Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ... MA-Verlag POLITIK / KOMMENTAR Auf nach Incirlik ... und darüber hinaus (SB) Mit der Bagdad-Bahn hat das vor hundert Jahren nicht so recht geklappt, um so wichtiger nun, den Stiefel in der Tür zu den Blutflüssen zu halten, die den Nahen und Mittleren Osten durchströmen. Einmal dort angekommen mit einem kleinen Expeditionskorps soll die Bundeswehr bleiben, wo sie ihre Container aufgestellt hat und ihre Jets starten läßt. Schon Ex-Kanzler Schröder wußte die tiefen Abdrücke, die die Wehrmachtstiefel in ganz Europa hinterließen, in Wegmarkierungen für weitere Marschbefehle ... (Seite 3) Elektronische Zeitung Schattenblick Freitag, 11. November 2016 Ägypten in der Krise - Bald Hungerrevolte am Nil? Lebensmittelknappheit und Wirtschaftsreformen lösen Widerstand aus In Ägypten verschärft sich die gesellschaftliche Krise zusehends. Fünfeinhalb Jahre nach dem durch Massenproteste erzwungenen Rücktritt Hosni Mubaraks und etwas mehr als drei Jahre nach dem Militärputsch gegen den ersten demokratisch gewählten Präsidenten, Mohammed Mursi von der Moslembruderschaft, befindet sich die Wirtschaft des mit 87 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Lands der arabischen Welt weiterhin auf Talfahrt. Die Regierung um Diktator General Abdel Fattah Al Sisi hat sich bislang trotz des _____INHALT____ Baus einer zweiten Fahrrinne für 1 POLITIK - REDAKTION: den Suezkanal als unfähig erwieÄgypten in der Krise - Bald sen, den ökonomischen AufHungerrevolte am Nil? schwung und die Stabilität, wel3 POLITIK - KOMMENTAR: Auf nach Incirlik ... und darüber hinaus che sie beim blutigen Sturz Mur4 POLITIK - KOMMENTAR: sis versprochen hatte, herbeizuTrump sei Dank - Schmierseife führen. Das Gegenteil ist der Fall. deutscher Aufrüstung Mit seinem jüngsten Fehltritt hat 6 POLITIK - AUSLAND: Nach Trump-Sieg - Mexiko propagiert Kairo die Saudis mächtig verärGelassenheit (poonal) gert und dies ungeachtet der Tat7 POLITIK - SOZIALES: sache, daß seit drei Jahren Riads Nicaragua - Behörden versuchen, Zahl Finanzhilfe Ägypten praktisch der Frauenmorde herunterzuspielen über Wasser hält. Seit einiger Zeit (poonal) mischen sich Ägypter unter die 8 SPORT - BOXEN: 100 Millionen Chinesen sahen den Wirtschaftsmigranten und politiAuftritt ihres Idols schen Flüchtlinge, die per Boot 10 SCHACH-SPHINX: von Nordafrika nach Europa zu Einkehr in die Einsiedelei gelangen versuchen. Verbessern 10 DIENSTE - WETTER: sich die Verhältnisse am Nil nicht Und morgen, den 11. November 2016 (SB) 10. November 2016 bald, dürfte die Fluchtbewegung aus Ägypten erheblich zunehmen. Derzeit verhandelt die Sisi-Regierung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Gewährung eines 12 Millionen Dollar schweren Kredits. Dafür soll Kairo eine Reihe von "Reformen", darunter die Privatisierung staatlicher Betriebe, die Reduzierung der Steuerlast für Unternehmen sowie die allmähliche Streichung aller staatlichen Subventionen für Grundnahrungsmitteln, durchführen. Insbesondere die letztgenannte Auflage dürfte die vielen Armen schwer treffen und deshalb Massenproteste auslösen. Vor dem Hintergrund der schleichenden Umsetzung der Reformen sind Hamsterkäufe im vollem Gange. Ende Oktober haben Regierungsbeamte vom Ministerium für öffentliche Versorgung rund 9000 Tonnen Zucker bei den Lebensmittelherstellern Pepsi und Edita beschlagnahmt, um den Süßstoff in Kairo und Alexandria auf den unterversorgten Markt zu bringen. Am 1. November hat die Armee begonnen, 8 Millionen Portionen Grundnahrungsmittel an Arme zu verteilen bzw. zum halben Preis zu verkaufen. Jede Kiste, in der sich eine Familien- Elektronische Zeitung Schattenblick portion Pasta, Reis, Zucker und Speisefett befindet, trägt die Aufschrift "Lang lebe Ägypten", als könnte der Patriotismus helfen, die Notleidenden über ihre erbärmliche Lebenssituation hinwegzutäuschen. Am 3. November hat die Zentralbank in Kairo in Absprache mit dem IWF in Washington das ägyptische Pfund um 40 Prozent abgewertet, sich vom bisher festen Wechselverhältnis verabschiedet und den Kurs der Landeswährung den internationalen Finanzmärkten überlassen. Dies wird ägyptische Exporte billiger und Ägypten für ausländische Touristen attraktiver machen, jedoch die Preise für Importe in die Höhe schießen lassen. Das Problem der Lebensmittelknappheit bzw. der steigenden Preise für Grundnahrungsmittel und ausländische Medikamente wird sich weiter verschärfen. Die Entwertung des ägyptischen Pfunds könnte auch zu einer schweren Inflation führen, welche die Bankguthaben einfacher Bürger auffrißt. Wegen zunehmender Not und Verzweiflung hat die bisher unbekannte Bewegung Ghalaba (Bewegung der Ausgestoßenen) auf Facebook zu landesweiten Protesten am 11. November aufgerufen. Auch wenn die