Nationalrat, XXV. GP 27. Jänner 2016 111. Sitzung / 1 15.00 Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin – ich habe gesehen, Sie übernehmen gerade den Vorsitz! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Galerie! Anlass der Kurzdebatte ist die Anfragebeantwortung betreffend die Frühpensionierungen bei der Post, und damit schließe ich bei den Herausforderungen an, die Herr Klubobmann Lopatka vorher genannt hat, unter anderem beim Pensionswesen. Die Post hat angekündigt, dass sie Mitarbeiter im Alter von über 50 Jahren verstärkt in den Ruhestand versetzen möchte. Schon allein die Ankündigung dieses Vorhabens ist eine Zumutung gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern und insbesondere gegenüber jenen, die in normalen privatwirtschaftlich versicherten Dienstverhältnissen sind, weil das, was hier vorgeht, bedeutet, dass die Post ihre Personalkosten der Allgemeinheit – den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern – umhängt. Diese Ankündigung der Österreichischen Post AG passt auch sehr gut ins Bild dessen, was wir in den letzten Tagen von der UniCredit Bank Austria AG gehört haben: nämlich dass auch dort versucht wird, die Pensionsverpflichtungen, die die Bank Austria hat, in die Pensionsversicherungsanstalt zu überführen und damit auch wieder der Allgemeinheit – den Versicherten – umzuhängen. Rechtlich ist das natürlich etwas ganz anderes. Rein juristisch werden Sie mir sagen, Herr Minister Schelling, dass das zwei total verschiedene Paar Schuhe sind. Das stimmt natürlich, aber das Denken, das diesen beiden Vorgängen zugrunde liegt – in der Österreichischen Post AG auf der einen Seite und in der Bank Austria auf der anderen Seite – ist dasselbe: Man entledigt sich seiner Verpflichtungen. Man entledigt sich seiner Kosten und hängt sie dem Steuerzahler beziehungsweise der Gemeinschaft der Versicherten einfach um. Was noch einen Unterschied zwischen der Bank Austria und der Österreichischen Post AG darstellt, ist, dass Sie bei der Post – als Mehrheitseigentümer über die ÖBIB – ja auch ganz andere Einflussmöglichkeiten haben und hätten als bei der Bank Austria. Diese Umstrukturierungen, mit denen die Österreichische Post AG in der Anfragebeantwortung argumentiert, gehen auf Steuerzahlerkosten. Ja, die Post kann wie jede andere Institution, die Beamte beschäftigt, nach den Regeln des Beamtendienstrechts vorgehen, aber da müssen diese Regeln des Version vom 09. Mai 2016, 14:39 nach § 52(2) GOG autorisiert Nationalrat, XXV. GP 27. Jänner 2016 111. Sitzung / 2 Beamtendienstrechts auch wirklich rechtskonform angewendet werden und rechtskonform ausgelegt werden und nicht nach Belieben des Arbeitgebers. Es sind in der Zwischenzeit gut 20 Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts ergangen, in denen sich Mitarbeiter der Post erfolgreich dagegen gewehrt haben, in den Ruhestand versetzt zu werden. Aber das sind ja nur die 20, die sich aktiv gewehrt haben. Das lässt auf eine Dunkelziffer schließen von anderen Menschen, die gerne weitergearbeitet hätten, die aber halt nicht den Rechtsweg beschritten haben, um in einer Firma weiterzuarbeiten, in der man sie nicht mehr haben will. Da zeigt sich für mich, Herr Minister, dass Sie Ihrer Aufsichtspflicht nicht in dem Maß nachkommen, wie ich mir das wünschen würde und wie es die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verdient hätten, wenn sich die Post da anscheinend willkürlich der Mitarbeiter entledigt, die ihnen zu teuer sind und die sie gerne lieber nicht mehr im Haus hätten, Ich habe aus der Anfragebeantwortung – worin Sie Textstücke der Österreichischen Post AG übernommen haben – den Eindruck gewonnen, dass die Post versucht, Sie, Herr Minister, und die Abgeordneten an der Nase herumzuführen. Das Einzige, was Sie wissen, und das, was wir jetzt aufgrund der Anfragebeantwortung wissen, ist, wie viel das ganze Spektakel kostet: nämlich 90 Millionen €. Das kosten uns diese in den Ruhestand versetzten Beamten. Was wir aber nicht wissen, ist, ob das alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Wir wissen auch, dass es einen Anstieg von solchen Ruhestandsversetzungen gegeben hat: innerhalb von acht Jahren um 250 Prozent; und das wird derart fadenscheinig argumentiert, dass einem schlecht werden könnte. Die Österreichische Post AG argumentiert da nämlich mit dem Durchschnittsalter der Mitarbeiter, und dieses Durchschnittsalter hat offensichtlich von 2008 auf 2009 zu einer Verdoppelung der Ruhestandsversetzungen geführt. Das ist doch nicht logisch. Ich kann Ihnen aber sagen, was logisch ist: Bis 2008 hat eine solche Ruhestandsversetzung die Zustimmung