Penetration

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Fehlerbeschreibungen: Penetration
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Fehlerbeschreibungen: Penetration
Penetration
Entscheidungshilfe ➝ S. 151
Sandsteuerung ➝ S. 181
Beschreibung der Merkmale
Rauheit oberhalb der Größenordnung von Sandkörnern an heißen
Stellen oder unterverdichteten Partien.
Formanlage
• ungenügende und ungleichmäßige Verdichtung der Formen
Vorkommen des Fehlers
Anschnitt- u. Gießtechnik
• zu starke Überhitzung von Form- und Kernpartien
Penetration tritt besonders an Stellen starker Aufheizung der
Formteile (Kanten, dickwandigen Gußstücken, Anschnittnähe)
und an schlecht verdichteten Sandpartien auf.
Abb. 27:
Gußteil aus GGL. Auftreten der Penetration an der heißesten Stelle in der Anschnittnähe.
Vergrößerung: 10 mm Bild = 8 mm
Erläuterungen
Bei Eindringtiefen oberhalb der Größenordnung der Sandkörner
spricht man von Penetration, wenn der Formstoff mit dem eindringenden Metall nicht chemisch reagiert. Im Falle einer Reaktion spricht man von Vererzung. Neben der Penetration durch Überwindung des kritischen metallostatischen Drucks können diese
Fehler durch Explosionen (siehe Explosionspenetrationen) und
durch Graphitexpansion bei Eisen-Kohlenstoff-Legierungen entstehen. Fehler durch Graphitexpansion werden hier nicht behandelt.
Mögliche Ursachen
Tongebundener Formsand
• zu grobe Sandkörnung
• zu geringe Mengen an Kohlenstoffträger
• zu geringe Mengen Feinanteile
• zu hohe Verdichtbarkeit
Kunstharzgebundener Formsand
• Sandkörnung zu grob
• ungenügende Verdichtung der Kerne
Abhilfen
Tongebundener Formsand
• Durch feineren einlaufenden Kernsand oder Zusatz von
feinerem Sand zum Umlaufsand Sandkörnung verfeinern.
• Kohlenstoffträgermenge erhöhen. Erhöhung des Glanzkohlenstoffbildungsvermögens vermindert die Benetzung
der Sandoberfläche.
• Erhöhung der Koksanteile; dies bewirkt eine zusätzliche
Verminderung der Porengröße.
• Mengen an Feinanteilen erhöhen. Quarzanteile aus dem
abgesaugten Staub der Koksrückstände sind geeignete Feinanteile.
• Verdichtbarkeit des Sandes absenken. Dadurch erhöht sich
die Fließfähigkeit des Sandes, bessere Verdichtung möglich.
• Verbesserung der Fließfähigkeit durch Einsatz von prozeßkohlenstoffhaltigen Kohlenstoffträgern oder Bentonit / Prozeßkohlenstoffkombinationen möglich.
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Hintergrundinformation
Druck, oberhalb dessen
Penetration eintritt
σ
Oberflächenspannung
Metallschmelze
r
Θ
Porenradius
Benetzungswinkel Schmelze / Sand
Abb. 29 zeigt die Abhängigkeit der Eindringtiefe von flüssigem
Stahl vom ferrostatischen Druck:
20
,63
mm
0,3
8m
m
15
mm
röß
e0
10
0,2
4
Ko
rng
Anschnitt- und Gießtechnik
• Die Anschnitte verbessern. Zu große einlaufende Metallmengen und damit örtliche Überhitzung vermeiden.
• Abstand von Modellen vergrößern. Das führt u. U. zum
Abbau von überhitzten Bereichen
• Gießtemperatur senken.
Pkrit
ere
Schliffbild durch die Grenzschicht Metall / Sand bei einem Gußteil aus GGL.
Rein physikalisches Eindringen des flüssigen Eisens. Vergrößerung: 10 mm Bild = 0,08 mm
Pkrit = 2σ cos Θ
r
5
mi
ttl
Abb. 28:
Formanlage
• Formen besser verdichten. Verdichtungsdruck erhöhen.
Durch bessere Sandverteilung gleichmäßigere Formverdichtung erreichen
• Bei Einsatz prozeßkohlenstoffhaltiger Produkte verbessert
sich die Verdichtung, die Packungsdichte steigt. Gleichzeitig
wird die Formverdichtung gleichmäßiger.