Sisi-Diktatur die kommenden Demonstrationen, hinter denen sie "ausländische Kräfte" vermutet, mit harter Hand niederschlagen sollte, könnte man es hier mit den Vorläufern einer Entwicklung zu tun haben, die mittelfristig der Kontrolle jeglicher Militärgewalt entgleitet. Wie sich die Generäle in Kairo angesichts dieses beunruhigenden Panoramas einen Zwist mit ihrem bisherigen finanziellen LebensSeite 2 retter Saudi-Arabien leisten können, ist ein Rätsel. Offenbar gehen Sisi und Konsorten davon aus, daß Ägypten zu wichtig ist, als daß Saudi-Arabien es jemals wagen würde, das Land am Nil dem wirtschaftlichen Kollaps zu überlassen. Sie könnten sich täuschen. In Riad ist man seit Monaten darüber verärgert, daß sich das mehrheitlich sunnitische Ägypten nicht stärker an der Militärintervention zur Niederschlagung des schiitischen Huthi-Aufstands im Jemen beteiligt hat. Ägypten verfügt über die größten Landstreitkräfte der arabischen Welt, nimmt aber an der seit März 2015 laufenden Jemen-Operation lediglich mit einigen Kriegsschiffen teil. Deshalb ist Kairo aus Sicht Riads dafür mitverantwortlich, daß die Bodentruppen Saudi-Arabiens und dessen Verbündeten vom Persischen Golf im Jemen seit über einem Jahr quasi im Sand steckenbeiben und den erwünschten Erfolg auf dem Schlachtfeld nicht einfahren können. Statt sich an Saudi-Arabiens Jemen-Feldzug gegen die pro-iranischen Huthis zu beteiligen, nähert sich Ägypten Rußland an. Kairo und Moskau verhandeln über die Stationierung russischer Streitkräfte an der ägyptischen Mittelmeerküste. Ihre beiden Armeen haben in den letzten Monaten gemeinsam Manöver durchgeführt. Gleichzeitig unterstützt Ägypten diplomatisch das militärische Eingreifen Rußlands in den Krieg in Syrien, wo sich die Streitkräfte Bashar Al Assads seit fünf Jahren mit einer wesentlich von Saudi-Arabien, Katar, der Türkei und den USA unterstützten Rebellion sunnitischer Dschihadisten konfrontiert sehen. Bei den internationalen Verhandlungen Ende Oktober in Lausanne www.schattenblick.de über einen Ausweg aus der Syrienkrise hatte der Iran auf eine Teilnahme Ägyptens - sozusagen als Gegengewicht zu den sunnitischen Förderstaaten der Gotteskrieger erfolgreich beharrt. Für Riad war es vor allem die Entscheidung Kairos, Anfang Oktober im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine SyrienResolution Rußlands zu unterstützen, die das Faß zum Überlaufen brachte. Daraufhin hat die staatliche saudische Ölgesellschaft Aramco die 2014 mit Ägypten beschlossene Lieferung von 700.000 Tonnen Öl monatlich für die nächsten fünf Jahren ohne Erklärung bis auf weiteres ausgesetzt. Dieser Aspekt des 23 Milliarden Dollar schweren Hilfspakets war besonders günstig, weil Ägypten eine Frist von 15 Jahren zur Abzahlung der Lieferung eingeräumt worden war. Nun ist der ägyptische Ölminister Tarek El Molla seit Wochen unterwegs, um Treibstoff aus anderen Quellen zu halbwegs ähnlich günstigen Bedingungen zu akquirieren. Als mögliche Lieferanten sind Rußland, Kuwait und der Irak im Gespräch. Bei einem Besuch El Mollas in Bagdad Ende Oktober wurde Ägyptens Energiekonzernen angeblich die Möglichkeit eröffnet, in die Erschließung und den Betrieb von zwölf irakischen Ölfeldern zu investieren. Für die Entfremdung zwischen Kairo und Riad sowie die anhaltende Instabilität Ägyptens - sowie übrigens auch für das Chaos in Syrien und im Jemen - hat Nahost-Experte David Hearst in einem aufschlußreichen Artikel, der am 2. November bei der Onlinezeitung Middle East Eye unter der Überschrift "Saudi Arabia Fr, 11. November 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick reaps what it has sowed", (SaudiArabien sät, was es erntet") erschienen ist, die Saudis als Hauptverantwortliche ausgemacht. Hearst berichtete von einem erstaunlichen Angebot, das Mohammed Mursi bei seinem ersten Auslandsbesuch als ägyptischer Präsident den Machthabern in Riad gemacht hatte. Der Chef der Moslembruderschaft regte an, daß die Saudis und seine Organisation ihre langjährige Feindschaft endlich begraben sollten. Mursi schlug ei- ne regelrechte Allianz vor, derzufolge die Moslembruderschaft formal die Rolle der Saudis als Hüter der heiligen Städte Mekka und Medina anerkennen sollte, wofür Riad im Gegenzug nicht länger den gemäßigten politischen Islam bekämpfen sollte. Kairo wollte Saudi-Arabien politisch und militärisch unterstützen, während Riad Ägypten helfen sollte, finanziell und wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. Nach Meinung Hearsts hätten sich viele der heu- tigen Probleme im Nahen Osten nicht so manifestiert, wäre die saudische Königsfamilie auf den vernünftigen Vorschlag Mursis eingegangen. Doch statt dessen haben sie Al Sisi dazu angestiftet, das Kriegsrecht zu verhängen und die junge ägyptische Demokratie zu