Schattenblick Druckausgabe

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MA-Verlag
POLITIK / REDAKTION
Ruandas Präsident Kagame, ein
Flugzeugattentäter?
Wer enthauptete auf einen Schlag
zwei Staaten ihrer Führung?
Frankreich nimmt Ermittlungen auf
Man stelle sich vor, Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Frankreichs Präsident Francois
Hollande sowie einige hochrangige Militärs und Berater würden
zusammen in einem Flugzeug
fliegen und beim Landeanflug
von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen ... (Seite 7)
Elektronische Zeitung Schattenblick
Donnerstag, 20. Oktober 2016
Restverwertung global - Marktsauger CETA ...
Fabio De Masi im Gespräch
Sand ins Getriebe streuen
Interview am 13. Oktober 2016 in Hamburg
(SB) ­
UMWELT / REPORT
Klima und Finanzen - die diplomatische Lesart ...
Botschafter von Marokko, S.E.
Dr. Omar Zniber im Gespräch
Deutlich unter 2 Grad ­ Konkre­
te Umsetzung nach Paris
Briefing vor der 22. UNFCCC­
Klimakonferenz im Auswärtigen
Amt am 27. September 2016
Der König von Marokko
habe den Kampf gegen den Klimawandel zur Chefsache erklärt.
Er habe zu entschlossenem Handeln aufgerufen und würde bei
vielen Gelegenheiten die Bedeutung der COP 22 Konferenz betonen. Mit diesem Credo, wie ernst
Marokko seine Aufgabe als Gastgeber des kommenden Ereignisses
nimmt, ludt S.E. Dr. Omar Zniber,
Botschafter des Königreichs Marokko in Berlin ... (S. 14)
(SB) ­
Fabio De Masi
Foto: © 2016 by Schattenblick
Der
deutsch-italienische Ökonom und
Linkspolitiker Fabio De Masi ist
seit 2014 Abgeordneter der Europäischen Linken im EU-Parlament. Nach seinem Diplomstudium der Volkswirtschaftslehre an
der Hamburger Universität für
Wirtschaft und Politik erwarb er
einen Master in Internationalen
Beziehungen an der University of
(SB) 19. Oktober 2016 ­
Cape Town in Südafrika und
einen weiteren Master in Internationaler Volkswirtschaft an der
Hochschule für Wirtschaft und
Recht Berlin. Der ehemalige Stipendiat der Rosa-LuxemburgStiftung und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes
war im Bundestag als wissenschaftlicher Mitarbeiter u.a. der
stellvertretenden Vorsitzenden
der Fraktion Die Linke, Sahra
Wagenknecht, tätig wie auch als
Lehrbeauftragter für Volkswirt-
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schaft an der Berliner Hochschu- Veranstaltung in Hamburg am 13.
le für Wirtschaft und Recht.
Oktober deutlich machte [1],
dringender, aktueller und brisanFabio De Masi ist Mitglied der ter denn je, steht doch auf dem
Partei Die Linke im Landesver- EU-Kanada-Gipfel am 27. Oktoband Hamburg. Sein europapoli- ber nach wie vor die Unterzeichtisches Engagement erstreckt sich nung von CETA ins Haus.
aber auch auf die Bundesländer
Bremen und Nordrhein-Westfa- Just am vergangenen Donnerstag
len, für die er Ansprechpartner in hatte das BundesverfassungsgeFragen und Angelegenheiten des richt mehrere Eilanträge gegen
Europäischen Parlaments ist. dieses Abkommen, genauer geDort ist er Mitglied im Ausschuß sagt gegen dessen Annahme
für Wirtschaft und Währung durch die deutsche Regierung so(ECON) sowie in der Delegation wie seine anschließende, als vorfür die Beziehungen zu Südafrika läufig ausgegebene Inkraftset(D-ZA). Nach seiner Tätigkeit als zung, abgelehnt. Dem Vernehmen
Vollmitglied des nach der soge- nach stellt diese Entscheidung
nannten Luxemburg-Leaks-Affä- noch keine Festlegung in der Sare eingesetzten Sonderausschus- che dar, über die Verfassungsbeses zu Steuervorbescheiden und schwerde werde zu einem späteanderen Maßnahmen ähnlicher ren Zeitpunkt noch ausführlich
Art oder Wirkung (TAXE) wurde verhandelt. Die Richter hätten in
er im Juli 2016 stellvertretender diesem Eilverfahren lediglich geVorsitzender des Untersuchungs- prüft, ob den Beschwerdeführeausschusses zu Geldwäsche so- rinnen und -führern nicht korriwie Steuerhinterziehung und gierbare Nachteile entstehen wür-vermeidung (PANA), der nach den, sollte CETA wie geplant in
dem Skandal um die Panama Pa- Kraft treten. Das Karlsruher Gepers eingerichtet worden war.
richt meinte dies nicht zuletzt wegen seiner der Bundesregierung
Im Rahmen seiner vielfältigen In- auferlegten Bedingungen verneiteressen und EU-parlamentari- nen zu können. [2]
schen, aber auch außerparlamentarischen Aktivitäten nimmt die Gleichwohl scheint der Zeitplan,
Aufklärung über bzw. die Agita- mit dem das EU-Kanadische Abtion gegen die sogenannten Frei- kommen verabschiedet werden
handelsabkommen fraglos einen soll, ein wenig durcheinandergebesonderen Stellenwert ein. Fabio bracht worden zu sein. Am
De Masi ist zu dem großen, wenn Dienstag wollten sich die Hanauch inhomogenen Kreis all jener delsminister aller 28 EU-Staaten
TTIP- und CETA-Gegnerinnen auf ihrem Ministertreffen in Luund -gegner zu zählen, die nicht xemburg auf die bevorstehende
locker lassen selbst dann, wenn, Verabschiedung des CETA-Abwie vor kurzem geschehen, von kommens einigen. Dieser Benamhaften Politikern die Ver- schluß hätte einstimmig gefällt
handlungen mit den USA für be- werden müssen, um wirksam
endet und TTIP für tot erklärt werden zu können, kam aber
werden. Die Proteste gegen die nicht zustande, weil - neben Vorvermeintlichen Freihandelsab- behalten aus Rumänien und Bulkommen sind, wie er auf einer garien - die belgische Regierung
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ihm nicht zustimmen konnte.
Laut belgischer Verfassung ist für
einen so weitreichenden Schritt
die Zustimmung aller drei Regionalparlamente (Wallonie,
Flandern, Brüssel) erforderlich.
Da das wallonische Parlament
der belgischen Zentralregierung
die Vollmacht, diesem Abkommen zuzustimmen, entzogen hat
und nicht erkennen läßt, von dieser Position abrücken zu wollen,
ist guter Rat teuer. Der frühere
EU-Kommisar Karel De Gucht
soll bereits den Vorschlag gemacht haben, die belgische Regierung möge das Veto der Wallonie einfach ignorieren, den
Vertrag unterschreiben und die
Wallonen klagen lassen ...
Im Anschluß an die Diskussionsveranstaltung in Hamburg, die im
Pressearbeitsraum des FC St.
Pauli, dessen Fördermitglied Fabio De Masi ist, stattfand, erklärte sich der Linkspolitiker und EUAbgeordnete bereit, dem Schattenblick einige aktuelle, aber auch
grundsätzliche Fragen zu CETA
und TTIP zu beantworten.
Schattenblick (SB): Das Bundesverfassungsgericht hat heute drei
Einschränkungen festgelegt. Wie
sind die Ihrer Meinung nach zu
bewerten?
Fabio De Masi (FDM): Ich weiß
natürlich nicht, wie sich die Verfassungsrichter entscheiden werden und was in ihren Köpfen vor
sich geht. Aber eines ist sicher:
Das Bundesverfassungsgericht
weiß sehr genau, daß es durch
CETA, das Handels- und Investitionsabkommen mit Kanada, im
Zweifelsfall selbst entmachtet
wird. Auch Richter sind eitle
Menschen und werden sich das
sehr genau überlegen.
Do, 20. Oktober 2016
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weile zu über 50 Prozent vom Export abhängig ist. Das gilt eigentlich für kleine, offene Volkswirtschaften wie die Schweiz oder
Luxemburg, weil die natürlich
einen sehr kleinen Markt haben.
Für die lohnt es sich zum Beispiel
nicht, eine eigene Automobilindustrie zu haben.
Blick auf die
Diskussionsveranstaltung
mit Fabio De Masi zu CETA
und TTIP
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Die Einschränkungen heißen:
Deutschland muß klarmachen,
daß dieses Abkommen einseitig
auch wieder kündbar ist. Die
Bundesregierung kann nur unter
Vorbehalt zustimmen. Das Verfassungsgericht hat ja noch nicht
entschieden, ob CETA überhaupt
mit der Verfassung vereinbar ist,
das heißt mit dem Grundgesetz,
denn strenggenommen haben wir
gar keine Verfassung. Zweitens
haben die Richter gesagt, daß
noch mehr Bereiche, als die Bundesregierung bisher zugestanden
hat, in die nationale Kompetenz
fallen und eben nicht vorläufig,
also ohne Beteiligung von Bundestag und Bundesrat, angewendet werden dürfen. Das zeigt, daß
die Bundesregierung da schlampig gearbeitet hat, und insofern
war das schon eine kleine Ohrfeige. Das bedeutet aber auch, daß
wir jetzt weiter Druck machen
müssen. Der Deutsche Richterbund sagt nach wie vor, daß er
zum Beispiel die HandelsgerichDo, 20. Oktober 2016
te, die sogenannten Schiedstribunale, für mit EU-Recht nicht vereinbar hält. Wenn der Deutsche
Richterbund das sagt, kommt
vielleicht auch das Verfassungsgericht zu diesem Ergebnis.
Aber daß die Bundesrepublik
mittlerweile so exportabhängig
ist, macht uns auch extrem anfällig zum Beispiel für internationale Wirtschafts- und Finanzkrisen.
Je mehr man die eigene Bevölkerung schröpft und die kein Geld
mehr in der Tasche hat, um Waren
und Dienstleistungen zu kaufen,
desto mehr muß man natürlich die
Märkte im Ausland erobern, um
noch irgendetwas abzusetzen.
Das heißt, die Beschäftigten in
Deutschland in den Schwitzkasten zu nehmen und gleichzeitig
extrem aggressiv den Weltmarkt
erobern zu wollen und solche Abkommen zu puschen, sind zwei
Seiten einer Medaille.
SB: Häufig wird über das Verhältnis der EU zu den USA diskutiert,
die Stellung Deutschlands als
Führungsmacht innerhalb der EU
wird eher selten thematisiert.
Kann man da mit Blick auf die sogenannten Freihandelsabkommen SB: Wie wäre denn die BehaupUnterschiede ausmachen?
tung, die den Bundesbürgern immer wieder vermittelt wird, nämFDM: Deutschland ist natürlich lich daß es ihnen, wenn wir nicht
eine wirtschaftliche Macht in Eu- so weitermachen wie bisher,
ropa und hat in den letzten Jahren schlecht ergehen wird, zu breüber den Export immer stärker chen?
auf die Kontrolle der Weltmärkte
gesetzt. Von daher ist Deutsch- FDM: Ich glaube, daß viele Leuland eine treibende Kraft hinter te das längst durchschaut haben.
diesen Abkommen. Daß diese ex- Viele Menschen stecken in prekätreme Exportorientierung nicht ren Beschäftigungsverhältnissen.
gleichbedeutend ist mit wirt- Sie stehen unter einem ständigen
schaftlichem Wohlstand, zumin- Druck und wissen sehr genau, daß
dest nicht für die Bevölkerungs- es ihnen nicht gut geht. Wenn
mehrheit in Deutschland, ist aber Frau Merkel dann sagt, wir werauch ganz, ganz wichtig zu ver- den stärker aus der Krise herausstehen. Denn es ist eigentlich ei- kommen, als wir hineingegangen
ne extrem kranke Entwicklung, sind, fragen sie sich natürlich: wer
wenn eine Volkswirtschaft von ist wir? Auch wenn Frau Merkel
der Größe Deutschlands mittler- in der Flüchtlingskrise sagt, wir
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schaffen das, fragen sich viele:
wen meint sie? Sollen zum Beispiel nur die kleinen Leute die
Kosten der Integration aufbringen
oder sind die Vermögenden gemeint? Das ist vielen klar. Aber
ich glaube, das Entscheidende ist,
daß sich viele Menschen ohnmächtig fühlen im politischen
Prozeß. Wer Angst hat, seinen Job
zu verlieren, in Hartz IV abzustürzen und ständig unter Streß steht,
fühlt sich natürlich häufig auch zu
schwach, um sich zu wehren. Das
ist das eigentliche Problem.
bensmittel- und Agrarmärkte in
Europa zu öffnen, während die
deutsche Automobilindustrie und
andere Unternehmenszweige das
öffentliche Beschaffungswesen
der USA geöffnet haben wollen.
Das sind sozusagen die Tradeoffs, die immer dabei sind. Deshalb ist es ganz entscheidend, daß
man Bündnispartner hat im
Kampf gegen diese Abkommen
und zum Beispiel auch klarmacht,
daß die Behauptung, sie wären im
Interesse kleiner und mittelständischer Unternehmen, einfach
Quatsch ist. Die meisten werden
im Wettbewerb von den großen
Multis gefressen. Wenn es dann
gelingt, breite Bündnisse zu
schaffen, kann man da ordentlich
Sand ins Getriebe streuen.
SB: Die Spannungen zwischen
der EU und den USA werden
manchmal auch als innerimperialistische Rivalität erklärt. Was
meinen Sie, wo hat dieser Erklärungsansatz seine Stärken, vielleicht aber auch seine Schwä- SB: Wie ist denn die Haltung
Frankreichs zu bewerten? Die
chen?
französische Regierung hat ja geFDM: Es gab immer ein Verhält- rade erst den Abbruch der TTIPnis von Konkurrenz und Koopera- Verhandlungen mit den USA getion zwischen der EU und den fordert. Hat sich dadurch die LaUSA. Übrigens wäre es auch ge innerhalb der EU-Kommission
schon falsch, "die" EU zu sagen, verändert, auch was CETA anweil die nationalen Regierungen geht?
innerhalb der EU völlig unterschiedliche Interessen haben, so FDM: Frankreich hat sich gegen
wie zum Beispiel Deutschland TTIP ausgesprochen zu einem
ganz andere Interessen hat als Zeitpunkt, als es der Regierung
Frankreich und wie eben auch in- vor allem um die Durchsetzung
nerhalb Deutschlands die Konzer- von CETA ging. Ich bin da sehr
ne andere Interessen haben als ein skeptisch. Sowohl Gabriel als
Leiharbeiter. Das gilt natürlich auch Hollande haben gesagt,
auch im Verhältnis zwischen der TTIP ist tot, um so ein bißchen die
EU und den USA. Kooperation Skepsis in der französischen Öfgab es da schon immer. Das heißt, fentlichkeit auch gegenüber den
man hat gemeinsame Interessen, USA mit anzufüttern, sich da helbeispielsweise eine bestimmte denhaft in die erste Reihe zu stelWirtschaftsordnung im internatio- len und zu sagen, wir beerdigen
nalen Maßstab durchzusetzen, und jetzt TTIP. Aber in Wirklichkeit
hofft dann darauf, daß die eigenen wollten sie von CETA ablenken.
Natürlich haben auch die franzöKonzerne die Gewinner sind.
sischen Konzerne ihre eigenen InDeswegen machen die US-Unter- teressen. Die Franzosen haben gehändler jetzt Druck, um die Le- wisse Vorbehalte im kulturellen
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Bereich. Das ist auch ein großer
ökonomischer Faktor, der allerdings in der französischen Öffentlichkeit eine große Tradition
aufweist, weshalb bestimmte kulturelle Dienstleistungen staatlich
erbracht werden. Also da gibt es
Vorbehalte, aber ich glaube nicht,
daß die französische Regierung
oder Präsident Hollande grundsätzlich gegen den Abschluß des
CETA-Abkommens wären.
Wollte man versuchen, das vollkommen rational zu erklären,
könnte man zum Beispiel sagen,
daß die Franzosen damals nach
der Schaffung des Euros
Deutschland mit der neuen Währung einhegen wollten. Doch im
Prinzip sind sie dann von
Deutschland völlig deindustrialisiert worden. Deswegen gibt es
viele Bereiche, wo man eigentlich
sagen könnte, dieses Abkommen
liegt nicht im Interesse Frankreichs. Aber dann besteht da eben
immer die Hoffnung, daß es irgendwann im Rahmen dieser Entwicklung auch ein paar französische Unternehmen gibt, die auf
der Gewinnerseite stehen. Den
Griechen hat man auch versprochen, wenn ihr euch mit einsetzt
für die EU-Osterweiterung, dann
werdet ihr irgendwann in den
Balkan exportieren. Doch das hat
nicht funktioniert. Natürlich gibt
es auch gegenüber der französischen Regierung Druck von den
eigenen Konzernen, weil die meinen, daß sie vielleicht in diesen
oder jenen Markt vordringen
könnten. Aber häufig ist das eben
nicht im Interesse der eigenen
Volkswirtschaft.
SB: Da erübrigt sich im Grunde
schon die Frage danach, ob CETA
ein etwas harmloseres Freihandelsabkommen wäre als TTIP.
Do, 20. Oktober 2016
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FDM: Nein, das ist es absolut
nicht. CETA ist in bestimmten
Bereichen sogar noch ambitionierter. Wenn man zum Beispiel
die Negativliste nimmt, da unterliegt im Bereich der Dienstleistungen alles, was nicht explizit
ausgenommen ist von CETA,
dem Abkommen. Das heißt, im
Prinzip ist gar nicht so wichtig,
was in CETA drinsteht, sondern
das, was da nicht drinsteht. Die
Amerikaner sagen hinter vorgehaltener Hand, daß sie mit CETA
eigentlich ganz gut leben können,
weil sie dieses Abkommen über
die Zweitniederlassungen, die
US-Unternehmen in Kanada haben, genauso nutzen können. Und
CETA ist ein sehr weitreichendes
und umfassendes Abkommen.
duzieren lassen, kann das unter
Umständen zu einem Imageschaden führen, der ab einem bestimmten Punkt auch Geld kostet,
weil vielleicht weniger Produkte
gekauft werden oder die Marke an
Wert verliert. Da spielt das dann
schon eine Rolle.
kaufen uns hier in den Verhandlungen nicht mehr zum Nulltarif.
