Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ... MA-Verlag UMWELT / BRENNPUNKT Elektronische Zeitung Schattenblick Donnerstag, 27. Oktober 2016 Menschenrechtsfreie Zone - Die Lizenz zum Töten (1) Von Washington über Ramstein nach Sanaa: Wie der Drohnenkrieg Recht, Kriegsführung und Gesellschaft verändert Diskussionsabend des ECCHR am 18. Oktober in Berlin Teil 1 Brandsatz Fukushima der Entsorgungslimbus ... Viele kleine Asse ... Nach der Zerstörung des Akw Fukushima Daiichi am 11. März 2011 zunächst durch ein Erdbeben dann einen Tsunami entstanden radioaktive Wolken, die sich als Fallout auf Land und Leute legten. Zum Glück für die Bevölkerung drehte der Wind und kam schließlich vorwiegend aus westlicher Richtung ... (Seite 20) (SB) POLITIK / KOMMENTAR Stets auf Kosten des anderen ... Unterwerfung in der "Spaßgesellschaft" (SB) Wer erinnert sich noch an Happy Slapping? Ganz so glücklich waren die Opfer der Attacken Jugendlicher, die den Spaß mit ihren Handys aufzeichnen und im Netz präsentieren wollten, meist nicht. Ohnehin waren die Betroffenen nur Requisiten einer Staffage, in der sich die ... (Seite 17) Das AufbauHaus am Kreuzberger Moritzplatz Foto: © 2016 by Schattenblick (SB) 26. Oktober 2016 Kurz vor dem Ende seiner Präsidentschaft sorgt sich Barack Obama, daß der Einsatz von bewaffneten Drohnen, die das Beseitigen von Feinden "recht antiseptisch" mache, zu "endlosen Kriegen überall auf der Welt, viele davon verdeckt, ohne Rechenschaft oder demokratische Debatte" führen könnte. Dies sagte der US-Präsident in einem am 2. Oktober in der Zeitschrift New Yorker veröffentlich- ten Interview. Die Befürchtungen Obamas sind mehr als begründet. Am 10. Oktober berichtete Le Monde vom erstmaligen Einsatz einer Killer-Drohne durch "Terroristen". Wenige Tage zuvor hatten Freiwillige des "islamischen Staats" (IS) in der Nähe von Erbil, der Hauptstadt der Kurdischen Autonomieregion im Norden Iraks, eine Gruppe Peschmerga und französischer Militärberater mit einer mit Sprengstoff versehenen Drohne angegriffen. Bei dem Anschlag wurden zwei kurdische Kämpfer getötet und zwei französische Soldaten schwer Elektronische Zeitung Schattenblick verletzt. Bereits am 9. Oktober warnte Richard Bitzinger in der Asia Times Online von Überlegungen amerikanischer und russischer Militärs, unbemannte Flugzeuge mit Atomwaffen zu bestücken. Vor diesem Hintergrund zeugte der Diskussionsabend, zu dem unter dem Titel "Von Washington über Ramstein nach Sanaa: Wie der Drohnenkrieg Recht, Kriegsführung und Gesellschaft verändert" am 18. Oktober das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in das Berliner Theater im Aufbau-Haus (TAK) einlud, von höchster Aktualität. Nach einer kurzen Begrüßung im Namen des Gastgebers lud Andreas Schüller vom ECCHR Faisal Bin Ali Jaber, der seit 2015 eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen deren Verwicklung in die Tötung seines Schwagers und seines Neffens am 29. August 2012 - nämlich durch die Zurverfügungstellung des Militärstützpunktes Ramstein an das US-Militär - laufen hat. Bei seiner Klage wird Bin Ali Jaber sowohl vom ECCHR als auch von der britischen Menschenrechtsorganisation Reprieve juristisch vertreten. Mit der Unterstützung seines Vetters und Dolmetschers Baraa Shiban stellte sich Bin Ali Jaber als staatlicher Umweltingenieur aus dem Jemen vor, der bis zu der besagten Familientragödie mit Politik eigentlich nichts am Hut gehabt habe. Eingangs erklärte Bin Ali Jaber, daß alles, was er sagen wolle, unter dem Titel Terrorismus und der beste Weg, ihn zu bekämpfen, zu subsumieren sei. Der 59jähriger Jemenit zeigte sich bestürzt darüber, daß in seinem ganzen Leben Seite 2 das Ansehen seiner Religion, des Islams, noch niemals so schlecht gewesen sei wie heute. Für diesen Umstand machte er Gruppen wie Al Kaida und Islamischer Staat (IS) verantwortlich, die mit ihren extremen Ideologien einer der großen Weltreligionen schwer schadeten. Der Schaden sei so groß, daß ein ganzer Abend nicht ausreichen würde, um ihn zu erläutern, so Bin Ali Jaber. Unter Hinweis auf die Entwicklung in seinem Heimatland Jemen stellte Bin Ali Jaber entschieden fest, daß die von Al Kaida und IS propagierte extreme Auslegung des Islams jedesmal, wenn ein per Drohne durchgeführter Raketenangriff erfolgt, an Stärke gewinnt. Seinen Erkenntnissen nach laute das Grundprinzip der im Jemen tätigen Gruppe Al Kaida auf der arabischen Halbinsel (Al Qaeda in the Arabian Peninsula - AQAP), man sei entweder für sie oder gegen sie; entweder man töte für sie oder werde getötet; nur wer für sie kämpfe und dabei sterbe, komme nach dem Tod in den Himmel; alle anderen landeten in der Hölle. Bin Ali Jaber meinte, es sei wichtig, sich das vor Augen zu führen, um seine Tragödie, die sich während einer mehrtägigen Familienfeier zutrug, zu verstehen. Zu den beiden Opfern sagte Bin Ali Jaber, sein Neffe Waleed sei Polizist und aktives Mitglied der Gesellschaft gewesen und sein Schwager Salem ein sehr mutiger Imam, der kein Geheimnis aus seiner negativen Meinung über AQAP machte. Laut Bin Ali Jaber vertrat Salem als Islamgelehrter den Standpunkt, daß man nur mit Ideen und nicht mit Militärgewalt Al Kaida erfolgreich bekämpfen und dabei verhindern könne, daß www.schattenblick.de die Jugend von den DschihadPredigern radikalisiert und rekrutiert werde. Als er soweit ging, von seiner Moschee aus die AQAP zu einer öffentlichen Debatte aufzurufen, habe die ganze Großfamilie Bin Ali Jaber Angst um ihn bekommen und deshalb Baraa Shiban gebeten, zu ihm zu gehen und ihn irgendwie zur Mäßigung seiner Worte zu bewegen. Keine 35 Stunden nach dieser Intervention war Salem - und mit ihm Waleed - tot, jedoch nicht durch die Hände von AQAP, sondern sozusagen von der eigenen Seite, den Demokratie und Menschenrechte propagierenden Vereinigten Staaten von Amerika. Das sei für die ganze Familie ein gewaltiger Schock gewesen. Einige von ihnen seien bis heute traumatisiert. Wie Bin Ali Jaber erklärte, sei der Hauptgrund, warum er nach dem für seine Familie verheerenden Drohnenangriffder USA den Weg der Menschenrechte und der Klage eingeschlagen habe, dem getöteten Schwager und dessen beispielhafter Lebensphilosophie gerecht zu werden. Salem habe stets argumentiert, daß es friedliche Wege gebe, gegen Unrecht vorzugehen und Gerechtigkeit zu erfahren, so Bin Ali Jaber. Des weiteren sei der Familienrat zu dem Entschluß gekommen, daß ein Urteil im Sinne der Geschädigten aus Deutschland oder den USA dazu am besten geeignet sei, Salem und Waleed im Grab Frieden zu beschweren. Selbst wenn Al Kaida politische Gründe zu kämpfen habe, verstehen nach Bin Ali Jabers Überzeugung nur wenige von ihnen, worum es dabei überhaupt geht. Die Familie Bin Ali Jaber wolle Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick mit der juristischen Aufarbeitung des an ihr begangenen Unrechts der Jugend im Gouvernement Hadramaut im besonderen und im Jemen im allgemeinen zeigen, daß es einem anderen Weg als den der Gewalt gebe. Zum Schluß betonte Faisal Ali Bin Jaber, daß der Grund, warum er sich in Deutschland aufhalte und Klage gegen die Bundesrepublik führe, der Militärstützpunkt Ramstein und dessen Funktion beim Drohnenkrieg der USA im Jemen und anderswo in den Ländern der islamischen Welt sei. Ohne Ramstein hätte es den tödlichen Angriff auf Salem und Waleed nicht gegeben. Gemeinsam müsse man den Kreis der Gewalt stoppen. Nur, weil einem eine Rakete auf den Kopf falle, sei das keine Rechtfertigung dafür, gleich mit der Waffe loszuziehen. Im Anschluß an die Erklärung Bin Ali Jabers folgte eine Podiumsdiskussion zum Thema "Die Folgen des Drohnenkriegs im internationalen Kampf gegen den Terrorismus", die, was Expertise in diesem Bereich betrifft, nicht hochkarätiger hatte besetzt sein können. Es diskutierten aus Pakistan Shahzad Akbar, der in seiner Heimat als einziger Anwalt die Opferfamilien der Drohnenangriffe in Wasiristan vertritt, aus Großbritannien Jennifer Gibson von der Menschenrechtsorganisation Reprieve, die Faisal Bin Ali Jaber sowie andere Geschädigte des Drohnenkrieges anwaltlich berät, Chris Woods, Leiter der Gruppe Airwars, welche die Daten aus dem Luftkrieg gegen Al Kaida, IS und andere "terroristische" Gruppen analysiert und auswertet, sowie aus den USA der mehrfach ausgezeichnete Journa- Faisal Bin Ali Jaber und Baraa Shiban Foto: © 2016 by Schattenblick Nach jahrelangen CIA-Drohnenangriffen auf AQAP hatten die USA nur wenige Tage vor der ECCHR-Veranstaltung erstmals list Jeremy Scahill, Autor der Bü- begonnen, Huthi-Stellungen an cher "Blackwater", "Dirty Wars" der Küste des Roten Meeres zu und "The Assassination Com- beschießen. Scahill fragte nach Do, 27. Oktober 2016 www.schattenblick.de plex", der sich seit 2001 durch zahlreiche Reportagen aus dem Kampfgebiet wie kein zweiter mit der dunklen Seite des "globalen Antiterrorkriegs" auseinandergesetzt hat. Moderiert wurde die Diskussion von Sarah Harrison, Direktorin der Courage Foundation, die als Wikileaks-Redakteurin 2014 Edward Snowden bei seinem berühmten Flug von Hongkong nach Moskau begleitet und dadurch dem NSA-Whistleblower geholfen hat, sich dem Zugriff der US-Behörden zu entziehen und nach Rußland abzusetzen. Nach einer kurzen Einführung übergab Harrison an Scahill als erstem das Wort, der seinerseits Bin Ali Jaber wegen seines Muts lobte. Der Enthüllungsjournalist, der in den letzten Jahren häufiger im Jemen gewesen ist, kritisierte aufs Schärfste die dort seit Frühjahr 2015 laufende, von den USA militärisch unterstützte Aggression Saudi-Arabiens als "erbarmungslosen Angriff" und verurteilte gleichzeitig die Hilfe des Ex-Präsidenten Mohammed Ali Saleh für die schiitischen HuthiRebellen als "destruktiv". Durch die Militäraggression von SaudiArabien und dessen sunnitischen Verbündeten im Jemen werde die dort lange fabulierte Einmischung des schiitischen Irans zur Wirklichkeit; das Armenhaus Arabiens drohe am Stellvertreterkrieg zwischen Riad und Teheran zugrunde zu gehen. Seite 3 Elektronische Zeitung Schattenblick der eigentlichen Agenda Washingtons, wo doch die Huthis und AQAP einander spinnefeind seien. Jedenfalls bezeichnete er die Pressemeldung, das fragliche US-Kriegsschiff Mason sei nicht nur mit ballistischen Raketen, sondern mit einem Marschflugkörper angegriffen worden, als "lachhaft". Keine der jemenitischen Bürgerkriegsparteien verfüge über solche Waffen, sagte er. Scahill verwies auf die von Wikileaks veröffentlichten diplomatischen Depeschen, aus denen hervorgeht, daß Saudi-Arabien bereits seit längerem Angriffe im Jemen durchführt. Für Scahill sieht es so aus, als erledigten die Saudis die "Drecksarbeit" Washingtons im Jemen. Er erinnerte in diesem Zusammenhang daran, daß Barack Obamas CIA-Direktor John Brennan in den neunziger Jahren Leiter der Station des US-Auslandsgeheimdiensts in Riad gewesen ist und dort über beste Verbindungen verfügt. Scahill bezeichnete den US-Militärstützpunkt in Ramstein als eine "mörderische Telefonzentrale", denn über die Einrichtung dort seien quasi alle Drohnenangriffe seit 9/11 koordiniert worden. Des weiteren habe das für Afrika zuständige Militärkommando der USA, AFRICOM, sein Hauptquartier in der Garnison Kelley bei Stuttgart; von dort aus gehen viele verdeckte Operation der US-Spezialstreitkräfte aus. Folglich hätten auch die Deutschen "Blut an den Händen", so Scahill. Zum Schluß entschuldigt er sich im Namen Amerikas bei Faisal Bin Ali Jaber für das ihm angetane Leid. prieve, die 1999 in London vom renommierten britischen Menschenrechtsanwalt Clive Stafford Smith ins Leben gerufen wurde, um den Opfern westlicher Antiterroroperationen wie zum Beispiel Menschen, die von der CIA verschleppt und gefoltert wurden, rechtlichen Beistand zu leisten. Mit dem Thema Drohnen befaßt sich Reprieve erst seit 2010. Damals galten alle Angegriffenen als Kombattanten; zivile Opfer waren unbekannt, so Gibson. Kurz nach dem Anschlag auf Salem und Waleed Bin Ali Jaber sei es zur Begegnung mit Faisal gekommen. Gibson zeigte sich empört darüber, daß Bin Ali Jaber bei seinem Bemühen um Gerechtigkeit an jeder Stelle abgewiesen worden sei, sei es in den USA, im Vereinigten Königreich oder bei den EU-Institutionen. Für ihn habe es bislang keine Antworten auf seine Fragen und keine Anerkennung des Leids gegeben. Was die Familie Bin Ali Jaber erlitten habe, sei kein Einzelschicksal, sondern die traurige Erfahrung Hunderter Familien in Pakistan, Jemen, Somalia und anderswo, so Gibson. Bin Ali Jaber hat nicht nur die Klage in Deutschland, wo er demnächst eine mündliche Anhörung erhält, sondern auch eine in den USA laufen. Nach Angaben Gibsons will er keine Entschädigung und auch keine rechtlichen Schritte gegen die Verantwortlichen für den Angriff unternehmen, sondern lediglich eine Schuldanerkennung und eine formelle Entschuldigung seitens der US-Regierung bekommen. Gibson zeigte sich enttäuscht darüber, daß Obama Transparenz in SaJennifer Gibson berichtete von chen Drohnenkrieg verspricht, jeder Arbeit der Organisation Re- doch die Gerichte in den USA unSeite 4 www.schattenblick.de ter Verweis auf die nationale Sicherheit einen Mantel des Schweigens über das Geschehen breiteten. Gibson betonte ausdrücklich, daß man es hier mit einem "globalen Hinrichtungsprogramm" zu tun habe, in das die europäischen NATO-Staaten eingebunden seien, weshalb es den Bürgern dort obliege, Gegendruck zu erzeugen. Laut Gibson darf man auf keinen Fall zulassen, daß die umstrittene Praxis der USA, der zufolge jemand von der Exekutive an der Judikative vorbei zur "terroristischen Bedrohung" bzw. zum "feindlichen Kombattanten" im Sinne des "Antiterrorkriegs" deklariert werden kann, um gleich per Joystick liquidiert zu werden, zur internationalen Rechtsnorm wird. Das sei "inakzeptabel", so die Vetreterin von Reprieve UK. Jeremy Scahill Foto: © 2016 by Schattenblick Shahzad Akbar zeichnete ein düsteres Bild dessen, was die Drohnenangriffe der USA seit 2003 in seiner Heimat angerichtet haben: 4000 Todesopfer, mindestens die Hälfte davon Zivilisten und davon Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick wiederum mindestens 200 Kinder. 