zerschlagen. http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/redakt/ nhst1495.html POLITIK / KOMMENTAR / KRIEG Auf nach Incirlik ... und darüber hinaus (SB) 10. November 2016 Mit der Bagdad-Bahn hat das vor hundert Jahren nicht so recht geklappt, um so wichtiger nun, den Stiefel in der Tür zu den Blutflüssen zu halten, die den Nahen und Mittleren Osten durchströmen. Einmal dort angekommen mit einem kleinen Expeditionskorps soll die Bundeswehr bleiben, wo sie ihre Container aufgestellt hat und ihre Jets starten läßt. Schon Ex-Kanzler Schröder wußte die tiefen Abdrücke, die die Wehrmachtstiefel in ganz Europa hinterließen, in Wegmarkierungen für weitere Marschbefehle umzuwidmen. Das alte Unrecht zu vergelten mit neuer deutscher Gerechtigkeit die Jugoslawen wissen ein Lied davon zu singen, immer wieder heimgesucht zu werden von besten Absichten wie jener, sie endlich aus ihrem "Völkergefängnis" zu befreien. So zivil der Sound der Militärsender - einst großdeutsche Marschmusik, heute Fr, 11. November 2016 locker-leichter Pop - im Feldlage im Kosovo tönt, so blieb die Wirkung der tödlichen Botschaft, ob Splitter- oder Streubomben, ob Panzergranate oder Lenkwaffe, für die daran vergehenden Adressaten doch identisch. Also eilt Schröders einstiger Adlatus, der es nie an effizienter Ausführung sozialdemokratischer Willkür mangeln ließ und wohlgewählte Worte dafür fand, einen Murat Kurnaz auch weiterhin den Guantanomo-Schergen zu überlassen, zum Sultan von Ankara, um gemeinsam gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Man steht sich nahe, und warum auch nicht? Einen Erdogan, der die Wiedererlangung osmanischer Größe am Grabe des Staatsgründers Kemal Atatürk mit den Worten predigt, die Türken seien keine keine Gefangenen auf dem Territorium ihres Staates, sondern müßten ihren Einfluß weit über dessen Grenzen www.schattenblick.de hinaus geltend machen, können deutsche Politiker vielleicht auch deshalb gut verstehen, weil ihr Griff nach neuem "Lebensraum" immer wieder schmählich scheiterte. Und ohnehin, einen solchen Machtmenschen verprellt man nicht. Ist das große Schlachten im Nordirak erst einmal beendet und drängt das versickerte Blut der Kurdinnen und Kurden, der Yezidinnen und Yeziden, als schwarze Ölfontäne wieder an die Oberfläche, dann zahlt sich eine Waffenbruderschaft, der auch das grausame Regime des neoosmanischen Herrschers keinen Abbruch tut, in Euro und Cent aus. Keine Waffenlieferungen in Spannungsgebiete wie die Türkei? Das wußte schon der selige Strauß kurz und bündig mit der Gegenfrage zu kontern: Wohin denn sonst? Und was Freiheit und Demokratie betrifft, so darf Deutschland nicht Seite 3 Elektronische Zeitung Schattenblick säumig sein, wenn überall auf der Die 445 Abgeordneten des DeutWelt die Messer für finale Vertei- schen Bundestages, die heute für lungskämpfe gewetzt werden. die Verlängerung des Mandates der Bundeswehr aufdem LuftwaffenEinen Steinmeier jedenfalls können stützpunkt Incirlik stimmten, sind die Gefangenen in den Kerkern, die sich einig darin, deutschen Interesdort hineingeworfen werden, weil sen überall dort zu verteidigen, wo sie an falscher Stelle ein falsches sie bedroht sind. Sie pflichten dem Wort sagten, nicht schrecken. Auch SPD-Abgeordneten Annen - er soll in Deutschland müssen Türken und dem linken Flügel der Partei angeKurden, die dem Regime Erdogans hören - gerne bei, wenn er behaupwiderstehen, Verfolgung und Haft tet, dies sei kein "Einsatz" für die fürchten, und das ohne wirklichen die Türkei oder Erdogan, sondern Handlungsbedarf. Der Generalbun- gegen den internationalen Terrorisdesanwalt, für Fälle nach dem Ge- mus. Es gibt noch Menschen, die sinnungsstrafrecht 129 a und b stets sich erinnern können, was einst die zuständig, wurde gegen türkische Aufgabe deutscher Einsatzgruppen Kommunisten, deren Partei nur in war. Doch die werden immer weder Türkei verboten und sonst auf niger, und die, denen keine historikeiner Terrorliste verzeichnet ist, sche Amnesie verordnet werden aufGrundlage einer Verfolgungser- muß, weil alle Synapsen besetzt mächtigung tätig, die das Bundes- sind von der Erregung der Vorjustizministerium nur erteilt, wenn kriegbegeisterung, marschieren es außenpolitisch opportun ist. leichten Fußes über ihre Gräber. Es ist erklärte Absicht der Kanzlerin eines von "Freunden" umgebenen Landes, das nationale Kriegsbudget auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes, also von derzeit 33,4 auf rund 60 Milliarden Euro, zu erhöhen. Deutsches Hegemonialstreben steht wieder hoch im Kurs, und das um so mehr, als der neue US-Präsident fordert, daß die Europäer endlich selbst für ihren militärischen Schutz sorgen sollen. Da kann das weinende Auge der Verteidigungsministerin noch so viele Krokodilstränen um seinen Wahlsieg vergießen, sein