Deswegen haben die großen
Staaten diese bilateralen Verträge geschaffen, denn sie haben
gesagt: Okay, wenn wir auf multilateraler Ebene nicht mehr weiterkommen, machen wir jetzt
eben bilaterale Verträge und verDie Vereinten Nationen sollten suchen so, die in den Schwitzkaeigentlich in der Handelspolitik sten zu nehmen.
SB: Demnächst steht - ein kleiner
Schwenk vielleicht - im sogenannten UN-Treaty-Prozeß die
nächste Gesprächsrunde in Genf
bevor, bei der es um ein neues internationales Abkommen geht,
das großen Unternehmen einklagbare Menschenrechtspflichten
auferlegen soll. Glauben Sie, daß
ein solcher Vertrag halten könnte, eine viel, viel größere Rolle spielen, auch um die Interessen der
was er verspricht?
Schwellen- und EntwicklungsFDM: Nein. Was die Menschen- länder stärker zu vertreten. Leirechte für die großen internatio- der haben sie bei den großen
nalen Konzerne bedeuten, können Jungs und Mädels relativ wenig
wir in Lateinamerika täglich stu- zu sagen. Gerade CETA und
dieren. Dort wurden teilweise so- TTIP zeigen ja, daß es einen Progar Milizen mitfinanziert, die Ge- zeß hin zu bilateralen Abkomwerkschafter ermordet und ent- men gibt. Dagegen ist die WTO
führt haben. Wir kennen solche - und wir als Linke haben sie
Fälle aus Argentinien, da haben häufig kritisiert und tun das auch
die Menschenrechte selten eine weiterhin - eine Ausgeburt an
Rolle gespielt. Es gibt natürlich Transparenz. Bei der WTO war
Unternehmen, die darauf bedacht es so, daß die großen Staaten ihsind, daß ihr öffentliches Image, re Interessen irgendwann nicht
ihre Reputation nicht leidet. Wenn mehr durchsetzen konnten wie
dann die Arbeitsbedingungen be- vorher, weil zum Beispiel die
kannt werden beispielsweise von BRICS-Staaten, also die SchwelUnternehmen, die in China pro- lenländer, gesagt haben, wir verDo, 20. Oktober 2016
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Im Interview
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SB: Von der europäischen
Linkspartei wurde vor kurzem
unter Ihrer Mitwirkung eine
Studie zu den möglichen Folgen
von CETA und TTIP für Nordrhein-Westfalen veröffentlicht.
[3] Darin wurde der US-Wirtschaftswissenschaftler Joseph
E. Stiglitz mit den Worten zitiert: "Die alte Geschichte, daß
Handel automatisch für alle gut
ist, stimmt einfach nicht." Verstehen Sie das in einem grundsätzlichen Sinne oder impliziert
diese Aussage, daß das vielleicht alles nur besser reguliert
werden müßte?
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FDM: Nein, das verstehe ich auch
grundsätzlich. Wenn wir über die
Globalisierung sprechen - denken
wir an den Klimawandel -, gibt es
Bereiche, wo wir ganz eindeutig
weniger Globalisierung brauchen.
Angesichts der ökologischen Herausforderung ist es zum Beispiel
einfach nicht vertretbar, daß wir
jedes Agrarprodukt einmal quer
über den Atlantik schicken. Wozu? Das hat keinen Selbstzweck,
das verursacht Transportkosten.
Wir brauchen eigentlich mehr regionale Wirtschaftskreisläufe; insofern gibt es auch Bereiche, wo
wir weniger Handel brauchen.
Die Entwicklung in den letzten
Jahrzehnten ist so, daß der Handel schneller wächst als die Wirtschaft. Das bedeutet, daß nahezu
ein Wirtschaftskrieg um Absatzmärkte herrscht, und das ist im
Zweifel nicht gesund.
Zweitens ist es natürlich so, daß
in der Geschichte des internationalen Handels meistens die Nationen erfolgreich waren, die ihre
Industrie eine Zeitlang geschützt
haben, bis sie überhaupt wettbewerbsfähig genug war, und dann
erst ihre Märkte geöffnet haben.
Es gibt Handel, der sinnvoll ist,
wenn sich zum Beispiel Volkswirtschaften ergänzen, weil einige Länder über bestimmte Ressourcen oder ein gewisses
Knowhow nicht verfügen und
dies dann importieren können.
Die Chinesen zum Beispiel haben
immer stark auf Joint Ventures
gesetzt, um vom Knowhow westlicher Konzerne zu profitieren.
Aber das muß dann in einem bestimmten Rahmen stattfinden.
Einfach zu sagen, daß der sogenannte freie Handel insgesamt
Wohlstand bringen würde, davon
haben sich eigentlich auch MainSeite 6
stream-Ökonomen - Paul Samuelson ist einer der großen Namen verabschiedet, weil zum Beispiel
klar ist, daß ein Land, wenn es
erst einmal eine chemische Industrie etabliert hat, andere Marktteilnehmer gar nicht mehr reinläßt. Dann gibt es die sogenannten Skaleneffekte, was bedeutet,
daß sehr große Industrien andere
Wettbewerber plattmachen können. Wir sehen ja täglich in bestimmten Regionen Afrikas, wie
dort lokale Märkte und die Wirtschaft zerstört werden durch den
Markteintritt sehr, sehr großer
Wettbewerber. Deswegen hat das
auch wenig mit freiem Handel zu
tun. Das ist vielmehr so, als würde man ein Rehkitz und einen Tiger in einen Käfig sperren und zu
ihnen sagen: jetzt einigt euch mal.
Daran ist wenig frei. Deswegen
geht es beim Freihandel - Sprache
ist ja meistens auch dazu da, ein
bißchen die Wirklichkeit zu verzerren - eben nicht um freien
Handel, sondern im Prinzip um
die Marktmacht der großen Konzerne, die die Märkte dann dominieren. Mit freiem Wettbewerb
oder ähnlichem hat das relativ
wenig zu tun.
SB: Wäre denn ein fairer Handel,
wie er so oft gefordert wird, ein
Gegensatz dazu?
FDM: Da wäre die Frage zu klären, was ist eigentlich fair? Das ist
immer eine Sache des Maßstabs.
Es gab ja Prozesse in Lateinamerika, wo zum Beispiel gesagt wurde, daß man bestimmte Infrastrukturen schafft, die gemeinsam
genutzt werden können. Auch im
Kongo ist es häufig das Problem,
daß bestimmte Anbieter ihre Waren gar nicht absetzen können,
weil eine Brücke zwischen zwei
Dörfern nicht existiert. Natürlich
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wäre es dann sinnvoll, diese
Brücke zu bauen, damit bestimmte Ressourcen, die es im Osten
gibt, in den Westen gebracht werden können und umgekehrt. Insofern gibt es natürlich auch sinnvollen Handel, aber er muß dann
auch so gestaltet sein, daß da zum
Beispiel ein bestimmtes
Knowhow auf ein gutes Warenangebot trifft und es eben nicht darum geht, die Lebensbedingungen
der Menschen zu verschlechtern
durch immer niedrigere Löhne
und sinkende Sozialstandards.
Ein Beispiel: Wir haben in der EU
das sogenannte Herkunftslandprinzip. Das bedeutet, wenn ein
polnischer Bauarbeiter auf eine
deutsche Baustelle geschickt
wird, hat er nicht zwingend einen
Anspruch aufden deutschen Lohn
vor Ort nach Tarif, sondern wird
nach der Herkunft des Unternehmens bezahlt. Umgekehrt ist es
aber so, wenn ein deutscher Bauunternehmer nach Polen geht,
zahlt er ja auch nicht den höheren
deutschen Lohn nach seinem
Herkunftsland, sondern häufig
den niedrigen polnischen. Eigentlich sollte der Zweck des Handels
doch sein, daß bestimmte Staaten
zum Beispiel Investitionen anziehen, damit das höhere Knowhow
in diese Länder kommt und dort
die Produktivität steigert. Wir erleben aber mit diesem Herkunftslandprinzip - und das ist quasi der
genetische Code all dieser Abkommen -, daß man wechselseitig die niedrigeren Standards anerkennen muß. Ist dann zum Beispiel die höhere Produktivität in
Deutschland, wird das höhere
Knowhow mit den niedrigeren
Löhnen kombiniert. Das macht
für das Land mit dem niedrigen
Lohnniveau keinen Sinn, weil es
im Endeffekt die wirtschaftliche
Do, 20. Oktober 2016
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Entwicklung dort nicht fördert.
Stattdessen führt das dazu, daß in
dem Land, das eine höhere Produktivität und von daher auch ein
höheres Lohnniveau hat, die Löhne unter Druck geraten.
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Ruandas Präsident Kagame, ein Flugzeugattentäter?
Wer enthauptete auf einen Schlag zwei Staaten ihrer Führung?
SB: Vielen Dank, Herr De Masi,
für das Gespräch.
Frankreich nimmt Ermittlungen auf
Man stelle sich vor, Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Frankreichs Präsident Francois
Hollande sowie einige hochrangige Militärs und Berater würden
zusammen in einem Flugzeug
fliegen und beim Landeanflug
von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen. Anschließend brächen Unruhen aus. Würde bei
solch einem Ereignis nicht sofort
die Frage gestellt, wer für das Attentat verantwortlich ist? Und
sollte man nicht von einer eigens
von den Vereinten Nationen eingerichteten Untersuchungskommission erwarten, daß sie nicht
nur zu den Unruhen, sondern
auch hinsichtlich ihres Auslösers
ermittelt?
(SB) ­
Anmerkungen:
[1] Siehe den Bericht zu der Veranstaltung mit Fabio de Masi am
13.10.2016 in Hamburg im Schattenblick unter www.schattenblick.de
→ INFOPOOL → POLITIK →
REPORT:
BERICHT/247: Restverwertung
global - feldgequert und spaltgenährt
... (SB)
[2] http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-071.html
[3] CETA und TTIP an Rhein und
Ruhr. Was droht Nordrhein-Westfalen und seinen Kommunen durch die
transatlantischen Handelsabkommen? Autor: Thomas Fritz, Herausgeber: Die Linke.im Europaparlaja, aber im Fall des Abment/Vereinigte Europäische Linke Eigentlich
schusses der Maschine des ruanhttp://www.schattenblick.de/
infopool/politik/report/
prin0325.html
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http://www.schattenblick.de/infopo
ol/infopool.html
Do, 20. Oktober 2016
dischen Präsidenten Juvenal Habyarimana und seines burundischen Amtskollegen Cyprien Ntaryamira am frühen Abend des 6.
April 1994 beim Landeanflug auf
den Flughafen der ruandischen
Hauptstadt Kigali hat sich das
noch im selben Jahr einberufene
Ad-hoc-Tribunal für Ruanda regelrecht geweigert, die Täterschaft aufzuklären. Das ist schwer
zu verstehen, zumal das Attentat
den Auftakt zu einem 100 Tage
währenden Blutbad war, bei dem
rund 800.000 Ruander - vorwiegend vom Volk der Tutsi sowie
gemäßigte Hutu - niedergemetzelt
wurden.
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Die frühere UN-Chefanklägerin
Louise Arbour ließ sogar eine
ganz heiße Spur, die eines ihrer
internationalen Ermittlungsteams
entdeckt hatte und mit einiger Berechtigung erwarten ließ, daß der
oder die Attentäter binnen kurzer
Zeit unter Eid genannt werden
würden, fallen wie eine heiße
Kartoffel. Und der eigentlich
doch höchst erfolgreiche Leiter
der Ermittlungsgruppe, der australische Anwalt Michael Hourigan, wurde zurechtgestutzt, mußte die bisherigen Ermittlungsergebnisse seines Teams verbrennen und wurde fortan kaltgestellt.
Daß das zu allerlei Mutmaßungen
führen mußte, beispielsweise dahingehend, daß im Hintergrund einflußreiche Kräfte an den Fäden gezogen haben, konnte nicht ausbleiben; zumal der geopolitische Kontext bekannt war, wonach zur damaligen Zeit ein intensives Ringen
um Erhalt und Zugewinn kolonialzeitlicher Einflußbereiche zwischen
Frankreich aufder einen Seite und
USA/UK aufder anderen stattfand.
Frankreichs "Verlust" Ruandas an
die angloamerikanischen Hegemonialinteressen in Folge der opferreichen Ereignisse in Ruanda gäbe ein
durchaus plausibles Motiv für ein
Attentat ab. Vielleicht kommt ja
noch der Tag, an dem Arbour, die
wert auf ihren integren Ruf legt,
mehr darüber verrät, als was sie bisher zu ihrer damaligen Entscheidung gesagt hat. [1]
Seite 7
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Eine Gelegenheit dazu bietet womöglich der jüngste Versuch
Frankreichs, jene Kartoffel, die
sie fallengelassen hat und die
schon vor langer Zeit erkaltet ist,
wieder aufzuwärmen und ihr,
vielleicht in Scheiben geschnitten
und scharf angebraten, noch Geschmack abzugewinnen. Anfang
dieses Monats haben die französischen Behörden ein Ermittlungsverfahren wiedereröffnet,
um die Verantwortlichen des Abschusses der Präsidentenmaschine festzustellen und zur Rechenschaft zu ziehen. [2]
An Bord der Falcon 50 hatten sich
auch drei französische Besatzungsmitglieder befunden, was
bereits vor vier Jahren Ermittlungen ausgelöst hatte. Es gibt zwei
Hauptdeutungen der Ereignisse:
Kagame, ein in Uganda lebender
Sohn von Exil-Tutsi und 1994
Befehlshaber der aus dem Nachbarland stammenden Invasionsarmee Ruandische Patriotische
Front (RPF), deren Mitglieder anfangs noch ugandische Militäruniformen trugen und die sich
"Rebellenarmee" nannte, hat den
Abschuß befohlen, weil er die
Macht nicht mit Habyarimana teilen wollte. Oder aber radikale Hutu haben ihren eigenen Präsidenten umgebracht, weil auch sie mit
dem 1993 gefaßten Kompromiß
des Friedensschlusses nicht einverstanden waren.
Frankreich hat schon einmal versucht, die Ermittlungen aufzurollen, jetzt liegen neue Beweise vor,
die wieder einmal auf Kagame
deuten und von so viel Gewicht
sind, daß sie kaum ignoriert werden können. Ausgerechnet Kagames früherer Militärchef und enger Verbündeter General Faustin
Kayumba Nyamwasa hat eine
Seite 8
zwölfseitige eidesstattliche Erklärung abgegeben, in der er bezeugt, daß er am 6. April 1994 ins
Hauptquartier einbestellt worden
war, wo Kagame und zwei Adjutanten Rundfunkmeldungen über
das Attentat lauschten. "Wir hörten den Ankündigungen und
Kommentaren rund fünf Minuten
lang zu, bis Paul Kagame die
Lautstärke des Kofferradios herunterdrehte und uns berichtete,
daß unsere Soldaten die Maschine von Präsident Habyarimana
abgeschossen hätten", heißt es in
der eidesstattlichen Erklärung, die
der kanadischen Zeitung Globe &
Mail vorliegt. Kagame habe erklärt, daß nur ein kleiner Kreis
von Personen eingeweiht gewesen sei, um ein Durchsickern von
Informationen zu verhindern, und
die Aktion unter seinem direkten
Kommando stattgefunden habe.
[2]
spurlos aus einem von hohen
Mauern umgebenen und bewachten Sicherheitshaus des Internationalen Strafgerichtshofs in
Arusha, Tansania, verschwunden,
kurz bevor er vor Gericht ausgesagt hätte, daß er und andere Zeugen unter Druck gesetzt worden
seien, vor dem UN-Tribunal
falsch auszusagen (und somit Hutu zu belasten, also von RPFÜbergriffen abzulenken). Es fällt
auf, daß immer dann, wenn solche
Aussagen aktenkundig werden
könnten, irgend etwas dazwischen kommt.
General Nyamwasa war von 1998
bis 2002 ruandischer Armeechef,
ist aber in Ungnade gefallen,
mußte um sein Leben fürchten
und ist nach Südafrika geflohen,
wo er heute noch lebt. Im Exil
wurde schon zweimal versucht,
ihn umzubringen, und die Spur
deutet auf die ruandische RegieBereits am Morgen nach dem Ab- rung.
schuß griffen radikale Hutu zu
den Waffen und töteten Tutsi. Die Wiederaufnahme der ErmittNach 100 Tagen beendete Kaga- lungen ist nicht der erste Aufmes RPF das Abschlachten. Seit- wärmversuch des Ruanda-Attendem kontrolliert sie das Land und tats, und es ist auch nicht der erKagame war zunächst inoffiziell ste Versuch, der unverzüglich eials Verteidigungsminister, dann ne harsche Reaktion seitens des
offiziell als Präsident stets der er- heutigen ruandischen Präsidenten
ste Mann im Staat. Seitdem hat er Paul Kagame ausgelöst hätte.
die Macht nicht mehr aus der Wenn Frankreich den "ShowHand gegeben. Das hat den gün- down" [3] wolle, könne es ihn hastigen "Neben"effekt, daß er als ben, tönte dieser, und die regiePräsident besser vor Strafverfol- rungsnahen Medien des Landes
gung geschützt ist als ein Normal- ergehen sich in Anschuldigungen
bürger.
