Nationalrat, XXV. GP 16. März 2016 117. Sitzung / 1 11.59 Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Bei all der Diskussion, wie toll die EU ist, was sie alles zustande bringt, dürfen wir nicht übersehen, dass die Skepsis gegenüber der EU von Tag zu Tag zunimmt. Das zeigen nicht nur die Wahlergebnisse, wo aufgrund der Unzufriedenheit mit der Politik nationale Parteien Zugewinne haben in einem Ausmaß, über das man nur staunen kann, sondern das drückt sich auch darin aus, dass in Österreich aus dem Nichts heraus 261 000 Menschen ein Volksbegehren für den EU-Austritt unterschrieben haben. Der Grund dafür, dass diese Skepsis zunimmt, liegt wohl klar auf der Hand: Wir haben riesige Probleme, und es gibt nur eine geringe Lösungskompetenz seitens der EU. Der einzelne Bürger nimmt nur wahr, dass es Sitzung um Sitzung gibt, dass Beschlüsse gefasst werden, die doch nicht eingehalten werden, dass es Regierungschefs gibt – Stichwort: Tsipras –, die allen auf der Nase herumtanzen, dass einfach jeder macht, was er will. Es gibt keine Lösungskompetenz in der EU, und das ist auch der Grund dafür, dass der Bürger schön langsam das Vertrauen verliert. Wir haben ein Problem, das wir eigentlich gar nicht haben dürften: Wir haben die Innengrenzen aufgelöst im großen Vertrauen darauf: Die Schengen-Außengrenze ist ja gesichert! Und jetzt, wo die Probleme da sind, kommen wir drauf: Die SchengenAußengrenze ist überhaupt nicht gesichert, die ist löchrig wie Emmentaler Käse, und jeder kommt herein, jeder macht, was er will! Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn die EU sich selbst nicht so ernst nimmt und die Beschlüsse, die gefasst wurden, umsetzt, woran sollte der Bürger dann eigentlich noch glauben? Ich sehe es auch äußerst kritisch, wenn man jetzt die Türkei als den großen Hilfesteller sieht. Bei dieser innenpolitischen Lage in der Türkei kann das für uns kein Partner sein! Die EU muss aus sich heraus die Stärke entwickeln, endlich die Grenzen zu sichern. Wir können doch nicht alle Verantwortung wieder einem Land zuschieben, in dem es drunter und drüber geht, in dem Frauenrechte nicht akzeptiert werden! Und wenn wir darauf warten, dass die anderen Länder sagen: Ja, wir teilen die Flüchtlinge den Quoten entsprechend europaweit auf!, so kann ich nur sagen: Seien wir doch ehrlich, diese Quotenaufteilung ist doch schon längst gestorben! Es sind nicht alle Länder bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist Faktum, das müssen wir so akzeptieren! (Beifall beim Team Stronach.) Version vom 15. Juni 2016, 08:42 nach § 52(2) GOG autorisiert Nationalrat, XXV. GP 16. März 2016 117. Sitzung / 2 Faktum ist auch, die Außengrenze ist nicht gesichert, und deshalb hat Österreich so wie die Balkanstaaten zu Recht einen Grenzzaun errichtet. Ich möchte auch einen Punkt aufgreifen, von dem ich weiß, dass er ganz heikel ist: die Rolle der NGOs. Es gibt viele Hunderte, Tausende Menschen, die wirklich mit bester Gesinnung sich einsetzen und helfen wollen. Hut ab vor jedem Einzelnen! Aber es ist nicht in Ordnung, wenn Scheren in Mazedonien verteilt werden, damit der Grenzzaun durchschnitten werden kann. Es ist nicht in Ordnung, wenn Flugzettel verteilt werden, damit man den Zaun umgehen kann, dort schon Journalisten positioniert werden, damit man wirklich drastische Bilder erhaschen kann, und am Ende des Tages Menschen ums Leben kommen. Das verdient größte Verachtung, meine geschätzten Damen und Herren! (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Schimanek und Franz.) Auch die Rolle Deutschlands ist zu hinterfragen. Mit dieser Willkommenspolitik hat man den Flüchtlingen ganz klar signalisiert: Kommt herbei, ihr seid willkommen! Und diese Rolle wollte man allen EU-Staaten aufzwingen und wundert sich jetzt, dass die anderen EU-Staaten sagen: Was haben wir damit zu tun? Wenn Frau Merkel die Flüchtlinge einlädt, so ist das ihr Problem, das ist nicht unseres! (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Doppler und Franz.) Jetzt möchte man die Last auf alle verteilen, nachdem man zuerst alles auf sich gezogen hat. Und ich sage auch – ich schaue mir viele Diskussionen in deutschen Sendern an –, ich frage mich, ob da nicht unter dem Schutzmantel der Menschlichkeit letztendlich billige Arbeitskräfte herbeigekarrt werden sollen, ob diese Diskussion nicht unehrlich geführt wird, ob es nicht ehrlicher wäre, zu sagen: Jawohl, wir brauchen eine Einwanderungspolitik, jawohl, wir haben eine Alterspyramide, die sich nicht mehr rechnet!, ob das nicht der fairere und gerechtere Weg wäre! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Auswirkungen werden wir bei einem anderen Tagesordnungspunkt noch zu diskutieren haben, aber die Rolle der ÖVP möchte ich schon ansprechen. Kollege Lopatka! Kollege Lopatka (Abg. Lopatka spricht mit Bundesministerin Oberhauser) – er ist beschäftigt (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, diesen Zickzackkurs, den die Bundesregierung gefahren ist, den ist auch die ÖVP gefahren! (Zwischenruf der Abg. Fekter.) Ich erinnere an die Schubumkehr des Herrn Vizekanzlers Mitterlehner. (Vizekanzler Mitterlehner: Da war ein anderer Sachverhalt!) Als wir gesagt haben, es geht nicht mehr, hat es geheißen: Schubumkehr im Sinne der Humanität! (Vizekanzler Mitterlehner: Frau Dietrich, anderer Sachverhalt!) Version vom 15. Juni 2016, 08:42 nach § 52(2) GOG autorisiert Nationalrat, XXV. GP 16. März 2016 117. Sitzung / 3 Kollege Lopatka, es nützt Ihnen nichts, sich eine blaue Krawatte umzuhängen und dennoch schwarze Politik zu fahren! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.) 12.05 Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Jank zu Wort. – Bitte. Version vom 15. Juni 2016, 08:42 nach § 52(2) GOG autorisiert
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