lachender Konterpart sieht nur Chancen darin, endlich selbst Frau im Hause des Führungskommandos der Bundeswehr zu sein. http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/kommen/ volk1668.html POLITIK / KOMMENTAR / KRIEG Trump sei Dank - Schmierseife deutscher Aufrüstung Unverhohlener hätten die hegemonialen Ambitionen deutscher Eliten kaum plaziert werden können. Bezeichnenderweise war es Ursula von der Leyen, die sich als erstes Mitglied der Bundesregierung zu Donald Trumps Wahlerfolg geäußert hat. Die Verteidigungsministerin zeigte sich "schwer schockiert", erwartet große Herausforderungen und kündigt den Europäern an, sie müßten sich "jetzt mit den Realitäten auseinandersetzen". [1] "Auch wir Europäer wissen natürlich als Bündnispartner in (SB) 10. November 2016 Seite 4 der Nato, dass Donald Trump als Präsident fragen wird, was leistet Ihr im Bündnis", sagte die CDU-Politikerin in der ARD. "Aber auch wir fragen, wie steht Ihr zum Bündnis?" [2] Dabei ist die Rhetorik des republikanischen Präsidentschaftskandidaten im Wahlkampf, die Europäer müßten künftig mehr für ihre Sicherheit tun, Wasser auf die Mühlen langgehegter strategischer Entwürfe, Deutschlands ökonomische, politische und zunehmend auch militärische Führerschaft weit über die europäische Sphäre hinaus geltend zu www.schattenblick.de machen. So räumt die Ministerin denn auch unverblümt ein, es habe sich unabhängig vom Wahlausgang in den USA bereits eine größere Eigenverantwortung in der Sicherheitspolitik abgezeichnet. "Europa muss sich darauf einstellen, dass es besser selber vorsorgt", sagte von der Leyen. Dazu gehöre auch ein höheres Verteidigungsbudget. Nachdem die Verteidigungsministerin das Signal gesetzt hatte, man werde die ohnehin geplante Aufrüstung nun um so energiFr, 11. November 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick scher vorantreiben, hob die Kanzlerin zu einem bemerkenswert fordernden Rundumschlag an. Sie brauchte nicht mehr als 120 Sekunden, um dem nächsten US-Präsidenten einen Schulterschluß anzubieten, der unübersehbar von selbstbewußt formulierten deutschen Interessen geprägt ist. "Wer dieses große Land regiert, mit seiner gewaltigen wirtschaftlichen Stärke, seinem militärischen Potenzial, seiner kulturellen Prägekraft, der trägt Verantwortung, die beinahe überall auf der Welt zu spüren ist", nahm Merkel den künftigen Herrn im Weißen Haus in die Pflicht. Dann erinnerte sie Trump an die Grundwerte "Demokratie, Freiheit, den Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung", womit sie dem Amtsnachfolger Obamas klarmachte, daß er das ideologische Arsenal interventionistischer Vorherrschaft nicht leichtfertig entlarven dürfe. "Auf der Basis dieser Werte biete ich dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, eine enge Zusammenarbeit an", [3] unterstrich die Kanzlerin, welch prägende Rolle deutsche Regierungspolitik im westlichen Bündnis für sich reklamiert. Der scheidende Bundespräsident Joachim Gauck ist natürlich mit im Boot, wenn zur Offensive auf großer Bühne geblasen wird. Er beschwört die enge Verbindung zu den USA, stellt den Bundesbürgern aber zugleich heftige Turbulenzen in Aussicht, die erfolgreich abzuwettern nur auf eiFr, 11. November 2016 ne Weise möglich sei: "Ich gehe davon aus, dass Europa zur Bewahrung und zur Verteidigung seiner universellen Werte doch mehr Verantwortung übernehmen wird." Außenminister FrankWalter Steinmeier, dem (noch) nicht der pastorale Segen, wohl aber die diplomatische Grob- und Feinabstimmung des deutschen Kurshaltens in schwerer See obliegt, spart nicht mit Schelte an die Adresse des vermeintlichen Laiendarstellers in Sachen kühltechnokratischen Strippenziehens: "Ich will nichts schön reden. Nichts wird einfacher, vieles wird schwieriger", so Steinmeier. Die US-Außenpolitik werde "für uns in der nächsten Zeit weniger vorhersehbar sein". Schon auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 hatte der deutsche Außenminister imperialistischen Klartext geredet: "Deutschland muss bereit sein, sich außen- und sicherheitspolitisch früher, entschiedener und substanzieller einzubringen." Es sei schlicht "zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren". [4] Wie im Strategiepapier "Neue Macht. Neue Verantwortung" (2013) und im "Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr" (2016) nachzulesen ist, sollen deutsche Interessen Zug um Zug die Lücken in Afrika wie auch im Nahen und Mittleren Osten schließen, die der tendenzielle Rückzug der USA hinterläßt, die sich im pazifischen Raum auf die Einkesselung Chinas konzentrieren. Der angestrebte Aufstieg zum neuen Hegemon im europäischen Umfeld, der unvermeidlich auf eine Konfrontation mit Rußland hinausläuft, ist für hiesige Herrschaftsinteressen ein höchst www.schattenblick.de