Frankreichs. Es habe die damalige Habyarimana-Regierung unIm Laufe der Jahre sind auffällig terstützt und wolle sich vom Vorviele seiner politischen Gegner im wurf der Genozid-Beteiligung
In- und Ausland Anschlägen zum reinwaschen, wird in einer WunOpfer gefallen oder wie Kagames de gewühlt, die bis heute offen ist:
Konkurrentin um das Präsiden- Frankreich hatte die Habyarimatenamt, Victoire Ingabire, ins Ge- na-Regierung unterstützt, bis in
fängnis geworfen worden. Ein die Zeit des Abschlachtens kamen
Zeuge ist auf unerklärliche Weise noch Waffenlieferungen aus
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Do, 20. Oktober 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
EUROPOOL / POLITIK / GRIECHENLAND
Internationale Presseagentur Pressenza ­ Büro Berlin
Griechenland heisst Flüchtlingskinder an Schulen willkommen
Nachricht aus der Redaktion Athen vom 19. Oktober 2016
Athen - 19.10.2016. Das griechische
Bildungsministerium hat rechtzeitig
zum neuen Schuljahr Klassenräume
und Lehrer_innen bereit gestellt
und Asylsuchende unter 15 Jahren
begrüsst. Gleichzeitig bereitet es die
Eingliederung von Minderjährigen
zwischen 15 und 18 Jahren in Ausbildungsprogramme vor.
Das Ergebnis ist, dass viele Flüchtlingskinder in vielen Regionen Griechenlands am 10. Oktober in Schulklassen gekommen sind, zuerst in
Attika, Zentralmazedonien und Epirus. Das Programm wird graduell
ausgeweitet aufdas gesamte Land.
Die Kinder reisten mit Bussen zu
den Schulen, die von der Internatio-
Fortsetzung von Seite 8:
Frankreich an. Aber was das mit
dem Abschuß der Präsidentenmaschine zu tun haben soll, will sich
partout nicht erschließen ...
Anmerkungen:
[1] http://www.theperspective.org/louisearbour.html
[2] http://www.theglobeandmail.com/news/world/probe-revisits-mystery-of-assassination-thattriggered-rwandan-genocide/article32316139/
[3] http://www.bbc.com/news/
world-africa-37613315
http://www.schattenblick.de/
infopool/politik/redakt/
afka2129.html
Do, 20. Oktober 2016
nalen Organisation für Migration und es wird momentan in den
(IOM) zur Verfügung gestellt wur- Flüchtlingslagern in Nordgrieden und erhielten Schulunterlagen chenland weitergeführt.
und Bücher.
Nach offiziellen Zahlen gibt es
Das Bildungsministerium drückte mehr als 60.000 Asylsuchende, die
seine Dankbarkeit aus gegenüber seit der Schliessung der Grenzen
"Lehrern, Elterninitiativen, Behör- der Balkanländer und dem Inkraftden, zahlreichen freiwilligen Stu- treten des EU-Türkei-Abkommens
denten und dem wissenschaftli- im März in Griechenland gestranchen Komitee für ihren Beitrag det sind. Inzwischen sind davon 38
zum Erfolg des ersten Schultages Prozent Kinder und dazu gehören
für Flüchtlingskinder, sowie ihre viele unbegleitete Minderjährige
herzliche Aufnahme, die zur har- ohne Eltern oder Aufsichtsperson.
monischen Integration der Kinder
in den Schulen beigetragen hat", Ohne Zweifel stehen Griechenland
trotz gewisser Reaktionen in eini- schwere Zeiten bevor durch diese
gen Gemeinden.
Flüchtlingskrise, aber auch großartige Möglichkeiten. Sowohl als
Letzten Mai begann das griechi- Individuen als auch als Gemeinsche Gesundheitsministerium eine schaft könnte die griechische GeImpfkampagne, die daraufabziel- sellschaft reflektieren und gegen
te, alle Asylsuchenden im Land zu einen absurden Krieg Position beversorgen. Ärzte ohne Grenzen ziehen. Wir könnten über die Beführte die Kampagne in Zusam- dingungen nachdenken, unter demenarbeit mit dem Generalsekre- nen wir selbst und die Kinder dietariat für öffentliche Gesundheit, ser Welt leben wollen, über unsere
dem hellenischen Zentrum für Zukunft als Menschheit. Es ist unKrankheitskontrolle & -schutz und sere Verantwortung, die Dinge zudem nationalen Gesundheitszen- gunsten des Lebens und einer offetrum.
nen Zukunft zu gestalten und nicht
in Rictung der Absurdität von
Medienberichten zufolge wurden Hass, Angst und Zerstörung.
mehr als 7.000 Minderjährige im
Alter von sechs Wochen bis 15 Der Text steht unter der Lizenz Crea­
Jahren bis Mitte Oktober 2016 ge- tive Commons 4.0 - http://creativeimpft. Das Impfprogramm deckte commons.org/licenses/by/4.0/
zehn Kinderkrankheiten ab (Diphterie, Tetanus, Keuchhusten, Ma*
sern, Mumps, Röteln, Haemophi- Quelle:
lus influenzae, Hepatitis B, Kin- Internationale Presseagentur
derlähmung und Pneumokokken) Pressenza - Büro Berlin
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EUROPOOL / MEINUNGEN / STANDPUNKT
Internationale Presseagentur Pressenza ­ Büro Berlin
Yanis Varoufakis:
"Es ist an der Zeit, dass Europas Humanisten Europa zurückfordern"
von DiEM25, 17. Oktober 2016
Paris - 17.10.2016. Yanis Varoufakis hielt am 10. September auf
der Fête de l'Humanité 2016 in
Paris eine bemerkenswerte Rede, die wir hier vollumfänglich
veröffentlichen.
Letztes Jahr kam ich mit einer
Nachricht von Griechenland zum
Fest [Fête de l'Humanité]. Der
Athener Frühling war gerade von
der Troika niedergeschlagen worden, weil Europas Establishment
plante, die Troika nach Paris zu
bringen.
Wir sind hier, weil unsere Bevöl- ne Welt, die ihnen erlaubt, unendkerung erstickt, in einem Europa, lich viel Geld zu machen, indem
das gerade zerfällt.
sie den Rest der Menschheit als
Werkzeug dafür missbrauchen.
Und unsere Bevölkerung wird
weiter ersticken, solange Europa Mit rationalen Argumenten sind
zerfällt. Und Europa wird weiter sie nicht zu überzeugen. Sie pfeizerfallen, solange unsere Bevöl- fen auf ein ethisches Vorbild. Sie
kerung erstickt.
verachten Demokratie. Sie wissen, dass sie eine große Mehrheit
So sind wir nun hier, um das Er- der Menschen einschüchtern könsticken unserer Bevölkerung zu nen. Doch in Ihrer Überheblichbeenden, um den Zerfall Europas keit zerstören sie mit ihrem Busiaufzuhalten. Einen Zerfall, der die ness as usual wie ein dummer ViBestie der Großen Deflation un- rus den Organismus, von dem sie
serer Zeit nährt, welche - wie in abhängig sind.
den 1930ern - Fremdenhass, Rassismus und Nationalismus her- Ihr Business as usual ist verantvorbringt.
wortlich für Europas Zerfall.
Und die Troika kam nach Paris.
Das Arbeitsrecht wurde per präsidentialer Verordnung geändert.
Bürgerrechte wurden eingeschränkt. Und die großartigen Wir sind hier, um den Preis, den
Menschen von Paris antworteten die Menschen aufgrund des idiomit Nuit Debout.
tischen Umgangs mit der unvermeidlichen Krise dieses Europas
Ja, es ist wahr, Griechenland war zahlen müssen, möglichst gering
das Versuchslabor der Menschen- zu halten. Nur das bringt uns hier
verachtung. Und Frankreich muss zusammen: eine Dringlichkeit.
das Schlachtfeld sein, auf dem die Eine Pflicht: den Preis menschliMenschenverachtung besiegt wird. chen Leidens möglichst gering zu
halten. Unsere Aufgabe ist einWarum sind wir hier? Wir sind fach: es ist unsere Pflicht, alles
hier, weil wir Humanisten sind, in nur Erdenkliche zu tun, um die
einem Zeitalter der Menschenver- Sorgenfalten in den Gesichtern
achtung.
der Menschen zu glätten.
Wir sind hier, weil die Menschen
in Frankreich ersticken. Die Griechen ersticken. Die Österreicher,
die Deutschen, die Spanier, die
Portugiesen ersticken. Ganz Europa erstickt.
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Geben wir uns keinen Illusionen
hin. Vor uns stehen entschlossene,
gutorganisierte Gegner, welche
das Wohl der Menschen nicht an
erste Stelle setzen. Die nur eines
wollen: Business as usual, und eiwww.schattenblick.de
Ihr Business as usual ist verantwortlich für den langsamen ökologischen Tod des Planeten Erde.
Ihr Business as usual ist verantwortlich für die Furcht und den
Hass, der wieder, wie in den
1930ern, zur dominierenden politischen Kraft auf diesem Planeten
wird.
Ja, deswegen sind wir hier.
DiEM25, die Bewegung, die mit
der Zerschlagung des Athener
Frühlings ihren Anfang nahm und
sich nun in ganz Europa ausbreitet, ist hier. Wir sind hier mit der
Entschlossenheit, jeden Preis zu
zahlen, alles auf uns zu nehmen,
jedem Feind der Hoffnungen auf
Mitmenschlichkeit die Stirn zu
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bieten. Wir sind hier, um die französischen Ideale von Freiheit,
Brüderlichkeit und Gleichheit zu
verteidigen, und sie mit Hoffnung, Vernunft, Vielfalt, Toleranz
und natürlich Demokratie zu ergänzen.
tidemokratischen Machenschaften der EU, Le Pen verteidigt eine vom angeschlagenen Euro und
der Linken im Stich gelassene Arbeiterklasse.
Die Politik erlebt gerade eine
Umbildung, wie sie die Welt seit
den 1930ern nicht mehr gesehen
hat. Eine Große Deflation hat beide Seiten des Atlantiks im Griff,
lässt seit acht Jahrzehnten schlafende politische Kräfte wieder
aufleben.
Doch hüten wir uns vor Selbstgefälligkeit. Wir dürfen nicht selbstverliebt werden. Wir sind nicht
auch nur in der Nähe eines Erfolgs.
Wir sind mitten in der schlimmsten
Kapitalismuskrise seit 1929. Und
doch: die progressiven Kräfte, die
Linke, echte Liberale, Grüne - Leidenschaft kehrt ein in die Poüberall verlieren sie.
litik - aber nicht so, wie wir gehofft hatten. Die Leidenschaft
Die Niederlage unseres Athener treibt nun Menschenfeindlichkeit
Frühlings war von globaler Be- an. Und es ist unsere Aufgabe, das
deutung. Podemos hat in Spanien aufzuhalten. Unsere Aufgabe, die
den Schwung verloren. Überall Leidenschaft für Menschlichkeit
erhebt sich die menschenfeindli- einzusetzen.
che Rechte. Auf dem Kontinent
werden neue Elektrozäune gezo- Um das tun zu können, müssen
gen. Das Licht der Hoffnung wir erst einmal verstehen, was geflackert im kalten Wind des Na- schieht. Sicher, links gegen
tionalismus. Wenn kein Wunder rechts, Arbeitskraft gegen Kapital
geschieht, wird Frankreich 2017 spielt immer eine Rolle. ABER:
einen noch reaktionäreren Präsi- Europa spaltet sich gerade in zwei
denten haben als den traurigen Blöcke, die nichts mit Links oder
Herrn Hollande.
Rechts zu tun haben.
Warum ist das so? Warum wandten sich die Europäer in den Zeiten der Krise nicht den Progressiven zu? Meine Antwort: es ist
UNSER Fehler. Der Fehler der
Progressiven, der Linken, von
Demokraten, Liberalen und Grünen gleichermaßen.
Ein Block repräsentiert die alte
Troika von Globalisierung, Finanzialisierung und Neoliberalismus. Noch ist sie an der Macht,
wenn auch ihre Macht dahinschwindet - wie François Hollande, Angela Merkel und David Cameron bestätigen können. Auch
die griechische Regierung nach
der Kapitulation, die nun eben
dieser Troika dient, kann das bestätigen. Die Europäische Kommission. Zwar sind sie im Amt,
doch verlieren sie ihre Macht und
Legitimation.
Denkt darüber nach: während der
Kapitalismus sich in Krämpfen
windet, wird die Rechte leidenschaftlich, zittert in einer AntiEstablishment-Inbrunst, welche
bis vor Kurzem noch ein Ressort
der Linken war. Trump wendet
sich gegen TTIP, Britische Tories Der andere Block, der sich gegen
und Ungarns Orban gegen die an- Globalisierung, Finanzialisierung
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und Neoliberalismus stellt, ist
das, was ich Nationalistische Internationale nenne.
Britische Brexiter, die Regierungen Polens und Ungarns, die Alternative für Deutschland, der
verabscheuungswürdige Kryptofaschist, der womöglich Österreichs nächster Präsident wird,
und natürlich Marine Le Pen - im
Schlepptau der Großen Deflation
baut sich eine Mauer aus fremdenfeindlichem Nationalismus
vor der Troika auf.
Das Problem mit dem Aufeinanderprallen der Globalen Troika
und der Nationalistischen Internationalen liegt darin, dass es sowohl
real als auch irreführend ist. Die
Brexit-Entscheidung beweist dessen Realität. Und doch ist es irreführend, weil die Globale Troika
und die Nationalistische Internationale in Wirklichkeit nicht Feinde, sondern Komplizen sind.
Globale Troika wie auch Nationalistische Internationale sind nichts
anderes als Facetten der Großen
Deflation - der tiefen Krise des
europäischen Kapitalismus.
Um diese Unheilige Allianz zu
brechen, brauchen wir einen Progressiven Internationalismus. Das
ist es, was DiEM25 in Europa
aufbaut: diese Progressive Internationale.
DiEM25 kommt mit einer soliden
Agenda für einen progressiven
Wandel.
DiEM25 kommt, um sich dem
Business as usual zu widersetzen
- wie wir es in Athen getan haben,
wie wir es in Nuit Debout tun - in
jedem Dorf und in jeder Stadt in
Europa.
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DiEM25 kommt, um sich dem
Ruf der Sozialdemokraten nach
"mehr Europa" zu widersetzen.
Unter dem derzeitigen EU-Regime samt Institutionen wird
"mehr Europa" in eine Legalisierung von Europas Austeritätsunion münden.
- Und schließlich muss eine progressive Regierung auch einen
Plan bereit haben für den Fall,
wenn die "Mitte" einen Ausschluss aus der Eurozone einfädelt.
cher eintreten wird, wenn es dem
Deep Establishment gelingt, unseren Plan zurückzuweisen.
Dies waren die drei Pläne, welche
ich als Griechenlands Finanzminister hatte - mein Team sprach
von ihnen als Plan A, B & X. Jetzt
brauchen wir überall Regierungen, die sich an sie halten wollen.
die EU wird demokratisiert. Oder
sie wird zerfallen!
Wonach Hollande und seine
Anhänger rufen, ist im Grunde
eine Beschleunigung des
Schäuble-Plans [1] in Richtung
einer gefälschten Föderation,
welche Europa dauerhaft in Das schlägt DiEM25 auf nationaeinen eisernen Käfig verwan- ler Ebene vor.
deln wird.
Was die gesamteuropäische EbeDiEM25 kommt AUCH, um sich ne anbelangt, ist DiEM25 der
denjenigen Linken entgegenzu- Überzeugung, dass wir den Eurostellen, die uns das Ziel der Natio- päern einen europäischen Plan A
nalistischen Internationalen, näm- für Europa anbieten müssen. Eine
lich die Europäische Union abzu- Progressive Agenda für Europa.
bauen, überstülpen wollen.
Einen europäischen New Deal eine Vorstellung davon, wie unter
DiEM25 bietet jenen, die fälsch- den gegenwärtig gültigen Verträlicherweise behaupten, es gäbe in gen wieder Hoffnung, Entwickder Europäischen Union keine Al- lung und Demokratie einkehren
ternative - das Euro-TINA-Dog- können.
ma (Anm.: TINA = There Is No
Alternative) - das einzig wirksa- Gleichzeitig bereitet DiEM25
me Gegenmittel an:
einen Plan vor, um einen Zerfall
der Eurozone und der EU so gut
- auf nationaler Ebene sollte eine und reibungslos wie nur möglich
progressive französische, griechi- zu bewältigen.
sche, spanische und italienische
Regierung den Menschen einen Zusammenfassend
besteht
umfassenden Plan A vorschlagen DiEM25 darauf, dass
- einen Eindruck davon, wie unter dem gegenwärtigen System - wir überall einen Plan A einleiwieder Hoffnung ins Land kom- ten, auf nationaler und auf gesammen kann.
teuropäischer Ebene: einen Plan
A, oder europäischen New Deal
- Zugleich muss eine progressive
nationale Regierung einen Ab- - wir einen Abwehrplan vorbereiwehrplan parat haben für den ten, um den Drohungen der TroiFall, dass EZB und Troika als Re- ka entgegenzutreten
aktion auf den Plan A der progressiven Regierung mit Banken- - und wir einen gesamteuropäischließungen, Liquiditätsengpäs- schen Plan vorbereiten zum Umsen u.s.w. drohen.
gang mit Europas Zerfall, der siSeite 12
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Freundinnen und Freunde, Genossinnen und Genossen,
Wir, die Mitglieder von Democracy in Europe Movement, werden sie mit Vernunft überhäufen mit konstruktiven Vorschlägen mit Wirtschaftsplänen, welche
maßvoll, praktisch und jederzeit
umsetzbar sind.
Wir werden sie überschütten mit
Maßhalten.
Doch werden wir ihnen auch in
die Augen blicken, und wenn sie
uns bedrohen, so wie die Troika
mich 2015 bedroht hat, sind wir
bereit, ihnen zu sagen:
¡No pasaran! - Sie werden nicht
durchkommen!
Nur weiter so!
Wir werden nicht weichen!
Europas Zukunft hängt von unserem Widerstand gegen Euren inkompetenten Autoritarismus ab.
Wenn sie uns sagen "Ihr müsst
Business as usual" akzeptieren
oder die Europäische Union, den
Euro, verlassen", werden wir antworten: "Wir gehen nicht!" "Ihr
geht!"
