Freigeist-Fellowships: 10 Mio. Euro für außergewöhnliche junge

Freigeist-Fellowships: 10 Mio. Euro für außergewöhnliche Pressemitteilung
junge Forscher(innen) bewilligt
29. Juli 2016
Von Geheimdiensten und dem Kalten Krieg über Biodiversität bis hin zu
elektronischen Implantaten und Weltgesundheit – das Kuratorium der
VolkswagenStiftung hat Gelder für insgesamt 13 neue Forschungsprojekte in der Initiative „Freigeist-Fellowships“ bewilligt. Die internationalen Nachwuchsforscher(innen) gehen darin neue Wege und bewegen
sich zwischen den etablierten Forschungsfeldern.
Die Freigeist-Fellowships der VolkswagenStiftung richten sich gezielt an Wissenschaftler(innen), die sich in den ersten fünf Jahren nach ihrer Promotion
Themen widmen, mit denen sie neue Horizonte erschließen wollen und kritisches Analysevermögen mit außergewöhnlichen Perspektiven und Lösungsansätzen verbinden. Die jungen Forscherpersönlichkeiten werden darin ermuntert, neue Wege zu gehen und auch Widerstände aus den etablierten Forschungsgebieten oder -ansätzen zu überwinden. Mit einer Förderung über fünf
Jahre, ergänzt durch Zusatzmittel und mögliche Anschlussförderung, können
sich die Wissenschaftler(innen) ein eigenes Forschungsprofil aufbauen.
Aus den rund 180 zum Stichtag am 15. Oktober 2015 eingereichten Anträgen
wurden nun 13 positiv beschieden – mit einer Gesamtbewilligungssumme von
über 10 Mio. Euro. Die erfolgreichen Antragsteller(innen) kommen dabei auch
aus renommierten Forschungseinrichtungen im Ausland wie der Harvard University, der École Polytechnique Fédérale de Lausanne oder auch der University of California Berkeley und San Diego, um mit einem Freigeist-Fellowship
ihren Forschungsschwerpunkt an einem deutschen Institut zu verankern.
Kurzzusammenfassungen von fünf ausgewählten Forschungsprojekten,
die in Berlin, Dresden und Leipzig angesiedelt sein werden:
Dr. Sophia Hoffmann (Zentrum Moderner Orient, Berlin): Learning Intelligence: The Exchange of Secret Service Knowledge between Germany
and the Arab Middle East 1960-2010 (rd. 580.000 Euro)
Was macht staatliche Geheimdienste so wichtig? Funktionieren sie auf der
ganzen Welt auf ähnliche Weise? Und wie intensiv stellt sich die internationale
Zusammenarbeit dar? Diese und weitere Fragen will die Forscherin in ihrem
Projekt beantworten. Sie untersucht dazu die Strukturen der beiden deutschen
Geheimdienste (BRD und DDR) sowie die der arabischen Geheimdienste in
der Zeit zwischen 1960 und 2010 und prüft etwaige Verflechtungen bei der
Zusammenarbeit der inländischen und ausländischen Dienste. Durch empirische Analysen von Archivmaterial, Literatur, sowie mithilfe von ZeitzeugenInterviews mit ehemaligen Diplomaten, Exil-Politikern und auch Opfern geheimdienstlicher Verhöre und Verhaftungen will sie Erkenntnisse über den
Einfluss des Austauschs auf den Aufbau, die Organisation, Verhaltensweisen
und Politik deutscher und arabischer Dienste erlangen.
Dr. Carsten Meyer (Universität Leipzig): Modelling the Socioeconomic
Forces behind 21st Century Biodiversity Loss: A Macroscopic Approach
to turn Complexity into Opportunities for Action (rd. 810.000 Euro)
Die Vielfalt an Pflanzen und Tieren in den Ökosystemen auf der ganzen Welt
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Kontakt
VolkswagenStiftung
Kastanienallee 35
30519 Hannover
Kommunikation
Jens Rehländer
Telefon: 0511 8381 380
E-Mail: rehlaender
@volkswagenstiftung.de
Förderinitiative
Dr. Johanna Brumberg
Telefon: 0511 8381 297
E-Mail: brumberg
@volkswagenstiftung.de
Dr. Oliver Grewe
Telefon: 0511 8381 252
E-Mail: grewe
@volkswagenstiftung.de
Die Pressemitteilung steht im
Internet zur Verfügung unter
http://www.volkswagenstiftung.
de/presse.
nimmt dramatisch ab: Je mehr Flächen für Landwirtschaft genutzt werden und
je stärker der Mensch in die Natur eingreift, desto instabiler werden die Ökosysteme und die Biodiversität nimmt ab – was langfristig die Lebensgrundlage
der Menschen gefährdet. Bislang existieren vor allem kleinräumige Studien
über diese Zusammenhänge. Sie nehmen zumeist die lokalen Einflussfaktoren
in den Blick und bilden somit eine Grundlage für Naturschutzstrategien, die
sich vor allem an direkten Einflussfaktoren orientieren. In seinem Projekt will
der Forscher nun den Blick weiten und die diversen interagierenden natürlichen und menschlichen Faktoren betrachten, die die hochkomplexen globalen
sozial-ökologischen Systeme beeinflussen. Er will die Verbindungen zwischen
Biodiversitätsverlust und demographischen, volkswirtschaftlichen und vielen
anderen Faktoren mithilfe von statistischen Modellen aufzeigen. Auch Konflikte
mit anderen Zielen sollen sichtbar werden. Alldem zugrunde legen wird er große Datenmengen („Big Data“) für valide empirische Befunde.