komplexer und schwer auszusteuernder Vorgang. Zum einen soll die Wachablösung möglichst nahtlos vorangetrieben werden, zum anderen sorgen partielle, aber an Schärfe zunehmende Interessenkonflikte mit Washington für Unwuchten, die das ambitionierte Berliner Vorhaben des öfteren schlingern lassen und aus der Bahn zu werfen drohen. Derzeit gleicht die Bundesrepublik einem Juniorpartner der USA, der jedoch eigenständige Absichten verfolgt und aus dem Windschatten heraustritt. Weder darf die US-Politik in dieser kritischen Phase des Übergangs unvermittelt umsteuern, noch die deutsche Expansion mit Widerständen konfrontiert werden, die ihre aktuellen Potentiale überfordern. Im Vorfeld des Urnengangs in den USA hatte die regierungsnahe deutsche Denkfabrik "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP) unter dem Titel "Auch ohne Trump wird vieles anders" eine aggressivere deutsche und europäische Außenpolitik gefordert, die bereit ist, ihre ökonomischen und geopolitischen Ziele unabhängig von den USA und notfalls auch gegen sie durchzusetzen, und dies unabhängig vom Ausgang der Wahl. Auch das unterstreicht, daß der Ruf nach militärischer Eigenständigkeit keineswegs erst in Reaktion auf den Erfolg Donald Trumps laut geworden ist, sondern sich des extremen Spektakels bedient, um der ideologischen und materiellen Aufrüstung die Sporen zu geben. Die Fokussierung auf den beispiellosen Wahlkampf und die weitverbreitete Weltuntergangsstimmung nach dem zuletzt unerwarteten Sieg des RepublikaSeite 5 Elektronische Zeitung Schattenblick ners machen die Forderung leichtgängiger denn je, die deutsche Militarisierung müsse forsch vorangetrieben werden, da man sich auf niemanden mehr verlassen könne. Angesichts der Historie deutschen Großmachstrebens und einer sozial drangsalierten Bevölkerung war die seit langem angestrebte Aufstockung militärischer Potentiale bislang ein heißes Eisen, das eines sukzessiven Schmiedevorgangs bedurfte. Mit 1,19 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegt der Rüstungsetat der Bundesrepublik deutlich unter dem NATO-Limit von zwei Prozent, das 2002 festgelegt worden war. Noch gibt London in Relation zum BIP doppelt und Washington dreimal soviel für seine in Stellung gebrachte und exekutierte Kriegsführung aus. Das soll nun anders werden, was sich Trump sei Dank beflügeln lassen dürfte. Anmerkungen: [1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/us-wahl-2016ursula-von-der-leyen-istschwer-schockiert-uebertrumps-erfolg-a-1120421.html [2] http://www.n24.de/n24/ Nachrichten/Politik/d/9400390/ fuer-von-der-leyen-ein--schwerer-schock-.html [3] ww.stern.de/news/merkelbietet-trump-zusammenarbeitanund-mahnt-zur-achtung-vongrundwerten-7142322.html [4] https://www.wsws.org/de/ articles/2016/11/09/milin09.html http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/kommen/ volk1667.html Seite 6 poonal Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen Mexiko / USA Nach Trump-Sieg: Mexiko propagiert Gelassenheit Von Gerold Schmidt (MexikoStadt, 9. November 2016, npl) - Sprachlosigkeit. Damit ist die erste Reaktion der politischen und wirtschaftlichen Eliten Mexikos auf den Wahlsieg von Donald Trump am besten bezeichnet. Ein beredtes Zeugnis legte nur die Währung, der mexikanische Peso, ab. Mit jedem neuen Bundesstaat, den Trump für sich entschied, stürzte der Peso weiter ab. Zeitweise um mehr als 13 Prozent, danach erholte er sich leicht. Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto verfolgte die US-Wahl mit seiner Außenministerin Claudia Ruiz Massieu in der Regierungsresidenz, enthielt sich aber zunächst jeden Kommentars. Im Gegensatz zu anderen Regierungschefs vermied er offenbar auch eine umgehende Gratulation an den zukünftigen US-Präsidenten. Der linke Oppositionspolitiker Andrés Manuel López Obrador war der einzige namhafte Politiker, der sich früh aus der Deckung wagte. Er meldete sich bereits früh in der Wahlnacht und rief in einer Videobotschaft zu "Gelassenheit" auf. Mexiko bleibe ein souveränes und unabhängiges Land. Von Gelassenheit und dem "Ruhe bewahren" war ebenso in den unzähligen mexikanischen Wahlsendungen in Radio und Fernsehen die Rede. Manchmal hatte es schon den Charakter eines krampfhafwww.schattenblick.de ten Mutzusprechens. Alles normal, so die Botschaft. Präsident Nieto brachte es sogar fertig, am späten Abend über Twitter ein Foto über seine Besichtigung einer neuen Stadtautobahn in Mexiko City zu veröffentlichen. Ungläubigkeit und Entsetzen Vorsichtshalber hat kaum jemand in Mexiko in den Tagen vor der Wahl einen Trump-Sieg völlig ausgeschlossen. Doch als er sich immer mehr und nach Wahlmännern gerechnet in seiner Deutlichkeit abzeichnete, machten sich in den Medien Ungläubigkeit und ein gewisses Entsetzen breit. Zwischenzeitlich