26 Fehlerbeschreibungen: Explosionspenetration 27 Fehlerbeschreibungen: Explosionspenetration Explosionspenetration Entscheidungshilfe ➝ S. 131 Sandsteuerung ➝ S. 177 Beschreibung der Merkmale Mögliche Ursachen Großflächige Penetration in Bereichen der Form, in denen eine schnelle Metallfüllung eintritt. Tongebundener Formsand • zu hohe Feuchtigkeiten, vor allem »freies« Wasser im Formsand • schlechter Aufbereitungsgrad des Formsandes. Das vorliegende Wasser wird schnell freigesetzt. • zu hohe Inertstaubanteile, die zuviel Wasser einbinden • zu hohe Bindermengen und damit zu viel Wasser • zu grobe Sandkörnung. Geringe Druckerhöhung durch verdampfendes Wasser führt zur Penetration • zu hohe Wasserbindung durch den Glanzkohlenstoffbildner und dessen Rückstände Vorkommen des Fehlers Beim Einfließen des flüssigen Metalls in eine Sandform tritt oft eine explosionsartige Wasserverdampfung an Stellen auf, wo Metallströme zusammenfließen oder schneller fließen. Diese »Wasserdampfexplosion« bewirkt einen metallodynamischen Stoß, der großflächig das Metall in die Sandporen drückt. Im Gegensatz zur reinen Penetration tritt diese Erscheinung nicht nur an unterverdichteten oder heißen Stellen auf. Das Auftreten dieser Erscheinung ist eng an den Strömungsverlauf des Metalls gekoppelt und ist häufig im zuletzt gefüllten Teil des Formhohlraums zu beobachten. Häufig bildet sich eine Penetrationsschale mit gleichmäßiger Dicke aus. Erläuterungen Abb. 8: Schliffbild durch eine penetrierte Schicht bei einem Gußteil aus GGG. Trotz der hohen Oberflächenspannung wurde die Schmelze in die Sandporen gepreßt. Vergrößerung: 10 mm Bild = 0,3 mm Abb. 9: Großflächige Penetration in Bereichen, in denen schnelle Metallfüllung erfolgt. Gußteil aus GGL. Vergrößerung: 10 mm Bild = 13 mm Nach Einführung des Hochdruckformverdichtens und vor allem nach Einführung von Kernverfahren, die zu einem hohen Auffrischungsgrad des Formsandes geführt haben, ist der Fehler verstärkt aufgetreten. Levelink1 hat als erster diese Erscheinungen untersucht und als Ursache die explosionsartige Ausdehnung von kondensiertem Wasser, das sich auf den Sandkörnern bildet, gefunden. Bei schnellen Strömungsgeschwindigkeiten trifft das flüssige Metall auf das kondensierte Wasser, das explosionsartig verdampft. Durch die Druckerhöhung im flüssigen Metall wird dieses in die Sandporen gedrückt. Formanlage • zu hoch verdichtete Formen • ungleichmäßig verdichtete Formen mit überverdichteten Bereichen Anschnitt- und Gießtechnik • Auftreten von zu hoher Gießgeschwindigkeit. Partien mit kondensiertem Wasser werden überspült. Metallströme laufen zu schnell zusammen. • Fehlende Abführung der Form- und Kerngase aus dem Formhohlraum. 28 Fehlerbeschreibungen: Explosionspenetration 29 Abhilfen Hintergrundinformationen Tongebundener Formsand • Reduzieren des Wassergehaltes durch Einsatz hochwertiger Bentonite mit hoher thermischer Stabilität und hohem Montmorillonitgehalt. • Reduzieren der Verdichtbarkeit. • Verbessern des Aufbereitungsgrades durch Altsandvorbefeuchtung, Beschleunigung der Wasseraufnahme des Bentonits, Verlängerung der Mischzeiten • Inertstaubanteile durch Einsatz hochwertiger Bentonite reduzieren. Evtl. Staubrückführung drosseln. • Bentonitgehalt reduzieren. Höher bindefähige Bentonite mit hohem Montmorillonitgehalt einsetzen. • Sandkörnung reduzieren. Feinere