90 Todesopfer sind bis heute nicht identifiziert, also namenlos geblieben. Akbar prangerte zwei Vorgehensweisen der USA ganz besonders an: erstens die sogenannten "signature strikes", die aufgrund irgendwelcher Algorithmen erfolgen, zweitens den sogenannten "double-tap" - das sind nachträgliche Raketeneinschläge, die einige Minuten nach dem ersten Drohnenangriff erfolgen, nachdem Verwandte, Freunde und Nothelfer am Unglücksort eingetroffen sind, um den Verletzten zu helfen und die Leichen bzw. Leichenteile zu bergen, und die gleich mitmassakriert werden. Akbar bezeichnete es als skandalös, daß alle männlichen Todesopfer im wehrfähigen Alter von den zuständigen US-Behörden in deren Statistiken als liquidierte "Terroristen" geführt werden. Die Amerikaner legten die gleiche Mißachtung des Lebens wie Al Kaida und die Taliban an den Tag; er sehe da keinen Unterschied, so Akbar. Die Drohnenangriffe und die Rücksichtslosigkeit, mit der sie durchgeführt werden, seien kontraproduktiv; sie hätten den Extremismus in Pakistan gefördert, statt ihn einzudämmen, erklärte der Gründer und Leiter der Foundation for Fundamental Rights. Nach dessen Einschätzung befindet sich die Welt aufgrund des Drohneneinsatzes der USA rechtlich in einer "sehr beängstigenden Situation", denn das wichtigste Recht von allen, das Recht auf Leben, werde für eine bestimmte Gruppe von Menschen, die sogenannten "Terrorverdächtigen", und alle, die mit ihnen zu tun haben, schlicht ausgesetzt. zweier westlicher Geiseln der Taliban - einen Amerikaner und einen Italiener -, die im Januar bei einem Drohnenangriff im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet ums Leben kamen, öffentlich entschuldigt und deren Familien eine Entschädigung versprochen habe, jedoch zu den zahlreichen getöteten pakistanischen Zivilisten kein einziges Wort des Bedauerns über die Lippen bringe. Das Verhalten der USA in dieser Angelegenheit sei für die Nicht-Regierungsorganisationen, die in Pakistan arbeiten und in deren Mitarbeitern die Taliban häufig die Handlanger des Westens zu sehen meinen, "sehr entmutigend". Die NGOs in Pakistan gehörten auch zu den Verlierern des Antiterrorkrieges - und das nicht nur im Sinne der Glaubwürdigkeit. Chris Woods von Airwars, der sich vor einigen Jahren erstmals mit Drohnen im Rahmen eines Projektes des in London ansässigen Bureau for Investigative Journalism befaßt hat, nannte die Waffe ein Attentatswerkzeug, das mit Hilfe der CIA entwickelt worden sei. Er sprach auch von einem "Phantasieprodukt", dessen Erzeuger behaupteten, das es nur die Bösen töte. Das sei die reine Lüge, so Woods. In allen Gebieten, wo man von Drohenangriffen Gebrauch mache, sei die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen worden. Hunderte, wenn nicht sogar Tausende unschuldiger Menschen seien durch die abgefeuerten Hellfire-Raketen getötet worden, erklärte Woods. Als "zweite Lüge" machte Woods die These aus, der Einsatz von "Killer-Drohnen" sorge für StabiShahzad empörte sich darüber, lität. Das Gegenteil sei der Fall, daß sich Obama für die Tötung so Woods, der geltend machte, Do, 27. Oktober 2016 www.schattenblick.de daß in jedem Land, in dem sie bisher benutzt wurden, heute Chaos herrsche. Woods sprach von "taktischen Erfolgen" auf Kosten "strategischer Niederlagen". Er erinnerte in diesem Zusammenhang an ein Gespräch, das er vor wenigen Jahren mit dem US-Diplomaten Cameron Munter geführt habe, der damals als US-Botschafter in Pakistan beklagte, daß sein Mitspracherecht, was Drohneneinsätze in Wasiristan betrifft, nichts zähle. Woods konstatierte demnach, die CIA habe nur ihre Kill-Liste im Blick und dafür die übergeordneten Interessen der USA aus den Augen verloren. Diese verheerende Entwicklung, daß der vermeintliche militärische Erfolg bei der "Terrorbekämpfung" die politischen Ziele überlagert habe, sei zuerst in Israel aufgetreten. Die USA und andere Länder würden diesem falschen Weg nun auch folgen. Außergerichtliche Hinrichtungen würden in jedem Land rechtlich akzeptabel, in das die Drohnen Einzug hielten: Man sei kurz davor, die Schwelle zu überschreiten, sie auch im Innern einzusetzen, um Verdächtige zu töten, statt sie festzunehmen. Nach dieser ersten Runde, fragte Sarah Harrison, warum es so viele verschiedene Angaben - seitens Menschenrechtsorganisationen und staatlichen Stellen - bezüglich der Anzahl der mit Hilfe von Drohnen getöteten Menschen, "Terroristen" sowie Zivilisten, gibt. Jeremy Scahill erwähnte eine Sammlung geheimer US-Regierungsdokumente zum Thema Drohnenkrieg, die er und Glenn Greenwald 2015 von einem Insider zugespielt bekommen und für einen Enthüllungsartikel im InSeite 5 Elektronische Zeitung Schattenblick tercept ausgewertet hätten, welche die unterschiedlichsten Opferzahlen enthielten. Der Grund dafür sei, daß das National Security Council im Weißen Haus, die CIA in Langley, Virginia, und das Oberkommando der US-Spezialstreitkräfte (JSOC) in Florida jeweils eigene Kill-Listen führten, stellte Scahill fest. Die ObamaRegierung habe einen "wissenschaftlichen Prozeß" zum weltweiten Töten per Drohne entwickelt, sagte er. Über jede verdächtige Person auf der Liste werde eine laufende Datei geführt; je mehr sich die Verdachtsmomente summierten, um so höher steige derjenige in der KillListe auf - am Ende bis hin zum Hinrichtungsbefehl, erklärte Scahill. Er bezichtigte Obama, "die schlimmsten Träume von Donald Rumsfeld und Dick Cheney, die eingeschränkte Exekutivgewalt, verwirklicht" zu haben und stellte mit Erschrecken fest, daß die Wähler der demokratischen Partei, die ihrerseits jahrelang gegen die Kriegspolitik der Regierung George W. Bush opponiert habe, laut Umfragen zu 70 Prozent Drohnenangriffe auf "Terrorverdächtige" befürworten. Scahill warf Obama vor, Lippenbekenntnisse auf den Rechtsstaat abzugeben und damit die Menschen zu täuschen, während Cheney immerhin niemals ein Geheimnis aus seinen rechtlich und moralisch fragwürdigen Zielen gemacht habe. Die Algorithmen der während der Amtszeit Obamas entwickelten Prozedur sei so ausgeklügelt, daß die Zahl der zivilen Opfer von Drohnenangriffen stets gering ausfalle. Dies wedre unter anderem dadurch erreicht, daß alle männliche Opfer im wehrfähigen Alter in Pakistan, Somalia und andersSeite 6 wo - also zwischen 14 und 54 Jahren - prinzipiell zu "feindlichen Kombattanten" erklärt werden, sobald sie Drohnenangriffen zum Opfer fallen. Scahill betonte, daß Drohnen lediglich das Mittel, jedoch die Handlungsoption des außergerichtlichen Tötens das eigentliche Ziel der politischen Elite in Washington sei. Vor diesem Hintergrund warf Sarah Harrison die Frage in die Runde ein, ob die Zahl der durch Drohnenangriffe getöteten Zivilisten zu- oder abnehme. Dazu meinte Chris Woods, aufgrund des technologischen Fortschritts erfolgten die Angriffe präziser, gehe der Anteil ziviler Opfer unter den Getöteten leicht zurück. Dessen ungeachtet sei hinsichtlich der offiziellen Zahlen Skepsis geboten, so Woods, der eine beschönigende, wenig glaubwürdige Aussage von CIAChef Brennan aus der Vergangenheit zitierte. Nach Einschätzung von Woods wäre es töricht, exakte Angaben von der CIA zu erwarten, denn diese wisse häufig nicht, wie viele Menschen beim jeweiligen Drohnenangriff ums Leben kämen. Beispielsweise würden Gebäude per Hellfire-Rakete in die Luft gejagt, um einen "Terroristen" zu treffen und das ungeachtet der Tatsache, daß sich unschuldige Personen ebenfalls dort aufhalten könnten. Auf die Weise seien, wie bereits erwähnt, im Januar die beiden westlichen Geiseln aus Italien und den USA einem Drohnenangriff zum Opfer gefallen. Woods erinnerte an die verharmlosenden Angaben der NATO während des Kriegs 2011 in Libyen, wo sich nach dem Sturz Muammar Gaddhafis herausstellte, daß die Zahl der zivilen Opfer westlicher Luftangriffe in die Zehntausende ging. Auch die Anti-IS-Koalition gebe beschönigte Opferzahlen infolge ihrer Luftangriffe auf Ziele des "Kalifats" im Irak und Syrien heraus, gab Woods zu bedenken. Shahzad Akbar aus Pakistan erklärte, er halte an dem Prinzip fest, wonach die Getöteten zunächst als unschuldig zu gelten hätten und nicht umgekehrt. Deswegen habe er vor pakistanischen Gerichten im Namen der Familienangehörigen mehr als 100 Anzeigen erstattet. Mittels einer solchen Klage habe man 2010 die Identität des damaligen CIA-Stationschef an der USBotschaft, Jonathan Banks, publik gemacht, weswegen dieser daraufhin aus Pakistan abgezogen werden mußte. Akbar zeigte sich guter Hoffnung, von den pakistanischen Gerichten Auslieferungsbefehle gegen einzelne Verantwortliche für die Drohnenangriffe in seinem Land erwirken zu können. Er verwies auf die bahnbrechende Studie der US-Universität Stanford "Living Under Drones: Death, Injury and Trauma to Civilians from US Drone Practices in Pakistan" aus dem Jahr 2012, deren Autoren James Cavallaro, Stephen Sonnenberg und Sarah Knuckey das Leiden der Zivilbevölkerung in Wasiristan in allen Einzelheiten analysiert hätten. Trotz der Erkenntnisse aus dieser und ähnlichen Untersuchungen, beispielsweise von Amnesty International, verweigerten die US-Behörden jede Zusammenarbeit mit Sarah Harrison griff den Gedanden Betroffenen und deren kengang auf, um zu fragen, was Rechtsvertretern. das für Folgen habe, wenn das www.schattenblick.de Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick meiste, was die Öffentlichkeit von offizieller Seite über den Drohnenkrieg erfahre, eine Lüge sei. Jennifer Gibson Foto: © 2016 by Schattenblick Jeremy Scahill kam auf die bereits erwähnten Dokumente zu sprechen, welche The Intercept letztes Jahr von einem anonymen Whistleblower erhalten hatte. Daraus geht hervor, daß jede Drohnen-Operation jeweils eine Person zum Ziel hat. Der Präsident, derzeit Obama, erteilt nicht den Angriffsbefehl, sondern den Tötungsbefehl, der nur für 60 Tage gilt und, falls bis dahin nicht ausgeführt, erneuert werden muß. Dies führt dazu, daß die Drohnenpiloten und ihre Vorgesetzten gegen Ende der sechzigtägigen Frist schießwütiger werden. CIA und Militär wollen die Gelegenheit nicht verlieren und schießen häufig auf gut Glück. Wenn sie dabei Do, 27. Oktober 2016 die eigentliche Zielperson nicht töten, rechtfertigen sie ihr Handeln, indem sie behaupten, immerhin hätten sie den einen oder anderen von deren Gefährten liquidiert - obwohl sie hierzu gar nicht ermächtigt gewesen seien, so Scahill. Der Investigativjournalist meinte, die CIA- und Pentagon-eigenen Auswertungen des Geschehens auf dem Kriegsschauplatz, die sogenannten "battlefield assessments", seien in Afghanistan wegen der dortigen US-Militärpräsenz viel besser als im Jemen oder Pakistan, wo man praktisch niemanden auf dem Boden vor Ort habe. Bei den Drohnenangriffen im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet fielen im Schnitt neun Zivilisten für jeden getöteten Taliban den Drohnenangriffen zum Opfer, so Scahill. In der offiziellen Statistik würden viele Zivilisten - in der Regel Männer - nachträglich zu "Terroristen" erklärt. Wie Obamas Worte des öffentlichen Bedauerns für den Tod der beiden Geiseln aus Italien und den USA zeigten, zähle für Pentagon, CIA und Weißes Haus nur das Leben westlicher Zivilisten, nicht aber das armer Pakistaner, Jemeniten, Somalier et cetera. Jennifer Gibson griff die Kritik Scahills auf, um zu konstatieren, daß mit dem Einsatz von Drohnen zwecks außergerichtlicher Hinrichtung die Menschheit "eine perverse Welt betreten" habe. Die Genfer Konventionen stammen aus einer Zeit, in der die Staaten bewaffnete Konflikte vermeiden wollten; inzwischen strebten alle Großmächte wieder in solche Konflikte niedriger Intensität hinein, um den Handlungspielraum der Exekutive erweitern zu können. Der "globale Antiterrorwww.schattenblick.de krieg" der USA mache Schule, so Gibson. Nach Ansicht der Menschenrechtsaktivistin sei es nicht ohne weiteres ersichtlich, welchen Disput Washington mit AQAP habe; dennoch diene die Bekämpfung von AQAP mittels Drohnenangriffen Washington als Vorwand, sich militärisch und mit anderen Mitteln in die inneren Angelegenheiten des Jemens einzumischen. Gibson beklagte die Tatsache, daß die USA weltweit als Kläger und Richter in einem agierten, was aus rechtlicher Sicht einen gefährlichen Präzedenzfall darstelle. Sie hob den Drohnenangriff hervor, mit dem die Königlichen Britischen Streitkräfte im August 2015 nahe der ostsyrischen Staat Rakka zwei Untertanen Ihrer Majestät, Reyaad Khan und Rahul Amin, die sich dem IS angeschlossen haben sollen, per Knopfdruck ins Jenseits beförderten, als eine Folge jenes Vorpreschens der Amerikaner hervor. Gibson machte auf den Widerspruch aufmerksam, demzufolge britische Regierungsvertreter zur Begründung der Tötung von Khan und Amin gegenüber den Vereinten Nationen behaupteten, es sei ein Beitrag zur kollektiven Sicherheit, und sie vor dem eigenen Parlament in London als notwendigen Akt der Landesverteidigung verstanden haben wollten. Wie die Behörden in den USA würden auch diejenigen in Großbritannien zu konkreten Fällen der "extralegalen Hinrichtung" gegenüber Parlament und Öffentlichkeit mauern, was das Zeug halte. Damit läuteten sie das Ende der Demokratie ein, so Gibson. Die streitbare Anwältin erklärte die weitverbreitete Vorstellung, Drohnenangriffe seien unheimlich präzise und träfen nur Seite 7 Elektronische Zeitung Schattenblick "Schurken", für ein Märchen. In der Realität würden auch sehr viele Zivilisten getötet. Gibson ging auf das inzwischen bekannte Phänomen ein, wonach häufig irgendwelche "Terroristen" doch noch wiederauftauchten, Tage, Wochen oder Monate nachdem CIA oder Pentagon ihre erfolgreiche Liquidierung per Drohnenangriff gemeldet hätten. Der Überblick bei den zuständigen Stellen sei so mangelhaft, daß im Durchschnitt gejagte "Terroristen" dreimal "getötet" würden, bis es sie in Wirklichkeit erwischt habe. In einem Fall war ein führender Islamist sogar erst nach dem siebten Drohnenangriff tatsächlich tot. Wer wisse, wer alles bei den vorherigen Attacken getötet worden sei, so Gibson. Inzwischen würden Zielpersonen auf der Basis von Metadaten wie Telefonnummer, ein Besuch in der falschen Moschee oder zufällige Kontakte zu anderen "Terrorverdächtigen" ermittelt. Den Hinweis auf die Metadaten griff Sarah Harrison auf, um nach der Bedeutung des US-Militärstützpunkts Ramstein zu fragen, worüber die Verbindung zwischen den Satelliten, welche die Zielgebiete im Nahen Osten, Zentralasien und Nordafrika im Blick behielten, und den Drohnenoperateuren und ihren Vorgesetzten in den USA, läuft. Jeremy Scahill bestätigte die Kritik von Jennifer Gibson und ließ Revue passieren, auf wie viele "selectors", "Selektionsgründe", die US-Geheimdienste bei der Auswahl von zu tötenden Zielpersonen zurückgriffen. Dazu gehörten Telefonnummer und -kontaktliste, Nummer der im Mobiltelefon befindlichen Chipkarte, wann Seite 8 Shahzad Akbar Foto: 2016 © by Schattenblick und wo der Nutzer WLAN benutze, die Liste aller benutzten WLAN-Verbindungen sowie alle auf die