des Finanzministeriums gebraucht. Ab 2009 hat es diese Zustimmung des Finanzministeriums nicht mehr gebraucht, und schwupps, der Kontrollmechanismus ist weg, und die Ruhestandsversetzungen schießen in den Himmel – auf Kosten der Steuerzahler. Jetzt gibt es da einen Kontrollverlust Ihres Ministeriums, und was ist die Konsequenz? – Die Post erlaubt sich in dieser Anfragebeantwortung eine Märchenstunde, und Ihre Mitarbeiter im Ministerium drücken auf die Forward-Taste und schicken mir das als Anfragebeantwortung. Version vom 09. Mai 2016, 14:39 nach § 52(2) GOG autorisiert Nationalrat, XXV. GP 27. Jänner 2016 111. Sitzung / 3 Das kann nicht ihr Ernst sein, außer Sie sind ganz zufrieden mit der Situation und sagen: Mein Name ist Hase und Details weiß ich lieber nicht!, denn bei den spannenden Fragen, dort, worin es darum geht, wie zum Beispiel bei der Post beim Sozialplan vorgegangen worden ist, nehmen Sie sich in der Anfragebeantwortung aber weit zurück. Die Post argumentiert: Es gibt so viele Ruhestandsversetzungen, weil wir umstrukturieren und weil ein Verweis auf Alternativarbeitsplätze nicht möglich ist. Dann frage ich mich, warum das überhaupt der Fall sein kann. Warum gibt es denn solche Bestimmungen, die solche Ruhestandsversetzungen zulassen? – Wenn man heute bei den ASVG-Versicherten schaut – bei denen es den Grundsatz Rehabilitation vor Pension gibt –, dann sieht man: Es sind die Beamten von dieser Regelung ausgenommen. Und wenn jemand in einem normal versicherten Dienstverhältnis glaubt, er sei berufsunfähig oder invalide, dann gibt es ein kompliziertes Verfahren und dann muss er sich auf alle möglichen Tätigkeiten auf dem österreichischen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Nur: Diese breite Verweisungsmöglichkeit gibt es bei den Beamten nicht, die können nämlich nur innerhalb ihrer Dienststelle versetzt werden. Ja, dann kommt die Post schnell einmal zu dem Schluss: Wir versetzen den halt in den Ruhestand! Die ÖVP ist ja die Chef-Verhinderin einer Harmonisierung des Pensionsrechts, auch bei den Beamten. Das müssen Sie da drüben (in Richtung ÖVP) auf Ihre Kappe nehmen; da schützen Sie immer Ihre Beamtenklientel. Klar, die Postler sind nicht in erster Linie Ihre, aber die Beamten in ihrer Gesamtheit sehr wohl. Da mag ich es gar nicht, wenn man sich herausstellt und in der Früh eine Pensionsreform verlangt und am Abend die Schäfchen ins Trockene bringt, die eigenen schwarzen Schäfchen. Das Pensionssystem ist schrottreif, und die ÖVP leistet einen „würdigen“ Beitrag dazu. Solche Sonderregelungen gehören auf den Schrottplatz. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Rädler: Tosender Applaus!) – Herr Rädler, Sie sind herzlich eingeladen, mit zu applaudieren. Zudem gehört die Österreichische Post AG zu den dividendenstärksten Titeln an der Wiener Börse. Jetzt weiß ich schon, dass diese Dividenden zu einem Gutteil wieder dem Mehrheitseigentümer Bund zugutekommen, aber da gibt es einen erklecklichen Anteil an Aktionären, die eben nicht die öffentliche Hand sind. Jetzt frage ich mich: Wie kommt der Steuerzahler dazu, die Pensionskosten aus der Post zu übernehmen? – Diese schreibt dadurch einen höheren Gewinn, schüttet eine höhere Dividende aus, und der kleine Steuerzahler finanziert jetzt den Postaktionären die fette Dividende. – So läuft das! Version vom 09. Mai 2016, 14:39 nach § 52(2) GOG autorisiert Nationalrat, XXV. GP 27. Jänner 2016 111. Sitzung / 4 Ich bin ja grundsätzlich ein Fan von Aktieninvestments. Ich halte das für richtig, aber nicht mit dem Schutzschild der Steuerzahler im Rücken. So kann Privatisierung nicht funktionieren! So kann privates Investment nicht funktionieren! Da sind die Prinzipien der Marktwirtschaft außer Kraft gesetzt worden, und deswegen funktioniert das nicht. (Abg. Rädler: Fangen Sie bei sich an! Sie haben Ihr Rückkehrrecht gesichert in der Bank! Das ist Privatwirtschaft?) – Dieses Rückkehrrecht habe ich deswegen, weil mich Ihre ÖVP-Parteikollegen sonst hinausgeschmissen hätten, das sage ich Ihnen jetzt, Herr Rädler. Ich kann es Ihnen nachher im Detail erklären. – Ja! (Zwischenrufe der Abgeordneten Rädler und Schopf. – Abg. Strolz: ... Unverschämtheit!) Herr Minister, es wäre Ihre Aufgabe bei der Post, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu schützen, und diese Aufgabe sehe ich in diesem Punkt nicht erfüllt. (Beifall bei den NEOS.) 15.09 Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Geschäftsordnungsgemäß beträgt die Redezeit ab jetzt 5 Minuten. – Bitte. Version vom 09. Mai 2016, 14:39 nach § 52(2) GOG autorisiert
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