gab es sogar Gerüchte über eine Schließung der mexikanischen Börse am Mittwoch. Auf eine kühle, aber berechenbare Beziehung zu Hillary Clinton war das Land eingestellt. Bezüglich Donald Trump wurde in den zahlreichen Diskussionsrunden in der Wahlnacht immer wieder die Frage gestellt, welche seiner Drohungen gegenüber Mexiko er in welchem Umfang wahrmachen wird. Eine erweiterte und höhere Mauer, die die Mexikaner*innen "irgendwie" selber bezahlen sollen? Noch mehr Massendeportationen von Mexikaner*innen ohne legalen Aufenthaltsstatus in den USA? Hohe Importzölle für mexikanische Waren und ein Aufkündigen des NAFTAFreihandelsvertrages? Was bedeuFr, 11. November 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick tet die massive Trump-Unterstützung durch rechtsgerichtete Gruppen in den USA für die dort lebenden Mexikaner*innen? Welche Ansprechpartner wird Mexiko in der neuen US-Regierung haben? Werden gemäßigte Republikaner*innen in der Lage sein, Trump zu bremsen? Das mexikanische Finanzministerium beschwörte im Vorfeld Währungsreserven, eine flexible Kreditlinie des IWF und einen Sparhaushalt 2017 als "Panzerung" gegen einen Präsidenten Trump. Es gebe zudem weitere Pläne. Die Wirksamkeit dieser bisher noch nicht detailliert dargestellten Pläne hat der PesoAbsturz bereits mit einem großen Fragezeichen versehen. Im Laufe des Mittwochs wollten Ministerium und mexikanische Zentralbank an die Öffentlichkeit gehen. Eine lange Sprachlosigkeit kann sich die Regierung nach dem Wahlergebnis weder auf politischem noch ökonomischem Feld leisten. Die Frage ist: Was nun? URL des Artikels: https://www.npla.de/poonal/bundespolizei-erschiesst-protestierende-in-oaxaca/ Der Text ist lizenziert unter Creative Commons NamensnennungWeitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international. Quelle: * poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/ausland/ pala1640.html Fr, 11. November 2016 poonal Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen Nicaragua - Frauenmorde: Behörden versuchen, Zahlen herunterzuspielen von Andreas Behn, Rio de Janeiro des Landes auf nationaler und internationaler Ebene nicht zu gefährden. Die Aktivistinnen schätzen, dass etwa die Hälfte der in diesem Jahr angezeigten Frauen(Managua, 10. Oktober 2016, ci morde nicht zu einer Verurteilung macnoticias) Anfang Oktober geführt habe; entweder seien die organisierten Aktivist*innen eine Prozesse noch nicht abgeschlosKundgebung vor dem Obersten sen oder die Täter seien flüchtig. Gerichtshof in Managua, um Gerechtigkeit für die Opfer von Gewalt gegen Frauen zu fordern. Fast 100 Morde und Gleichzeitig warfen sie den Be- Mordversuche 2016 hörden vor, Informationen vor der Presse und vor Menschenrechts- In diesem Jahr wurden nach Anaktivist*innen zurückzuhalten, gaben der Beobachtungsstelle für wenn eine Frau ermordet werde. Menschenrechte der Organisation Magali Quintana von der Organi- CDD in Nicaragua bis Ende Sepsation CDD (Católicas por deci- tember 42 Morde sowie 51 Morddir - Katholische Frauen für das versuche an Frauen registriert. Recht auf freie Entscheidung) er- Zum ersten Mal stimmen die Daklärte, der Staat versuche damit ten des staatlichen Polizeiappadie Gewalt gegen Frauen zu ver- rats mit denen der zivilgeselltuschen, um das geschönte Bild schaftlichen Organisationen Aktivist*innen protestieren vor dem Justizgebäude in Managua gegen Frauenmorde Bild: © Cimac/Nelson Rodriguez www.schattenblick.de Seite 7 Elektronische Zeitung Schattenblick überein, allerdings werden die Delikte von offizieller Seite nicht als Frauenmorde geführt. Die ermordeten Frauen waren zwischen 21 und 41 Jahre alt; die meisten Morde wurden in den beiden autonomen Regionen der Karibikküste begangen, gefolgt von Departamento Jinotega und der Hauptstadt Managua. Ana Quiroz vom Informationszentrum und Beratungsdienst für Gesundheit CISAS (Centro de Información y Servicios de Asesoría en Salud) erklärte: "Mit der Kundgebung wollten wir den Justizbehörden in Managua klarmachen, dass sie entschlossener vorgehen müssen, dass sie die Rechte der Frauen stärker in den Fokus rücken und den Schutz der Familien der Opfer ernster nehmen müssen." Täter werden nicht abgeschreckt ga von der Initiative für sexuelle Vielfalt erklärte, die LGBTIQCommunity lehne Gewalt gegen Solange es keine Präzedenzfälle Frauen ab und forderte die Behörmit einer nennenswerten Straf- den auf, Präventivmaßnahmen zum verfolgung gebe, die die Täter Schutz von Frauen zu ergreifen abschrecken, seien Frauen und Kinder in Nicaragua weiterhin URL des Artikels: von Vergewaltigung, Angriffen https://www.npla.de/poonal/frauenund Mord bedroht, so Quiroz. Sie morde-behoerden-versuchen-zahlenberichtete von einem Fall, in dem herunterzuspielen/ die Behörden behaupteten, es sei