Kernsande einsetzen oder zeitweise feinen Neusand zum Umlaufsand setzen. • aktivere Glanzkohlenstoffbildner einsetzen. Menge an Glanzkohlenstoffbildnern reduzieren und Koksmenge reduzieren. Der Formsand beeinflußt sehr stark das Auftreten von Explosionspenetrationen. Grundsätzlich muß die Verdichtbarkeit so niedrig wie möglich eingestellt werden. Das Entstehen von kondensiertem Wasser ist aber vor allem abhängig von der Menge an freiem Wasser. Aus diesem Grund ist der Formsand optimal aufzubereiten. Weiter sind alle Zusätze zu überprüfen und evtl. durch »aktivere« Stoffe zu ersetzen. So wurde in Betriebseinsätzen nachgewiesen, daß schon der Einsatz hochmontmorillonithaltiger Bentonite ausreicht, den Fehler zu vermeiden, da der Anteil an inerten Feinstoffen reduziert und der Wasserbedarf gesenkt wird. Der Fehler wird sehr stark durch die Körnung des Sandes beeinflußt. Bei einem sehr groben Umlaufsand tritt der Fehler häufiger auf. Wird die Sandkörnung durch Zusatz von feinerem Neusand herabgesetzt, verschwinden diese Fehler. Von uns wird empfohlen, die AFS-Zahl nicht unter 60 abzusenken. Häufig wird bei auftretender Explosionspenetration auch der Glanzkohlenstofträger durch Materialien mit gerinerer Koksbildung und höherer Glanzkohlenstoffbildung ersetzt. Auch hierdurch wird der Wasserbedarf reduziert. Hofmann hat nachgewiesen, daß Sande mitt Oolithisierungsgraden von über 15 % nicht mehr zu Explosionsfehlern neigen.2 Überverdichtete Formen zeigen häufiger Fehler durch Explosionspenetrationen. Auf diesen Zusammenhang hat Levelink in seiner richtungsweisenden Arbeit hingewiesen.1 Beim Auftreten dieser Fehler soll nicht nur der Formsand, sondern auch die Härte der Form geprüft und ggf. der Verdichtungsdruck reduziert werden. Ein Anheben der Gießtemperatur wird von Levelink3 zur Vermeidung dieses Fehlers angegeben. Wichtiger scheint das Optimieren des Anschnittsystems zu sein. Durch tangentiales Anschneiden der Form, bessere Verteilung und laminares Einfließen des einlaufenden Metalls können Explosionspenetrationen vermieden werden. Formanlage • Formverdichtung vergleichmäßigen und Verdichtungsdrucke herabsetzen • gleichmäßigere Sandeinfüllung anstreben Abb.10: Gußteil aus GGL. Großflächige Penetration über den gesamten rest. Vergrößerung: 10 mm Bild = 16 mm Abb.11: Gußteil aus GGL. Das gesamte Gußteil weist im unteren Bereich schwere Penetration auf. Vergrößerung: 10 mm Bild = 25 mm Fehlerbeschreibungen: Explosionspenetration Anschnitt- und Gießtechnik • Gießgeschwindigkeit durch verändertes Anschnittsystem reduzieren. Formfüllung verlangsamen. • Einsprühen gefährdeter Partien mit Öl und damit Vermeidung von Wasserkondensation an diesen Stellen. • Setzen von Luftpfeifen und Verbessern der Abführung wasserdampfhaltiger Gase. 30 Fehlerbeschreibungen: Explosionspenetration 31 Fehlerbeschreibungen: Explosionspenetration Literatur Weitere Literatur 1 Levelink, H. G.; van der Berg, H. Wasserexplosion als Ursache von Gußfehlern Gießerei 56 , 1969, S. 655 – 664 ➝ Boenisch, D.; Ruhland, N. Naßgußformen durch sinkende Verformbarkeit gefährdet Gießerei 74, 1987, S. 190 – 194 2 Hofmann, F. VDG-Taschenbuch 2, Tongebundene Formsande S. 90 – 94 3 Levelink, H. G. Einfluß der Form auf die durch Wasserexplosion verursachten Gußfehler Gieterij 7, 1973, S. 7 – 14 (holl.)
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