Person bezogenen Daten der Geolokalisierung, sprich ihr Aufenthaltsort und zwar laufend. Laut Scahill würden alle Mobiltelefone weltweit von den Geheimdiensten elektronisch beschattet und ihre Daten abgefangen. Ein System namens Gilgamesh, dessen Existenz von Edward Snowden bekannt gemacht wurde und das sich an Bord amerikanischer Drohnen befinde, erlaube es CIA und Pentagon, die Mobiltelefone mutmaßlicher "Terroristen" zu lokalisieren. Um dem "Tracking and Whacking" zu entgehen, sind die Taliban in Afghanistan und Pakistan irgendwann einmal dazu übergegangen, nach Treffen ihre Chipkarten untereinander auszutauschen. Bei verdächtigen Personen wie Drogendealern setze die Polizei vielerorts in den USA inzwischen elektronische Technologie ein, die ursprünglich von der CIA bei der Jagd nach "Terroristen" verwendet wurde. Hierzu gehöre zum Beispiel Stingray, mittels dessen man eine WLANVerbindung oder einen Funkmast www.schattenblick.de vortäuschen kann, damit die Zielperson sie benutzt und alle Daten ihrer Mobilgeräte, auch Gespräche, erfaßt und gespeichert werden können. Wie die Kontroverse um die vielen Fälle erschossener schwarzer Männer durch die Polizei in den USA zeige, sei dort der Antiterrorkrieg längst heimgekehrt; die Ordnungshüter würden mit ausgemustertem Militärgerät aufgerüstet; die Attraktion der Terrorbekämpfung wirke sich bei den Sicherheitsbereichen im Innern zersetzend auf den gesellschaftlichen Frieden aus, bemängelte Scahill. Für die deutsche Öffentlichkeit hatte er keine beruhigende Botschaft parat. Im Gegenteil. Im EU-Vergleich leiste sich Deutschland ein "sehr starkes Überwachungsprogramm im Innern", das nur von demjenigen Großbritanniens übertroffen werde, sagte er. Als die Diskussion für das Publikum eröffnet wurde, machte der Schattenblick auf die neo-kolonialistische, rassistische Ausrichtung des Drohnenkrieges aufmerksam und verwies auf den Fall Raymond Davis. Im Januar 2011 war der CIA-Mann in Lahore festgenommen worden, nachdem er auf einer Straßenkreuzung zwei Männer auf einem Motorrad erschossen hatte. Es kam zu einem heftigen diplomatischen Streit um seine Person zwischen Islamabad und Washington. Nach fast zwei Monaten in Untersuchungshaft wurde Davis Mitte März freigelassen. Zuvor hatten die Familien der Getöteten eine größere Summe Blutgeld erhalten. Kaum hatte die Maschine mit Davis den pakistanischen Luftraum verlassen, als die CIA einen Drohnenangriff auf ein Treffen von Dorfältesten in NordDo, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick wasiristan durchführte und 44 Menschen tötete. Die Attacke sorgte in Pakistan für grenzenlose Empörung. Fünf Monate später wurde ein nicht namentlich genanntes Mitglied der Obama-Regierung in einem Bericht der Nachrichtenagentur Associated Press mit den Worten zitiert, der Drohnenangriff auf die Loya Jirga in Datta Khel sei "Vergeltung für Davis" gewesen, denn "die CIA war zornig". Jeremy Scahill stimmte der These des rassistischen Charakters des Drohnenkrieges der USA zu. Die Tatsache, daß der Drohnenangriff in Datta Khel, der wie kein zweiter Vorfall das Ansehen der USA in der pakistanischen Öffentlichkeit beschädigt habe, weder damals noch heute in seiner Bedeutung von den westlichen Medien wahrgenommen worden sei, sei empörend. Shahzad Akbar merkte an, daß Zeit und Ort des Treffens der Dorfältesten, bei dem ein Streit um Abholzung im Wald geschlichtet werden sollte, in der ganzen Gegend um Dattel Khel bekannt waren. Es handelte sich um keine konspirative Zusammenkunft, sondern quasi um eine öffentliche Sitzung. Akbar erklärte zudem, daß es damals für ihn und viele Pakistaner bezeichnend gewesen sei, daß es, während Davis in Untersuchungshaft saß, praktisch zu keinen Drohnenangriffen in Wasiristan gekommen sei. Die in Berlin lebende US-Friedensaktivistin Elsa Rassbach wollte von den Experten wissen, wie man den Drang der europäischen Staaten, darunter auch Deutschland, nach Anschaffung eigener Killerdrohnen aufhalten könnte. Do, 27. Oktober 2016 Chris Woods meinte darauf, es sei zu einfach, die Verantwortung für den ganzen Drohnenkrieg auf die Amerikaner abzuwälzen. Seines Erachtens seien die europäischen NATO-Staaten über ihre Geheimdienste daran beteiligt. Inzwischen werde auch für die Europäer die außergerichtliche Tötung der eigenen Bürger zur Alltäglichkeit. Die EU-Staaten beauftragten die CIA mit der Erledigung ihrer Drecksarbeit. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die erste extralegale Tötung eines britischen Bürgers, des Al-ShaabahMitglieds Bilal Al Berjawi, 2012 in Somalia. Die Operation sei zwar vom US-Auslandsgeheimdienst durchgeführt worden, habe aber London und nicht Washington genutzt. Jennifer Gibson stimmte Woods zu. Die Europäer machten ihre eigenen zu erledigenden Zielpersonen ausfindig, lieferten die Selector-Daten an die CIA und überließen es ihr, auf den Hinrichtungsknopf zu drücken. Zu behaupten, wie es Berlin in der Vergangenheit getan habe, man übermittele Geheimdiensterkenntnisse an die CIA, ohne zu wissen, wozu diese benutzt werden, sei nicht glaubhaft. Die Europäer mauerten nach außen hin, um sich selbst vor Kritik zu schützen, so Gibson. Ihr zufolge ist das eigentliche Problem nicht der Waffentyp Drohne, sondern die Tatsache, daß sich bislang kein Staat als fähig erwiesen hat, sie verantwortungsvoll zu benutzen. Akbar teilte die Ansicht, daß nicht die Waffe, sondern die Praxis der extralegalen Hinrichtung das eigentliche Übel sei. Er fand es skandalös, daß bislang kein einziger Staat Washingtons Interpretation des staatlichen Rechts auf www.schattenblick.de Selbstverteidigung in Frage gestellt habe. Akbar meinte, daß der Umstand nicht nur auf den mangelnden Willen, den Unmut der USA auf sich zu ziehen, zurückzuführen sei, sondern daß sich die Regierungen in anderen Staaten die Option offenhalten wollten, auf ähnliche Weise gegen Feinde im Innern und im Ausland vorgehen zu können. Chris Woods Foto: © 2016 by Schattenblick Jeremy Scahill warf ein, das Problem mit dem Völkerrecht sei, daß sich die USA nur daran hielten, solange es ihnen passe. Washington vertrete eisern den Standpunkt, daß US-Militärangehörige im Ausland Immunität genießen sollen. Dieses Denken sei in der US-Politik so stark verankert, daß der Kongreß 2002 den sogenannten Hague Invasion Act verabschiedet habe. Das Gesetz gab dem Präsidenten die Vollmacht, alle erdenkliche Maßnahmen zu ergreifen, um eine Auslieferung von US-Soldaten an das Internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag oder ihre Verhaftung dort zu verhindern. 1984 haben die USA ihre VerurSeite 9 Elektronische Zeitung Schattenblick teilung durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen der illegalen Verminung der Häfen des von den sozialistischen Sandinistas regierten Nicaragua schlicht ignoriert und sich geweigert, an Managua die vorgeschriebene Entschädigung zu entrichten. Auch die Regierung von Bush jun. habe sich über internationales Recht hinweggesetzt, unter anderem durch den Folter von "Terrorverdächtigen". Solange die anderen Staaten die USA nicht zur Verantwortung zögen, werde es keine Veränderung zum Besseren geben, so Scahill. Er sagte voraus, daß sich die anderen Großmächte wie Rußland und China nach dem Gebaren der USA richten würden. Das Völkerrecht sei nur so gut, wie die Staaten es beachteten und sich danach richteten, sagte er. In einer anderen Frage aus dem Publikum wollte jemand unter Verweis auf Gavin Hoods starbesetzte Kinoproduktion "Eye in the Sky" von 2015 wissen, ob nicht die Filmindustrie ein manipuliertes Bild der Wirklichkeit des Drohnenkrieges erzeuge. Die Person fragte, wie der Antiterror- krieg-Diskurs demystifiziert werden könnte, um die kriminellen Aspekte und die dahinterliegenden Strukturen bloßzustellen. Chris Woods erinnerte in diesem Zusammenhang an die Formel seines Kollegen bei Reprieve, den bereits erwähnten Clive Stafford Smith, der seit einem Vierteljahrhundert für die Abschaffung der Todesstrafe in den USA kämpfe, demzufolge die entscheidenden Siege auf dem Feld der öffentlichen Meinung errungen würden. Gleichwohl sah Woods die große Gefahr, daß der Einsatz von Killerdrohnen zur Alltäglichkeit werde. Um dem entgegenzuwirken, meinte Jeremy Scahill, müsse man den Opfern des Antiterrorkrieges sowie der anderen militärischen Konflikte auf der Welt ein Gesicht verleihen, so wie es die US-Medien in Fällen von Amokläufen in Schulen bei den Betroffenen täten. Leider würden Kriege nicht auf dieselbe Weise von den Medien aufgearbeitet, so Scahill. Das Leid der Betroffenen werde ausgeblendet, während man die Waffensysteme bewundere, sagte er. Shahzad Akbar fügte hinzu, die Öffentlichkeit in den verschiedenen Staaten müsse den Behauptungen der eigenen Regierungen mehr Skepsis entgegenbringen, sie hinterfragen. Er erwähnte die Bedeutung der großen Spionage- und Überwachungsanlage Pine Gap im australischen Outback für die Containment-Strategie der USA gegenüber der Volksrepublik China und die Gleichgültigkeit der Menschen auf dem sechsten Kontinent gegenüber dem auch von dort ausgehendem Potential eines militärischen Konflikts zwischen Peking und Washington. Die Welt stehe am Rande des Dritten Weltkrieges; wie 1914 schlafwandelten die großen Nationen in den Untergang. Darum müßten die Menschen im Westen gegen die Tötung unschuldiger Zivilisten im Jemen, im Pakistan und anderswo auf die Straße gehen. Nur so könnten sie vielleicht das Abgleiten der Welt in noch mehr Krieg verhindern, meinte Akbar. (wird fortgesetzt) http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/report/ prbe0248.html (v.l.n.r.) Jennifer Gibson, Jeremy Scahill, Sarah Harri son, Shahzad Akbar & Chris Wood Foto: © 2016 by Schattenblick Seite 10 www.schattenblick.de Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick POLITIK / REPORT / BERICHT Menschenrechtsfreie Zone - Die Lizenz zum Töten (2) Von Washington über Ramstein nach Sanaa: Wie der Drohnenkrieg Recht, Kriegsführung und Gesellschaft verändert Diskussionsabend des ECCHR am 18. Oktober in Berlin Teil 2 (SB) 26. Oktober 2016 2014 hat Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen um das Für und Wider einer Ausrüstung der Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen eine "gesellschaftliche Debatte" angestoßen, deren Ausgang bereits jetzt absehbar sein dürfte. Es ist kaum vorstellbar, daß in dieser Frage von der Leyen, die Vordenker auf der Hardthöhe, die Generäle und die deutsche Rüstungslobby ein Nein seitens der Zivilgesellschaft akzeptieren würden. Schließlich haben die Militaristen nur wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Wiederbewaffnung Westdeutschlands gegen den Willen weiter Teile der Bevölkerung durchgedrückt. Ungeachtet der ungleichen Kräfteverhältnisse machen die Drohnenkritiker mobil. Dies wurde bei dem spannenden, vom ECCHR veranstalteten Diskussionsabend mit dem Titel "Von Washington über Ramstein nach Sanaa: Wie der Drohnenkrieg Recht, Kriegsführung und Gesellschaft verändert", am 18. Oktober im Berliner Theater im Aufbau-Haus (TAK) deutlich. Auch für die Einhaltung der Men schenrechte will geworben werden Foto: © 2016 by Schattenblick um die Frage an, ob Deutschland wegen Ramstein an den Drohnenangriffen der USA beteiligt sei, was Kritiker bejahen und darin Beihilfe zum Mord sehen, und fragte nach den Konsequenzen. Sollte sich die Bundesrepublik beim Thema bewaffnete Drohnen zurückhalten oder mitmachen? Während beim Ersten Weltkrieg alle Beteiligten förmliche Kriegserklärungen abgaben, gebe es heute "neue Kriegsformen", die punktuell dem Terrorismus ähnelten, sagte er. Die Grenzen zwischen Strafverfolgung und Krieg seien verwischt worden, juristische Prinzipien drohten auf dem Altar der militärischen Logik geopfert zu werden. Wie gehe man mit den neuen Herausforderungen um? In Deutschland gebe es keine Todesstrafe. Die deutschen Gesetze erlaubten kein "gezieltes Töten", sondern lediglich im Extremfall den sogenannten "finalen Rettungsschuß". Jeder mutmaßliche Straftäter habe das Recht, sich vor einem Gericht gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe öffentlich zu verteidigen. ein, eine Diskussion zum Thema "Die deutsche Position zum Einsatz bewaffneter Drohnen" unter Beteiligung von Oliver Fixson, dem Leiter des Referats Allgemeines Völkerrecht im Auswärtigen Amt zu Berlin, Andreas Zimmermann, Rechtsprofessor an der Universität Potsdam, und Wolfgang Kaleck, dem Generalsekretär des ECCHR und damit Gast- Als erstes bat Janisch die DiskuNach einem kurzen Intermezzo geber der gesamten Veranstaltung. tanten darum zu erläutern, in welleitete Moderator Wolfgang Jachen Kontexten feindliche Komnisch von der Süddeutschen Zei- Wolfgang Janisch sprach in sei- battanten nach dem Völkerrecht tung den zweiten Teil des Abends ner Einleitung die Kontroverse getötet werden dürfen oder nicht. Do, 27. Oktober 2016 www.schattenblick.de Seite 11 Elektronische Zeitung Schattenblick Andreas Zimmermann, dessen Spezialgebiet das Völkerrecht ist, antwortete, es komme darauf an, ob der Kontext ein bewaffneter Konflikt sei oder nicht. Im Konfliktfall kann auch die Tötung von Zivilisten zulässig sein; Kollateralschäden seien erlaubt, solange sie nicht exzessiv ausfallen. Darum müsse immer als erstes die Frage geklärt werden, ob man es mit einem bewaffneten Konflikt zu tun habe oder nicht. Befinde man sich außerhalb eines bewaffneten Konflikts, dann habe man sich nach den allgemeinen Menschenrechten zu richten. Um deren Aufrechterhaltung ist der für die jeweilige Jurisdiktion verantwortliche Staat zuständig. Für ein militärisches Eingreifen von außen in einen Konfliktfall ist normaleweise die Zustimmung des betroffenen Staats erforderlich siehe die Einladung Syriens letztes Jahr an Rußland. Wenn der Staat dazu aber nicht in der Lage ist, weil er wie zum Beispiel in Somalia praktisch aufgehört hat zu existieren, gibt es Sonderregeln des internationalen Völkerrechts, die eine Intervention ausländischer Mächte erlauben, um etwa eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Zimmermann kam auf den NATO-Luftangriff auf den Radiound Fernsehsender RTS 1999 in Belgrad zu sprechen, bei dem 17 Zivilisten getötet wurden. Damals hat die NATO die Attacke gerechtfertigt, weil ihrer Meinung nach RTS feindliche Propaganda verbreitet habe. Bei einer Klage vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof zwei Jahre später unterlagen die Angehörigen der Opfer, weil weder ihr Staat, die Bundesrepublik Jugoslawien, noch zwei der an der Operation Seite 12 tives Wissen um das Unrecht haben, und zweitens