Auf ihr Business as usual werden
wir mit KONSTRUKTIVEM
UNGEHORSAM reagieren. MIT
EINER KOMBINATION AUS
BESCHEIDENEN
VORSCHLÄGEN UND UNGEHORDo, 20. Oktober 2016
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SAM. Das ist es, was Humanis- - Und sie zu fragen: wirst Du ihn Zeit für Europas Humanisten, Eumus uns heute abverlangt.
umsetzen? Und wenn nicht, ropa zurückzufordern.
warum?
Ich frage unsere Genossinnen und
Carpe DiEM25
Genossen, welche uns drängen, - So wird DiEM25 in jedem euroden EXIT als Ziel zu übernehmen: päischen Land wirken.
Übersetzung:
Andrea Hirschmann
glaubt Ihr wirklich, dass eine Lin- - So wird DiEM25 auf eine
ke in diesen Zeiten eine Schlacht Progressive Internationale hinum die Vormachtstellung gegen arbeiten. Zu einer gesamteuro- Anmerkung:
die fremdenfeindliche Rechte ge- päischen Allianz von Demokra- [1] https://yanisvaroufawinnen kann, indem sie den Ruf ten, Sozialisten, Liberalen, kis.eu/2015/07/17/dr-schaublesder Rechten nach neuen Mauern Grünen, Feministen, Utopisten, plan-for-europe-do-europeansund dem Ende von Bewegungs- die verstehen, dass die einzige approve-english-version-of-myfreiheit unterstützt?
Alternative in einer Dystopie article-in-die-zeit/
besteht.
Genug davon. Jetzt ist es an der
Zeit, sich an die Arbeit zu ma- Freundinnen und Freunde, Ge- Der Text steht unter der Lizenz
chen.
nossinnen und Genossen:
Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/liDiEM25 arbeitet schon daran, ei- Viel zu lange schon haben wir, censes/by/4.0/
ne Progressive Agenda für Euro- Frankreich,
Griechenland,
pa zusammenzustellen, einen Deutschland, zugelassen, dass
*
Green New Deal für Europa.
ganz Europa von "Zufall und Quelle:
Zwang" regiert wird statt von Internationale Presseagentur
Ein Komitee von bestqualifizier- "Besinnung und Wahl".
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ten Ökonomen hat sich an die ArJohanna Heuveling
beit gemacht. Nächste Woche Viel zu lange haben wir zugelas- E-Mail: johanna.heuvewerden wir auf unserer Website sen, dass einstige Aufgeklärtheit [email protected]
unser Werk zu Euro, Investitio- in Dunkelheit verblasst.
Internet: www.pressenza.com/de
nen, Banken, Armutsbekämpfung
und Schuldenabwicklung vorstellen. Und IHR seid eingeladen,
daran teilzuhaben.
SCHACH UND SPIELE / SCHACH / SCHACH-SPHINX
Bis Februar 2017 wird unsere AbWer raubt, verliert
handlung zum New Green Deal
für Europa als Entwurf zur Verfügung stehen. Dann werden wir al- (SB) - Für gewöhnlich staunt der derlage, so kommt der "Kapitale wieder in der letzten Februar- junge Schachadept beim Betrach- list" zumal in Leipzig 1980 doch
woche in Paris zusammenkom- ten einer Meisterpartie, wenn ei- um das Eingeständnis eines Rener der Spieler plötzlich zu einem mis nicht umhin. Wir bewundern
men.
Figurenopfer greift, ein zweites, zwar die Siegespartien, die opfer- Um Frankreichs Bevölkerung vielleicht sogar drittes folgen läßt reich verlaufen, bewerten sie auch
unsere pragmatischen, radikalen und zuletzt die Welt auf den Kopf in der Regel höher als ein
und umfassenden wirtschaftspoli- stellt: Es siegt der Habenichts und Kampfremis. Doch ist der Einfall,
tischen Vorschläge vorzustellen. Bettler. Im Schach gelten die Er- so muß man sich fragen, nicht unfolgskriterien der Gesellschaft gleich edler im Ansinnen, der mit
- Um den Präsidentschaftskandi- nicht. Wer raubt, wird in der vortrefflichem Opfergang aus der
daten unseren Green New Deal Schachkunst oft zum Verlierer. Not die Tugend eines Remis erUnd ist es nicht gleicht die Nie- zwingt? Eduard Gufeld hatte in
für Europa anzutragen.
Do, 20. Oktober 2016
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Leipzig gegen den DDR-Meister
UMWELT / REPORT / INTERVIEW
Lutz Espig mit einem Läuferopfer
alles auf die Angriffskarte gesetzt.
Doch Espig fand geniale ErwideKlima und Finanzen - die diplomatische Lesart ...
rungszüge und bald schon schien Botschafter
von Marokko, S.E. Dr. Omar Zniber im Gespräch
es, als müßte Gufeld im heutigen
Rätsel der Sphinx die Zeche für
Deutlich unter 2 Grad ­ Konkrete Umsetzung nach Paris
sein Gelage in vollem Umfang
bezahlen. Meister Espig hatte zuletzt 1...Lb7-e4 gespielt und Briefing vor der 22. UNFCCC­Klimakonferenz im Auswärtigen Amt
am 27. September 2016
drohte nun, mit Le4-g6 seine
Stellung sturmsicher zu machen.
Doch da kam Gufeld in der höch- S.E. Dr. Omar Zniber über die Bedeutung des Klimagipfels
und Chancen des Wandels ...
sten Verzweiflung der rettende
Gedanke. Also, Wanderer, zuletzt
besaß Meister Gufeld vier Figu- (SB) 19. Oktober 2016 ­ So habe erwarten ist [1], hätte man den
ren weniger und war doch glück- den Kampf gegen den Klimawan- Veranstaltungsort kaum besser
lich in seiner materiellen Armut! del zur Chefsache erklärt. Er ha- wählen können: Die Länder Afribe zu entschlossenem Handeln kas sind derzeit für Konferenzen
aufgerufen und würde bei vielen um Atmosphäre und Klima bei
Gufeld - Gelegenheiten die Bedeutung der der Staatengemeinschaft gefragt.
COP 22 Konferenz betonen. Mit Bieten sie sich doch als Hochsitz
Espig
diesem Credo, wie ernst Marok- oder Beobachtungsplattform an,
Leipzig
ko seine Aufgabe als Gastgeber die ersten Folgen des Klimawan1980
des kommenden Ereignisses dels aus einigermaßem sicherem
nimmt, ludt S.E. Dr. Omar Zniber, Abstand zu beobachten und
Botschafter des Königreichs Ma- gleichzeitig mittendrin in einem
Auflösung letztes Sphinx­Rätsel: rokko in Berlin, die mehreren vom Klimawandel jetzt schon behundert hochrangigen Teilnehmer troffenen Kontinent zu sein. Am
Meister Chandler räumte mit aus Bundes- und Landesministe- 15. Oktober ging in Ruanda eine
1.Td1xd7! den Ballast zur Seite, rien, Wirtschaft und Zivilgesell- Konferenz über ein Folgeabkomwußte er doch, daß ihm nach schaft sowie den Vertretungen an- men zum Verbot klimaschädli1...De7xd7 2.Lb3xe6 der Weg derer Länder, die dem Briefing cher Treibhausgase zuende, in der
zum Sieg offen stand. Doch auch zum 22. Weltklimagipfel in Mar- die tausendmal stärker als Koh1...Kc8xd7 warf nur vorüberge- rakesch am 27. September 2016 lendioxid wirkenden Frigene oder
hende Hindernisse in seine Bahn: im Auswärtigen Amt beiwohnten, Fluorkohlenwasserstoffe (FKWs)
2.Lb3xe6+ De7xe6 3.Se4-c5+ nach Marrakesch ein. Parallel schrittweise aus Kühlschränken
und Schwarz gab auf. Kurz und zum Treffen der Staatsoberhäup- und Klimaanlagen verbannt werbündig gespielt vom neuseeländi- ter aus aller Welt tagen in einem den sollen. "Der größte Erfolg seit
schen Meister. Warum die weiteren Gipfel auch die afrikani- dem Pariser Klimaabkommen
schwarze Dame den Läufer über- schen Regierungschefs und Ver- 2015" umfaßt gerade mal, den
haupt genommen hatte? Nun, wer treter aus Wirtschaft und Zivilge- Einsatz der Ozon schonenden,
sollte nach einem beliebigen Kö- sellschaft, um die gleichen The- dafür aber brisanten Atmosphänigszug und 3.Le6xg8 De7xe4 men in einem nationalen Rahmen renaufheizer auf 10 Prozent bis
2019 herabzusetzen. Bis 2036
4.Sf4-d3 den weißen g-Bauern zu erörtern.
sollen es dann 85 Prozent sein,
aufhalten?
Selbst wenn nach fast 25 Jahren wobei nicht gewiß ist, inwieweit
diplomatischer, heißer Luft unter und an welchen neuralgischen
http://www.schattenblick.de/
dem Motto der Verhandlungen in Punkten die dafür notwendigen
infopool/schach/schach/
Marrakesch "Zupacken und Han- Austauschstoffe oder alternativen
sph05993.html
deln" keine komplette Wende zu Technologien ebenfalls GesundSeite 14
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Do, 20. Oktober 2016
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heit, Klima oder Umwelt schädigen. Inwieweit sich das tatsächlich als Erfolg rechnet, ist eine
Standpunktfrage.
haben. Auch die Kettenreaktionen
und Risikokaskaden, die aus den
Problemfeldern Armut und Hunger, Unterdrückung und Ausbeutung, Krankheit und Seuchen, Gewalt und Kriminalität, Migration
und Flucht erwachsen, hängen
vielfach und komplex mit den
Folgen der Erwärmung zusammen. Eine Schlüsselfunktion
kommt laut IPCC der großen Abhängigkeit der Bevölkerung von
der Landwirtschaft zu, einem
Sektor, der wie kein anderer vom
Wetter abhängig ist und der immer noch für 70 Prozent der Afrikaner die einzige Lebensgrundlage darstellt.
Auch die vier Ziele, die sich Dr.
Zniber zufolge die marokkanische Präsidentschaft der COP 22
als Prioritäten auf die Fahnen gesetzt hat, verbindliche Abschlüsse zu Linderung, Anpassung und
vor allem Finanzierung wie die
Chance zu technologischer Entwicklung zu schaffen, sind allerdings im Hinblick darauf, daß
Afrika nach Einschätzung des
Weltklimarates (IPCC) der durch
den Klimawandel am meisten bedrohte Kontinent ist, noch fast bescheiden zu nennen.
Während Nordeuropa oder die
USA sogar von besseren Anbau-
Tatsächlich ist es in Afrika schon
später als fünf vor zwölf, was die
bereits spürbaren Folgen des Klimawandels für die Menschen angeht. Forschungsergebnisse zeigen, daß sich die veränderten
Temperaturen auf die Gesundheit,
Existenzgrundlage, Nahrungsmittelerzeugung, Wasserverfügbarkeit und vor allem auch auf die
allgemeine Sicherheit der afrikanischen Bevölkerung ausgewirkt
Do, 20. Oktober 2016
ist Afrikas eigener Beitrag zum
Klimawandel mit gerade mal 3
Prozent der weltweiten Treibhausgasemission geradezu marginal.
In Deutschland werden pro Kopf
jährlich etwa zehnmal so viele
Treibhausgase ausgestoßen wie
im subsaharischen Afrika. Aber
auch in Afrika selbst ist der CO2Ausstoß ungleich verteilt. Nur 15
Länder produzieren dort rund 95
Prozent der afrikanischen CO2Emissionen. Hierunter finden sich
die OPEC (Organisation erdölexportierender Länder)-Staaten Nigeria und Angola genauso wie die
überwiegend agrarischen Volkswirtschaften Äthiopiens, Ghanas
oder der Elfenbeinküste.
bedingungen dank des Klima- Einen Einblick in die CO2­inten­
wandels profitieren könnten, sinkt
sive Stromerzeugung einzelner
danach im südlichen Afrika die Länder bietet ein Bild der Erde
durchschnittliche Produktivität bei Nacht. Deutlich zu erkennen
der Agrarwirtschaft bis 2080 um
sind im Vergleich zur übrigen
14 Prozent - und würde sogar lichterüberfluteten Welt die bei­
noch sinken, wenn die weitere Ernahe schwarzen Konturen des
wärmung gegenüber vorindustriafrikanischen Kontinents.
ellen Verhältnissen schließlich
Foto: 2014 by NASA
doch nicht - wie in Paris vereinbart - unter den anzustrebenden Laut dem "Climate Change Vulzwei Grad bleiben sollte. Dabei nerability Index for 2015" (Verwww.schattenblick.de
Seite 15
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wundbarkeitsindex zum Klimawandel) [2] befinden sich allein
sieben der zehn durch den Klimawandel meistgefährdeten Staaten
in Afrika. In den letzten 25 Jahren
hat sich die Anzahl wetterbedingter Katastrophen wie Überschwemmungen und Dürren verdoppelt. So sind in großen Bereichen der Sahelzone und im Süden
Afrikas die Niederschlagsmengen
drastisch zurückgegangen, während sie in Teilen West-, Ost-,
Süd- und Zentralafrikas unverhältnismäßig angestiegen sind. In
Nordafrika führten die katastrophalen Überschwemmungen von
2001 in Nordalgerien zu etwa 800
Toten und einem wirtschaftlichen
Verlust von etwa 400 Millionen
US-Dollar. Mosambik hatte in
Folge der Überschwemmungen
im Jahr 2000, die durch zwei Zyklone noch verschlimmert wurden, 800 Tote zu beklagen. Fast
zwei Millionen Menschen waren
betroffen. Einer Million davon
fehlte es an Lebensmitteln,
329.000 Menschen wurden obdachlos und landwirtschaftliche
Anbauflächen wurden zerstört. [3]
Parallel dazu ist Afrika die Region mit der höchsten durch Dürren
verursachten Sterblichkeitsrate.
Nach Eritrea, Äthiopien, Nigeria,
Süd Sudan, Sierra Leone, Tschad
(den verwundbarsten afrikanischen Staaten) gehören inzwischen auch andere afrikanische
Länder wie Mosambik (Rang 27)
zu denen mit einem besonders hohen Risiko für landwirtschaftliche
Ernterückgänge, von den noch
nicht genannten Staaten schließen
sich zudem die Demokratische
Republik Kongo, Burundi und
Sudan der Reihe an.
Auch der bereits spürbare Rückgang der Gletscher des KilimanSeite 16
dscharo hat bereits dramatische
Konsequenzen. Sie fallen sowohl
als Wasserspeicher aus und als
Zuflüsse für zahlreiche Wasserläufe, von denen die afrikanische
Wirtschaft abhängig ist. Ghana
ist beispielsweise auf das Akosomba-Damm-Wasserkraftwerk
am Fluss Volta angewiesen. Mali braucht den Niger für Nahrungsmittel, Wasser und als
Transportweg und kämpft zudem
mit der Wasserverschmutzung.
Gerade afrikanischen Ländern
fällt es nach Einschätzung der
Klimawissenschaftler schwer,
sich aus eigener Kraft auf die
neuen Verhältnisse umzustellen.
Laut S.E. Dr. Omar Zniber sei daher eine der vorrangigsten Themen der Konferenz in Marakkesch, den Zugang zu Informationen, Kapital, Technologie und
Märkten zu erleichtern.
"Concentrated Solar Power"
(CSP), mit der hier Energie erzeugt wird, bedeutet nichts anderes, als daß Sonnenstrahlen
mittels Parabolspiegel in einem
Brennpunkt gebündelt und darüber Öl auf 400 Grad erhitzt
wird. Wie bei einem konventionellen Kraftwerk muß auf irgendeine Weise Wasser verdampft werden, um die Turbinen
anzutreiben, die daraus schließlich Strom erzeugen. Neben dem
Wasserverbrauch läßt somit auch
der austretende Wasserdampf
(870.000 Kubikmeter Wasser
pro Jahr, etwa 8 Liter für jede erzeugte Kilowattstunde), der
ebenfalls ein nicht zu verachtendes Treibhausgas darstellt, deutliche Mängel am Konzept erkennen, was die Klimafreundlichkeit angeht. Zudem werden
gewaltige Flächen benötigt. Ende 2017 sollen bereits 3.300
Hektar mit Spiegeln zugestellt
sein. Einige Kritiker befürchten,
der enorme Kühlwasserverbrauch würde die Kapazitäten
der Wüste überfordern. Neben
dem weltweiten Run auf landwirtschaftliche Flächen, "Landgrabbing", mit denen Spekulanten durch Nahrungsmittelproduktion vom Klimawandel profitieren wollen, könnten sich Investoren von der wachsenden
Nachfrage nach transformierten
Energien lukrative Geschäfte
versprechen und das erfordert
noch mehr "gegrabbtes" Land.
Was aber dies für die Umwelt
wie die Menschen bedeutet, die
bisher darauf angewiesen waren,
gehört offenbar nicht auf die
Agenda der nächsten COP 22.
Sich selbst sieht der Maghrebstaat als einen der wenigen privilegierten, die sich vom Kampf
gegen den Klimawandel bereits
jetzt einen Aufschwung der eigenen Wirtschaft versprechen können. In den nächsten vier Jahren
will er den Anteil an erneuerbaren Energien am Strombedarf
auf über 42 Prozent erhöhen, mit
weiter steigender Tendenz. Ein
Solarwärmekraftwerk und ein
Windkraftsystem gehören zu den
ersten Investitionen. Ersteres
wurde bereits im Februar von
König Mohammed VI eingeweiht. Wenn die Anlage in den
nächsten Jahren nach drei weiteren Baustufen ihre geplante Gesamtleistung von 580 Megawatt
erreicht, können mit dem Strom
1,3 Millionen Menschen versorgt werden.
Der Schattenblick fragte S.E. Dr.
