psychologisches Problem: wie kann man Hoffnung haben, wenn die alles bestimmende Politik immer wieder beweist, dass sie nicht vertrauenswürdig ist? Und doch: gerade das Versagen der Politik, der Medien, die nur noch berichten was opportun ist, des Systems, das Leben in jeglicher Form missachtet, all das führt dazu, dass sich in uns eine www.schattenblick.de gesunde Wut aufbaut. Ein Überlebenswille, eine Bündelung nicht mehr da geglaubter Energien, die nun frei werden. Amatrice ist nur ein Beispiel. Es geschehen schreckliche Dinge jeden Tag überall auf der Welt. Und sie sind alle auch Chancen, die wir nutzen können, um uns jenseits dieses Systems neu zu organisieren, zusammenzuhalten, sich gegenseitig zu helfen, gemeinsam Neues zu erdenken und in die Tat umzusetzen. Alternative Lösungen, neue Strukturen, nachhaltige Lösungen, umweltfreundliche Methoden, Vernetzungen ... das sind die Bausteine für die neue Welt. Und der Mörtel wird aus Solidarität, Empathie und menschlicher Wärme gemacht. Neues kann nur entstehen, wenn Altes sterben darf. Das ist der heilige Zyklus des Lebens. Die Aufgabe lautet nun, sich nicht mehr um Hilfe nach oben umzusehen, sondern uns selber zu organisieren. Unsere kreativen Kräfte zu mobilisieren und zu nutzen. Und weil sie aus unserem Innersten kommen, kann sie uns niemand wegnehmen. Sie hängen nicht von politischen Entscheidungen, Kommissionen oder Board Meetings ab. Sie sind unsere ureigensten Kräfte. Sie kommen aus unseren Herzen, wenn wir sie zulassen. Wir Seite 5 Elektronische Zeitung Schattenblick können die Erschaffer und Erbauer unserer Welt sein. Einer neuen Welt jenseits von Geld, Gier und Macht, jenseits von nationalen oder kulturellen Grenzen. Wer schon drin lebt, weiß, wovon ich spreche... Sie existiert bereits in vielen von uns und wer auch nur einmal für einen kurzen Moment diese Welt mit seinem Herzen gesehen hat, wird sich in sie verlieben, sich ihr verschreiben und mithelfen, sie aufzubauen. Und wir werden immer mehr. Überall auf der Welt. Tag für Tag. "We have two choices. We can be pessimistic, give up and help ensure that the worst will happen. Or we can be optimistic, grasp the opportunities that surely exist and maybe help make the world a better place". (Noam Chomsky) Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0 http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ * Quelle: Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin Johanna Heuveling E-Mail: [email protected] Internet: www.pressenza.com/de Internationale Presseagentur Pressenza Büro Berlin Kooperationspartner von Schattenblick Seite 6 SPORT / BOXEN / MELDUNG Duell der verschmähten Kandidaten Gabriel Rosado trifft in Arlington auf Willie Monroe Am 17. September fordert Saul "Canelo" Alvarez im AT&T Stadium in Arlington, Texas, den WBO-Weltmeister im Halbmittelgewicht, Liam Smith, heraus. Um das Vorprogramm der von HBO im PayTV übertragenen Veranstaltung anzureichern, plante sein Promoter Oscar de la Hoya einen Schwergewichtskampf zwischen dem Interimsweltmeister Luis Ortiz und Alexander Ustinow. Der Kubaner zog jedoch seine Zusage zurück, als ihm eine höhere Börse verweigert wurde, und hat sich inzwischen von den Golden Boy Promotions getrennt. Daraufhin bot De la Hoya dem Briten Billy Joe Saunders an, seinen WBO-Titel im Mittelgewicht in Arlington zu verteidigen und voraussichtlich im Dezember einen Kampf gegen "Canelo" zu bekommen. Saunders lehnte jedoch einen Gegner nach dem anderen ab, der ihm angeboten wurde, darunter auch Gabriel Rosado und Willie Monroe, die beide vorzeitig gegen Gennadi Golowkin verloren haben. (SB) 25. August 2016 Diese unerfreuliche Entwicklung veranlaßte die Golden Boy Promotions dazu, aus der Not eine Tugend zu machen und die beiden von dem Briten verschmähten Kandidaten gegeneinander antreten zu lassen. Der 30jährige Gabriel Rosado aus Philadelphia trifft nun im zweiten Hauptkampf der Veranstaltung auf den ein Jahr jüngeren Willie Monroe aus Rochester, New York. Während Rowww.schattenblick.de sado 23 Auftritte gewonnen und neun verloren hat, kann Monroe mit 20 Siegen und zwei Niederlagen aufwarten. [1] Rosado hat 2013 zweimal um einen Titel im Mittelgewicht gekämpft, jedoch in beiden Fällen vorzeitig verloren. Gegen Gennadi