Dr. Ivan Minev (Technische Universität Dresden): Electronic Tissue
Technology for Spinal Cord Repair (rd. 920.000 Euro)
Werden menschliche Organe oder das zentrale Nervensystem durch einen
Unfall oder eine Erkrankung verletzt, kann dies weitreichende und langwierige
Folgen für die Patienten haben. Im Rahmen seines Projekts will der Forscher
neuartige Technologien entwickeln und erproben, die der Reparatur des beschädigten Gewebes dienen sollen: Es handelt sich dabei um elektronische
Implantate, die in ihrer Struktur den menschlichen Geweben ähneln, und direkt
an der beschädigten Stelle im Körper eingesetzt werden. Dort sollen sie unter
anderem Medikamente dosiert abgeben, Ersatz-Zellen bereitstellen oder elektrische Impulse erzeugen, die die körpereigenen Reparaturzellen zur verletzten
Stelle führen. Dafür ist auch die Auswahl passender Materialien für gute Verträglichkeit und hohe Funktionalität notwendig, was eine wichtige Rolle im Projekt spielen wird.
Dr. Timothy Nunan (Freie Universität Berlin): The Cold War’s Clash of
Civilizations: The Soviet Union, the Left, and the International Origins of
Islamism (rd. 660.000 Euro)
Der Kalte Krieg war ein globaler Konflikt, der nicht nur Europa, sondern z. B.
auch die Politik im Mittleren Osten geprägt hat. Dort führte er zur Konfrontation
zwischen Sozialismus und politischem Islam. Seit den 1960er Jahren stritten
etwa Sunniten und Schiiten darüber, wie sie die säkularen, sozialistischen und
häufig pro-sowjetischen Regierungen in ihren Heimatländern überwinden
könnten. Die Anführer dieser Bewegungen waren in religiösen Fragen zerstritten, aber einig in ihrer Ablehnung des Sozialismus. In den folgenden Jahren
erstarkte der islamische Internationalismus, angeführt von Geistlichen und
Islamischer Weltliga. Und politische Erfolge stellten sich ein: 1979 übernahmen Schiiten die Macht im Iran. 1989 trugen islamische Kämpfer zur Niederlage der Sowjets in Afghanistan bei. Mit Blick auf existierende Forschung zur
Geschichte des Kalten Krieges geht das Projekt über die Bipolarität zwischen
kapitalistischem Westen und sozialistischem Osten hinaus und möchte klären,
wie der amerikanisch-sowjetische Antagonismus neue Handlungsräume für
islamische Akteure im Mittleren Osten schuf. Und welche Folgen bis heute in
der globalen Politik spürbar sind. Bis 2021 soll ein Buchmanuskript entstehen.
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Dr. Tine Hanrieder (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung):
Medical Internationalisms and the Making of Global Public Health (rd.
610.000 Euro)
Krankheiten kennen keine Landesgrenzen. Und mit der Globalisierung der
Krankheiten verteilten sich Medikamente über die ganze Welt – und schließlich
folgten auch Ärzte und weitere Verantwortliche im Gesundheitswesen den
Einsätzen im Kampf gegen Krankheiten. Ein sogenanntes „Weltgesundheitsdorf“ entsteht: Die Weltgesundheitspolitik, auch Global Health genannt, bestimmt die politische Agenda mehr denn je; Experten, Ressourcen und Wissensbestände werden transnational zunehmend ausgetauscht. Allerdings spielen dabei nicht nur medizinische Aspekte eine Rolle. Die Biomedizin mit Fokus
auf einzelne Krankheiten und deren „Hightech“-Behandlung steht der Sozialmedizin mit Fokus auf Bevölkerungsgruppen und Vorsorge gegenüber. Im
Rahmen des Projekts will die Forscherin untersuchen, welche Stakeholder(gruppen) Gesundheitspolitik, -wesen und -forschung heute bestimmen. Zudem
geht sie der Frage nach, ob medizinische Entwicklungshilfe im Ausland auch
die Suche nach der richtigen Medizin in entwickelten Ländern beeinflusst.
Weitere Informationen zu den Freigeist-Fellowships der VolkswagenStiftung
finden Sie unter www.volkswagenstiftung.de/freigeist-fellowships. Die nächsten Stichtage für Projekteinreichungen sind der 13. Oktober 2016 sowie der
12. Oktober 2017.
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