Omar Zniber, Botschafter des
Umweltschützer sehen das mit Königreichs Marokko, nach seigemischten Gefühlen. Denn die ner Sicht:
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Do, 20. Oktober 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
wird, auf die zusammen mindestens 55 Prozent der weltweiten
Emissionen entfallen. Wir brauchen aber im Grunde die Unterstützung und somit die Ratifizierung von allen Ländern, die das
Abkommen in Paris angenommen
oder in New York bereits unterzeichnet haben. Das wäre dann
der erste Schritt.
überall auf diesem Planeten - in
der heutigen Zeit fest, dass die
Jahreszeiten nicht mehr so regelmäßig verlaufen wie früher, sondern sich tendenziell verschoben
haben. Das ist zweifelsfrei etwas,
Schattenblick (SB): Exzellenz, im das alle Marokkaner ohne jede
November findet in Marrakesch Ausnahme wahrnehmen können
die 22. Auflage der UN-Klima- und das uns Sorgen macht.
konferenz (UNFCCC) statt. Sind
die Folgen der globalen Erwär- SB: Welche Schwerpunkte hat
mung in Ihrem Land bereits für die sich die marokkanische Regiedort lebenden Menschen spürbar? rung für die COP 22 gesetzt, und
verfolgen Sie damit ein strategiS.E. Dr. Omar Zniber (OZ): Auf sches Ziel?
jeden Fall. Die Folgen für Marokko haben überaus ernste Ausma- OZ: Das erste und prinzipiell
ße angenommen. Schon zu Be- wichtigste Ziel ist auf jeden Fall,
ginn des Jahres, im Februar 2016, die COP 22 in Marrakesch zu eihatten wir es mit einer langanhal- ner Konferenz des Zupackens und
tenden, schweren Dürre zu tun. des Handelns zu machen. Denn
Die langanhaltenden Trockenpe- die diplomatischen Verhandlunrioden führen immer wieder zu gen endeten in Paris. Es gab eine
Missernten und gefährden die Vereinbarung, die man das PariLandwirtschaft, die sehr wichtig ser Abkommen genannt hat. Doch
für die Nahrungsmittel- und Fut- das muss nun endlich auch in die
termittelversorgung des Landes Tat umgesetzt werden. Das ist
ist. Vor allem im Süden gibt es ei- keine einfache Aufgabe. Zunächst
nige Regionen, die bereits unter muß das Abkommen überhaupt
der sogenannten Desertifikation, erst einmal in Kraft treten. Das
also Wüstenbildung, leiden. In- heißt, wir müssen die erforderlizwischen haben wir uns natürlich chen und verfügbaren Länder-Ramit einem nationalen Notfallplan tifizierungen zusammenbekomauf diese Probleme eingestellt.
men. [4] Doch wir brauchen weit
mehr als die vereinbarten VorausDarüber hinaus stellen wir - wie setzungen, dass der Vertrag von
meines Erachtens vermutlich mindestens 55 Ländern ratifiziert
Der Botschafter von Marokko:
'Die Folgen für Marokko haben
überaus ernste Ausmaße ange­
nommen.' (S.E. Dr. Omar Zniber)
Foto: © 2016 by Schattenblick
Do, 20. Oktober 2016
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Zweitens müssen wir die nationalen Verpflichtungen, die sogenannten national geplanten Treibhausgasminderungsbeiträge oder
auch iNDCs (intended nationally
determined contributions) jedes
dieser Länder auf eine Weise anpassen, dass wir dem Ziel, die
globale Erwärmung nicht stärker
als zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit anwachsen zu
lassen, gerecht werden können.
Dafür müssen schließlich zahlreiche verschiedene Maßnahmen ergriffen werden.
Zuvor noch müssen aber die für
die Kostenabdeckung notwendigen Finanzierungsvorhaben und
-programme in die Tat umgesetzt
werden. Denn es ist doch klar,
dass die Konfrontation mit den
Problemen und die Bekämpfung
der Klimawandelfolgen, das
heißt, die notwendigen Anpassungsmaßnahmen, nicht kostenlos sein werden. Die Ausgaben
müssen vor allem für die Entwicklungsländer, die am wenigsten entwickelten Länder und
schließlich für die am meisten
vom Klimawandel betroffenen
Länder bestritten werden - und
zwar für das gesamte, für jedes
Land maßzuschneidernde Paket
an Schutzprogrammen, angefangen von den Schulungs- und Ausbildungszentren auf allen damit
verbundenen Gebieten wie Wohnungsbau, städtebauliche AnpasSeite 17
Elektronische Zeitung Schattenblick
sungen, infrastrukturelle Maßnahmen im Transport- und Logistiksektor, Verkehrswesen, Energie, notwendige Einschränkungsmaßnahmen usw. Diese praktischen und pragmatischen Themen
sollen den Fokus bei den Verhandlungen in Marrakesch bilden
neben der Entwicklung von Strategien, um diese Maßnahmen
durchzuführen. Mehr noch soll
dies nicht nur eine Konferenz für
Staaten und Regierungen werden,
sondern wir möchten damit sämtliche Akteure ansprechen und
mobilisieren, das heißt, sowohl
die Vertreter der Zivilgesellschaft,
NGOs, als auch den Privatsektor
und die Unternehmen, die hierbei
eine fundamentale Rolle spielen
könnten und dazu auch bereit
sind. Beispielsweise wurde in der
Diskussion heute morgen mehrfach darauf hingeweisen, dass die
Infrastruktur für weltweite Projekte heutzutage schon fast ausschließlich von der Privatwirtschaft finanziert wird. Das muß
berücksichtigt werden, wenn wir
künftig eine Infrastruktur aufbauen wollen, die entsprechende Anforderungen und Normen im Hinblick auf den Klimawandel respektiert.
SB: Wurde Marrakesch als Gastgeber für die Weltklimakonferenz
ausgewählt, weil Marokko bereits
dabei ist, sich in Nordafrika mit
einigen Projekten den Ruf als
Vorreiter für erneuerbare Energien zu erarbeiten?
OZ: Ja so könnte man es durchaus
sehen, das ist aber nicht der einzige Grund. Marokko ist, je nachdem, aus welchem Blickwinkel
man es betrachtet, auch ein afrikanisches Land oder ein Mittelmeeranrainerstaat. Doch vor allem wird es höchste Zeit, Afrika
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zu besuchen und mit eigenen Augen zu sehen, dass dieser Kontinent bereits mit massiven Herausforderungen konfrontiert ist, die
mit dem Klimawandel zu tun haben. Der Standort der Konferenz
könnte somit auch zur Einsicht
der Teilnehmer beitragen, dass
größere internationale Anstrengungen als bisher notwendig geworden sind, um dem Klimawandel zu begegnen.
Weltklimaverhandlungen, da es
bereits 2001, wie ich heute morgen in meiner Ansprache erwähnt
habe, bei den COP 7-Verhandlungen das Gastgeberland gewesen ist. Das heißt, unser Land ist
also ein sehr konstantes und - ich
würde sogar wagen zu behaupten
- ein sehr wichtiges Element in
diesem Verhandlungsprozess.
Denn Marokko ist auf der globalen Ebene nicht nur stark in Ver-
handlungen bezüglich des Klimawandels involviert, sondern
auch an vielen anderen Fragen
und Diskursen der multilateralen
Diplomatie beteiligt. Wir leben in
einem Zeitalter des Multilateralismus, denn wir können die Probleme der Welt nicht mehr allein
lösen. Wir brauchen dazu multilaterale Ansätze und Konzepte.
Fragen, die die Umwelt berühren,
sind das beste Beispiel dafür.
Denn dazu brauchen wir die internationale Zusammenarbeit,
das heißt, hochentwickelte Staaten müssen Hand in Hand gemeinsam mit den am wenigsten
entwickelten Ländern, und Länder der nördlichen Hemisphäre
Zudem spielt Marokko auch eine mit den Ländern des armen Sügewisse historische Rolle für die dens zusammen arbeiten.
'Es wird höchste Zeit, Afrika zu
besuchen und mit eigenen Augen
zu sehen, dass dieser Kontinent
bereits mit massiven Herausfor­
derungen konfrontiert ist, die mit
dem Klimawandel zu tun haben'
(S.E. Dr. Omar Zniber)
Kulaley, Ostafrika, nach Jahren
der Dürre wächst hier nichts
mehr, ohne Weideland müssen die
Einwohner auf ihre Lebensgrund­
lage, die Viehhaltung verzichten.
Foto: 2011 by Oxfam East Africa
(Flickr: The barren landscape of
Kulaley village) [CC BY 2.0
(http://creativecommons.org/li­
censes/by/2.0)], via Wikimedia
Commons
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Do, 20. Oktober 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
SB: Ich würde gerne das Augenmerk noch einmal auf eines der
Projekte richten, mit denen in
Marokko bereits erneuerbare
Energie produziert wird. Das im
Februar von König Mohammed
VI eingeweihte, gewaltige Sonnenwärmekraftwerk Noor 1 hat,
obwohl damit 240.000 Tonnen
CO2 jährlich eingespart werden
sollen, durchaus auch schon Widerspruch hervorgerufen. Was
halten Sie persönlich von den Kritikpunkten gegen die Anlage und
ist Ihrer Ansicht nach der Bau dieser Anlage am Rande der Wüste
gerechtfertigt, beziehungsweise
rechnet sich der hohe Aufwand an
Wartung, den der Standort mit
sich bringt, abgesehen von dem
Verbrauch an Wasser und Salz in
einer nicht gerade wasserreichen
Region, um den Betrieb der Anlage aufrecht zu erhalten?
OZ: Die Kritik ist nicht gerechtfertigt. Zunächst einmal musste
Marokko vor der Einführung unserer nationalen Strategie für den
Ausbau von erneuerbaren Energien 98 Prozent an Energieträgern
in Form von fossilen Rohstoffen
importieren, also Kohle, Öl, Gas
und so weiter. In Marokko gibt es
keine eigene Produktion oder
Förderung dieser Ressourcen.
Zweitens ist dieses spezielle Projekt, das Sie gerade ansprachen,
ausgesprochen umweltfreundlich
konzipiert.
Es wurde mit größter Vorsicht und
unter Berücksichtigung sämtlicher Umweltauflagen für den
Standort in der Provinz Quarzazate gebaut. Quarzazate und die Region Drâa-Tafilalet im Süden Marokkos sind keine Wüstengebiete,
nicht wie die Südsahara jedenfalls. Wir haben hier Städte und
Einwohner und meines Erachtens
Do, 20. Oktober 2016
sind die Wasserressourcen vor Ort
von dem Bau und dem Betrieb der
Anlage auch gar nicht so betroffen. Ich bin allerdings kein Wissenschaftler und auch kein ausgesprochener Experte, was das betrifft, aber ich meine mich zu erinnern, dass sich die Kritik daran
in Grenzen hält. In Marokko haben wir bis jetzt nicht gehört, das
jemand die Anlage in Frage stellt
oder das Projekt insgesamt ablehnt. Wir sind übrigens bereits
dabei, weitere Anlagen dieser Art
zu bauen.
lianz gegen den Klimawandel als
National Appropriate Mitigation
Action (NAMA) anrechnen lassen, wie die Website "worldnuclear-news.org" berichtete. [5]
Schadet so ein Vorhaben nicht
dem guten Ruf Marokkos als Pionier in Sachen grüner Energie?
OZ: Da muß ich Ihnen leider gestehen, Madame, dass sie falsch
informiert sind. Bis heute gibt es
keine offizielle Erklärung seitens
der Regierung, dass ein Kernkraftwerk geplant ist. Ich spreche
hier auch Kraft der Verantwortung, die mir meine Regierung als
Botschafter von Marokko gegeben hat und erkläre Ihnen, dass es
von dieser bisher keine Entscheidung diesbezüglich gibt. Gut, wir
haben einen kleinen Versuchsreaktor für die wissenschaftliche
Forschung und Entwicklung, der
weniger als zwei Megawatt erzeugen kann, wenn ich mich nicht
irre. Er steht auch nur Universitäten und für Ausbildungszwecke,
also Nuklearexperten, zur Verfügung. Und er wird ausschließlich
für zivile, friedliche Aufgaben
verwendet, etwa in der Medizin,
in der Landwirtschaft oder für andere naturwissenschaftliche Fragestellungen. Doch für die
Stromerzeugung ist kein Projekt
dieser Art geplant, das möchte ich
nochmal ganz deutlich machen.
Darüber hinaus nutzen wir in der
Regel, wenn wir etwa in anderen
Projekten oder Anlagen Wasser
benötigen, aufbereitetes Brauchwasser. Das ist eine in Marokko
weitverbreitete, ja geradezu traditionelle, technologische Wassersparmaßnahme und für uns als semiarides Land geradezu lebenswichtig. Natürlich sind wir kritischen Kommentaren oder Einschätzungen gegenüber immer offen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass dieses Projekt, wie
auch andere, die für die Erzeugung erneuerbarer Energien gedacht sind, gleichzeitig auch helfen, sauberes Wasser wieder aufzubereiten oder bereitzustellen.
Der sinnvolle und achtsame Umgang mit dieser wertvollen Ressource ist in vielen Bereichen und
vor allem für die Landwirtschaft
SB: Nun da kann man sich nur
essentiell notwendig.
entsetzt fragen, wie solch eine
SB: Nun hat sich Marokko schon Meldung vor einigen Jahren
vor längerer Zeit entschlossen, durch die Medien gehen und imzwei Kernkraftwerke zu bauen. mer weiter kolportiert werden
Diese Projekte wollte man sich konnte ...
vor sechs Jahren zudem als freiwilligen Beitrag zur Reduktion OZ: Ich kenne die Behauptungen
seiner CO2-Emissionen im Rah- auch, sie werden immer wieder
men der Bestimmungen der Ver- einmal in den Medien veröffenteinbarungen von Kopenhagen licht. Aber sie haben bisher keiund im Kontext der Globalen Al- nen Bezug zu den tatsächlichen
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Aktivitäten der marokkanischen profitieren, die andere Länder,
Regierung.
insbesondere die hochentwickelten Gesellschaften, gemacht haSB: Ich wage es mal an dieser ben, die sich nun mit einem exStelle, eine etwas ketzerische Fra- zessiven Konsumverhalten konge zu stellen: Wie kommt es, dass frontiert sehen, und den damit
angesichts der bereits absehbaren, einhergehenden Problemen von
gewaltigen Klimawandelkatastro- Müllbeseitigung, Umweltverphen weltweit und vor allem auch schmutzung und Überproduktion.
für die afrikanischen Länder doch Wir sollten davon lernen und das
alle internationalen und multilate- tun wir auch. Doch wir haben
ralen Lösungsansätze immer nur auch eigene Prioritäten. Der Kliverschiedene, hellgrüne Schattie- mawandel ist somit ein wichtiges
rungen des gleichen Wirtschafts- Thema. Doch nicht nur als Prowachstumskonzepts sind, das zu blem, sondern er bietet vor allem
dem Desaster geführt hat? Selbst auch für die afrikanischen Staaten
wenn es sich um ein sogenanntes eine phantastische Möglichkeit,
nachhaltiges Wachstum handelt, bei der industriellen Entwicklung
beruht es doch auf Mangel, Be- aufzuholen. Denn Afrika bietet
darf und schließlich Konsum? für die erneuerbaren Energien, für
Gibt es keine Alternative?
Windkraft, Solarkraft oder auch
andere Arten von Erneuerbaren
OZ: Das ist richtig. Wenn Sie sich wie Biomasse, ideale Ausgangsaber aufAfrika im Besonderen be- bedingungen, um die Bedarfsziehen, dann sollten Sie auch fra- lücke zu schließen, wenn es dargen, was denn eigentlich die größ- um geht, die Bedürfnisse der Beten Probleme in diesem Land sind. völkerung ohne weitere Folgen
Zunächst einmal haben wir es in für die Umwelt zu befriedigen.
vielen afrikanischen Ländern mit Doch dafür brauchen wir vor aleiner massiven Unterentwicklung lem den nötigen Technologiezu tun. Wir haben große soziale transfer, eine Sicherstellung der
Probleme. Im Zusammenhang mit Finanzierung, eine entsprechende
Umweltfragen sollte man immer Ausbildung, wie schon gesagt,
auch bedenken, dass die afrikani- und dann kann dies alles natürlich
sche Bevölkerung ein gewaltiges in einem weiteren Schritt dazu
Defizit bei der Versorgung mit beitragen, dass sich in Afrika
Elektrizität hat. Dabei geht es auch eine Kultur der Achtung und
nicht nur um die Stromversorgung Rücksichtnahme gegenüber dem
der einzelnen Haushalte, sondern Klima bildet. Das könnte sich
auch um die Energie, die anson- dann auch wieder auf das Verhalsten für Entwicklungsaktivitäten ten der afrikanischen Bevölkealler Art dringend gebraucht wird, rung auswirken und gar nicht erst
vor allem aber auch dafür, irgend- so ein exzessives Konsumverhaleine Form von wirtschaftlicher ten hervorrufen, das die Umwelt
Entwicklung zustande zu bringen. zerstört.
Wir sind also von der von Ihnen
angesprochenen Problematik SB: Angenommen man würde die
noch weit entfernt.
"Große Transformation" für die
Weltgesellschaft einmal ernst
Natürlich sollten wir bei diesen nehmen und sie zumindest anSchritten von den Erfahrungen satzweise als eine Chance beSeite 20
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trachten, auch bei den bislang von
Gier und Gewinn geprägten Werten dieser Gesellschaft einen
kompletten Paradigmenwechsel
vorzunehmen. Warum werden
nicht gerade von afrikanischen
Staaten drastischere und gründlichere Maßnahmen für den Rest
der Welt und insbesondere für die
bereits entwickelten Staaten gefordert, warum gibt es keine mutigeren Konzepte für einen tatsächlichen Neubeginn?