Der kritische Druck, oberhalb dessen eine Metallschmelze in eine
poröse Sandfläche eindringt, hängt von der Oberflächenspannung, dem Porendurchmesser und dem Benetzungswinkel
zwischen Metallschmelze und Sandkörnern ab. Ist der metallostatische Druck größer als Pkrit , findet Penetration statt.
Eindringtiefe [mm]
Kunstharzgebundener Formsand
• feinere Kernsande einsetzen oder Feinstoffe wie Eisenoxid
zusetzen
• Kerne gleichmäßiger und besser verdichten; ggf. Binder mit
geringerer Viskosität einsetzen.
• gefährdete Kerne schlichten, ggf. Dicke der Schlichteschicht
erhöhen
0
0
10
20
Druck Fe-Säule
Abb. 29
30
40
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Abb. 31 zeigt die Abhängigkeit des kritischen Drucks zur Einleitung der Penetration vom Porenradius im Formsand bei einer
Stahlschmelze:
40
mittlerer
Porenradius
Druck [cm] Fe-Säule
30
Abb. 30:
20
Pkrit
10
Schliffbild durch die Grenzschicht Metall / Sand bei einem Gußteil aus GGL.
Keine erkennbaren Reaktionsschichten Schmelze / Formstoff. Vergrößerung: 10 mm Bild = 0,04 mm
0
0
Abb. 31
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
Mittlerer Porenradius [mm]
Vergleichbare Ergebnisse sind auch bei anderen Metallschmelzen
gegeben und sind vielfach behandelt worden.1,2,3
Bei Eisenlegierungen wird durch Zusatz von Magnesium, Aluminium und Chrom die Oberflächenspannung erhöht. Deshalb ist
die Penetrationsneigung von GGG geringer als die von GGL.
Bei harzgebundenen Formteilen hängt eine mögliche Penetration sehr stark von der gewählten Sandkörnung ab. So werden
Croning-Kerne mit feinen Sanden, Cold-Box-Formteile mit möglichst groben Sanden gefertigt. Ein Schlichten vor allem von ColdBox-Kernen ist häufig notwendig, um Penetrationen zu vermeiden. Reißt beim Gießen die Schlichteschicht durch Ausdehnung
der Teile auf, kann es durch die entstehenden Risse zu Penetrationen kommen.
Eine gleichmäßige Verdichtung der Formteile ist notwendig,
um das Porenvolumen so gering wie möglich zu halten.
Gelangen hohe Kernsandanteile in bentonitgebundene Formsande, so ist die Körnung des Kernsandes von ausschlaggebender Bedeutung für die Kornverteilung des Grünsandes. Einlaufende grobe Cold-Box-Sande vergrößern den Porendurchmesser. Der
kritische Druck zur Einleitung von Penetrationen sinkt. Bei auftretenden Penetrationen muß u. U. ein feinerer Sand eingesetzt
werden. Zur Vermeidung der genannten Fehler kann der Zusatz
abgesaugter Feinanteile beitragen. Das Glanzkohlenstoffbildungsvermögen hat einen geringeren Einfluß als der Porendurchmesser.
Evtl. müssen die Anteile erhöht oder ein Glanzkohlenstoffbildner
mit höherer Koksbildung eingesetzt werden.
Die Verdichtung der Formoberfläche soll gleichmäßig und gut
sein. Durch Einsatz graphithaltiger Produkte kann die Verdichtung
vergleichmäßigt werden.
Häufig tritt Penetration in Anschnittsnähe auf. Die einlaufenden
Metallmengen sind zu groß und führen zu einer zu starken
Aufheizung des Formstoffs in diesem Bereich. Bei einer besseren
Verteilung des einlaufenden Metalls verschwindet der Fehler.
Literatur
1
Hoar, T. P.; Atterton, D. V.
Untersuchungen über das Eindringen von flüssigem Metall in
verdichteten Sand
J. Iron Steel Inst. 166, 1950, S. 1 – 17
2
Thorpe, P. J.
Vermeidung von Penetration und Anbrennen von Formsand
bei Gußeisen mit Lamellengraphit
Brit. Foundrym. 64, 1971, S. 380 – 398 (engl.)
3
Levelink, H. G.; Julien, F. P. M. A.
Penetrations- und Lunkererscheinung infolge Wechselwirkung zwischen erstarrendem Gußstück und Form
Gießerei 60, 1973, S. 485 – 495