Der Text ist lizenziert unter Creative ihnen nicht gelungen, den Täter Commons Namensnennung-Weiterzu fassen. Daher laufe der Frau- gabe unter gleichen Bedingungen 4.0 enmörder weiterhin frei herum international. * und verdiene sein Geld als Brillenverkäufer in den Straßen von Quelle: poonal - Pressedienst lateinamerikaNicaragua, so die Aktivistin. Nachrichtenagenturen An der Kundgebung nahmen auch nischer E-Mail: LGBTIQ-Aktivist*innen teil. Sie Internet: [email protected] http://www.npla.de solidarisierten sich mit den Familien der Opfer und kritisierten die http://www.schattenblick.de/ Diskriminierung und Gewalt seiinfopool/politik/soziales/ tens der Behörden. Marvin Mayorpsfra651.html SPORT / BOXEN / MELDUNG 100 Millionen Chinesen sahen den Auftritt ihres Idols Zou Shiming neuer WBOWeltmeister im Fliegengewicht - Wer ist Zou Shiming? Hierzulande völlig unbekannt, gilt der neue WBO-Weltmeister im Fliegengewicht trotz seines Titelgewinns in Las Vegas auch in den USA als unbeschriebenes Blatt. Ganz anders in China, wo nahezu 100 Millionen Zuschauer den Auftritt ihres Helden am Fernsehgerät verfolgt und gefeiert haben dürften, wie Promoter Bob Arum schätzt. Er hatte in strategischer Weitsicht den Kampf um den vakanten Titel im Vorprogramm (SB) 10. November 2016 Seite 8 Manny Pacquiaos plaziert und zum Auftakt der Übertragung im Pay-TV angeboten, was sich als weise und einträgliche Entscheidung erwies. Der 35jährige Zou setzte sich einstimmig nach Punkten gegen Prasitsak Phaprom durch und wurde damit erstmals Champion im Profilager. Von den 16 Boxern, die Arum an diesem Abend in der Spielerstadt präsentierte, stammten elf nicht aus den USA, wobei zwei aus China kamen. Damit trug der 84 Jahre alte Promoter www.schattenblick.de dem wachsenden Interesse am Boxsport in aller Welt und insbesondere in China Rechnung, das angesichts der ungeheuren Zahl potentieller Zuschauer enorme Vermarktungsmöglichkeiten verspricht. Zou Shiming kann auf eine überaus erfolgreiche Amateurlaufbahn zurückblicken, gewann er doch Bronze in Athen (2004) sowie Gold in Beijing (2008) und London (201 2), wobei ihn vor allem der OlymFr, 11. November 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick piasieg vor heimischem Publikum zum Idol seiner Landsleute aufsteigen ließ. Er gehört aber nicht nur zu den populärsten Sportlern in China, sondern trat auch in einer beliebten Reality-Show auf, deren Folgen jeweils etwa 75 Millionen Zuschauer sahen. In einem Land von 1 ,4 Milliarden Menschen ist das eine ansehnliche Quote, aus europäischer oder US-amerikanischer Perspektive mutet die Zahl natürlich astronomisch an. Und damit nicht genug, ist der frischgebackene Profiweltmeister mit Yingying Ran verheiratet, die früher eine der bekanntesten Fernsehmoderatorinnen ihres Landes war. Bob Arum dürfte daher den Mund nicht zu voll nehmen, wenn er von einem der erfolgreichsten Amateurboxer spricht, dem eine großartige Profikarriere offenstehe. Zou Shimings Popularität in China suche ihresgleichen, zumal Präsident Xi Jinping ein Boxfan sei und ihn hochschätze. Das will etwas heißen, zieht man die wechselvolle Vorgeschichte dieses Sports in der Volksrepublik in betracht. Der Vorsitzende Mao Zedong hatte Boxen von den ersten Nationalen Spielen 1 959 ausgeschlossen, nachdem einige Jahre zuvor ein Boxer nach einem Kampf gestorben war. Es sollte 20 Jahre dauern, bis sich nach Maos Tod erstmals eine Wende abzuzeichnen begann, als Muhammad Ali das Land 1 979 besuchte. Er war damals der erste ausländische Sportler, der gemeinsam vom Chinesischen Olympischen Komitee und dem nationalen SportverFr, 11. November 2016 band eingeladen worden war, was Alis Bedeutung als Botschafter weit über den Boxsport hinaus unterstreicht. Er traf dabei auch mit Deng Xiaoping zusammen und brachte sein Interesse an einer Wiederbelebung des Boxens in China zum Ausdruck. Dies war der Auftakt zu einem Dialog, der mit einem weiteren Besuch Alis im Jahr 1 985 fortgesetzt wurde. Das Verbot wurde schließlich 1 986 offiziell aufgehoben, und chinesische Amateurboxer nahmen 1 992 in Barcelona erstmals an Olympischen Spielen teil. Berücksichtigt man, daß Zou Shiming 2004 die erste Medaille in einem olympischen Boxturnier für sein Land gewann, wird die Verehrung verständlich, die ihm in China schon vor seinem ersten Olympiasieg zuteil wurde. Li Sheng, der Präsident des führenden chinesischen Sportvermarkters SECA, bezeichnet Zou zu Recht als Wegbereiter des Boxens in seiner Heimat, wo man nach den Erfolgen im Amateurlager nun auch seine Profikarriere mit großem Interesse verfolge. Um ihn in Las Vegas auf höchstem Niveau zu erleben, seien erstmals 1 8 chinesische Medien und zahlreiche Fans angereist. Neben diversen chinesischen Sponsoren war auch Steve Wynn mit im Boot, dessen