OZ: Die Frage ist durchaus berechtigt. Wir müssen die Einführung neuer Techniken zur
Deckung des Energiebedarfs, bei
denen wir uns in der zur Verfügung stehenden Lebenspanne
vermutlich auf die erneuerbaren
Energien beschränken müssen,
immer mit den Bedürfnissen und
dem Schutz von Umwelt und Natur in Einklang bringen. Das sollte Hand in Hand gehen. Aber
noch mehr als das sollte mit diesen technischen Veränderungen
und dem dazugehörigen Umweltschutz die Entwicklung eines
neuen kulturellen Wertes einhergehen, nämlich der achtsame
Umgang mit Umwelt und Natur
in Marokko. Allein die Tatsache,
dass wir in diesem Jahr Gastgeber
für die 22. Weltklimakonferenz
COP 22 sind, hat sich bereits positiv auf das Bewußtsein in unserer Bevölkerung ausgewirkt und
sie für das Thema Klimawandel
mehr sensibilisiert, als etwa die
Einweihung der bereits laufenden
Anlagen für Erneuerbare das getan haben. Doch, wie ich bereits
heute morgen sagte, auch kleinere Initiativen, wie etwa das Verbot
von Plastiktüten in den Geschäften, tragen zur Veränderung der
Einstellung und zur Schaffung eines Bewusstseins bei. Wo auch
immer Sie heute in Marokko einDo, 20. Oktober 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
kaufen gehen, im Supermarkt
oder in einem kleinen Einzelhandelsgeschäft, werden Ihnen keine
Kunststofftüten mehr für Ihre
Einkäufe angeboten. Früher bekam man sie geradezu aufgedrängt. All diese Regierungsentscheidungen verändern die Haltung der Bevölkerung gegenüber
der Natur. Nur Energie ist etwas
ganz Essenzielles. Wir brauchen
die Energie für unsere wirtschaftliche Entwicklung. Wir sind ein
Entwicklungsland. Und wenn Sie
die Höhe des Energiekonsums
vergleichen, den ein Marokkaner
im Vergleich zu einem Europäer
hat, werden Sie überrascht sein.
Denn es handelt sich mit großer
Wahrscheinlichkeit nur um ein
Zehntel von der Energiemenge,
die hierzulande pro Kopf verbraucht wird. Also können wir
Marokkaner nicht in den Verdacht
geraten, dass unser wachsender
Energiebedarf eine Gefahr darstellt. Ebenso würde ich auch
Deutschland, ein hochentwickeltes Land, nicht für seinen enormen Energiehunger kritisieren.
Deutschland hat eine Vielzahl von
vorausschauenden
Umweltschutz-Maßnahmen etabliert, um
negative Auswirkungen seiner Industrie auf die Umwelt zu verhindern. Deutschland ist auch einer
unserer größten Partner in allen
diesen Fragen. Diese Kooperation hat bereits eine lange Tradition, die in den Sechziger Jahren
des vergangenen Jahrhunderts neben anderen Werkzeugen mit den
Projekten des GIZ (der deutschen
Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit GmbH) begonnen hat und die der marokkanischen Gesellschaft bisher schon
sehr geholfen hat, ihre Wirtschaft
wie auch ihre soziale Infrastruktur aufzubauen - mit größtmöglicher Achtung und BerücksichtiDo, 20. Oktober 2016
gung von Umweltfragen oder ein- und Verbindung zu treten. Auch
zuhaltenden Klimagrenzen.
hier haben wir im Vergleich zu
den stark entwickelten Ländern
SB: Meine Frage zielte weniger wie etwa Deutschland ganz große
auf die spezielle Situation in Ma- Defizite. Doch für den Ausgleich
rokko ab, als - ganz allgemein ge- benötigen wir Energie. Wir könfragt - auf die Chance, die in dem nen den Energieverbrauch nicht
Begriff "Transformation" für die zu Lasten dieser nötigen Entganze Welt stecken könnte, wenn wicklung vermeiden. Das sind
man ihn denn wörtlich nehmen Dinge, die einfach zum täglichen
würde, vielleicht als eine Art phi- Leben der Marokkaner in Maroklosophische Idee, mit der man von ko dazugehören.
dem Wachstumskonzept grundsätzlich Abschied nehmen könn- Natürlich halte ich es auch für
te, wenn man in Marrakesch prag- wichtig, dass wir uns dabei
matische Konzepte zur Bekämp- Grenzen setzen. Das ist eine Frafung des Klimawandels ent- ge der Organisationen in unserer
wickelt.
Gesellschaft und in der Bevölkerung. Wir haben auch bei uns
OZ: Im Rahmen der nationalen Akteure der Zivilgesellschaft und
Klimastrategie, die auch die glo- auch einige politische Parteien,
bale Energiefrage, sowohl die Er- die sich die Forderung eines
neuerbaren wie auch andere For- wachstumskritischen Ansatzes
men der Energiegewinnung be- auf die Agenda geschrieben hatrifft, steht die Energieeffizienz an ben. Das heißt, es gibt durchaus
vorderster Stelle. Und natürlich einen Diskurs über alternative
ist ganz klar, dass der beste und Ansätze unter den politischen
effektivste Weg, Energie zu spa- und zivilgesellschaftlichen Akren, auf jeden Fall darin besteht, teuren Marokkos, in dem diese
überhaupt keine zu verbrauchen. Fragen erörtert werden.
Aber obwohl ich Ihre Frage für
berechtigt halte, Madame, ist für SB: Exzellenz, haben Sie recht
uns in Marokko, wie ich bereits vielen Dank für Ihre Geduld.
sagte, Entwicklung eine Frage des
Überlebens. Wir müssen uns wirtschaftlich weiterentwickeln, denn Anmerkungen:
wir sind noch in vielen Bereichen,
wie etwa in der Gesundheitsver- [1] Bisher im Schattenblick unter
sorgung unserer Bevölkerung, UMWELT → REPORT zum
nicht so weit, wie wir sein möch- Briefing im Auswärtigen Amt erten. Dafür brauchen wir eine star- schienen:
ke Wirtschaft, die uns die Mittel BERICHT/122: Klima und Fiin die Hand gibt, unserer Bevöl- nanzen - den Teufel mit dem Bekerung zu helfen. Das ist ganz elzebub ... (1) (SB)
fundamental. Darüber hinaus ist BERICHT/123: Klima und Fiauch unser Verkehrs- und auch nanzen - den Teufel mit dem BeKommunikationswesen ver- elzebub ... (2) (SB)
gleichsweise wenig entwickelt INTERVIEW/250: Klima und Fiund wir möchten den Menschen nanzen - Was wachsen muß, das
in unserem Land die Möglichkeit schwindet nicht ... Thomas Hergeben, miteinander in Kontakt mann Meister im Gespräch (SB)
www.schattenblick.de
Seite 21
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INTERVIEW/251: Klima und Finanzen - Biß in den sauren Apfel
... Prof. Gernot Klepper im Gespräch (SB)
[2] https://maplecroft.com/portfolio/new-analysis/2014/10/29/climate-changeand-lack-food-security-multiplyrisks-conflict-and-civil-unrest32-countries-maplecroft/
[3] siehe AWDR - African Water
Developement Report 2006
http://repository.uneca.org/handle/10855/22091
[4] Das Interview fand am 27.
September im Auswärtigen Amt
in Berlin statt. Inzwischen steht
dem Inkrafttreten des Vertrags
nach seiner Ratifizierung durch
die Europäische Union und Indien nichts mehr im Weg.
[5] Es gibt mehrere Quellen, die
dies immer noch behaupten: Etwa
hier: The country's proposal is for
two 1000 MWe nuclear power reactors to enter operation between
2025-2030. In combination the
two units are expected to avoid
the emissions of nearly 15 million tonnes of carbon dioxide (MtCO2) each year, the largest single
emissions saving of any of the
proposed projects put forward by
the Moroccan government.
[Dem von Marokko eingereichten
Vorschlag zufolge sollen zwei Reaktoren zu je 1000 MW gebaut
werden. Sie sollen zwischen 2025
und 2030 fertiggestellt sein und
jährlich zusammen fast 15 Millionen Tonnen Kohlendioxidemissionen (MtCO2) einsparen. Damit
sind die Kernkraftwerke der größte Einzelposten in Marokkos Vorschlag zur Reduktion von Treibhausgasen. - Übersetzung der SBRed.]
Quelle: "Nuclear named for Copenhagen reductions", 2. Februar
2010
http://www.world-nuclearnews.org/EE_Nuclear_named_-
for_Copenhagen_reductions_0202101.html
und auch hier:
In Marokko gibt es seit Längerem
Planungen für den Bau eines Atomreaktors. Bereits 2010 hat Marokko
in Paris ein Kooperationsabkommen "für die friedliche Nutzung der
Kernenergie" unterzeichnet. 2011
haben das marokkanische Centre
National de l'énergie, des sciences
et techniques nucléaires (CNESTEN), das belgische Institut National des radioéléments (IRE) und
das belgische Centre d'étude de
l'énergie nucléaire (SCK-CEN) eine Absichtserklärung für eine trilaterale Zusammenarbeit aufden Gebieten Nuklearwissenschaften und
Kerntechnik unterzeichnet.
https://www.naturfreunde.de/neueoffensive-der-atomlobbyisten-afrika
http://www.schattenblick.de/
infopool/umwelt/report/
umri0252.html
KINDERBLICK / NATURKUNDE / TIERE
Alles für die Bienen - die Milbenfront ...
Varroamilbe ­ der gefährlichste natürliche Feind der Bienen
(SB) 19. Oktober 2016 ­ Die Bie-
nenvölker haben mit vielen Problemen zu kämpfen. Die Artenvielfalt unter den Blütenpflanzen
wird immer geringer, was zu einer einseitigen Ernährung führt.
Dazu tragen auch die Monokulturen bei wie Raps- oder Maisfelder. In weiten Gebieten ist die
Blütenpflanzenzahl so weit zurückgedrängt, dass es zu Hungerzeiten für die Insekten kommen
Seite 22
kann. Zu all dem leiden sie auch
unter den versprühten Pflanzenschutzmitteln (Insektiziden), die
sie schädigen oder töten. Und als
sei das noch nicht genug, macht
ihnen auch noch ein sehr gefährlicher, natürlicher Feind den
Garaus: die Varroa-Milbe.
Welt. Zwar gibt es auch noch eine Menge anderer Peiniger, von
denen diese Insekten angegriffen
werden, wie Bakterien oder Pilze.
Doch derartige Angriffe kann ein
gesundes, wohl genährtes Bienenvolk, wenn auch nicht ohne
Verluste, aber doch überleben.
Dringen allerdings Varroa-Milben
Seit Jahren vermehrt sich diese ein, dann kann das zum Sterben
blutsaugende Milbenart in den des gesamten Stocks führen. Die
Bienenstöcken auf der ganzen Varroa-Milbenweibchen legen ihwww.schattenblick.de
Do, 20. Oktober 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
re Eier in die Brutzellen-Waben,
in denen sich die Bienen-Arbeiterinnen-Puppen befinden. Dort
wachsen sie und schlüpfen beinahe gleichzeitig mit den Arbeiterinnen. Die erwachsenen Milben
greifen die Bienen an, beißen sich
an ihnen fest und saugen ihnen
Blut aus. Dabei geschieht es oft,
dass sie die Tiere zusätzlich mit
Krankheitserregern infizieren.
Die Varroa-Milben vermehren
sich rasant, ihre Anzahl verdoppelt sich ungefähr pro Monat.
Auf dem Hinterleib einer fliegenden
Biene hat sich eine Varroamilbe
festgesaugt
Foto: 2007, by Harry meschke dy
sahib (Own work) [CC BY­SA 3.0
(http://creativecommons.org/
licenses/by­sa/3.0)],
via Wikimedia Commons
Für einen Imker bedeutet der Tod
eines Bienenvolkes einen großen
Honigverlust. Für die Bienen
selbst geht es um das nackte
Überleben. Es war dringend erforderlich geworden, gegen die
Varroa-Milben ein Bekämpfungsmittel zu finden. Zum einen versucht man es mit chemischen MitDo, 20. Oktober 2016
teln. Oxalsäure, Ameisensäure
oder Milchsäure werden auf eine
ganz bestimmte Weise im Bienenstock verteilt, wodurch auch eine
große Anzahl der Milben sterben.
Leider erleiden aber oft auch viele Bienen dabei Verletzungen.
Das kann zu einer starken Schwächung des Volkes führen.
Der Erfolg dieser Bekämpfungsmethode ist nicht so groß wie erhofft. Eine weitere Methode ist,
die gesamte Brut aus dem Stock
zu entfernen, weil sich die meisten Varroa-Milben samt deren
Eiern in den Brutzellen befinden.
Doch dabei werden die Bienenbrut und die Milben gemeinsam
vernichtet. Die Königin muss danach erst wieder Eier ablegen, die
dann in den von den Bienenarbeiterinnen neu gebauten Brutzellen
ausgebrütet werden und so die
nächste Generation Arbeiterinnen
ausschlüpfen kann. Doch die Gefahr, dass noch Milben in den Bienen selbst überlebt haben und nun
von Neuem in die frischen Brutzellen eindringen, ist keinesfalls
vollständig beseitigt. Bei den genannten Methoden gibt es dann
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noch verschiedene abgewandelte
Verfahrensweisen, um den Effekt
der Milbenvernichtung zu erhöhen.
Eine vergessene Methode neu
durchdacht?
Es wurde weiter geforscht und
man besann sich auf eine alte Methode, die in Vergessenheit geraten war. In der DDR und in Russland gab es Geräte, die leider
noch so riesig und nur mit Gabelstaplern oder Treckern zu bewegen waren, aber schon mit dem
Prinzip der Hyperthermie arbeiteten, um die Varroa-Milben in Bienenstöcken abzutöten. Eigentlich
wird dieser Begriff in der Medizin benutzt und bedeutet, grob
umschrieben, eine Wärmestauung
im Körper. Im Zusammenhang
mit der Varroa-Bekämpfung steht
hinter dem Wort "Hyperthermie",
dass mittels Wärme die weiblichen Milben vernichtet werden,
die in die Brutzellen eingedrungen sind, um ihre Eier dort abzulegen. Diese Methode wurde mit
Hilfe moderner Technik weiterentwickelt, so dass die heutigen
Geräte mit etwa Kühlschrankgröße die sogenannten "Varroa-Controller" leichter zu transportieren
sind. Dennoch erfordert es viel
Aufmerksamkeit des Imkers,
denn er muss das Gerät zur rechten Zeit einsetzen und jede Brutzellenwabe aus dem Stock nehmen, um sie für ca. 2 Stunden in
den Varroa-Controller einzusetzen. Dort wird eine Wärme von
42° C erzeugt. Danach sollen 80
bis 90 Prozent der Milben abgetötet worden sein. Man behandelt
also nicht das ganze Bienenvolk,
sondern nur die Brutzellen, in denen sich die allermeisten Vorroamilben befinden.
Seite 23
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Seit 2011 werden Erfahrungen
mit dieser Methode gesammelt.
Der Wissenschaftler, der sich jahrelang mit der Hypterthermie befasst hatte, beriet auch die Erfinder des Varroa-Controllers und ist
überzeugt davon, dass das genau
die richtige Methode ist.
Milben auf einer Bienenpuppe
Foto: 2013, by public domain, via
Wikimedia Commons
Ist bequemer auch besser und für wen?
Doch einigen Forschern war dieses Verfahren noch zu umständlich. So wurde weiter überlegt.
Schließlich erfand man die sogenannte "Bienensauna". Bei dieser
Methode werden sowohl die Bienen als auch ihre Brut in die Sauna geschickt. Auf diese Weise sollen noch mehr Milben vernichtet
werden, also auch die, die sich
noch an oder unter den Bienen befinden. Dieses Gerät basiert auf
der unterschiedlichen Wärmeempfindlichkeit von Bienen und
Milben. Dabei gehen die Bienensauna-Erfinder davon aus,
dass Bienen eine Temperatur von
bis zu 45 ° vertragen können, Milben aber nicht, sie gehen bei
knapp 40° zugrunde. Das Gerät
Seite 24
erzeugt deshalb für die Behandlungszeit von ca. 2 ½ Stunden eine regelmäßige Wärme von 42°
C.
Das hört sich gut an, lässt aber
auch Bedenken bei Bienenforschern aufkommen. Denn sie wissen, dass Bienen in ihrem
Stock für eine
konstante
Temperatur
von 30 bis 35
Grad Celsius
sorgen. Sollte
es wärmer
werden, holen
die Bienen
Wasser in den
Stock, geben
sie auf die Waben und fangen an, durch wildes Flügelschlagen die Temperatur im Bienenstock wieder herunterzukühlen
(Verdunstungskühle: das Wasser
erwärmt sich, verdunstet, die Umgebung kühlt ab). Sollte dieses
Flügelschlagen über längere Zeit
erforderlich werden, können die
Bienen vor lauter Anstrengung
selbst zu warm werden, was im
schlimmsten Fall dann doch zu einer Überhitzung führen würde, in
deren Folge das Bienenvolk zugrunde gehen könnte.
Doch! Eine Frage wird nicht gestellt: Wie konnte es überhaupt
dazu kommen, dass sich die Varroa-Milbe so stark vermehren
konnte? Einige Wissenschaftler
gehen davon aus, dass die Bauweise der kastenförmigen Bienenstöcke, wie sie heute fast nur
noch verwendet werden, viele
Nachteile hat und sogar den natürlichen Feind der Varroa-Milbe,
den Bücherskorpion, vertrieben
hat. Sind also die Varroa-Bekämpfungsmethoden erst durch
diese Bauweise nötig geworden?
Ist es ein von Menschen gemachtes Problem, das nun schnell wieder beseitigt werden muss? Diesen und anderen Fragen wird im
nächsten Teil nachgegangen.
Fortsetzung folgt ...