müsse der Rechtsbruch gegen die Gesetze der Bundesrepublik verstoßen. Nur dann könnte man argumentieren und vielleicht nachweisen, daß die deutschen Beihilfeleistenden durch ihr Handeln die Ermöglichung eines Völkerrechtsbruchs beabsichtigt hätten, so Zimmermann. Prof. Andreas Zimmermann Foto: © 2016 by Schattenblick beteiligte NATO-Mächte, Kanada und die USA, Unterzeichnerstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention waren. Eine Beihilfe Deutschlands beim Kriegsverbrechen hätte in diesem Fall nur dann vorgelegen, hätte man beweisen können, daß die NATO die RTS-Mitarbeiter willentlich getötet habe. An dieser Stellte hakte Janisch mit der Frage ein, inwieweit die politisch Verantwortlichen in Berlin zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn zum Beispiel die USA vom deutschen Boden aus, wie eventuell über Ramstein im Fall der von dort koordinierten Drohnenangriffe der CIA, völkerrechtswidrig handeln. Zimmermann meinte, hier müßten zwei Bedingungen erfüllt werden: erstens, die fraglichen Personen in Deutschland müssen ein posiwww.schattenblick.de Janisch bat Oliver Fixson um seine Meinung zu dieser schwierigen Frage. Habe man sich in Deutschland strafbar gemacht, wenn der BND bestimmte Mobiltelefondaten an die NSA weiterleite und daraufhin der betreffende "Terrorverdächtige" einem CIADrohnenangriff zum Opfer falle? Der Vertreter des Auswärtigen Amts verwies auf laufende Prozesse in diesem Bereich, um zu erklären, warum er nicht alles frei kommentieren könne. Des weiteren wandte er ein, daß er nur begrenzt mit den fraglichen Protokollen der NSA-Anhörungen des Bundestags vertraut sei. Nichtsdestotrotz stimmte Fixson im Grundsatz den Ausführungen Zimmermanns zu: Solange die Bundesregierung nicht über die konkrete Verwendung der weitergegebenen Daten bescheid wisse bzw. nicht in die operative Planung der Drohnenangriffe eingeweiht sei, könne sie rechtlich nicht belangt werden. Von Janisch um seine Einschätzung gebeten, erklärte Wolfgang Kaleck, es dürfe eigentlich keine rechtliche Grauzonen geben, wenn Rechtsstaaten wie die USA, Deutschland oder Großbritannien in einen Konflikt verwickelt seien. Wenn so etwas wie zum Beispiel bei den beiden Tschetschenienkriegen Rußlands geschehe, Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick überrasche es ihn nicht, sagte Kaleck; aber im Westen beanspruche man, höhere rechtliche Standards als Moskau zu befolgen, und müsse auch daran gemessen werden. Der ECCHR-Gründer machte geltend, daß die Drohnenangriffe der USA verheerende Schäden in diversen Weltregionen anrichteten. Den Betroffenen müsse rechtlich geholfen werden. Die Familie Bin Ali Jaber im Jemen zum Beispiel habe ganz klar Position gegen Al Kaida bezogen und trotzdem zwei Angehörige durch Hellfire-Raketen der CIA verloren. Kaleck erneuerte die Forderung Faisal Bin Ali Jabers, wonach bei der Terrorbekämpfung endlich die Sprache der Gewalt durch die Sprache des Rechts ersetzt werden müsse. Kaleck zitierte in diesem Zusammenhang die US-Generäle Stanley McChrystal von JSOC und Michael Flynn von der Defence Intelligence Agency (DIA), die beide jahrelang in Afghanistan und im Irak an der Kriegsfront gedient haben und dabei zu der Überzeugung gekommen seien, daß die Aufstands- bzw. Terrorbekämpfung an beiden Orten gescheitert sei. Kaleck beklagte eine "enorme Erosion des Rechts", die mit dem "Antiterrorkrieg" einhergehe und unbedingt gestoppt werden müsse, damit nicht bald überall Gesetzlosigkeit und Willkür herrschen. Kaleck, der 2006 mit einer Klage gegen den damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und den damaligen CIA-Chef George Tenet weltweit für Aufsehen gesorgt hatte, erinnerte an die nach den Flugzeuganschlägen vom 11. September 2001 von den Do, 27. Oktober 2016 amerikanischen Behördenvertretern begangenen Verbrechen wie Folter und außerordentliche Verschleppung mutmaßlicher "Terroristen". Auch hier habe man inzwischen einige Verurteilungen erzielen können. Nach Meinung Kalecks würde sich bei all diesen extralegalen Programmen dasselbe abspielen. Zunächst werde alles bestritten, doch peu-à-peu befaßten sich die UN-Beobachter und internationale Menschenrechtler mit den Fällen und sorgten allmählich für die Durchsetzung der gesetzlichen Ordnung. Entscheidend sei laut Kaleck die Reaktion der Öffentlichkeit in dem jeweiligen Staat. Von der öffentlichen Meinung hänge der politisch-juristische Zwang zur Rechenschaftspflicht ab. Oliver Fixson Foto: © 2016 by Schattenblick Deutschlibanesen Khaled ElMasri hätten sich die deutschen Gerichte auf diejenigen in Amerika berufen, die sich ihrerseits bis zum Supreme Court hinauf den vermeintlichen Erfordernissen der nationalen Sicherheit unterordneten und alles unter den Teppich kehrten. 2015 sei auch Faisal Bin Ali Jaber mit seinem Feststellungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht in Köln gescheitert, weil sich dieses mit den US-Behörden nicht anlegen wollte. Während die USA die Klagen der Familien der Drohnenopfer an sich abperlen ließen, leisteten sich die Europäer auch viele Leerstellen - siehe das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Wegen seines geschichtlichen Erbes trete Deutschland häufig als engagierter Bewahrer der Menschenrechte auf. Darum solle Berlin Washington endlich sagen, wo die rechtsstaatlichen Grenzen bei der Terrorbekämpfung laufen. Kaleck insistierte darauf, daß die Datenweitergabe seitens Deutschlands an die USA nicht erlaubt sei, wenn die Gefahr bestehe, daß diese zum Foltern oder zum Töten benutzt werde. Ein Problem in den rechtlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten sei, daß Washington in der Frage der Bedrohung der nationalen Sicherheit die Kriterien viel breiter auslege als Berlin, sagte der ECCHR-Chef. Kaleck kritisierte die mangelhafte Einhaltung der Menschenrechte durch die europäischen Staaten im Bereich der Terrorbekämpfung. Im Falle des 2003 für mehrere Monate aufgrund einer falschen Identifizierung in Mazedonien von der CIA zu Unrecht nach Afghanistan verschleppten Diese Feststellung erntete Zustimmung von Fixson, der anmerkte, aus ihrer Sicht bewegten sich die USA stets aufdem Boden des Völkerrechts. Was die konkrete Bedrohung betrifft, weswegen man militärisch aktiv werden kann, habe der Caroline-Fall im Jahr 1837 Maßstäbe gesetzt. Da- www.schattenblick.de Seite 13 Elektronische Zeitung Schattenblick mals hatte die britische Armee ein mit Waffen und Munition für kanadische Rebellen geladenes Boot gekapert, es über die Niagara-Fälle geschickt und zerstört. Im Anschluß wurde das Handeln der Briten als rechtens anerkannt, denn erstens sei die militärische Bedrohung akut und zweitens seien die ergriffenen Gegenmaßnahmen angemessen gewesen. Fixson erinnerte daran, daß vor vierzig Jahren die Bundesrepublik die Rote Armee Fraktion (RAF) mit polizeilichen Mitteln bekämpft hat und somit innerhalb des Friedensrechts geblieben ist. Die USA hätten dagegen nach 9/11 anders reagiert und rechtliches Neuland betreten, indem sie einem nichtstaatlichen Akteur, dem Al-Kaida-"Netzwerk" Osama Bin Ladens, den Krieg erklärten. Ein Problem bei dem "Antiterrorkrieg" sei, daß der Gegner der USA und ihrer Verbündeten nicht örtlich lokalisiert werden könne; er verfüge nicht über einen Staat, den man bezwingen und dessen Territorium man einfach besetzen könnte, sondern seine Freiwilligen agierten grenzüberschreitend in vielen Gegenden der Welt, sei es in einer Weltmetropole wie Paris oder einem rechtlichen Niemandsland wie Somalia. Janisch warf die Frage auf, ob der Westen mit dem Drohnenkrieg rechtlich auf eine schiefe Ebene geraten sei. Zimmermann meinte, bei bewaffneten Drohnen müßten genau dieselben Regeln wie bei bemannten Kampfjets gelten. In der Vergangenheit habe die CIA mehrere deutsche Dschihadisten im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet mittels Drohenangriff getötet und dies mit einer akuten Anschlagsgefahr begründet. Sollten die Angaben stimSeite 14 men, wäre aus seiner Sicht die extralegale Tötung im bewaffneten Konflikt des "Antiterrorkriegs" legal gewesen, erklärte Zimmermann. und auf deren Basis der Tötungsbefehl erteilt werde oder nicht. Dies klinge wie Hinrichtung aufVerdacht; was sagten die Experten dazu? Kaleck sah die Dinge anders. Er meinte, die USA verschafften sich Handlungsspielraum, indem sie alles mit dem Etikett der nationalen Sicherheit versehen. Dadurch sei eine rechtliche Grauzone entstanden, die Menschenrechtsanwälte sehr schwer durchleuchten könnten, weil fast alle Entscheidungsgrundlagen sowie Identitäten der handelnden Akteure geheimgehalten würden. Leider mache die Praxis der USA in diesem Bereich Schule, deshalb rate er vom Einsatz bewaffneter Drohnen dringend ab. Unter Verweis auf seine Erfahrungen bei der Verfolgung der Verantwortlichen für das US-Folterprogramm kritisierte Kaleck die duckmäuserische Haltung der europäischen Politelite. Damals habe sich die Hälfte der EUStaaten geweigert, an der Aufklärung der schrecklichen Vorgänge, die sich zum Teil auf europäischem Boden abspielten, mitzuwirken. Für Kaleck sei es ein unhaltbarer Zustand, wenn Folteropfer oder Angehörige von Zivilisten, die bei Drohnenangriffen getötet worden seien, vor europäischen Gerichten scheiterten und dort das ihnen zustehende Recht nicht bekämen. Zimmermann erklärte, er kenne solche personenbezogenen Dateien nicht, aber daß das Problem beim Einsatz von Killerdrohnen darin bestehe, zwischen Kombattanten und Nicht-Kombattanten zu unterscheiden. Das Problem sei auch nicht neu, sondern ergebe sich immer wieder bei der Aufstandsbekämpfung. Wann sei ein Bauer ein Rebell - durchgängig oder nur wenn er eine Waffe in der Hand habe? Die Amerikaner in Vietnam und die Sowjets in Afghanistan schlugen sich mit denselben Schwierigkeiten herum: wie definiert und stellt man die "continuous combat function", die aktive Teilnahme einer Person am Konflikt, fest? Hat ein Dschihadist mit einer Videobotschaft im Internet einen Selbstmordanschlag angekündigt und hält sich bei Aufständischen im Kampfgebiet auf, dann ist er nach Ansicht Zimmermans ein legitimes Ziel. Janisch brachte die Dateien von CIA, JSOC und Weißem Haus ins Spiel, die der US-Investigativjournalist Jeremy Scahill im erstem Teil des Diskussionsabends zuvor erwähnt hatte, in denen jeweils eine Liste der Verdachtsmomente gegen den mutmaßlichen "Terroristen" geführt wurde www.schattenblick.de Kaleck wandte ein, weil in der Regel die CIA und nicht die USArmee derlei Tötunsmaßnahmen ausführe, seien diese viel schwieriger zu kontrollieren. Bei einigen der getöteten deutschen Islamisten habe im Nachhinein niemand, auch die Gerichte in Deutschland nicht, klar sagen können, zu welcher "Terrorgruppe" sie überhaupt gehörten. Kaleck erklärte zudem, daß nicht wenige der Luftangriffe der USA im Vietnamkrieg wegen der hohen Verluste unter der Zivilbevölkerung rechtlich problematisch waren. Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Wolfgang Kaleck Foto: © 2016 by Schattenblick Fixson brachte das Kunduz-Urteil des Bonner Landgerichts aus dem Jahr 2013 zur Sprache. Damals waren die Richter zu der Überzeugung gekommen, daß der Bundeswehroberst Georg Klein richtig gehandelt hatte, als er 2009 in Afghanistan den Luftangriff auf die gekaperten Tanklastwagen anordnete. Auch wenn damals zahlreiche Zivilisten ums Leben kamen, handelte es sich um einen Kampfsituation, folglich war der Angriffsbefehl legitim. Klein habe seine Sorgfaltspflicht mittels Aufklärungsmaßnahmen erfüllt. Fixson meinte, in der Vergangenheit habe man für einzelne Waffentypen, bestes Beispiel Streubomben, besondere Regeln geschaffen; man sollte vielleicht rüstungspolitische Überlegungen anstellen, wie die Staatengemeinschaft die VerbreiDo, 27. Oktober 2016 tung von Drohnen verhindern men wie für alle anderen Staaten bzw. ihren Einsatz besser regeln gelten; auch das Internationale könnte. Komitee des Roten Kreuzes räume ein, daß sie im bestimmten Zimmermann gab sich skeptisch Ausmaß zulässig und hinnehmbar und erklärte, alle Staaten seien auf seien. Was die Rolle der CIA bedie Drohnentechnologie so er- trifft, so gab der Juraprofessor aus picht, daß niemand einem Produk- Potsdam zu bedenken, daß in eitionsverbot zustimmen würde. nem bewaffneten Konflikt TötunKaleck insistierte, die von bewaff- gen durch Nicht-Kombattanten neten Drohnen ausgehenden Ge- manchmal rechtlich zulässig sind fahren seien so groß, daß man sich - wie zum Beispiel aktuell seitens unbedingt für entsprechende Er- der Polizei im pakistanischen gänzungen des Völkerrechts ein- Aufstandsgebiet. setzen müsse. Alle drei Koryphäen waren sich jedenfalls einig, daß Jeremy Scahill ging mit der Polider "Antiterrorkrieg" die Definiti- tik Berlins hart ins Gericht, als er on der Kampfzone unheimlich Oliver Fixson fragte, wie die schwierig gemacht habe. Hier Bundesrepublik die USA mit ihsprach sich Kaleck für ein stärke- ren großzügigen Interpretationen res Engagement der deutschen Po- von humanitärem Völkerrecht gelitik im Sinne der Einhaltung der währen lassen und dabei ignorieuniversellen Menschenrechte aus. ren könne, daß in Guantánamo Bay gefoltert wird und daß mit Als die Diskussion für das Publi- aktiver Beteiligung der CIA und kum eröffnet wurde, wollte Peter des Pentagons von deutschen BoBecker, Jurist bei der Friedensini- den aus Streubombenangriffe in tiative IALANA, von Fixson wis- Jemen sowie extralegale Tötunsen, ob es vielleicht geheime Zu- gen in Ostafrika und anderswo sätze zum Stationierungsabkom- durchgeführt werden. Sei die men mit den USA gebe, welche Souveränität Deutschlands nicht für die Nutzung von Ramstein bei einfach eine Fiktion, wollte ScaCIA-Drohnenangriffen bzw. die hill wissen. rechtliche Bewertung derselben relevant wären. Becker bemän- Fixson stimmte Scahill zu, daß gelte zudem, daß es die große Ko- Verschleppungen und Folter nach alition trotz Anfrage bislang ver- deutschem und internationalem säumt habe, dem Bundestag die Recht illegal seien. Die Bundes"battle damage assessments" aus republik dürfe ihr Territorium daAfghanistan vorzulegen. In Erwi- für nicht benutzen lassen. Was die derung erklärte Fixson, er kenne extralegale Hinrichtungen betrefsolche Zusatzprotokolle nicht und fe, so müsse man, egal wie man was die "battle damage as- über das Handeln der USA denke, sessments" betreffe, sollte die die Einzelfälle gesondert behanFrage danach im Bundestag neu deln und analysieren. Fixson trat gestellt werden, um die Herausga- dafür ein, die rechtlichen Argube zu erwirken. mente der USA ernst zu nehmen. Washington