Golowkin mußte er in der siebten Runde die Segel streichen, Peter Quillin gab ihm im zehnten Durchgang das Nachsehen. Da er sich auch David Lemieux und Jermell Charlo geschlagen geben mußte, standen in dieser schwierigen Phase seiner Karriere vier Niederlagen sowie ein Auftritt ohne Wertung zu Buche. Seitdem Rosado jedoch von Fernando Vargas trainiert wird, hat er zwei Kämpfe nacheinander gewonnen, darunter im Dezember 2015 auf überzeugende Weise gegen den früheren Champion Joshua Clottey. Er wird derzeit in der WBO-Rangliste an Nummer elf und beim Verband WBC an zwölfter Stelle geführt. Monroe machte sich einen Namen, als er 2014 ein Turnier des Senders ESPN gewann. Dieser Erfolg bescherte ihm einen Titelkampf gegen Gennadi Golowkin, der ihn 2015 in der sechsten Runde geschlagen auf die Bretter schickte. Seither ist er in den Ranglisten der vier maßgeblichen Verbände nicht mehr unter den Top 15 vertreten und hat nur einen weiteren Kampf bestritten, bei dem er sich im Juni nach Punkten gegen John Thompson durchsetzte. [2] Fr, 26. August 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Man braucht kein Hellseher zu sein, um die nächsten Schritte "Canelos" und seines Promoters Oscar de la Hoya vorherzusagen. Der populärste mexikanische Boxer dieser Tage soll auf dem Weg des geringsten Widerstands zum Superstar aufgebaut werden. Daher meidet er gefährliche Rivalen wie Gennadi Golowkin im Mittelgewicht oder Jermall und Jermell Charlo, Erislandy Lara, Julian Williams und Demetrius Andrade im Halbmittelgewicht. Liam Smith ist zwar Weltmeister und ungeschlagen, gilt aber als vergleichsweise schwacher Champion, was ihn zur idealen Beute für Alvarez macht, der relativ leichtes Spiel haben dürfte. Liam Smith hervorragende Resultate im Pay-TV erzielen wird, dürfte dies doch eher eine Mischung aus Wunschdenken und gezielter Bewerbung der Veranstaltung sein. Zwar ist der junge Mexikaner in der Tat das aktuelle Zugpferd der Branche, was seine große Fangemeinde betrifft, doch tritt er gegen einen Champion an, der selbst in England nicht zu den prominentesten Akteuren zählt und den in den USA außer Experten niemand kennt. Während dieses Duell im kostenlosen Fernsehen sicher eine ansehnliche Quote einfahren würde, ist doch fraglich, ob die teure Übertragung sehr vielen Fans das Geld wert ist. Danach könnte "Canelo" im Dezember gegen Billy Joe Saunders antreten und ihm den WBO-Gürtel im Mittelgewicht abnehmen. Auch das wäre vermutlich nicht allzu schwierig, da der Brite lediglich mit einer geringen Schlagwirkung aufwarten kann und zumeist nach sechs Runden konditionell einbricht. Hinzu kommt natürlich, daß Gabriel Rosado und Willie Monroe im zweiten Hauptkampf des Abends keine Beigabe sind, die das Paket maßgeblich aufwerten würde. Sie gehören nicht zu den führenden Akteuren im Mittelgewicht und würden unter anderen Umständen niemals im Bezahlfernsehen vermarktet werden. Die Quote bei der Übertragung aus Arlington dürfte daher zugleich ein Gradmesser für Saul Alvarez und die Golden Boy Promotions sein, ob sie für den Kampf im Dezember tatsächlich Billy Joe Saunders und im Frühjahr 2017 Rosado oder Monroe ins Visier nehmen. Da der Ruf immer lauter erschallt, "Canelo" solle sich endlich Gennadi Golowkin stellen oder wenigstens gegen andere gefährliche Kontrahenten dieser Gewichtsregion antreten, steht bei diesen strategischen Überlegungen mehr auf dem Spiel als nur eine möglicherweise ernüchternde Quote bei der Fernsehübertragung. Anfang Mai 2017 wäre schließlich Gabriel Rosado an der Reihe, sofern er gegen Willie Monroe die Oberhand behält. Rosado war bereits für "Canelos" nächsten Kampf im Gespräch, mußte aber Liam Smith den Vortritt lassen. Ein Sieg im Vorprogramm könnte ihn zu einem Kandidaten aufwerten, der sich einigermaßen verkaufen ließe. Was das Publikum von dieser Vorgehensweise hält, wird sich zeigen. Wenngleich Oscar de la Hoya seiner Überzeugung Ausdruck verliehen hat, daß der Kampf zwischen "Canelo" und Fr, 26. August 2016 www.schattenblick.de Anmerkungen: [1] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/17339725/gabrielrosado-willie-monroe-jr-fight-canelo-alvarez-pay-per-view-card-cofeature [2] http://www.boxingnews24.com/2016/08/rosado-monroe/#more-215095 