Unternehmen nicht nur ein bekanntes Casino in Las Vegas, sondern auch Hotels in Macao betreibt. Als Bob Arum seinen größten Star Manny Pacquiao 201 3 und 201 4 in Macao auftreten ließ, boxte Zou Shiming www.schattenblick.de zwar nur im Vorprogramm, war aber aus Sicht der einheimischen Journalisten und Zuschauer die eigentliche Zugnummer der Veranstaltung. Arum, bei dem man vor drei Jahren angefragt hatte, ob er die Profikarriere dieses Boxers als Promoter in die Hand nehmen könne, erkannte sofort, welche Möglichkeiten sich ihm da eröffneten. Er brachte seinen Neuzugang mit Freddie Roach zusammen, der auch Manny Pacquiao trainiert. Das hat sich ausgezahlt, konnte Zou Shiming doch seinen Aufstieg im Profilager mit einem ersten Weltmeistergürtel krönen, dem weitere folgen sollen. Kein Wunder, daß Arum und Wynn strahlten und einander mehrfach auf die Schulter klopften, nachdem der Chinese zum neuen Champion ausgerufen worden war. Die Zukunft des Boxsports in China sei überwältigend, denn dort träfen eine riesengroße Bevölkerung und sehr viel Geld in Händen von Unternehmern nun auch mit einem rasant wachsenden Interesse zusammen, diesen Sport im Fernsehen wie auch im Internet zu sehen, so Arum. [1 ] Anmerkung: [1] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/17999768/thefuture-boxing-china-very-brightbegins-zou-shiming http://www.schattenblick.de/ infopool/sport/boxen/ sbxm2065.html Seite 9 Elektronische Zeitung Schattenblick SCHACH UND SPIELE / SCHACH / SCHACH-SPHINX Einkehr in die Einsiedelei In der Regel ziehen sich der Weltmeister und sein Herausforderer vor dem entscheidenden Kampf um die Krone der Schachwelt aus allen Turnieren zurück. Wie Maulwürfe vergraben sie sich dann in ihren Gängen und Überlegungen, planen Hinterhalte oder schaffen sumpfiges Neuland, darin der andere versinken soll. Viktor Kortschnoj brach diese Observanz, indem er vor seinem Titelkampf in Meran gegen Anatoli Karpow vagabundierend durch die Welt zog, leider aber auch seine schöpferische Kraft verpulverte. Zu spät erkannte Kortschnoj den Nutzen der Einkehr in die Einsiedelei vor großen Ereignissen. Als das Medienspektakel in Meran vom Stapel lief, sah man einen willensschwachen Herausforderer. Bis zur achten Partie verlor Kortschnoj dreimal bei nur einem einzigen lich an ihm. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte Karpow zuletzt 1...Dd7b5 gespielt, worauf Kortschnoj, weil Db5-e2 drohte, mit 2.Td1-d2 erwiderte, was erzwungen war, aber zwingend zum Sieg führte auch Karpows Antwort darauf, Wanderer. (SB) IMPRESSUM Elektronische Zeitung Schattenblick Diensteanbieter: MA-Verlag Helmut Barthel, e.K. Verantwortlicher Ansprechpartner: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Elektronische Postadresse: [email protected] Telefonnummer: 04837/90 26 98 Registergericht: Amtsgericht Pinneberg / HRA 1221 ME Journalistisch-redaktionelle Verantwortung (V.i.S.d.P.): Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth ISSN 2190-6963 Auflösung des letzten SphinxRätsels: Kortschnoj - Karpow Meran 1981 Sieg. Wie verbraucht er an Ideen und Kampfstärke war, bewies insbesondere die neunte Wettkampfpartie, die der Exilrusse mit einem solchen Grad an Planlosigkeit spielte, daß seine Großmeisterkollegen vor Ort nur fassungslos die Köpfe schütteln konnten. Kortschnojs Abwege rächten sich fürchter- DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN Und morgen, den 12. November 2015 +++ Vorhersage für den 12.11.2015 bis zum 13.11.2015 +++ Urheberschutz und Nutzung: Der Urheber räumt Ihnen ganz konkret das Nutzungsrecht ein, sich eine private Kopie für persönliche Zwecke anzufertigen. Nicht berechtigt sind Sie dagegen, die Materialien zu verändern und / oder weiter zu geben oder gar selbst zu veröffentlichen. Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Wenn nicht ausdrücklich anders vermerkt, liegen die Urheberrechte für Bild und Text bei: Helmut Barthel Haftung: Die Inhalte dieses Newsletters wurden sorgfältig geprüft und nach bestem Wissen erstellt. Bei der Wiedergabe und Verarbeitung der publizierten Informationen können jedoch Fehler nie mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden. Seite 10 Schiffers brauchte auf den Materialgewinn mittels 1.Tb7xe7 Dd5-d4+ 2.Kg1-f1 Dd4-a1+ 2.De2-e1 Da1xa6 einzugehen. Seine Freibauern waren der bequemere Weg zum Sieg. Zunächst mußten also die Damen vom Brett: 1.De2-c4! Dd5xc4 2.Sd6xc4 Tf8-a8 3.a6-a7 Le7-d8 4.e5-e6 und Pillsbury gab auf, denn nach 4...Kg8f8 hätte 5.e6-e7+ Ld8xe7 6.Tb7-b8+ die Partie entschieden. Wolkenhimmel, Sonnenschein, Sturmgebraus und Blätterrauschen, Jean-Luc, der schläft wieder ein, um im Traum dem Wind zu lauschen. © 2015 by Schattenblick www.schattenblick.de Fr, 11. November 2016
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