beobachte das interZimmermann wandte an der Stel- nationale Recht, lege es jedoch le ein, daß bei Kollateralschäden nach eigenem Gutdünken aus, für Deutschland dieselben Nor- räumte er ein. www.schattenblick.de Seite 15 Elektronische Zeitung Schattenblick (v.l.n.r.) Oliver Fixson, Andreas Zimmermann, Wolfgang Janisch & Wolfgang Kaleck Foto: © 2016 by Schattenblick Auf den Einwurf Scahills, die USA hätten sich längst diskreditiert, man dürfe ihnen nicht dauernd alles durchgehen lassen, gab Fixson zu bedenken, daß Berlin auf gute Beziehungen zu Washington angewiesen sei, weil die Vereinigten Staaten ein "wichtiger Partner" Deutschlands seien. Als die Diskussion durch den Disput zwischen Fixson und Scahill auf dem steinigen Boden der Realpolitik zu zerschellen drohte, wartete der pakistanische Anwalt Shahzad Akbar mit einem einleuchtenden Verweis auf die Situation in seinem Heimatland auf. 2011 habe die pakistanische Regierung sowohl gegenüber dem pakistaniSeite 16 schen Parlament als auch gegenüber einem Gericht in Peshawar erklärt, daß Islamabad Washington niemals ein grünes Licht für Drohnenangriffe der CIA im Grenzgebiet zu Afghanistan gegeben habe. Gleichzeitig scheuten sich die politisch Verantwortlichen in Islamabad bis heute aus Angst vor negativen Reaktionen, die USA wegen der ständigen Verletzungen der pakistanischen Souveränität vor den UN-Sicherheitsrat zu zitieren. Mit dieser ernüchternden Anekdote fand der formelle Teil der gelungenen Veranstaltung ihr Ende. Im Foyer des TAK gingen jedoch bei Bier und Wein die Gespräche munter weiter. http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/report/ prbe0249.html www.schattenblick.de SCHACH - SPHINX Narren der Raffgier Der schlimmste Verrat ist die Habgier. Nie gibt man, ohne den Gegenwert des Nehmens fest ins Auge zu fassen. Jedes Staubkorn wird so zum beherrschenden Universum im Kopfdes Buchhalters im Menschen. Skrupel, dem Materiellen einen unermeßlichen Stellenwert im Gefüge seines Denkens einzuordnen, beschleichen ihn selten. Mur dann, wenn der Gewinn nicht zu Buche schlägt, sondern vielmehr zum Stolperstein wird für die eigene Niederlage. Möglicherweise geben im Leben wie auch im Schachspiel andere Kräfte den Ausschlag als der primitiv atavistische Griffnach dem Besitz. "Zustand", so belehrte schon Goethe alle Narren der Raffgier, "ist ein albernes Wort; weil (SB) Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick nichts steht und alles beweglich ist". Meister Taimanow hatte seinen Goethe jedoch nicht gelesen, und so verschlang er im heutigen Rätsel der Sphinx nach dem letzten weißen Zug 1.h2-h4 in blinder Rage mit 1...Dg5xg2? den mickrigen weißen g-Bauern. Daß er seine Dame damit auf ein ungedecktes Feld stellte, während 1...Dg5-g4! die Balance der Stellung gehalten hätte, begriff er erst nach dem starken Antwortzug Cholmows. Nun, Wanderer, wie rächte sich die Lust am Raub am Räuber selbst? Cholmow - Taimanow Leningrad 1967 Auflösung letztes SphinxRätsel: POLITIK / KOMMENTAR / KULTUR Stets auf Kosten des anderen ... Unterwerfung in der "Spaßgesellschaft" (SB) 26. Oktober 2016 Wer er- innert sich noch an Happy Slapping? Ganz so glücklich waren die Opfer der Attacken Jugendlicher, die den Spaß mit ihren Handys aufzeichnen und im Netz präsentieren wollten, meist nicht. Ohnehin waren die Betroffenen nur Requisiten einer Staffage, in der sich die Akteure auf ihre Kosten beglückten. Die beiden 16jährigen Kölner Schüler jedenfalls, die 2008 in mindestens sieben Fällen schlafende Wohnungslose überfielen, mit Urin übergossen, traten und demütigten, um die dabei gemachten Videos ins Netz zu stellen, hatten begriffen, daß soziale Verachtung das Gelbe vom Ei testosterongesättigter Erregung ist. Die vielzitierte "Spaßgesellschaft" war für diejenigen, die als sozial Abgehängte nichts zu Lachen haben, noch niemals witzig, müssen sie sich doch des Vorwurfes erwehren, selbst mit staatlich gewährter Mangeldiät noch "über ihre Verhältnisse" zu leben. So tragen Angriffe auf Obdachlose oder Behinderte bis heute auch deshalb zur Unterhaltung bei, weil sie der sozialhygienischen Logik des neoliberalen Almosenstaates entsprechen und kaum einen der vielbesagten Aufschreie der Empörung hervorrufen. Man muß das Überflüssige eben mit dem Reibeisen bearbeiten: 1.f6-f7! Tf8xf7 2.Tf1xf7 De8xf7 3.Dg5-e5+ Df7-g7 4.De5-b8+! Le6-g8 5.Db8xg8+! Dg7xg8 6.Se7xg8 und plötzlich glänzt das Metall hell auf. Auf 6...Kh8xg8 geht der weiße Bauern mit 7.c5c6 in eine neue Dame. Also spielte Meister Kavalek, ohne zu überlegen, 6...b5-b4. Doch der Weg des schwarzen Freibauern war lang, länger als der des weißen Springers nach 7.Sg8-f6! Sich an "Losern" schadlos zu halten war schon immer eine nahehttp://www.schattenblick.de/ liegende Idee, wenn der Druck infopool/schach/schach/ der Verhältnisse auf den Knochen sph06000.html lastet und die soziale Entwertung Do, 27. Oktober 2016 www.schattenblick.de am Selbstbewußtsein nagt. Wer möchte schon Popanz im sozialdarwinistischen Rudeltreiben sein, wer erträgt es leichten Herzens, daß die anderen über ihn oder sie kaum versteckt lachen oder Witze machen? '"Humor ist, wenn man trotzdem lacht" - die bittere Realität allgemeiner Erheiterung liegt darin, daß sie immer auf Kosten irgendeines anderen geht, der oder die dann "gute Miene zum bösen Spiel" macht, um nicht vollständig als "Miesmacher" oder "Spielverderber" abgestraft zu werden. Das von den Boulevardmedien genüßlich aufgegriffene wie moralinsauer verurteilte Treiben sogenannter Horror- oder Gruselclowns ist mithin nicht so weit von der sozialen Strategie entfernt, sich in die Position zu bringen, den anderen zur "Lachnummer" zu machen, anstatt selbst im sozialen Hauen und Stechen ins Visier der Alpha-Männchen und ihrer Entourage zu geraten. Wie sagt es Dieter Seeger, Vorsitzender des nun um das Ansehen des ganzen Berufsstandes professioneller Spaßmacher fürchtenden Verbandes Deutscher Zirkusunternehmen, doch so treffend: "Mit einem Clown soll eigentlich Spaß, Freude und Tollpatschigkeit assoziiert werden. Über ihn soll man lachen." Was als Inszenierung für den hinter der Maske steckenden Darsteller unproblematisch ist, weil er nicht gemeint ist und im besten Fall dem PubliSeite 17 Elektronische Zeitung Schattenblick kum einen entlarvenden Spiegel vorhalten kann, ist von der grausamen Realität der Ausbeutung und Anprangerung menschlicher Schwächen nicht zu trennen. Jemanden zur Erheiterung vorzuführen gelingt nur aus einer Position der Stärke heraus, die nicht selten in einem tiefverwurzelten Konsens der Ablehnung bestimmter Verhaltensweisen und Lebensformen wurzelt. Es ist denn auch kein Zufall, daß Angehörige ethnischer oder nicht der heterosexuellen Norm entsprechender Minderheiten, körperlich oder geistig behinderte Personen und andere Menschen, die sich nicht adäquat verteidigen können, zu den bevorzugten Zielen kollektiven Spottes werden. Sich schadlos an den Problemen anderer zu halten funktioniert am besten, wenn diese sich in einer unterlegenen Position befinden, und das trifft in der Regel nicht auf maskuline Herrenmenschen, sondern Frauen, Ältere oder auch Tiere zu. Die Zahl wortassoziativer Schmähungen, die feminine oder animalische Zuschreibungen zum Zweck des Verächtlichmachens einsetzen, ist Legion. Kaum jemand denkt darüber nach, was es über den Affen sagt, daß jemand zu ihm gemacht werden kann. Die schmerzhafte Zurichtung von Elefanten, die Menschen körperlich haushoch überlegen sind, zum braven Männchenmachen oder anderen Kunststücken mit häufig devoter Pointe ist ein weiteres Beispiel dafür, daß es in der sozialen Arena im Kern um Dominanz und Unterwerfung geht. die gemeinten Menschen trifft, sondern Rassismus und Sexismus, Frauenfeindlichkeit und Homophobie zur sicheren Bank gewalttätiger Mehrheiten erklärt. Mehr Empfindsamkeit für das, was den anderen im Überschwang der Heiterkeit angetan wird, trüge viel dazu bei, daß vielleicht auch einmal die Herren der Schöpfung von ihrem hohen Roß, das sie nicht danach fragen, ob es sie überhaupt tragen möchte, herunterkämen. Wo das Lachen über Ungeschicklichkeiten und Peinlichkeiten zum Volksvergnügen der You Tube- und Facebook-Gesellschaft wird, sind Horrorclowns nicht fern. Die schon dabei zu Tage tretende Gewalt läßt ahnen, daß sie gegenüber dem offenen Blutvergießen im Nicht das durch protestantische Bürgerkrieg das kleinere Übel ist. Strenge gebeugte Haupt oder moralinsaure Spaßfreiheit sind die http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/kommen/ Antwort aufeinen Humor, der mit sele1002.html kategorialen Anwürfen nicht nur rätselhaft, wie es erscheint. Abgesehen von zahlreichen Vorbildern aus dem Genre des Horrorfilms, die dabei Pate stehen könnten, entspricht es der Absicht eines verletztenden Lachens oder diskriminierenden Witzelns. Die dabei hervortretende Aggressivität wird meist nicht beim Namen genannt, weil die Betroffenen doch "Spaß verstehen" sollen, um nicht Schlimmeres befürchten zu müssen. Wie blutig dieser Spaß werden kann, zeigt sich immer dann, wenn die Quälerei zur physischen Verletzung ausartet oder sich Betroffene umbringen, weil sie nicht mehr wissen, wie sie mit einer Ablehnung, die im Gewand humorigen Spaßes um so schwerer als solche zu demaskieren ist, umgehen sollen. POLITIK / SOZIALES / INTERNATIONAL poonal Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen Afrika / Haiti / Mexiko Überfüllte Flüchtlingsunterkünfte in Baja California (MexikoStadt, 13. Oktober 2016, desinformemonospoonal) Organisation für Migration (IOM) in Mexiko bei einer Pressekonferenz in den Räumen der mexikanischen Migrationsbehörde INM (Instituto Nacional de Migración). - Die Flüchtlingsunterkünfte in Tijuana, im Bundesstaat Baja California im Nordwesten Mexikos, sind überfüllt. Es fehlt an Platz für Migrant*innen und GeDas unvermittelte Aufkommen ei- flüchtete aus Haiti und aus Afri- "Wir wissen noch nicht, wie lannes Phänomens wie das der Hor- ka, so Christopher Gascón, Be- ge diese Situation andauern wird rorclowns ist denn auch nicht so auftragter der Internationalen und wie viele Menschen kommen Seite 18 www.schattenblick.de Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick werden", erklärte Gascón. Laut Gascón müssen Maßnahmen und Räumlichkeiten optimaler genutzt werden, um den Menschen helfen zu können, die als Opfer des Hurrikans Matthew aus Haiti oder aufgrund von Gewalt und Armut aus afrikanischen Ländern kommen. Von Seiten der US-amerikanischen Behörden sei auch eine größere Hilfsbereitschaft gefordert, um die überfüllten Unterkünfte in Baja California etwas zu "entlasten". Prekäre Lage in Tijuana Aufgrund der Überfüllung der Unterkünfte waren einige Migrant*innen gezwungen zu betteln und auf der Straße zu schlafen. Es wird geschätzt, dass noch weitere 6.000 Migrant*innen kommen könnten zusätzlich zu den 9.000 Menschen, die sich schon seit rund fünf Monaten in Tijuana aufhalten. Das Stadtzentrum und der Norden von Tijuana, wo sich der Großteil der Asylsuchenden aufhält, werden in manchen Kreisen schon als "schwarze Stadtviertel" bezeichnet. Die Vereinigten Staaten hatten ein zeitlich befristetes Aussetzen der Abschiebung von Personen aus Haiti angekündigt, die sich wegen der Naturkatastrophe durch Hurrikan Matthew illegal in den USA aufhalten, sobald sich die Situation in Haiti jedoch Ort verbessere, solle die reguläre Abschiebungspolitik allerdings wieder fortgesetzt werden. Do, 27. Oktober 2016 Fremdenhass gegenüber Migrant*innen Die Migrant*innen kommen vor allem aus dem Kongo, aus Bangladesch, Sri Lanka, Angola, In kürzlich erschienenen Veröf- Äthiopien, Nigeria sowie aus dem fentlichungen der extrem rechten Sudan, aus Haiti und aus Kuba. Gruppierung Nationalistische Front Mexikos (Frente Nacionalista Mexicano) werden Ankunft URL des Artikels: und Aufenthalt der Migrant*in- https://www.npla.de/poonal/uenen aus Haiti und Afrika abge- berfuellte-fluechtlingsunterlehnt, da sie den Mexikaner*in- kuenfte-in-baja-california/ nen die Arbeitsplätze wegnähmen und es keinen Grund gäbe, warum sie in Mexiko aufgenommen wer- Der Text ist lizenziert unter Creaden sollten. tive Commons NamensnennungWeitergabe unter gleichen BedinAuf ihrer Facebook-Seite schrieb gungen 4.0 international. die Gruppierung, dass es keinen https://creativecommons.org/liGrund gäbe, die Menschen aus censes/by-sa/4.0/ Haiti in Mexiko aufzunehmen, da in ihrer "Kultur" satanische Kul* te und Tieropfer gepflegt würden und es ihre Bestimmung sei, in Quelle: Schmutz und Elend zu leben. poonal - Pressedienst lateinameDeshalb werde die Nationalisti- rikanischer Nachrichtenagenturen sche Front Mexikos alle friedli- Herausgeber: Nachrichtenpool chen und legalen Wege ausschöp- Lateinamerika e.V. fen, damit diese Menschen wieder Köpenicker Straße 187/188, zurück in ihre Heimat abgescho- 10997 Berlin ben werden. Telefon: 030/789 913 61 E-Mail: [email protected] Die Nationalistische Front Mexi- Internet: http://www.npla.de kos bezeichnet sich selbst als "eine Bewegung der nationalen http://www.schattenblick.de/ Identität", da sie die mexikaniinfopool/politik/soziales/ sche Identität ohne Ausnahme psi00207.html achte. Tapachula: Fehlende Versorgung in der Aufnahmestation für Migrant*innen Mehr als 20.000 Afrikanerinnen und Afrikaner sind in der Aufnahmestation für Migrant*innen in der Stadt Tapachula im Bundesstaat Chiapas im Süden Mexikos gestrandet, wo sie auf Papiere warten, damit sie auf dem Weg in die USA frei durch Mexiko reisen können. www.schattenblick.de Kooperationspartner von Schattenblick Seite 19 Elektronische Zeitung Schattenblick UMWELT / BRENNPUNKT / GEFAHR Brandsatz Fukushima - der Entsorgungslimbus ... Viele kleine Asse ... Zwischenlager mit Dekontaminationsmaterial in der Provinz Fukushima drohen ihrerseits zur Quelle von radioaktiven Kontaminationen zu werden werden aufgrund der starken, küstennahen Strömung rasch verteilt, aber sie ist damit nicht aus der Welt. Indes versuchen die AkwBetreibergesellschaft Tepco und die japanische Regierung den Eindruck der Harmlosigkeit dieser permanenten Kontaminationsquellen zu erwecken. Brandsatz Fukushima Grafik: © 2013 by Schattenblick Nach der Zerstörung des Akw Fukushima Daiichi am 11. März 2011, zunächst durch ein Erdbeben, dann einen Tsunami, entstanden radioaktive Wolken, die sich als Fallout auf Land und Leute legten. Zum Glück für die Bevölkerung drehte der Wind und kam schließlich vorwiegend aus westlicher Richtung. Dadurch wurden die radioaktiven Partikel hinaus auf den Pazifischen Ozean getragen. Der hat ein so enormes Volumen, daß die