Diesem Artikel liegen folgende
Quellen zugrunde:
https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article138892860/Bienensauna-sollBienen-von-Vorroa-Milbebefreien.html
http://www.varroahyperthermie.ch/hyperthermie.html
http://www.imkerpate.de/brutentDie Bienensauna-Erfinder be- nahme/
haupten dagegen, dass die Bienen http://www.bienenaktuell.com/während einer Vorbereitungszeit forum/produkteinfuehrung-varkurz vor der Saunabehandlung bei roa-controller
einer Temperatur von 39° ganz
ruhig werden. Das allerdings wür- http://www.bee-careful.com/de/ide ihrer natürlichen Verhaltens- nitiative/bienensauna/
weise bei einer Temperaturerhöhung widersprechen. Wie dem http://www.schattenblick.de/
auch sei. Die Erfindung ist mit ca.
infopool/kind/natur/
2 Jahren noch jung und sicher
knti0095.html
werden noch einige Erfahrungen
damit gemacht werden.
www.schattenblick.de
Do, 20. Oktober 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
MEDIEN / FAKTEN / PREIS
Internationale Presseagentur Pressenza ­ Büro Berlin
Pressenza erhält den Preis für Menschenrechte 2016
Nachricht aus der Redaktion Italien vom 19. Oktober 2016
Rom ­ 19.10.2016. Am Nachmit-
tag des 16. Oktobers 2016 wurde
Pressenza anlässlich des jährlichen Treffens der Free Lance International Press [1] (Internationale Vereinigung unabhängiger Journalisten) mit einem Preis ausgezeichnet. Die gesamte Redaktion
von Pressenza sowie die ehrenamtliche Arbeit, die wir seit Jahren dem Projekt freie und unabhängige Information widmen, sind
mit dem Preis für Menschenrechte 2016 [2] ausgezeichnet worden.
Es ist eine sehr wichtige Auszeichnung für uns, für die wir im
Besonderen Amnesty International Italia [3] danken, mit denen
wir in letzter Zeit oft zusammengearbeitet haben; es ist ein Preis,
der all unser Engagement für den
Kampf um Respekt für Menschenrechte, für Gewaltfreiheit
und für Friedensinitiative bestätigt. Seit vielen Jahren versuchen
wir, denjenigen wieder eine Stimme zu geben, die selber keine
Stimme mehr haben, Jahre, in denen wir unseren täglichen Verpflichtungen Zeit abrangen, um
korrekte und fundierte Information liefern zu können, um all den
vielen Veränderungen Rechnung
zu tragen, die in dieser unserer
Welt stattfinden. In dieser Zeit haben wir uns für ein Projekt freier
und unabhängiger Information
eingesetzt, das ausschließlich von
ehrenamtlich Tätigen getragen
und nach vorne gebracht wird.
Do, 20. Oktober 2016
Verleihung des Preises für Menschenrechte 2016 an Pressenza
Bild: © Magalì Buj
Pressenza [4] entstand als Idee
aus dem Weltweiten Marsch für
Frieden und Gewaltfreiheit von
2009 [5] heraus, wir publizieren
inzwischen in sieben Sprachen
und zählen auf die stille und stetige Arbeit von hunderten von
Menschen, die sich in der ganzen
Welt darum bemühen, gesunden
Journalismus zu betreiben und Informationen ohne Zensur oder
jeglicher Art von Kontrolle seitens der Machteliten zu liefern,
seitens wirtschaftlicher Gruppen,
die heute auf die eine oder andere Weise immer mehr Kontrolle
über 90% der großen Mainstream-Medien ausüben. Unser
Engagement gilt im Besonderen
www.schattenblick.de
dem Versuch, Information im
Rahmen eines Konzeptes der
Ethik, Korrektheit und Kohärenz
zu liefern, und niemals aus Bequemlichkeit oder zu reinem
wirtschaftlichen Nutzen, womit
wir unsere Arbeit an den Höchstbietenden verkauft hätten.
Das Engagement von Pressenza
wurde im Besonderen für zwei
Merkmale unseres Handelns ausgezeichnet: die standhafte Position der Anklage, die wir stets eingenommen haben, wo immer fundamentale Rechte von Frauen und
Männern verletzt werden, sowie
die Haltung eines vorschlagenden
Charakters, die sich immer dann
Seite 25
Elektronische Zeitung Schattenblick
manifestiert, wenn wir nicht nur
versuchen, Unrechtes anzuklagen, sondern auch einer Realität
Gesicht und Hoffnung zu verleihen, die aus tausenden von Menschen besteht, die leise arbeiten,
kämpfen und an der Erbauung einer besseren Welt teilnehmen. Sie
rebellieren täglich, indem sie sich
an Graswurzelprojekten beteiligen, sie schaffen mit ihren Werken eine andere Realität in der zivilen Gesellschaft, indem sie Opposition mit eigenen Initiativen
lebendig machen, indem sie Widerstand leisten gegen ein politisches und wirtschaftliches System, das in unverhältnismäßig
gewaltsamer und dominanter
Weise alle Aspekte des menschlichen Seins zu unterdrücken und
zu kontrollieren scheint.
bauen, Gruppen, die letztendlich
ihre Macht auf die Natur ausdehnen, die das Leben selber patentieren und kommerzialisieren
wollen und die nun sogar auf
wahrhaftige private Armeen zurückgreifen, die aus professionellen und gut bewaffneten Söldnern
bestehen, die Krieg um des Krieges Willen produzieren, weil es
wirtschaftlich genehm ist und
spezifischen privaten Interessen
weniger Personen dient.
Dieser Menschenrechtspreis 2016
erkennt uns eine klare und gut definierte Positionierung innerhalb
der Welt der Information an. Für
uns ist es ein wichtiger Ausgangspunkt, der uns dazu beflügelt und
uns noch mehr Kraft und Willen
gibt, in dieser Richtung entschieden voranzuschreiten und unabhängige Information zu betreiben,
immer mit freien Händen und reinem Gewissen, um so weiterhin
von den Rechten der Menschen
und ihren Initiativen berichten zu
können und immer wieder das unumstößliche Konzept zu bekräftigen, dass die Menschen mit ihren
Bedürfnissen und Bestrebungen,
in gleichem Maße wie die lebende Welt, die sie umgibt, ausnahmslos vor allem anderen stehen.
Der Information kommt in diesem historischen Moment eine
Schlüsselrolle zu, sie bewegt und
orientiert das Bewusstsein der
Menschen, wenn sie korrekt produziert wird, aber sie lähmt und
manipuliert es, wenn sie instrumentalisiert wird, wie es nunmehr
seit Jahrzehnten durch die großen
Massen- und Mainstreammedien
geschieht, bis hin zu einem Punkt,
an dem wir sie nicht mehr als Informationsmittel bezeichnen können, sondern vielmehr als Mittel
zur Kontrolle, die in den Händen
bestimmter Gruppen mit wirt- Zertifikat des Menschenrechtsschaftlicher Macht liegen. Dies preises 2016
sind Gruppen, welche die Interessen weniger Familien bedienen, "Hiermit wird der Menschen­
einer begrenzten "Elite", die auf rechtspreis Italien 2016 an die
verschiedenen Ebenen die Akti- Nachrichtenagentur Pressenza
enmehrheit am Großteil der Infor- vergeben.
mationsmittel hält, neben der
wirtschaftlichen Kontrolle durch Pressenza hat Menschenrechte im
mehrheitliche Beteiligungen an Herzen und im Mittelpunkt ihrer
Banken, Holdings, multinationa- redaktionellen Linie. Es gibt kei­
len Unternehmen und Firmen, die nen Ort und keinen Landstrich
Öl und andere Energiequellen ab- der Welt, keine Menschenrechts­
Seite 26
www.schattenblick.de
kampagne, die sie nicht erhellt
hätte, oftmals im Alleingang, das
Bewusstsein für Handlungsbedarf
weckend und die Aktion stimulie­
rend. Von der Todesstrafe bis zur
Verteidigung der Rechte auf die­
ser Erde, von Aktivisten für Ge­
waltfreiheit bis hin zu Journali­
sten, die repressive und auf Ge­
walt basierende Regime heraus­
fordern, Pressenza ist stets die
Stimme derer, die keine Stimme
haben. Und sie ist auch eine der
Stimmen von Amnesty Internatio­
nal, mit denen sie das Ziel des
Wandels teilt, ebenso wie das Be­
richten von Herausforderungen
und möglichen Siegen."
Anmerkungen:
[1] http://www.flipnews.org/
[2] https://www.pressenza.com/it/2016/10/roma-premio-italia-diritti-umani-2016/
[3] http://www.amnesty.it/index.html
[4] https://www.pressenza.com/
[5] http://www.theworldmarch.org/index.php?lang=deu
Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
*
Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail: [email protected]
Internet: www.pressenza.com/de
http://www.schattenblick.de/
infopool/medien/fakten/
mfap2129.html
Do, 20. Oktober 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
MEDIEN / FAKTEN / FRAGEN
Internationale Presseagentur Pressenza ­ Büro Berlin
Für einen positiven, gewaltfreien Journalismus
von Milena Rampoldi, ProMosaik, 19. Oktober 2016
Anbei mein Interview mit der
Friedensaktivistin aus Wien Sabine Kroesen des deutschsprachigen Teams von Pressenza. In
diesem Interview habe ich vor
allem das Ziel verfolgt, auf die
Bedeutung der alternativen Medien für den Frieden und die
Menschenrechte zu fokussieren.
Positive Themen müssen mehr in
die Medien, um Menschen davon
zu überzeugen, dass Fremd nicht
gleich Schlecht bedeutet und
dass Flüchtlinge und Ausländer
Menschen sind wie wir, weil wir
alle nur zur einzigen Familie der
Menschheit gehören. In dieser
Perspektive werden Migration
und Flüchlingsbewegungen zur
einer wichtigen Chance für das Sabine Kroesen aus Wien: für
menschliche und diverse Wachs- einen positiven, gewaltfreien
tum unserer Gesellschaften. Ak- Journalismus
zeptanz und nicht militärische Bild: © Pressenzaj
Macht sind die richtige Antwort
auf Menschen, die Schutz bei uns Menschen sich mit diesem "Fremden" konfrontieren. Dass sie versuchen.
stehen, dass diese Meinungen,
Milena Rampoldi: Welche Hauptthe­ Bilder, Realitäten und Vorurteile
men gehen Sie in Ihren Artikeln an? in ihrem Kopf sind, produziert auf
der einen Seite durch ManipulatiSabine Kroesen: Ich bewege mich on, aber auch durch die eigene
vor allem in den Themen Frieden, Unsicherheit und Angst vor der
Abrüstung, Flüchtlinge, Berich- Zukunft noch bestärkt wird.
te/Interviews über Menschen, die
in diesem Thema aktiv sind oder Milena Rampoldi: Wie wichtig ist
über ihr Erlebtes berichten wol- der Journalismus für die Men­
len. In meiner Umgebung gibt es schenrechte gerade heute in
so viele Vorurteile und Diskrimi- Österreich?
nierung gegenüber Fremden, auch
in der eigenen Familie. Ich möch- Sabine Kroesen: Mir fällt immer
te einen Beitrag leisten, dass die wieder auf, wie viele mit Absicht
Do, 20. Oktober 2016
www.schattenblick.de
manipulierte Nachrichten im
Umlauf sind. Wie ich schon sagte, das kann ich am besten in meiner Familie und Umgebung feststellen. Ich habe vor kurzem meine Schwester zum Peace Heroes
Walk Vienna mitgenommen. Sie
kommt aus einer Kleinstadt und
die Menschen dort haben eher eine Mainstream-Meinung, die sie
aus der Tageszeitung bekommen
(Moslems sind Terroristen, Ausländer sind Schuld an ... etc.). Als
wir dort waren, haben wir festgestellt, dass es vor allem Nichtösterreicher waren, die zu diesem
Peace Heroes Walk gekommen
sind, während die Österreicher
überwiegend shoppen waren.
Es waren vor allem Menschen aus
Pakistan und Afghanistan dort.
Seite 27
Elektronische Zeitung Schattenblick
Das zeigt eine andere Seite. Moslems setzen sich für den Frieden
ein. Und ich denke, es ist wichtig
darüber zu berichten, dass wir
viel mehr sind, die den Frieden
wollen als umgekehrt. Und dass
es nicht davon abhängig ist, aus
welchem Land wir kommen oder
ob wir eine Religion haben.
Wie eine liebe Freundin bereits
sagte: We are only one race. A
HUMAN RACE.
Journalismus bedeutet eine große
Verantwortung. Wir können einen
großen Beitrag leisten, indem wir
die Welt von vielen anderen Seiten zeigen. Zum Beispiel all die
vielen Aktivisten, alleine hier in
Wien, die sich für den Frieden
einsetzen.
Milena Rampoldi: Was können
wir als Aktivisten tun, um uns der
Fremdenfeindlichkeit im Westen
zu widersetzen?
Sabine Kroesen: Es gibt sehr viele Menschen, die sich für den Frieden, die atomare Abrüstung, die
Gewaltfreiheit einsetzen. Ich sehe
aber auch immer noch, dass sich
diese Menschen nicht wirklich zusammentun. Jede Gruppe, Organisation oder Einzelperson arbeitet
noch ziemlich isoliert, macht ihre
eigenen Veranstaltungen. Es ist
ganz wichtig, dass gerade diese
Leute, die dieselbe Vorstellung einer gewaltfreien Welt teilen, sich
zusammentun und vernetzen.
Denn wir, die den Frieden wollen,
sind viele. Auch hier funktioniert
die Manipulation. Die Massenmedien vermitteln uns eine Realität,
dass die Welt voller Gewalt, Diskriminierung und Kriege ist.
wenn die Menschen isoliert sind
und nicht erkennen, dass Vielfalt
eine Bereicherung ist. Als ich vor
kurzem in Berlin beim Friedenskongress war, dachte ich mir, wie
schön könnte doch die Welt sein.
Es waren viele Menschen aus verschiedenen Ländern da. In solchen Momenten freust du dich
über die Verbundenheit, den Austausch und denkst nicht darüber
nach, was dich vom anderen
trennt. Ich denke das ist etwas
ganz Wichtiges. Aber in der Gesellschaft lernst du von Anfang
an, deinen Blick auf das zu richten, was dich vom anderen trennt,
was die Unterschiede sind. Schon
in der Schule, der hat bessere Noten, der ist größer oder schöner,
dicker oder dünner als du. Das
Gemeinsame zu sehen und nicht
was uns trennt, wäre schon ein
Anfang.
Milena Rampoldi: Wie können
wir mit unserer Arbeit den Frie­
den fördern?
Sabine Kroesen: Nachdem ich
jetzt über 25 Jahre in den Themen
Nichtdiskriminierung und Gewaltfreiheit aktiv bin, habe ich
vor kurzem überrascht festgestellt, wie viel innere Gewalt ich
noch immer mit mir rumtrage und
auch gegen mich selber ausübe.
Das wären zum Beispiel die Erwartungen, die ich an mich stelle,
mich für Fehler abzuwerten, der
eigene Blick, den ich von mir habe, die Moral, die Ressentiments
aus der Vergangenheit, Situationen, die einem passiert sind, und
noch so einiges. Das alles erzeugt
in mir ein Gefühl von Gewalt.
Und das hat die Konsequenz, dass
ich meine Umgebung dann auch
nicht besonders gut behandle,
Ich habe immer festgestellt, dass wenn ich nicht darauf achte. Aber
Fremdenfeindlichkeit oft da ist, das ist ein zu großes Thema. Was
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www.schattenblick.de
ich damit meine, ist, dass man
seine eigene innere Gewalt überwinden muss. Den Frieden fördern bedeutet für mich auch die
eigene Gewalt zu entdecken, zu
transformieren, sich mit sich selber zu versöhnen, mit anderen
und seine eigenen persönlichen
Erfahrungen anderen weiter zu
geben. Friedensarbeit beginnt in
einem selber.
Milena Rampoldi: Wie wichtig
sind Ihrer Meinung nach die Ver­
netzungen und Kooperationen
unter den alternativen Medien für
die Befriedung unserer Welt?
Sabine Kroesen: Für mich hat alles andere auch keinen Sinn. Es
ist gerade in der heutigen Zeit
wichtig sich zu vernetzen und
nicht isoliert zu arbeiten. Leider
wird in den Medien kaum über
solche Vernetzungen und Kooperationen berichtet. Es scheint so,
als ob alles verhindert wird, dass
die Leute erfahren, dass es durchaus vernetzte Gruppen, Medien
und Personen gibt. Damit wären
wir wieder bei der Manipulation
und der Vermittlung von bestimmten Realitäten.
Milena Rampoldi: Wie wichtig
sind Übersetzungen von Inhalten
über Menschenrechte und Frie­
densarbeit zwecks Verbreitung
humanistischer und pazifistischer
Inhalte auch in anderen Kultu­
ren?
Sabine Kroesen: Gerade deshalb
finde ich die Arbeit von Pressenza so wichtig. Wir versuchen so
viel wie möglich in sieben Sprachen zu veröffentlichen. Es ist jeder willkommen mitzuarbeiten,
der einen Journalismus für Frieden und Gewaltfreiheit fördern
will.
Do, 20. Oktober 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
Außerdem ist es ganz wichtig Informationen zu teilen, aus der
ganzen Welt, von allen Kulturen.
Wenn die Leute mehr Informationen hätten, was es alles an positiven Aktivitäten und Projekten in
der Welt gibt, hätte das große
Konsequenzen für die Wahrnehmung der Menschen.
Wenn ich eine gängige Zeitung
aufschlage, lese ich über: "wie
können wir die Flüchtlinge wieder abschieben, Flüchtlingsobergrenze, Hinrichtungen in Saudiarabien, IS, Gruselclowns, Raubüberfälle, welcher Promi sich
scheiden lässt. CETA, Gentechnologie usw".
Man stelle sich vor, welche Realität das bei den Menschen erzeugt.
Die Medien sind nicht daran interessiert, die Welt zu informieren
oder aufzuklären. Differenzierte
Berichterstattung und die Verbrei-
tung von Themen, die den Frieden
und die Gewaltfreiheit fördern,
sind deshalb in der Medienlandschaft umso wichtiger.
Über die Autorin
Dr. phil. Milena Rampoldi ist
freie Schriftstellerin, Buchübersetzerin und Menschenrechtlerin.
