102 Fehlerbeschreibungen: Schülpen 103 Fehlerbeschreibungen: Schülpen Schülpen Entscheidungshilfe ➝ S. 166 Sandsteuerung ➝ S. 183 Beschreibung der Merkmale Mögliche Ursachen Unregelmäßige klein- bis großflächige massive metallische Verdickungen, die häufig mehrere Millimeter dick sein können. Die Verdickungen verlaufen häufig parallel zur Gußstückoberfläche. Die Oberfläche der Verdickungen ist rauh. Die Ränder zeigen häufig sogenannte »Hinterschneidungen«. Gußstücke mit festen Schülpen zeigen häufig Sandschaleneinschlüsse. Tongebundener Formsand • zu wenig Bentonit oder ungenügende Bentonitqualität im Formsand • zu hohe Feinquarzanteile im Sand • zu feiner Formsand • ungenügende Bentonitaufbereitung • zu geringer Schamottesierungsgrad des Sandes • zu starke Versalzung des Sandes Vorkommen des Fehlers Schülpen können an allen Gußstückflächen beim Abgießen in Grünsandformen auftreten. Vorzugsweise treten sie an der Formraumdecke auf, aber ist auch die Bildung auf dem Formboden in Form von »Rattenschwänzen« möglich. Ebenso sind hochverdichtete Partien im Formraum gefährdet. Schülpen können beim Aufheizen der Formwand durch Strahlungswärme, aber auch durch direkten Wärmefluß vom flüssigen Metall in die Formwand entstehen. Erläuterung Abb. 48: Großflächiges Gußstück aus GGL. Ansatz einer Schülpe (Rattenschwanz) im oberen Bereich des Gußstücks in Eingußnähe. Verkleinerung: 10 mm Bild = 39 mm Während des Gießvorganges werden oberflächennahe Teile der Sandform schnell erhitzt. Es bildet sich eine trockene Sandschale von einigen Millimetern Dicke auf überfeuchtetem Untergrund (Kondensationszone). Da Quarz sich im Bereich von 300°C – 575°C sehr stark ausdehnt, treten in den Sandschalen hohe Druckspannungen auf, die bei geringer Naßzugfestigkeit in der Kondensationszone zur Trennung der Sandschale vom Untergrund führen können. Formanlage • zu hohe und zu ungleichmäßige Verdichtung Anschnitt- und Gießtechnik • zu starkes Aufheizen des Sandes durch einlaufendes Metall und zu lange Anstrahlzeiten 104 Fehlerbeschreibungen: Schülpen 105 Fehlerbeschreibungen: Schülpen Abhilfen Tongebundener Formsand • Bentonitgehalt im Formsand erhöhen. • Bentonitqualität mit höherer spezifischen Bindefähigkeit einsetzen. • Feinquarzanteile im Formsand erniedrigen. • Staubrückführung drosseln, ggf. Bentonite mit höherem Montmorillonitgehalt einsetzen • gröberen Quarzsand einsetzen • Bentonitaufbereitung verbessern. Mischzeiten verlängern. Altsandbefeuchtung durchführen • falls sinnvoll, Neusandmenge reduzieren, um Schamottesierungsgrad zu erhöhen • Wasserqualität verbessern. Von Brunnenwasser auf Stadtwasser wechseln. Teilentsalzung durchführen. Abb. 49: Großflächiges Teil aus GGL. Schülpe auf dem Oberteil des Gußstückes. Vergrößerung: 10 mm Bild = 8 mm Formanlage • Verdichtung reduzieren. Verdichtungskraft vermindern • auf gleichmäßige Sandverteilung und gleichmäßigere Formverdichtung achten Anschnitt- und Gießtechnik • Anschnitte verbessern, um örtliche Überhitzung durch zu große Metallmengen zu vermeiden • Kürzere Gießzeiten und damit kürzere Anstrahlzeiten anstreben Hintergrundinformationen Die Schülpenbildung ist ein typischer Fehler der bentonitgebundenen Formstoffe. Durch das einlaufende Metall wird die Oberfläche einer Form erhitzt. Das