Radioaktivität extrem verdünnt wurde. (SB) 26. Oktober 2016 Ähnliches gilt für die 300 bis 400 Tonnen an Grund- und Löschwasser, die Tag für Tag unterhalb des zerrütteten Akw-Komplexes entlangfließen, sich dort mit Radionukliden aufladen und durch den Meeresboden in den Pazifik dringen. Auch diese Strahlenteilchen Seite 20 Auch wenn die Verstrahlung der Landfläche noch viel schlimmer hätte kommen können, steht Japan nun vor der unlösbaren Aufgabe der Dekontamination. Manche Befürworter der Kernenergie erklären, daß die Zerstörungen durch Erdbeben und Tsunami ungleich größer ausgefallen waren als durch die Havarie des Atomkraftwerks. Dieser Behauptung muß entgegengehalten werden, daß die Schäden durch Erdbeben und Tsunami voraussichtlich in ein, zwei Jahrzehnten behoben sind, die radioaktive Strahlung bis dahin jedoch nur partiell abgeklungen ist. So wurden durch den Dreifach-GAU im Akw Fukushima-Daiichi auch große Mengen des langlebigen Radionuklids Cäsium-137 (Halbwertszeit 30 Jahre) freigesetzt. "Die Folgen von Fukushima werden noch Jahrhunderte andauern", sagt Heinz Smital, Kernphysiker und Atomexperte der Umweltorganisation Greenpeace, laut der Website scinexx.de. "Hunderttausende Menschen sind betroffen, www.schattenblick.de weite Regionen an der Ostküste Japans bleiben radioaktiv belastet." [1] Ein Großteil der waldreichen Fläche der Provinz Fukushima, in der - abgesehen vom Pazifik - am meisten radioaktiver Fallout eingetragen wurde, kann gar nicht dekontaminiert werden und wird auch noch in über 100 Jahren eine permanente Strahlengefahr darstellen. Darüber hinaus werden die Kosten zur Beseitigung der Verstrahlung mit der Zeit nicht sinken, sondern von jährlich derzeit rund 700 Mio. Euro auf mehrere Milliarden Euro zunehmen, wie der japanische Industrieminister Hiroshige Seko am Dienstag mitteilte. [2] Vor diesem Hintergrund werden erneut Probleme mit den etwa ein Kubikmeter großen Plastiksäcken gemeldet, in denen das bei den Dekontaminationsarbeiten anfallende radioaktive Material (Erde, Blätter, Hausrat, etc.) verbracht und auf zahlreichen kleinen und größeren, meist ländlichen Abstellflächen gesammelt wurde. Durch das hohe Gewicht der teils mehr als fünf Schichten übereinander lagernden, mit Erde gefüllten Säcke könnte mancherorts der zuvor leicht aufgeschüttete Lageruntergrund so stark zusammengedrückt worden sein, daß sich Senken gebildet haben, beDo, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick schwemmungen wurden schon Dutzende von ihnen aufgerissen und davongespült. Regen, Schnee und Frost sorgen auf jeweils eigene Weise für eine Beanspruchung des Materials und selbst Sonnenschein bildet eine Gefahr, denn in Folge von Verdunstungsprozessen können radioaktive Partikelströme aus dem Innern an die Oberfläche der wasserdurchlässigen oder eingerissenen Säcke wandern und dort vom Wind abgetragen werden. Vollständiger Abschluß des Dekontaminationsmaterials von der Umwelt zweifelhaft. Temporäres Lager in der Provinz Fukushima, 14. Dezember 2012 Foto: © Ricardo Herrgott (GLOBAL 2000), freigegeben als CC BY ND 2.0 [https://creativecommons.org/licenses/bynd/2.0/] via Flickr wurden, daß von ihnen nichts nach außen dringen kann. Aber das scheint genauso Wunschdenken zu sein wie die Erklärung, daß Atomkraftwerke sicher sind. Niemand weiß, wie es in der Mitte und unterhalb der temporären Lager aussieht. Gut vorstellbar, daß erst nach deren Räumung Leckagen und Strahlenverseuchungen entdeckt werden. Ebenso gut vorstellbar, daß dann der besorgten Bevölkerung mitgeteilt wird, daß die ausgetretene Strahlenmenge sehr gering sei und man schon eine Lösung für das Problem, mit dem niemand gerechnet habe, parat hat. Die "Lösung" bestehe nun darin, den verseuchten Nach Überprüfung von 34 der Untergrund abzutragen und das insgesamt 106 temporären Lager, Erdreich in Säcken zu lagern ... die zwischen 2012 und 2015 angelegt wurden, forderte die Kom- So sicher, wie die temporären Lamission das Umweltministerium ger, die eigentlich nur auf höchauf, zusätzliche Sicherungsmaß- stens drei Jahre ausgelegt sind, nahmen in Erwägung zu ziehen. bezeichnet werden, sind sie nicht. Das Ministerium wiederum er- Die Säcke sind Wind und Wetter klärte, daß die Lager so gebaut ausgesetzt. Bei Sturm und Überfürchtet eine Überprüfungskommission der Regierung. In den Senken hätte sich womöglich Wasser gesammelt, aber das sei von außen nicht nachweisbar, berichtete "Asahi Shimbun". [3] Zudem sind manche der verwendeten Säcke nicht wasserdicht. Die Lager wurden zwar teilweise nach oben und unten mit einer angeblich wasserdichten Folie bedeckt, so daß das Wasser in spezielle Auffangbecken am Rand der Lager fließen kann. Aber wenn sich dort kein Wasser sammelt, dann liegt es möglicherweise daran, daß es in die Mitte des Lagers geflossen ist. Do, 27. Oktober 2016 www.schattenblick.de Somit bleibt ungewiß, ob nach der Räumung der Lager auf der ursprünglich landwirtschaftlich genutzten Fläche wieder Nahrungsoder Futtermittel angebaut werden können, wie es die Regierung ursprünglich behauptet hat, oder ob sich die Befürchtung mancher Landbesitzer bewahrheitet, daß ein Problem das nächste gibt und sie ihr Land dauerhaft verloren haben. Unterdessen wird unter Berufung auf einen Bericht in dem Lokalblatt "Hokkaido Shimbun" gemeldet, daß der Vorsitzende der behördlichen Schilddrüsen-Untersuchungskommission, Dr. Kazuo Shimizu, Professor Emeritus der Nippon Medical School, seinen Posten aufgegeben hat. Demnach soll er nicht mit der Aussage aus einem Interimsbericht, demzufolge es "unwahrscheinlich" ist, daß die vermehrten Fälle von Schilddrüsenkrebs in der Präfektur Fukushima strahleninduziert sind, einverstanden sein. In einer ersten Untersuchungsrunde waren etwa 380.000 Personen, die zum Zeitpunkt des Beginns der Fukushima-Katastrophe 18 Jahre oder jünger waren und in der Präfektur Fukushima gewohnt haben, einer SchilddrüSeite 21 Elektronische Zeitung Schattenblick von ihren Erfahrungen mit der Informationspolitik der Regierung. Wenn ein Journalist eine Frage stelle, die einen empfindlichen oder sensiblen Bereich berühre, werde sogar direkt zugegeben: "Diese Information ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt." Oftmals jedoch verheimlichten Regierung oder Tepco die Informationen gar nicht direkt, sondern brächten sie lediglich nicht an die Öffentlichkeit, lieferte Oshidori ein treffendes Beispiel für die Feinheiten der Informationspolitik ihres Landes. Prof. Toshihide Tsuda von der Okayama University ist Hauptau tor einer breit diskutierten Studie, in der von einem 20 bis 50fachen Anstieg von Schilddrüsenkrebs bei Heranwachsenden in der Pro vinz Fukushima berichtet wird. Foto: © 2016 by Schattenblick senuntersuchung unterzogen worden. Von diesen wurden 174 Personen mit Schilddrüsenkrebs oder Verdacht auf Schilddrüsenkrebs diagnostiziert. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Arzt sei eine solche Häufung von Vorfällen unnatürlich und könne nicht mit dem Satz, "es ist unwahrscheinlich, daß dies von Strahlung verursacht wurde", abgetan werden, sagt Shimizu inzwischen. [4] Sein Unbehagen als Leiter der Untersuchungskommission hatte sich schon im Mai vergangenen Jahres gezeigt, als er von der bekannten, atomenergiekritischen Journalistin Mako Oshidori interviewt wurde. Auf die Frage, ob die vielen Schilddrüsenkrebsfälle wirklich nur auf Seite 22 die vermehrte Diagnose zurückzuführen seien, wie behauptet werde, erklärte der Experte, er befände sich nicht in der Position zu sagen, daß die Fälle nicht auf die vermehrte Diagnose zurückgehen. Auch wenn es ihm schwer falle, dürfe er als Leiter des Unterausschusses nicht die Ansichten der verschiedenen Seiten bewerten. Er könne seine Meinung deutlicher sagen, wenn er nicht zum Vorsitzenden jenes Unterausschusses gewählt worden wäre. [5] Nichts sagen können ... auf solche und ähnliche Aussagen stößt unvermeidlich, wer mehr über die Folgen der Fukushima-Katastrophe in Erfahrung bringen will. Beispielsweise schilderte Mako Oshidori im Februar dieses Jahres am Rande eines Kongresses der deutschen Sektion der Organisation IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War - Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges. Ärzte in sozialer Verantwortung) im Gespräch mit dem Schattenblick www.schattenblick.de Wie wir an früherer Stelle berichteten, sollen die Säcke mit Dekontaminationsmaterial in ein zentrales Zwischenlager gebracht werden. Ein Teil des Strahlenmülls wird zuvor verbrannt; dessen radioaktive Asche kommt dann ebenfalls in das Lager. Die Pläne sehen vor, daß nach 30 Jahren ein Teil des Strahlenabfalls im Straßenbau verwendet wird. Bis dahin könnte in Japan an den vielen temporären Lagern im kleinen Maßstab das geschehen, was derzeit im deutschen Endlager Asse passiert: Grundwasser wird radioaktiv verseucht, und niemand kann den Prozeß aufhalten. Möglicherweise bilden die temporären Sammelstellen in der Provinz Fukushima jetzt schon viele kleine "Asse". Man hat es bei der Atomenergie prinzipiell mit einem ständigen Wechsel von Aufkonzentration und Verteilung der Radioaktivität zu tun, angefangen von den ersten Schritten der Urangewinnung bis zu den letzten Schritten der Endlagerung. Kontrollverlust entlang der geDo, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick KINDERBLICK Alles für die Biene nicht für den Zivilgebrauch ... Die Honigbiene lebt fast nur noch als Imkerbiene (SB) 26. Oktober 2016 Wenn in Auf Pressekonferenzen machen sich Mako Oshidori mit ihren hartnäckigen Nachfragen und Ken Oshidori, der dies mit dem Fotoapparat dokumentiert, manchmal unbeliebt als Komikerpaar auf der Bühne sorgen sie dagegen regelmäßig für Lacher. Foto: © 2016 by Schattenblick samten Produktionskette ist der Technologie der Kernspaltung immanent, und er ist gefährlich. Daß die japanische Regierung trotz der Erfahrung eines Dreifach-GAUs etwas anderes behauptet und auch vor einer UmInterpretation der Ergebnisse epidemiologischer Untersuchungen zu Schilddrüsenkrebs nicht zurückschreckt, ist als Hinweis auf die Absicht zu verstehen, die Atomwirtschaft wieder zu stärken, gleichzeitig den Sicherheitsstaat auszubauen und sich den Zugang zu einer militärischen Nutzung der Kernspaltung zu bewahren. Anmerkungen: [1] http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-19950-2016-0311.html [2] http://www.reuters.com/article/us-tepco-fukushima-idUSKCN12P1JR [3] http://www.asahi.com/ajw/articles/AJ201610210044.html [4] tinyurl.com/za6nadb [5] http://fukushimavoice-eng2. blogspot.de/2015/08/oshidorimako-interviews-experts.html http://www.schattenblick.de/ infopool/umwelt/brenn/ ubge0021.html Liste der neuesten und tagesaktuellen Nachrichten ... Kommentare ... Interviews ... Reportagen ... Textbeiträge ... Dokumente ... Tips und Veranstaltungen ... http://www.schattenblick.de/infopool/infopool.html Do, 27. Oktober 2016 den Gärten, Parks, Wiesen und Feldern Bienen fliegen, so gehören sie fast immer einem Imker. Nachdem sie Nektar und Pollen gesammelt haben, kehren sie zurück in ihren Bienenstock. Der befindet sich in einem vom Imker aufgestellten Bienenkasten, in den die Bienen an eckigen Wabenrähmchen ihre Brut- und Vorratszellen aus Wachs gebaut haben. Sie liefern den gesammelten Pollen ab, der in den Zellen der Waben verstaut wird. www.schattenblick.de Bienen lebten einst ganz anders ... Doch das war nicht immer so. Bienen gibt es schon sehr, sehr lange. Forscher gehen davon aus, dass sie bereits vor 20 Millionen Jahren auf der Erde lebten. Ursprünglich bauten sie ihre Waben in hohlen Baumstämmen und den Honig nutzten sie als Nahrung und Vorrat für den Winter. In die Brutzellen legten sie ihre Eier, in denen Arbeiterinnen und Drohen heranwuchsen und auch immer wieder ein paar Königinnen. Man kann den Bienenstock als Heimstatt der Bienen ansehen, der in erster Linie der Fortpflanzung dient. Es handelt sich also um den Nestbau der Bienen. So eine Baumhöhle hat dicke Wände, die gut isolieren. Das schützt vor Überhitzung und zu Seite 23 Elektronische Zeitung Schattenblick Foto links: 1959 [Public domain], via Wikimedia Commons Foto rechts: 1790 by Anton Janscha [Public domain], via Wikimedia Commons starker Abkühlung und hilft den Bienen die geeignete Temperatur im Stock zu halten. Das Holz einer Baumhöhle, die meist in toten Bäumen angelegt wird, kann viel Wasser aufnehmen, ohne dabei zu schimmeln. Das ist wichtig für die Bienengesundheit. Außerdem ist in so einer Baumhöhle auch noch Platz für kleine Mitbewohner. Der Bücherskorpion nistet sich gern in den Nischen der rauhen Oberfläche des Holzes ein und frisst gut und gerne 6 bis 8 Varroamilben am Tag. Für die Bienen ist das ein Segen, denn die Varroamilbe ist ihr ärgster natürlicher Feind. Doch auch die Roten Waldameisen sind gern gesehene Wohngenossen. Wo sie auftauchen, sorgen sie für eine Entfeuchtung des Bienenstocks auch das hilft den Bienen dabei, für ein gutes Klima in ihrem Nest zu sorgen. deckten, so hoben sie ihn ganz und gar aus und verschlangen ihn mit Honigwaben, Bienen, Brut und allem was sich dort drinnen befand. Als viel später auch die Menschen Geschmack an Honig bekamen, machten sie sich aufdie Suche danach. Die Bienennester gab es an den verschiedensten Orten, manche in Bodennähe oder aber hoch am Baum. Die sogenannten Honigjäger spürten die Bienenstöcke auf und raubten den Honig. Vor ungefähr 150 Jahren wandelte sich die Imkerei zu einer modernen Honigproduktion Dabei ging es nicht in erster Linie um das Wohl der Bienen, nicht darum, ihnen eine gute Behausung zu bieten, sondern um eine reiche Honigernte für die Menschen zu erwirtschaften. Schon im Altertum hat der Mensch den Bienen den Honig geraubt. Um ihn besser absammeln zu können, erdachte man sich viele Methoden und so wurden Bienenbehausungen gebaut, die es möglich machten, den Honig leicht aus dem Stock zu entfernen. Zunächst waren es einfache Kästen aus Holz. Die Bauweise der Bienenkästen veränderte sich ständig. Einige Wenn Bären oder andere Tiere, wurden den Baumhöhlen nachdie Gefallen am Honig fanden, empfunden, entweder direkt als einen Bienenstock im Baum ent- Baumstamm oder aber in Form Seite 24 von Bienenkörben, die aus Stroh gefertigt wurden. Doch die Nachfrage nach Honig wuchs und es wurde weiter daran gearbeitet, den Bienenvölkern einfacher ihren Honig abnehmen zu können. Mittlerweile sind die Bienen zu richtigen Nutztieren des Menschen geworden. www.schattenblick.de Foto: 2006, by Daniel Feliciano [Public domain], via Wikimedia Commons Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick In der modernen Imkerei, deren erste Anfänge man ungefähr vor 150 Jahren annehmen kann, bedient man sich heutzutage ganzer Bienenkastensiedlungen. Man nennt sie auch Magazinbeuten. (Eine 'Beute' ist eine Bienenbehausung). Im Unterschied zu früheren Zeiten sind diese Magazinbeuten gut zu transportieren, da sie aus einzelnen Modulen aufgebaut sind. Dadurch erinnern sie ein wenig an Hochhaussiedlungen. Sie werden beispielsweise an Rapsfeldern aufgestellt und können dann auch an andere Orte verfrachtet werden, an denen die Bienen ihre Arbeit, das Pollensammeln und Bestäuben, übernehmen sollen, zum Beispiel in Obstanbaugebieten. Man könnte es bereits als eine Form der Massentierhaltung betrachten. Ob diese Art der Bienenhaltung wirklich gut für die Bienen ist, bleibt fraglich. Kastenbauweise birgt Nachteile für die Bienen Ein weiterer großer Nachteil dieser Bauweise ist, dass weder die Rote Waldameise noch der Bücherskorpion oder andere Kleinstlebewesen in diesen Bienenkästen einen Platz zum Überleben finden können. Im Gegensatz zu den Baumhöhlen tauchen sie dort nicht mehr auf. Ein österreichischer Zoologe schrieb bereits 1951 unter dem Titel "Der Bücherskorpion, ein willkommener Gast der Bienenvölker" über die Nützlichkeit dieser winzigen Tiere für das Leben der Bienen im Stock. Der Bücherskorpion, Feind der Varroamilbe, wurde vertrieben. Es ist nicht erwiesen, dass diese Bauweise auch dazu geführt hat, dass sich die Varroamilbe so gut vermehren konnte, aber die Vermutung scheint nicht ganz abwegig zu sein. Wissenschaftler bemühen sich neuerdings um die Konstruktion einer bienenfreundlichen Behausung, die dem ursprünglichen Nistplatz dieser Insekten nahe kommt. Sie nennen es die "Bienenkugel". Sie soll alle Vorteile einer Baumhöhle mitbringen. Andere Forscher meinen, dass auch die Art und Weise der Bienenzucht dazu führt, dass die Bienen nicht mehr widerstandsfähig genug sind. So wachsen Bienen heran, die abhängig von den Menschen sind und mit chemischen Mitteln und natürlichen Säuren (Ameisensäure, Milchsäure) vor den Angriffen der Varroamilben und Viren geschützt werden müssen - was aber leider nicht den gewünschten Erfolg zeigt. Die heutigen Bienenkästen werden aus dünnem Holz oder sogar aus Hartschaum (Kunststoff) gebaut. Und hier bahnt sich ein Problem an. Das dünne Holz isoliert nicht gut, es wird schnell zu warm und ebenso zu kalt. Die Bienen müssen sich anstrengen, um ihre Stocktemperatur von 30 bis 35°C beizubehalten. Dabei verbrauchen sie zur Stärkung sehr viel Nahrung, also Honig. Es bleibt weniger für den Winter. Außerdem kann sich aufgrund des schlechten Temperaturaustausches Kondenswasser in den Ecken des Kastens sammeln. Eine Schimmelbildung, gegen die die Bienen selbst nichts ausrichten können, ist die Folge und trägt nicht zur Bienengesund- Im nächsten Teil geht heit bei. es um die "BienenkuDo, 27. Oktober 2016 www.schattenblick.de gel" und die Überlegungen, wie Menschen trotzdem nicht auf Honig verzichten müssten. Fortsetzung folgt ... Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde: - http://www.deutschlandfunk.de/bienenplage-buecherskorpiongegen-varroamilbe.676.de.html?dram:article_id=281477 - http://freethebees.ch/bienenhaltung/symbionten/buecherskorpion-pseudoskorpion - http//www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/930945/ - http://www.die-umwelt-akademie.de/index.php/veranstaltungen/rueckblick/biodiversitaetrueckblick/513-baubiologie-symbiosen-und-gesunde-bienen-diehobosphere-bienenkugel http://www.schattenblick.de/ infopool/kind/natur/ knti0096.html Foto: 1998, by Axel Hindemith (Selfphotographed) [Publicdomain], via Wikimedia Commons Seite 25 Elektronische Zeitung Schattenblick BUCH / SACHBUCH / REZENSION Speak Up! Mordanschlag 9/11 Eine kriminalistische Recherche zu Finanzen, Öl und Drogen Sozialer Aufbruch und Widerstand in Indien von Elina Fleig, Madhuresh Kumar, Jürgen Weber (Hg.) Obgleich Indien zu den bevölkerungsreichsten Staaten der Welt gehört und insbesondere aufgrund seiner mineralischen Bodenschätze eine immer größere Rolle im kapitalistischen Weltsystem spielt, sind sozialkritische Sachbücher im deutschen Sprachraum zum indischen Subkontinent recht dünn gesät. Indien ist ein Pulverfaß voller soziale Konflikte, ist doch das Gros der 1,2 Milliarden Einwohner sozial unterprivilegiert und schlichtweg arm. Das Land ist zudem Pakistan in nachbarschaftlicher Rivalität so feindselig verbunden, daß der indische Subkontinent immer wieder an den Rand eines atomaren Waffenganges gerät. Zwar ist Indien weltpolitisch weniger präsent als China, teilt mit diesem jedoch seine eminente Bedeutung für das verzweigte Netz des internationalen Ressourcenhandels und Investivkapitals. Was Indien jedoch vor allen anderen beispielhaft macht, sind die gewaltigen, im Westen kaum wahrgenommenen zivilgesellschaftlichen Verwerfungen, mit denen sich das Land seit den neoliberalen Umbrüchen in den 90er Jahren konfrontiert sieht. (SB) 26. Oktober 2016 "Die Privatisierung sämtlicher Ressourcen und Dienstleistungen ist zur Regel geworden," (S.25) was zur Folge hat, daß Seite 26 Lars Schall Grundbedürfnisse wie sauberes Wasser, qualitativ hochwertige Lebensmittel und ausreichender Wohnraum in den Elendsquartieren der Ärmsten und Marginalisierten zum unerschwinglichen Luxusgut geworden sind. Fortschrittsapologeten neoliberalen Zuschnitts nennen die rücksichtslos vollgezogene Industrialisierung "Shining India", während der tägliche "Aufruhr an zehntausend Brennpunkten" (S.9) das Land in eine Spirale rigider Aufstandsbekämpfung und ökologischer Katastrophen treibt. Unruhen, die an Schärfe zunehmen, je tiefer die von IWF und Weltbank verordneten Wettbewerbsregularien in die überwiegend kleinbäuerlich geprägte Binnenwirtschaft eingreifen, zeichnen den Alltag in Indien. Speak up! Sozialer Aufbruch und Widerstand in Indien erhebt die Stimme gegen die mit dem Versprechen neoliberalen Wohlstands durchgepeitschte Modernisierung des Landes, die den Eliten unvorstellbaren Reichtum brachte, aber Millionen zu einem jeglicher Willkür ausgesetzten Dasein als urbanes Subproletariat oder ländliche Elendsbevölkerung verdammt. Die Ghettoisierung orientiert sich nicht mehr wie früher an der tradierten Kastenhierarchie. In der sich verdichtenden Enge sozialer Überlebensräume werden auch die www.schattenblick.de SchildVerlag, Elbingen, 2011 335 Seiten ISBN: 97838694013 Slums, noch vor Jahren letzte Zufluchtsorte der um ihre Existenz betrogenen Landbewohner, die in die Städte zogen, weil ihre kleinbäuerlichen Strukturen unter dem Preisdiktat großer Saatgut- und Agrarkonzerne zusammengebrochen sind, in neoliberale Stadtsanierungspläne einbezogen. An diesen Schauplätzen der Hoffnungslosigkeit treibt die Gärung sozialer Widersprüche und Verdrängungskämpfe auf eine Explosion zu, deren Auswirkungen und Konsequenzen für das auf Störungen sensibel reagierende Gefüge indischer Gesellschaften nicht absehbar sind. Slumräumungen, um Platz für repräsentative Bauprojekte zu schaffen, haben in der Vergangenheit als auch in der jüngeren Gegenwart zu heftigen Protesten und Toten geführt. So wurden in Mumbai 2004 bei einer Slumsanierung 75.000 Häuser zerstört. Um einen Eindruck von der existentiellen Armutsmisere zu geben: Etwa 60 Prozent der Bevölkerung Mumbais lebt in Slums auf nur 9,24 Prozent der Stadtfläche. Über die innerstädtischen Kämpfe, den Widerstand auf dem Land gegen die Profitinteressen großer Minenbetreiber sowie die bürgerrechtlichen Bewegungen gegen den ökologiDo, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick schen Kahlschlag durch Staudammprojekte und den Bau von Atomkraftwerken berichten 22 indische Aktivistinnen und Aktivisten in Einzelbeiträgen sowie drei Gesprächen. Erstellt wurde der Sammelband im Zeitraum vom Mai bis Oktober 2012. Die Beiträge geben den politischen Protest lokaler Initiativen als auch international agierender Netzwerke wieder, die sich gegen die Zerstörung der Lebensgrundlagen eines Großteils der Menschen in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt zur Wehr setzen. Im besonderen Maße betroffen vom Landraub durch internationale Investoren sind die Dalits und Adivasi, erstere, weil sie als Mitglieder der untersten Kasten überwiegend von Landarbeit ihr Leben fristen, letztere, weil ihre an Bauxit und anderen Metallerzen reichen Stammesgebiete trotz verfassungsmäßiger Garantien zum Verhandlungsobjekt zwischen lokaler Politbürokratie und weltweit agierenden Konzernen geworden sind. "So hat die Regierung den Kapitalist_innen durch die Unterzeichnung vorvertraglicher Übereinkommen (Memorandum of Understanding - MoU) ganze Landstriche, Waldgebiete, Flüsse und Landwirtschaftsbetriebe zugespielt, was sich für die arme Bevölkerung als absolut verhängnisvoll erwies" (S.82), so ein Dalit-Aktivist. Für die Dalit und Adivasi ist das internationale Investmentgeschäft nur ein anderes Wort für Ausplünderung und Vertreibung. Bevölkerung global integrierten ökonomischen Interessen geopfert werden sollen, wird in den von Adivasi bewohnten Regionen im Norden und Osten des Landes seit Jahrzehnten erbittert Widerstand geleistet. Paramilitärische Verbände der Polizei, aber auch reguläre Armeeinheiten gehen gegen die sogenannten naxalitischen Rebellen, die sich mit der Stammesbevölkerung solidarisch erklären, mit allen Mitteln der Staatsgewalt vor. Trotz der populistischen Stimmungsmache gegen die Rebellen in der Boulevardpresse des Landes begreifen immer mehr Menschen, daß bei der "Kriegserklärung der indischen Regierung" (S.109) gegen die Naxaliten auch die bürgerlichen Freiheitsrechte auf dem Spiel stehen. Der Konflikt hat indes ältere Wurzeln, die auf die Zeit des britischen Kolonialsystems zurückgehen. Die Besatzer hatten "durch die Festschreibung einer permanenten Grundsteuer das bis dahin in Indien unbekannte Konzept des Privateigentums eingeführt" (S.73), wodurch die Rechte der Adivasi aufdurch den Staat verliehene Privilegien reduziert wurden. Nach der Unabhängigkeit hatten der indische Staat und seine regierende Klasse das koloniale Herrschaftsregime "skrupellos aufrecht erhalten und ausgeweitet" (S.73). "Mehr als zehn Millionen Adivasis sind seit der Unabhängigkeit infolge staatlich geförderter Entwicklungs- und Naturschutzprogramme vertrieben worden." (S.73) So kam es von 2002 bis 2004 zu einer beispiellosen MiGegen die Entscheidungsprozes- litäraktion in den aneinanderse im Staat, mit denen die Über- grenzenden Adivasi-Gebieten lebenschancen der einfachen der zentralindischen BundesDo, 27. Oktober 2016 www.schattenblick.de staaten Andhra Pradesh, Orisha, Chattisgarh, Jharkhand und Maharashtra. Diese Repressalien forderten Opfer in unbekannter Höhe, da die bewaffneten Übergriffe und Exekutionen nicht selten nachts erfolgten und offizielle Meldungen bzw. Medienberichte weitgehend ausblieben. Die weltweit bekannte Friedensaktivistin Arundhati Roy hat 2010 die Stammesgebiete im zentralindischen Dschungel besucht und ein erschreckendes Bild vom verzweifelten Kampf der Adivasi gegen ihre staatlich verordnete und systematische Vertreibung gezeichnet [1]. Der indische Staat hat sich vom einstigen Kolonialjoch der Briten längst nicht emanzipiert, wie der in Indien lebende Aktivist und Sozialanthropologe Felix Padel an anderer Stelle einräumt. Ihm zufolge hätten die indischen Funktionseliten die Lebensart der Briten samt deren avantgardistischer Arroganz gegenüber den unteren Bevölkerungsklassen adaptiert [2]. Die indische Rechtswissenschaftlerin und Aktivistin Dr. Radha D'Souza wird im gleichen Kontext, einer dem internationalen Widerstand gegen die kapitalistische Moderne gewidmeten Konferenzreihe, noch deutlicher: Seit der Unabhängigkeit Indiens 1947 habe es "sehr starke und große soziale Bewegungen im Land gegeben, die niemals die Behauptung akzeptiert haben, daß Indien eine Demokratie sei. Sie haben statt dessen stets vertreten, daß die weiße Herrschaft, das britische Raj, in nichtweiße Herrschaft, in ein nichtweißes Raj übergegangen ist. Und das ist nicht nur die Ansicht kleiner linksradikaler Gruppierungen, Seite 27 Elektronische Zeitung Schattenblick sondern die Auffassung eines großen Teils der MainstreamOpposition Indiens. Das gilt auch für den Befreiungskampf und erklärt, warum es so viel Opposition gegen Figuren wie Ghandi und andere prominente nationale Führer gab. Für viele Menschen waren sie einfach britische Liberale, die ihnen vorgesetzt wurden." [3] Die Repression in Indien hat viele Gesichter. Dazu gehört auch der Versuch weltweit aktiver Agrokonzerne, die industrielle Landwirtschaft gegen den traditionell kleinbäuerlichen Anbau durchzusetzen, um die Bauern durch die Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen zu zwingen, vor jeder Vegetationsperiode Saatgut und zudem kostspielige Düngemittel zu erwerben. Dadurch werden sie bei geringen Ernteerträgen oder unvorhersehbaren Katastrophen wie Dürren oder Schädlingsbefall schnell in den finanziellen Ruin gestürzt. Vorsichtigen Angaben zufolge haben zwischen 1995 und 2010 mehr als 250.000 Bauern den Freitod vor einem ungewissen Leben in Armut gewählt. Diese tragischen Ereignisse haben zur Vernetzung kleinbäuerlicher Bewegungen geführt, die die Agrarökologie und Saatgutsouveränität zu zentralen Pfeilern ihres Kampfes gegen die Liberalisierung der Landwirtschaft durch regionale und bilaterale Handelsabkommen erhoben haben. Eine der Sprecherinnen dieses Bündnisses, die indische Physikerin und Ökofeministin Vandana Shiva, verurteilte denn auch auf dem kürzlich in Den Haag abgehaltenen Tribunal gegen den Seite 28 Agro- und Chemiegiganten Monsanto die Patentierung von Saatgut als "Patentierung des Lebens" und "Verbrechen gegen die Natur" [4 ]. Sie erinnerte daran, daß Monsanto juristisch gegen die indische Regierung vorging, die die Saatgutpreise im Interessen der Ernährungssicherheit regulieren wollte. Dementsprechend wandte sich Vandana Shiva gegen die geplante Übernahme Monsantos durch den Chemiekonzern Bayer, gehe es bei diesem von den Investitionsinteressen großer Anleger motivierten Buyout doch darum, "den Namen von Monsanto zu verbergen, weil der Konzern mittlerweile völlig in Verruf geraten ist" [5]. Es bleibt mithin zu wünschen, daß die in Speak Up! den sozialen Bewegungen des Landes zugewiesene Widerstandskraft Zukunft hat: "Heutzutage sind sich Dalits, Adivasis und die Slumbewohner_innen in den Städten ihrer Rechte deutlich mehr bewusst, als sie es noch einige Dekaden zuvor gewesen sind. Durch ihre Basisbewegungen und überregionalen Zusammenschlüsse wurden sie zu zentralen