SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE, SWR2 DIE BUCHKRITIK Garance Le Caisne: Codename Caesar Im Herzen der syrischen Todesmaschinerie C.H. Beck Verlag 2015 249 Seiten 18 Euro Rezension von Claudia Kramatschek Freitag, 20.05.2016 (14:55 – 15:00 Uhr) Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Ein Volk stirbt qualvollen Todes – und der Rest der Welt schaut zu. Die Rede ist von Syrien, wo das Regime von Bashar al-Assad ungehindert weiter mordet. Einblick in dieses tagtägliche Morden gibt nun der Band“ Codename Caesar. Im Herzen der syrischen Todesmaschinerie“. Geschrieben hat es die französische Journalistin Garance Le Caisne. Eine Buchkritik von Claudia Kramatschek. Spätestens seit dem Giftgasangriff am 21. August 2013 auf unschuldige Männer, Frauen und Kinder weiß der Westen, dass das Regime von Bashar al Assad mit aller Härte gegen jene vorgeht, die sich gegen das Regime stellen. Und der Westen weiß, dass das Regime sich allein mit den Mitteln von Unterdrückung und Terror an der Macht hält. Was genau das aber heißt, das kann man begreifen, wenn man der französischen Journalistin Garance Le Caisne in die Abgründe dessen folgt, was sie die syrische Todesmaschinerie nennt. Es ist eine Reise in ein Land, in dem das machthabende Regime nicht allein tötet, Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT um zu unterdrücken. Nein: Es tötet um des Tötens willen. Im Mittelpunkt des Bandes steht ein Mann, der den Decknamen Caesar trägt. Denn dieser ‚Caesar’ – der in Syrien Fotograf bei der Militärpolizei war und nun an einem geheimen Ort irgendwo in Europa lebt – hat Ungeheuerliches getan. Er hat Fotos von all den Gefolterten, Verstümmelten, Misshandelten außer Landes geschafft, die er nach Beginn des syrischen Aufstands im Frühjahr 2011 fotografieren musste. Zwei Jahre lang lichtet er tagtäglich die immer zahlreicher werdenden Leichen ab – Leichen, die bald nur noch Nummern tragen und die der Staat zugleich in Akten katalogisiert. Rund 55.000 Fotos schmuggelt Caesar gemeinsam mit seinem besten Freund ins Ausland. Die Menschen auf ihnen sind eines qualvollen Todes gestorben, die Mehrheit von ihnen in den Gefängnissen zweier Abteilungen des Militärgeheimdienstes, so auch der zur Ikone des Aufstands gewordene dreizehnjährige Ali al-Khatib, der am 29. April 2011 auf dem Weg zu einer Demonstration verhaftet und den Eltern als Leichnam zurück gegeben worden war. Auf den Abdruck der Fotos wird im Band bewusst verzichtet. Stattdessen lässt die Autorin – die als unabhängige Journalistin lange in Kairo gelebt hat und ebenso regelmäßig Syrien bereist – weitere Zeugen zu Wort kommen, unter anderem ehemalige Häftlinge, die wie durch ein Wunder die alltägliche Barbarei in den Gefängnissen – Hunger, Folter, Demütigung – überlebt haben. Sie alle berichten von dem, was sie gesehen und erlebt haben, vor allem mit einem Ziel. Sie wollen – so Zitat – „die Gerichtsschreibung nicht dem Regime überlassen“. Tatsächlich wähnt dieses Regime sich in größter Sicherheit: Seine Folterkammern liegen unter anderem im Herzen der Innenstadt, nahe der Oper. Nicht zuletzt – das legt die Autorin nahe – dürfte die milde Haltung des Westens gegenüber dem Regime von Assad zu eben diesem Gefühl der Unangreifbarkeit beitragen. Tatsächlich liefert der Band – der sich stellenweise wie ein politischer Krimi geriert, die gefährlichen Gewässer der Sensationssprache dabei mit Bravour umschifft – nicht allein Einblick in das zynische Abschlachten eines Volkes. Die Autorin – die Caesar offenbar erst nach einer langen Suche ausfindig machen und sein Vertrauen gewinnen konnte – ist wie Caesar selbst letztlich verbittert darüber, dass der Westen nicht handelt. Denn der Westen – davon handelt der zweite Strang des Buches – bekam die Dokumente bereits 2014 zu Gesicht: Am 12. Januar 2014 empfängt der französische Außenminister mehrere Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Amtskollegen, darunter John Kerry, und wird ihnen allen einige der Dokumente zeigen. Am 15. April 2015 berät der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über Syrien und wird den Anwesenden ebenfalls Fotos der Akte Caesar zeigen. Noch im Dezember 2015 beschäftigt sich die Menschenrechtsorganisation „Human Right Watch“ mit der Akte. Und doch geschieht nichts. Sowohl für Caesar als auch für die Autorin hat der Schuldige einen Namen: Amerika. 2014 reiste Caesar nach Washington. Doch zu einem Gespräch mit Barack Obama kam es nicht. Die französische Regierung wird im selben Atemzug vielleicht etwas zu heldenhaft gezeichnet – wirklich schwierig mutet einzig die Parallele an, welche die Autorin zum Holocaust zieht. Doch das sind Mäkeleien. Die Wucht und Wichtigkeit dieses Bandes kann und soll das nicht mindern. Er sollte Pflichtlektüre aller westlichen Regierenden sein. Denn noch immer harren rund 150.000 Gefangene in den Kerkern des syrischen Regimes aus. Ihnen droht womöglich derselbe schreckliche Tod. . Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
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