verdampfende Wasser kondensiert in tiefer gelegenen Schichten und schwächt die Bindung in den überfeuchteten Bereichen. Gleichzeitig erhöht sich die Druckspannung in den erhitzten Sandschichten durch Quarzausdehnung. Es kommt zur Ablösung von Oberflächenschalen. Die Fehlerneigung steigt mit zunehmender Druckspannung an und sinkt mit erhöhter Naßzugfestigkeit.1 Über Druckspannungen und deren Messungen wird in 2 berichtet. Bekannt ist, daß Druckspannungen bei höherer Packungsdichte der Quarzkörner zunehmen. Eine drastische Erhöhung findet beim Anstieg der Feinquarzanteile im Formsand statt. Die Naßzugfestigkeit als Kenngröße zur Ermittlung der Schülpenanfälligkeit wird in 3 und 4 beschieben. Der Einfluß unterschiedlicher Zusätze zum Formsand auf die Sandschalenbildung sind untersucht worden. Generell kann gesagt werden, daß alle Materialien, die die Naßzugfestigkeit erhöhen und die Druckspannungen senken, die Fehlergefahr vermindern. Bereits in 1 werden Calcium- und aktivierte Bentonite, Holzmehl, Torfmehl, inerte Feinstoffe, Quellbinder sowie Kohlenstaub untersucht. Eindeutig ist ermittelt worden, daß der Einsatz von Soda-aktivierten Bentoniten die Schülpneigung stark vermindert. Die starke Reduzierung der Sandschalenbildung durch den Zusatz von niedrigerweichenden Kohlenstoffträgern, welche die Druckspannungen abbauen, wird an anderer Stelle hervorgehoben.5 Über die Wirkungen von unterschiedlichen Steinkohlenstäuben auf Expansionsdruck und Naßzugfestigkeit wird in 6 berichtet. In der Arbeit wird eine verstärkte Erhöhung der Druckspannung bei Einsatz von Steinkohlen mit flüchtigen Bestandteilen von 10 – 35 % festgestellt. Steinkohlengemische, die zusätzlich niedrigerweichende Kohlenstoffträger enthalten, reduzieren diese. Die Gefahr von Schülpenbildung bei Einsatz bentonitgebundener Formsande reduziert man durch Erhöhung des Bentonitgehaltes, Reduzierung der Feinquarzanteile und Einsatz gröberer Sandkörnung. Beim Auftreten solcher Fehler sollte auch der Aufbereitungsgrad des Sandes überprüft werden. Auch eine Versalzung des eingesetzten Wassers kann zum Auftreten von Schülpen führen. In einigen Fällen konnten Fehler dieser Art durch den Einsatz von Teilentsalzungsanlagen vermieden werden. Bei sehr hohen Packungsdichten der Form kann eine geringe Erhöhung der Verdichtbarkeit der Fehlerbildung entgegenwirken. Ebenfalls kann man durch Änderung der Anschnitte Sandschalenbildungen vermeiden. 106 Fehlerbeschreibungen: Schülpen Literatur Weitere Literatur 1 Patterson, W.; Boenisch, D. Das Schülpendiagramm für Naßgußsande Gießerei 51, 1964, S. 634 – 641 2 Patterson, W.; Boenisch, D. Spannungsmessungen an erhitzten Formsanden Gießerei 51, 1964, S. 545 – 550 ➝ Schröder, A. Versuche und Steuereingriffe zur Vermeidung des Fehlerpaares »Schülpen u. Penetrationen« beim Gießen in Sandformen Gießereiforschung 37 , 1985, S. 145 – 151 3 4 5 6 Patterson, W.; Boenisch, D. Die Bedeutung der Festigkeit feuchter tongebundener Formsande, insbesondere der Naßzugfestigkeit Gießerei techn. wissenschaftliche Beihefte 13, 1961, S. 157 Patterson, W.; Boenisch, D. Durch Ausdehnung grüner Gießereiformsande verursachte Gußfehler Gießerei 48, 1961, S. 81 – 87 Patterson, W.; Boenisch, D.; Gabler, K. 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