Akteur_innen im Widerstand gegen den Diebstahl der natürlichen Ressourcen durch lokale Eliten sowie nationale und internationale Unternehmen." (S.57) In Folge der weltweit wahrgenommenen Gruppenvergewaltigung in Delhi 2012, bei der das Opfer von sechs Männern den Verletzungen erlag, hat auch die Bewegung für Geschlechtergerechtigkeit und die Befreiung der Frau wie bislang unterdrückter Lebensformen der LGBTI-Bewww.schattenblick.de wegung an Fahrt aufgenommen. Das traditionelle System der Mitgift, der ökonomisch damit verbundenen Abtreibung weiblicher Föten oder der Tötung weiblicher Nachkommen kurz nach der Geburt gibt viel Anlaß zu Protest, und es ist bei weitem nicht so, daß die Justiz des Landes auf der Seite der Schwachen und Betroffenen steht. Doch allein die Tatsache, daß sich rund ein Drittel des Landes dauerhaft im militärisch kontrollierten Ausnahmezustand befindet, weil in zehn Unionsstaaten mehr oder minder offener Bürgerkrieg herrscht, zeigt, wie groß die Gefahren für emanzipatorische Bewegungen sind und auf welch wackligem Boden bürgerrechtliche Schutzgarantien stehen: "Immer öfter wird die Frage nach den Gefahren für Demokratie und Rechtsstaat angesichts eklatanter Mängel bei der Umsetzung demokratischer Kontrolle staatlichen Handelns, der Aufrüstung des Sicherheitsapparates, neuer, weitgehender Staatsschutzgesetze [...] und der Rückständigkeit des Rechts- und Justizsystems aufgeworfen" (S.109). Diese Gefahren sind nicht geringer geworden, nachdem der Kandidat der hindunationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP), Narendra Modi, 2014 zum indischen Premierminister gewählt wurde. Als Chief Minister von Gujarat hatte er 2002 zumindest nichts unternommen, als Hindu-Fanatiker ein Massaker an Muslimen verübten. Zu all diesen Fragen und keiner Fragezeichen bedürfenden Gewißheiten bietet der Sammelband auch drei Jahre nach seiner Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Erstveröffentlichung nützliche Anregungen. In ihm manifestieren sich die verschiedensten Erfahrungen, Hoffnungen und stets gebrochenen Teilerfolge des sozialen Aufbruchs und Widerstands gegen die Unerträglichkeit von Verhältnissen, die den Menschen zu einer verwertbaren Ressource degradieren. Um nicht im jeweils eigenen Land weltweit aktiven transnationalen Akteuren zu unterliegen, ist der internationale Zusammenschluß widerständiger sozialer Bewegungen die logische Folge des in Indien geführten Kampfes. So kann die Lektüre des Buches auf all jene inspirierend wirken, die nicht vergessen haben, daß die Menschenfeindlichkeit der Lebensverhältnisse in Indien exemplarisch ist für Ausbeutung und Unterdrückung in aller Welt. Anmerkungen: [1 ] http://www.schattenblick.de/infopool/politik/redakt/asie-767.html [2] http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prbe0108.html [3] http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0266.html [4] https://www.jungewelt.de/2016/10-21/043.php [5] http://www.jungewelt.de/2016/10-21/036.php http://www.schattenblick.de/ infopool/buch/sachbuch/ busar661.html Do, 27. Oktober 2016 SPORT / BOXEN / MELDUNG Poker um den heißbegehrten Gürtel Wladimir Klitschko verschiebt seinen nächsten Auftritt (SB) 26. Oktober 2016 Wladimir Klitschko wird nach Angaben seines Managers Bernd Bönte am 10. Dezember nicht in den Ring steigen, sondern seinen nächsten Kampf erst im März oder April 2017 bestreiten. Der Ukrainer hatte seine vier Titel im Schwergewicht im November 2015 an Tyson Fury verloren, der die vertraglich vereinbarte Revanche am 9. Juli und dann auch am 29. Oktober absagte. Inzwischen hat der mit psychischen Problemen sowie Alkohol- und Drogenkonsum kämpfende Brite seine Gürtel zurückgegeben und damit den Weg zur Neuvergabe freigemacht. In Folge dieser mißlichen Entwicklung hat der mittlerweile 40 Jahre alte Klitschko bereits die mit Abstand längste Pause seiner Karriere einlegen müssen, die sich nun um weitere drei bis vier Monate streckt. Der Ukrainer wollte eigentlich am 10. Dezember in der Manchester Arena gegen den amtierenden IBF-Weltmeister Anthony Joshua antreten und hatte sicherheitshalber zum selben Termin die Hamburger Barclaycard Arena vorgebucht, um dort möglicherweise gegen den Australier Lucas Browne um den vakanten WBATitel zu kämpfen. Für die endgültige Absage beider Optionen führt Bönte nun mehrere Gründe an. Grundsätzlich sei die Vorbereitungszeit auf nur noch fünf Wochen zusammengeschrumpft, ohne daß eine definitive Planung www.schattenblick.de vorliege. Um den Kampf angemessen zu bewerben, reiche diese Frist kaum aus. Zudem habe die WBA noch immer nicht entschieden, ob bei einem Kampf zwischen Joshua und Klitschko auch der Titel dieses Verbands auf dem Spiel steht. Laut WBA-Präsident Gilberto Mendoza hat der zuständige Ausschuß zwar in der vergangenen Woche einen diesbezüglichen Beschluß gefaßt, dessen Bekanntgabe jedoch mehrfach verschoben worden sei, aber in Kürze erfolgen werde. Hinzu kommt nach den Worten Bernd Böntes eine leichte Muskelverletzung an der Wade, die sich Klitschko vor wenigen Tagen beim Training zugezogen habe. Die Blessur sei nicht so schwerwiegend, daß man deswegen einen bereits vereinbarten Kampf abgesagt hätte. Man habe jedoch die aktuelle Situation am Wochenende ausgiebig beraten und sei in Erwartung einer positiven Entscheidung der WBA zu dem Entschluß gekommen, daß ein Kampf gegen Joshua auf Grund der längeren Vorbereitungszeit im Frühjahr günstiger sei. Beide Boxer wünschten sich diesen Kampf, der gegenwärtig der bedeutendste im Schwergewicht sei. Es bestehe also kein Anlaß zu unnötiger Eile. Wie Joshuas Promoter Eddie Hearn rechne auch er damit, daß die WBA einer Austragung im Frühjahr ihren Segen geben werde, zumal sie dann in eiSeite 29 Elektronische Zeitung Schattenblick nem englischen Freiluftstadion mit größerem Fassungsvermögen als dem der Manchester Arena über die Bühne gehen könne. Bis dahin bleibe genug Zeit, nicht nur eine Pressekonferenz, sondern auch eine Präsentation in beiden Ländern auf die Beine zu stellen, um das Publikum auf das Ereignis einzustimmen. Der deutsche Fernsehpartner RTL könnte seine Werbeblöcke lukrativer vermarkten und Sky Sports würde in Großbritannien absehbar höhere Erträge im Pay-TV erzielen, so Bönte. Der 27jährige Anthony Joshua hat noch immer vor, am 10. Dezember in Manchester seinen nächsten Kampf zu bestreiten. Ein möglicher Gegner wäre sein Landsmann David Price, der sich in jüngerer Zeit mehrfach dafür ins Gespräch gebracht hat. Der 33 Jahre alte Liverpooler, für den 33 Siege und drei Niederlagen notiert sind, steht beim Berliner Promoter Sauerland Event unter Vertrag. Er galt einst als vielversprechendes Talent, mußte sich aber seit 2013 dreimal frühzeitig geschlagen geben und hat zuletzt zwei schwache Gegner kurzerhand in die Schranken gewiesen. Für den in 17 Auftritten ungeschlagenen Joshua wäre dieser Kontrahent absehbar ein weiteres Opfer, das nach wenigen Runden die Segel streichen müßte. [1] Klitschko, der 64 Kämpfe gewonnen und vier verloren hat, möchte noch einmal an seine neuneinhalbjährige Regentschaft als Weltmeister im Schwergewicht anknüpfen. Wie er versichert, sei er bald wieder gesund und bereit, gegen Joshua oder einen anderen Gegner anzutreten, um sich wenn möglich mehrere Titel zurückzuSeite 30 holen. Daß er angesichts der Un- dabei der Gürtel der WBA neu gewißheit, was die WBA plant, vergeben wird, dürfte so gut wie auf einen Rundumschlag im ausgeschlossen sein. [2] Frühjahr setzt, bei dem er zwei Gürtel gewinnen und eine ansehnliche Börse einstreichen Anmerkungen: könnte, ist nachvollziehbar. [1] http://www.espn.com/boUmgekehrt dürfte auch das Tak- xing/www.espn.com/boxing/stotieren der WBA darauf zurückzu- ry/_/id/17877660/former-heavyführen sein, daß der Verband um weight-world-champion-wladidie bestmögliche Option pokert mir-klitschko-not-face-titleholund abwägt, welcher Weltmeister der-anthony-joshua-anyone-elseaus seiner Sicht der zukunftsfä- dec-10-sit-march-april higste und einträglichste wäre. Da die Verbände bei Titelkämpfen [2] http://www.boxingnews24.mit einem prozentualen Anteil an com/2016/10/wladimir-klitschkoder Gesamtbörse beteiligt sind, injured-wont-fight-decemberhaben sie größtes Interesse an at- 10/#more-219765 traktiven und entsprechend umsatzstarken Duellen. Daß dabei http://www.schattenblick.de/ sportliche Gesichtspunkte nicht infopool/sport/boxen/ selten in den zweiten Rang versbxm2059.html wiesen und die eigenen Statuten und Regularien willkürlich interpretiert werden, liegt auf der Hand. VERANSTALTUNGEN Um den vakanten Titel der WBO kämpfen Joseph Parker und Andy Dezember 2016 Ruiz am 10. Dezember in Neuseeland. Parker war bislang Pflichtherausforderer beim Ver- LYSAX: SchlarAFFENland band IBF, zieht aber die Gelegen- Gedichte und Geschichten heit vor, sofort Weltmeister zu werden, statt daraufzu warten, bis ihm Anthony Joshua und dessen Promoter Eddie Hearn eine Chance geben. Hearn hat kürzlich den Kubaner Luis Ortiz unter Vertrag genommen, der als gefährlichster Kandidat im Schwergewicht gehandelt und deswegen von den prominentesten Rivalen tunlichst gemieden wird. Da Ortiz die WBA-Rangliste anführt, wäre er im Grunde der erste Anwärter für einen Kampf um den vakanten Titel. Der Kubaner soll jedoch am 12. November in Monte Carlo gegen Malik Scott antreten, und daß www.schattenblick.de Do, 27. Oktober 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Das Komm du lädt ein zu einer musikalischen Lesung am Don nerstag, den 01.12.2016, 20.00 bis 22.00 Uhr: Achterbahn der Gefühle (Rezitation und Saxophon von LYSAX) LYSAX Rezitation und Saxophon SchlarAFFENland Gedichte und Geschichten zum Müßiggang und zum FaulSein Lyrische Perlen werfen Jürgen Siebers (Rezitation) und Friedrich Oechsle (Saxophon) mit vollen Händen und Hälsen ins Publikum. Dichtern wie Gernhardt, Jandl, Kafka, Kaleko oder Kästner ist nichts hinzuzufügen - LYSAX interpretiert und vertont sie! Jürgen Siebers läßt den Unterkiefer los und rezitiert, Fritz Oechsle bläst gefühlige oder auch schrille Saxophontöne. In ihrem Spiel ergänzen sich die beiden Künstler oder bauen sich als Antipoden auf - um die Silben und Worte selber zum Sprechen und Klingen zu bringen. Erfrischende und zum Denken einladende Geschichten und Stimmungsbilder in streng subjektiver Auswahl ans Ohr, Auge und Herz gelegt. Die musikalische Lesung im Kulturcafé Komm du beginnt um 20:00 Uhr. Quelle: http://www.lysax.de LYSAX nimmt die Zuhörer mit auf eine Achterbahn der Gedanken und Gefühle: Zwerchfellerschütterung folgt stecken gebliebenem Lachen (im Halse) folgt nachdenklicher Stille folgt... . Weitere Informationen: LYSAX Homepage: http://www.lysax.de LYSAX zum Reinhören: http://www.lysax.de/index.php?site=musik LYSAX Videotrailer: https://www.youtube.com/watch?v=NDaGm8_ZW4 Über die Vortragenden: Friedrich Oechsle, Jahrgang 1953, lebt seit über 30 Jahre in Hamburg. Neben seiner Tätigkeit als Diplompädagoge und Lerntherapeut in eigener Praxis beschäftigte er sich schon immer mit Musik und Musikimprovisation. Er spielt Gitarre, Altsaxophon, Midisax und Klarinette. Jürgen Siebers, Jahrgang 1950, arbeitet in Hamburg seit 35 Jahren als Diplompädagoge und selbständiger Coach und Trainer im Bereich Rhetorik und Kommunikation. Seit seiner Jugend spielt er Improvisationstheater und rezitiert Texte. Das Duo LYSAX in Aktion: Platzreservierungen per Jürgen Siebers Telefon: 040 / 57 22 89 52 oder (Rezitation) und EMail: [email protected] Friedrich Oechsle (Saxophon) Eintritt frei / Hutspende Foto: © by LYSAX Do, 27. Oktober 2016 www.schattenblick.de Seite 31 Elektronische Zeitung Schattenblick Das Kulturcafé Komm du in Hamburg-Harburg: Kunst trifft Genuss Hier vereinen sich die Frische der Küche mit dem Feuer der Künstler und einem Hauch von Nostalgie Das Komm du in Harburg ist vor allem eines: Ein Ort für Kunst und Künstler. Ob Live Musik, Literatur, Theater oder Tanz, aber auch Pantomime oder Puppentheater - hier haben sie ihren Platz. Nicht zu vergessen die Maler, Fotografen und Objektkünstler - ihnen gehören die Wände des Cafés für regelmäßig wechselnde Ausstellungen. Britta Barthel und Mensen Chu geben mit ihrem Kulturcafé der Kunst eine Bühne und Raum. Mit der eigenen Erfahrung als Künstler und Eindrücken aus einigen Jahren Leben in der Kulturmetropole London im Gepäck, haben sie sich bewusst für den rauen und ungemein liebenswerten Stadtteil Harburg entschieden. Für Künstler und Kulturfreunde, für hungrige und durstige Gäste gibt es im Komm du exzellente Kaffeespezialitäten, täglich wechselnden frischen Mittagstisch, hausgemachten Kuchen, warme Speisen, Salate und viele Leckereien während der Veranstaltungen und vor allem jede Menge Raum und Zeit ... Das Komm du ist geöffnet: von Montag bis Freitag 7:30 bis 17:00 Uhr, Samstag von 9:00 bis 17:00 Uhr und an Eventabenden open end. Näheres unter: http://www.komm-du.de http://www.facebook.com/KommDu Kontakt: Kulturcafé Komm du Buxtehuder Straße 13 21073 Hamburg E-Mail: [email protected] Telefon: 040 / 57 22 89 52 Komm duEventmanagement: Telefon: 04837/90 26 98 E-Mail: [email protected] http://www.schattenblick.de/infopool/ dbrille/veranst/dbvl5483.html Seite 32 __I n h a l t_____Ausgabe 1990 / Donnerstag, den 27. Oktober 2016__ 1 POLITIK - REPORT: Menschenrechtsfreie Zone - Die Lizenz zum Töten (1) 11 POLITIK - REPORT: Menschenrechtsfreie Zone - Die Lizenz zum Töten (2) 16 SCHACH-SPHINX: Narren der Raffgier 17 POLITIK - KOMMENTAR: Stets auf Kosten des anderen ... Unterwerfung in der "Spaßgesellschaft" 18 POLITIK - SOZIALES: Afrika/Haiti/Mexiko Überfüllte Flüchtlingsunterkünfte in Baja California (poonal) 20 UMWELT - BRENNPUNKT: Brandsatz Fukushima - der Entsorgungslimbus ... 23 KINDERBLICK - NATURKUNDE: Alles für die Biene - nicht für den Zivilgebrauch ... 26 BUCH - SACHBUCH: Fleig, Kumar, Weber (Hg.) - Speak Up! Sozialer Aufbruch und Widerstand in Indien 29 SPORT - BOXEN: Poker um den heißbegehrten Gürtel 30 DIE BRILLE - VERANSTALTUNGEN: Hamburg - Kulturcafé Komm du LYSAX: "SchlarAFFENland" ... Gedichte und Geschichten zum Müßiggang, 1.12.2016 32 DIENSTE - WETTER: Und morgen, den 27. Oktober 2016 DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN Und morgen, den 27. Oktober 2016 +++ Vorhersage für den 27.10.2016 bis zum 28.10.2016 +++ Etwas steigt die Temp'ratur, wenig Sonne, Winde heftig. Jean-Luc schaut auf seine Uhr, denn auch er ist heut' geschäftig. © 2016 by Schattenblick IMPRESSUM Elektronische Zeitung Schattenblick Diensteanbieter: MA-Verlag Helmut Barthel, e.K. 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