1973 in Bozen geboren, hat sie
nach ihrem Studium in Theologie,
Pädagogik und Orientalistik ihren
Doktortitel mit einer Arbeit über
arabische Didaktik des Korans in
Wien erhalten. Neben ihrer Tätigkeit als Sprachlehrerin und Übersetzerin beschäftigt sie sich seit
Jahren mit der islamischen Geschichte und Religion aus einem
politischen und humanitären
Standpunkt, mit Feminismus und
Menschenrechten und mit der Geschichte des Mittleren Ostens und
Afrikas. Sie wurde verschiedent-
lich publiziert, mehrheitlich in der
deutschen Sprache. Sie ist auch
die treibende Kraft hinter dem
Verein für interkulturellen und interreligiösen Dialog Promosaik.
www.promosaik.com
Der Text steht unter der Lizenz
Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
Quelle:
*
Internationale Presseagentur
Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail: [email protected]
Internet: www.pressenza.com/de
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infopool/medien/fakten/
mfain056.html
UNTERHALTUNG / PERRY RHODAN / ERSTAUFLAGE
Zusammenfassung der Erstauflage von Perry Rhodan Nr. 2876
Der Zeitgast
von Leo Lukas
Die tiuphorische Flotte verharrt in
der Peripherie der Galaxis Orpleyd, um zu orten. An Bord der
CIPPACOTNAL macht sich Unmut breit. Etliche Tiuphoren fühlen sich um einen befriedigenden
Abschluß der Bannerkampagne
im Solsystem betrogen. Das
plötzliche Auftauchen der SHEZZERKUD und ihres Caradoccs
Paddkavu Yolloc, der den seit Generationen erwarteten Ruf zur
Sammlung verkündet hat, macht
sie mißtrauisch. Möglicherweise
Do, 20. Oktober 2016
ist der Ruf zur Sammlung gar
nicht echt und Paddkavu Yolloc
will nach dem Tod Accoshais nur
den Oberbefehl über die ganze
Flotte erringen. Maxal Xomot,
der Caradocc der CIPPACOTNAL, verbietet seinen Leuten allerdings, Spekulationen darüber
anzustellen, wer der wahre Anführer sei.
Xomot seinem Orakel Taxmapu
erlaubt, sich weit mehr in taktische und strategische Belange
einzumischen, als es einem Orakel zusteht. Cuttra Yass, der ein
Anwärter auf das Amt des OrakelPagen ist, verdächtigt Maxal Xomot, den lästigen Taxmapu nur
deshalb zum Schiffsorakel erkoren zu haben, um einen Konkurrenten loszuwerden und ihn in
Was dem CIPPACOTNAL-Be- den inmitten der Zentrale hängensatzungsmitglied Cuttra Yass be- den Orakelkäfig zu verbannen.
sonders mißfällt, ist, daß Maxal Cuttra Yass spürt, daß mit Taxmawww.schattenblick.de
Seite 29
Elektronische Zeitung Schattenblick
pu irgendetwas nicht stimmt und er
macht es sich zur Aufgabe herauszufinden, was dies ist. Die Antipathie verschwindet auch nicht, als
Taxmapu/Leccore ihn zum OrakelPagen ernennt. Der Koda Arratier
läuft schon wieder Gefahr, sich zu
sehr mit seiner Rolle zu identifizieren. Er muß sich eingestehen, daß
er Yass nicht etwa aus taktischen
Gründen zum Orakel-Pagen ernannt hat, sondern weil es die aus
tiuphorischer Sicht beste Entscheidung war.
Auch Maxal Xommot hat das Gefühl, daß das Orakel eine seltsame Aura umgibt. Er wittert Unstimmigkeiten, die er aber nicht
genauer benennen kann. Diesen
Eindruck haben auch andere Tiuphoren. Niemand mag Taxmapu
wirklich. Weil Leccore von Xommot genötigt wird, endlich seinen
Platz im Orakelkäfig einzunehmen, muß er die Ausbildung des
Orakel-Pagen diesem selbst überlassen. Es erweist sich als äußerst
günstig, daß sich Cuttra Yass
schon zuvor mit dem Thema
"Rückführung von Geistkomponenten aus dem Catiuphat" befaßt
hat. Taxmapu/Leccore trägt ihm
auf, seine Forschungen auf diesem Gebiet zu vertiefen.
In den Orakelkäfig verbannt zu
sein, hat für Attilar Leccore nicht
nur Nachteile. Dort bekommt er
immerhin die Ergebnisse der Ortungsmessung mit, und die sind
merkwürdig. Die Galaxis Orpleyd
hat sich in den angeblich 20 Millionen vergangenen Jahren nur um
einen Bruchteil der für diesen Zeitraum ermittelten Entfernung weiterbewegt. Sie liegt ganze 3.000
Lichtjahre von der Position entfernt, an der sie sich eigentlich befinden müßte. Außerdem rotiert sie
zu langsam. Niemand hat eine AhSeite 30
nung, was diese Verlangsamung Erratische. Dies sind jene Bewußtverursacht hat.
seine im Catiuphat, die sich ihre
Individualität bewahrt haben. Bis
Cuttra Yass kann sich unbeaufsich- mindestens Torus II und III ist eitigt im ganzen Orakel-Bereich be- ne Art von Individualität noch
wegen und entdeckt zufällig die möglich.
Leichen Perry Rhodans und PeyCeyans. Den Zellaktivator findet er Perry Rhodan sucht einen Ausweg
besonders interessant und plant, aus seiner Lage. Da die Umstände
ihn herauszuschneiden. Zum sowie die sensorischen Eindrücke
Glück entdeckt Taxmapu/Leccore im Catiuphat als traumartig beihn rechtzeitig und kann verhin- zeichnet werden können, hofft er
dern, daß er den Chip aus Perry aufdiesem Weg sich des TrostreiRhodans Körper entfernt. Yass be- chen, der ihn bewacht, entledigen
kommt keine Gelegenheit, Taxma- zu können. Denn diese Träume
pu wegen der verborgenen Leichen speisen sich nicht nur aus dem eieines Verbrechens zu beschuldi- genen Unterbewußtsein, sondern
gen. Taxmapu/Leccore lobt ihn, mischen sich in die Träume andedie Prüfung, die er ihm gestellt hat, rer ein. Damit ist Perry Rhodan in
bestanden zu haben. Er behauptet, der Lage, die Gesamtheit der Illudas Catiuphat sei gefährdet und es sionen zu beeinflussen. Es gelingt
reiche nicht, daß die Trostreichen ihm, sich aus der Gefangenschaft
die störenden Geist-Komponenten des Trostreichen zu befreien, inin den äußersten Torus verbannten. dem er seine Weltsicht verändert
Es sei wichtig, sie wieder aus dem und den Wurm immer mehr
Catiuphat herauszuholen. Leccore schrumpfen läßt. Er zwingt seine
stellt Yass in Aussicht, viel Ruhm Sichtweise dem anderen auf, inmit der Rettung des Catiuphats zu dem er sich die gewaltigen Berge
ernten. Und so arbeiten die beiden seiner bayerischen Heimat vergevon nun an zusammen an der genwärtigt. Richtige Berge kennen
Rückführung von Pey-Ceyan und die Tiuphoren nicht, da sie erdgePerry Rhodan in die inzwischen bundenes Leben ablehnen. Die von
wieder lebensfähigen Körper.
Perry Rhodan an den Trostreichen
übermittelte Ehrfurcht vor den maPerry Rhodans Geist will unterdes- jestätischen Bergen läßt diesen imsen weiter ins Catiuphat vordrin- mer kleiner werden, bis er ganz
gen, doch ein Trostreicher, der die verschwindet.
Gestalt eines großen Wurmes hat,
hält ihn aufund sperrt ihn in eine Perry Rhodan durchquert Torus II
Art Zelle. Im Catiuphat gelten ge- und begreift, daß das Catiuphat
wisse Regeln. In der Kinderstube, nicht nur eine Ansammlung unan dessen Schwelle zu Torus II er zähliger einzelner ÜBSEF-Komgerade feststeckt, wird den sich ponenten ist, sondern den Entwürdort befindenden Bewußtseinen fen einer Gemeinschaftsintelligenz
der Eindruck angeboten, sich in ei- nahe kommt. Er kommt schnell
ner imaginierten Welt aufzuhalten. voran. Das Selbstbild, das ihn vorGesteuert wird diese Räumlichkeit antreibt, ist das eines Segelfliegers.
von der Aufsicht im zweiten Torus, Doch er ist zu sorglos. Er will sich
als dessen mobile Exekutivorgane von dem Netzwerk aus hauchdündie Trostreichen fungieren. Sie ja- nen Kristallfäden, pulsierenden
gen Abweichler wie zum Beispiel Kreuzungs- und Knotenpunkten,
www.schattenblick.de
Do, 20. Oktober 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
die den Synapsen und Axonen eines Nervengeflechts ähneln, befreien und die Bilder davon eliminieren. Als Folge wird er von einem Schwarm glühender Insekten
attackiert, die die Segelflächen seines Fliegers in Brand setzen, so
daß er abstürzt und auf einen
Dschungel zurast. Obwohl er sich
verzweifelt einzureden versucht,
daß dies nur eine Einbildung ist,
hätte er sich beim Aufschlag
schwere Verletzungen zugefügt,
wenn ihn ein Baum nicht abgefedert hätte.
Dieser Baum hat eine Stimme und
nennt sich Advokat. Dieser Erratische hat sich nach eigenem Bekunden deshalb eingemischt, weil ihm
Perry Rhodans Mut imponiert. "In
einer Schneise aus Eigenwelt
durch Torus I und II zu brausen, ist
nicht unbedingt die dezenteste
Vorgehenweise", tadelt er Perry.
"Wenn sich jemand im Catiuphat
seine Individualität bewahren will,
muß er zumindest vorgeben können, sich einzufügen."
Der Advokat hat keine feste Gestalt, ähnelt aber einer von Rauhreifüberzogenen Trauerweide. Er
kann an Perry Rhodan den Nachhall der Ritteraura spüren, die ihm
einst anhaftete und ihn als Auserwählten der hohen Ordnungsmächte kennzeichnete. Der Advokat nennt ihn deshalb einen Gerechten. Und weil die Neugier zu
den Lastern zählt, die er bislang
noch nicht ablegen konnte, will er
Perry Rhodan helfen, in den fünften Torus vorzudringen.
Das Blattwerk der Weide umschließt Perry Rhodan und als es
ihn wieder freigibt, hat der Terraner den Eindruck, als stünden sie
beide auf dem äußersten Kranz eines gigantischen Rades, das sich
Do, 20. Oktober 2016
langsam dreht und unaufhörlich in
die Ewigkeit hinabrollt. Und zwar
auf die vereiste Galaxis zu. Der
Advokat schickt Perry Rhodan auf
eine Geistreise in die Zeit vor der
Erlösung der Tiuphoren von der
planetengebundenen Existenz.
Perry landet auf Tiu im Doppelsonnensystem Lichfahne, einer
Welt, die von Dreck, Schrott, Unrat und anderem Müll bedeckt ist.
Es ist die Urheimat der Tiuphoren.
Perry Rhodan findet sich im Körper eines Tiuphoren wieder und erlebt die Geschehnisse auf dem Planeten wie einen Film, in dem er die
Rolle eines Tiuphoren spielt. Ab
und zu wird vorgespult und so wird
er in einer Art Zeitraffer Zeuge der
Geschichte der Tiuphoren.
le Raumfahrt entwickelt haben.
Die Gyanli, brutale Herren Orpleyds, seien dadurch jedoch auf
sie aufmerksam geworden. Die
Kohäsion, das Staatswesen dieser
humanoiden Amphibienwesen,
nimmt alle von raumfahrenden
Kulturen bewohnten Planeten in
Besitz. Als Gyan-Operatoren bezeichnete Statthalter kontrollieren
Wissen und Technik. Wissenschaftler und Intellektuelle aller
Völker werden von der so genannten Restriktion reglementiert oder
gar ausgeschaltet.
In diesen Zeiten der Bedrängnis, in
denen die Bewohner Tius verzweifelt nach einem Ausweg aus der erbärmlichen Existenz suchen, zu
der das Leben der Tiuphoren seit
der Besetzung ihrer Heimatwelt
durch die Gyanli verkommen ist,
entwickelt sich der Mythos vom
Phat. Für manche ist dies nur eine
religiöse Fiktion. Andere halten es
für einen gangbaren Weg in eine
jenseitige Welt, in der man aufeiner geistigen Ebene weiterleben
kann. Mit Hilfe von Schamanen
soll es nach dem Tod möglich sein,
sich an den Strukturen eines andersartigen, höheren Raumes festzuhalten.
Das Leben der Bevölkerung besteht aus einem endlosen Kampf
ums tägliche Brot. Es gibt viele Tiuphoren, die sich mit den gräßlichen Umständen abgefunden und
resigniert haben. Sie vegetieren
nur noch antriebslos vor sich hin.
Andere wiederum haben das Vorbild der Gyanli übernommen und
benehmen sich vollkommen egozentrisch und asozial. Die Gyanli
zwingen die Tiuphoren, sich förmlich um die wenigen verfügbaren
Güter zu raufen. Es gilt das Recht
des Stärkeren.
Zimu Miacylloc, ein Sammler, der
in der Lage sein soll, Tiuphoren ins
Perry Rhodan lebt im Körper eines Phat zu geleiten, taucht bei der
Tiuphoren, der einer Gruppe ange- Gruppe auf und fordert sie auf, mit
hört, die im giftigen und radioakti- ihm zur Hauptstadt Tonhuon zu
ven Abfall leben muß. Sie muß reisen. Dort sollen sich das alte
fliehen, als ein Raumschiff landet, Orakel Pfaunyc Tomcca und der
um Schrott abzuladen. Das kleine begnadete Wissenschaftler Catccor
Mädchen Astirra gerät in Lebens- Turrox aufhalten, die ihrem Volk
gefahr, weil es den Anschluß ver- die Rettung bringen wollen. Doch
liert. Perry Rhodan rettet es und der Weg in die Stadt ist gefährlich.
wird daraufhin von der Gruppe Die Gruppe wird von zwei Gyanli
aufgenommen. Von Astirras Groß- attackiert. Sie schießen Zimu Miavater, dem Orakel Xervan As-Kar- cylloc mit Orthodox-Operatoren
rok, erfährt er, daß die Tiuphoren nieder, die wie Nervenschocker
vor 150 Jahren die überlichtschnel- wirken und dem Opfer äußerst
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Seite 31
Elektronische Zeitung Schattenblick
schmerzhafte Zuckungen besche- __I n h a l t_____Ausgabe 1983 / Donnerstag, den 20. Oktober 2016__
ren. Die Gyanli wollen Miacylloc
durch Qualen zwingen, den Auf- 1 REPORT: Restverwertung global - Marktsauger CETA ... Fabio De Masi im Gespräch
enthaltsort der beiden Retter zu 7 POLITIK - REDAKTION: Ruandas Präsident Kagame, ein Flugzeugattentäter?
Griechenland heißt Flüchtlingskinder an Schulen willkommen (Pressenza)
verraten. Doch Perry Rhodan ge- 109 EUROPOOL:
EUROPOOL: "Es ist an der Zeit, dass Europas Humanisten Europa ..." (Pressenza)
lingt es, die Gyanli mit Dagor- 13 SCHACH-SPHINX: Wer raubt, verliert
Technik auszuschalten, woraufhin 14 UMWELT - REPORT: Klima und Finanzen - die diplomatische Lesart ...
von Marokko, S.E. Dr. Omar Zniber im Gespräch
er erst einmal wieder aus ihrem 22Botschafter
KINDERBLICK - NATURKUNDE: Alles für die Bienen - die Milbenfront ...
Leben verschwindet, weil der Ad- 25 MEDIEN - FAKTEN: Pressenza erhält den Preis für Menschenrechte 2016 (Pressenza)
vokat ihn aus dem "Anderswo" zu- 27 MEDIEN - FAKTEN: Kroesen - Für einen positiven, gewaltfreien Journalismus (Pressenza)
29 UNTERHALTUNG - PERRY-RHODAN: Inhaltliche Zusammenfassung von Nr. 2876
rückholt.
32 DIENSTE - WETTER: Und morgen, den 20. Oktober 2016
Attilar Leccore unterrichtet Perry
Rhodan am 27. Juli 1522 NGZ
darüber, daß er im Zusammenhang
mit der Abbremsung Orpleyds den
Begriff "subtemporale Zäsuren"
gehört hat. Außerdem sei es gelungen, Pey-Ceyans ÜBSEF-Konstante aus dem Sextadim-Banner
zu extrahieren und in ihren Körper
zurückzuführen. Cuttra Yass ist der
Lebenslichte bereits auf dem Leim
gegangen. Sie bindet ihn mit ihrem
Charme an sich und hält Leccore
damit den Rücken frei.
Perry Rhodan setzt mit Hilfe des
Advokaten seine Geistreise fort.
Seine Ausflüge in die Vergangenheit bieten ihm die Chance, die Tiuphoren zu verstehen und zu begreifen, wie sie von einer friedliebenden Zivilisation zu mörderischen Invasoren werden konnten.
Deshalb kehrt er noch nicht in seinen Körper zurück, obwohl er es
könnte. Attilar Leccore ist seine
Entscheidung nicht unlieb. Auch
ihn drängt es, die wahre Geschichte der Tiuphoren kennenzulernen.
Fast hätte er gedacht, die wahre
Geschichte 'seines' Volkes - Leccore muß sehr aufpassen, sich
nicht vollständig zu verlieren.
http://www.schattenblick.de/
infopool/unterhlt/perry/
pr2876.html
Seite 32
DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN
Und morgen, den 20. Oktober 2016
+++ Vorhersage für den 20.10.2016 bis zum 21.10.2016 +++
Wetter ähnlich so wie heute,
etwas Himmel, etwas Schauer,
Jeans Diät und knappe Beute
hält ihn kurz und auf der Lauer.
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Do, 20. Oktober 2016