http://www.schattenblick.de/ infopool/sport/boxen/ sbxm2036.html SCHACH - SPHINX Den Göttern des Untergangs geweiht So wie Karthago im Frühling des Jahres 146 vor Christus in einem himmelbedeckenden Feuer unterging und ihr Belagerer, der römische Heerführer Scipio Aemilianus, weinend die Hand seines Freundes Polybios hielt und alle Vergänglichkeit des Irdischen in einem langen Monolog verdammte, so stand einst RudolfSpielmann vor den Ruinen des Königsgambits und betrauerte den Fall dieses reichsten aller Gambitspiele. Doch die Theoretiker des frühen 20. Jahrhunderts hatte ganze Arbeit geleistet. Der Boden des Königsgambits wurde umgepflügt, mit verderblichem Salz bestreut und dann den Göttern des Untergangs geweiht. Über 30 Jahre lang sollte auf keinem ernsthaften Turnier, von seltenen Augenblicken abgesehen, das Königsgambit mehr zur Anwendung kommen. Die Mode jener Jahre trug spanische Farben oder bevorzugte das weniger risikobeladene Damengambit. Der Opfermut des 19. Jahrhunderts war einer winkel- und positionskrämerischen Ära gewichen. Mit äußer(SB) Seite 7 Elektronische Zeitung Schattenblick stem Bedacht und satter Behaglichkeit gingen die Meister zu Werke, spielten eine Art Rentnerschach, das kaum noch etwas von der Frische und Jungfräulichkeit der alten Zeit hatte. Im diplomatisch abwägenden Stile Capablancas erstarrte der freigeistige Eifer der Kombination. Erst in den 30er Jahren schüttelten beherzte Meister die Vormundschaft des Kubaners ab und kehrten zu den Wurzeln zurück, die mit AdolfAnderssen und Paul Morphy einst die schönsten taktischen Blüten getrieben hatten. Einer der letzten großmeisterlichen Königsritter war David Bronstein. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte er für den geopferten Bauer eine starke Angriffsstellung erhalten und statt sich nun mit dem bescheidenen 1.Sg5xf7 Th8-f8 anzufreunden, setzte er auf ungebrochenen Angriff. Also, Wanderer, dem alten Königsgambit zuliebe! Bronstein Waisman Sandomir 1976 Auflösung des letzten SphinxRätsels: Chirurgenhände und -blick sind Karpow zu eigen, so findet er die kleinste Siegesnuancen: 1...Lb7xf3! 2.Td3xf3 Sd7-e5 3.Tf3-e3 Ke7-f6 4.La2-b3 a6-a5 5.Lb3-a4 Se5xc4 6.Te3-e8 Tc1xc3 7.Te8-c8 Sc4-e3 8.La4b5 c5-c4 9.Kh2-g1 Tc3-c2 10.Lb5-c6 c4-c3 11.Lc6-f3 g6-g5 12.g3-g4 f5- f4 und der schwarze Freibauer ist nicht mehr sinnvoll aufzuhalten. Seite 8 __I n h a l t__________Ausgabe 1928 / Freitag, den 26. August 2016__ 1 POLITIK - REDAKTION: Frieden in Kolumbien? 3 POLITIK - MEINUNGEN: Konzeption.Zivile.Verteidigung Pläne zur Mobilmachung? 5 BÜRGER - MEINUNGEN: Gedanken zum Erdbeben in Italien und zur neuen Welt (Pressenza) 6 SPORT - BOXEN: Duell der verschmähten Kandidaten 7 SCHACH-SPHINX: Den Göttern des Untergangs geweiht 8 DIENSTE - WETTER: Und morgen, den 26. August 2016 DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN Und morgen, den 26. August 2016 +++ Vorhersage für den 26.08.2016 bis zum 27.08.2016 +++ Himmel blau und unbewegt, Hitze mancherorts so stark, daß der Asphalt Blasen schlägt und Jean leidet bis ins Mark. © 2016 by Schattenblick IMPRESSUM Elektronische Zeitung Schattenblick Diensteanbieter: MA-Verlag Helmut Barthel, e.K. Verantwortlicher Ansprechpartner: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Elektronische Postadresse: [email protected] Telefonnummer: 04837/90 26 98 Registergericht: Amtsgericht Pinneberg / HRA 1221 ME Journalistisch-redaktionelle Verantwortung (V.i.S.d.P.): Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth ISSN 2190-6963 Urheberschutz und Nutzung: Der Urheber räumt Ihnen ganz konkret das Nutzungsrecht ein, sich eine private Kopie für persönliche Zwecke anzufertigen. Nicht berechtigt sind Sie dagegen, die Materialien zu verändern und / oder weiter zu geben oder gar selbst zu veröffentlichen. Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Wenn nicht ausdrücklich anders vermerkt, liegen die Urheberrechte für Bild und Text bei: Helmut Barthel Haftung: Die Inhalte dieses Newsletters wurden sorgfältig geprüft und nach bestem Wissen erstellt. Bei der Wiedergabe und Verarbeitung der publizierten Informationen können jedoch Fehler nie mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden. www.schattenblick.de Fr, 26. August 2016
© Copyright 2024 ExpyDoc