Wie es mittelfristig mit Frankfurt weitergehen kann

Angespannter Immobilienmarkt
Wie es mittelfristig mit Frankfurt weitergehen kann
In seiner Analyse des Frankfurter Immobilienmarktes beschäftigt sich Karl-Heinz Goedeckemeyer
vorrangig mit der Stadtentwicklung. Werden Frankfurt und Offenbach zusammenwachsen? Welche Flächen
haben Potenzial Bauland zu werden, welche Immobiliennutzung bekommt den Vorrang?
Frankfurt platzt aus allen Nähten. Vergleichbar mit Immobilienhochburgen wie München und Hamburg
profitiert die Mainmetropole von einer starken Zuwanderung. Jährlich zählt die Stadt 15.000 Einwohner
mehr. Ende vergangenen Jahres lebten rund 700.000 Menschen mit Hauptwohnsitz in der größten
hessischen Kommune.
Innerhalb von zehn Jahren ist Bevölkerung um 70.000 gewachsen – und wenn sich der Trend in diesem
Tempo fortsetzt, könnte Frankfurt laut einer Prognose des Amts für Statistik und Wahlen im Jahr 2040
die Marke von rund 830.000 Einwohnern erreichen. Das wären dann 25 Prozent mehr als im Jahr 2012.
Städte wie Frankfurt profitieren nicht nur von ihrer hohen Internationalität und guten Infrastruktur,
sondern auch davon, dass die Immobilienmärkte weltweit längst nicht mehr auf Länderebene
miteinander konkurrieren. Inzwischen hat sich die Konkurrenz auf Städte und Standorte, die ein hohes
Potenzial versprechen, verlagert.
Denn die Herausforderungen einer Stadt wie Frankfurt drehen sich nicht nur um Themen wie
Wohnungsbau, Zukunftssicherung der Industrie, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, sondern auch
um die Interessensabwägung zwischen Gewerbe und Wohnen sowie die Zusammenarbeit der
Kommunen innerhalb der Metropolenregion Rhein-Main.
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Da bereits jetzt der Markt für Miet- und Eigentumswohnungen sehr angespannt ist und das
Immobilienangebot zusehends knapper wird, stellt sich die Frage, wie eine wachsende Stadt wie
Frankfurt sicherstellen will, auch künftig für Normalverdiener genug bezahlbaren Wohnraum bereit zu
stellen.
Kehrseiten des Wachstums
In den vergangenen zehn Jahren sind die Preise für Eigentumswohnungen und Mieten um 35 und 25
Prozent angestiegen, sagte Planungsdezernent Olaf Cunitz auf dem 5. Immobilienforum Frankfurt 2015.
Gleichwohl könnte diese Dynamik auch Konsequenzen nach sich ziehen, hebte Cunitz hervor. Zum
einen könnte darunter die Lebensqualität leiden. Zum anderen könnten stadtplanerische Fehler aus der
Vergangenheit wiederholt werden.
Falls die Preise weiter steigen, droht zudem eine Zersiedelung. Mit der Folge, dass die Pendlerströme
in die Stadt weiter zunehmen, was sich allein aus ökologischen Gründen verbietet. Dennoch kann die
Stadt sich dem Wachstumsdruck nicht entziehen.
Andernfalls könnte die Mainmetropole Zukunftschancen verspielen und im internationalen Wettbewerb
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um Unternehmensansiedlungen und Talenten an Boden verlieren. Wie die Frankfurter Stadtforscherin
Susanne Heeg auf einer Konferenz der IHK erklärte, sei es heute die Hauptfunktion von Städten,
Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen.
Die Stadt tut was
Festzustellen ist, dass die Stadt seit geraumer Zeit mit der Ausweisung neuer Baugebiete und einer
stärkeren Nachverdichtung versucht, das Angebot an Wohnungen zu vergrößern und somit auch die
Preise auf dem Immobilienmarkt nicht aus dem Ruder laufen zu lassen.
Demnach bestehe ein Potenzial von rund 30.000 Wohneinheiten plus der Realisierung des Potenzials
aus dem Wohnbauentwicklungsprogramm. Gleichwohl könnten aus den anvisierten 30.000
Wohneinheiten 3.000 wegen Störfälle (Soweso-Problematik) wohl nicht realisiert werden. Trotzdem
zeigt sich Cunitz optimistisch gemäß dem Planungsrecht in den nächsten drei Jahren 12.000 bis 13.000
neue Wohnungen schaffen zu können.
Um mehr Flächen auszuweisen, müsse bei den Kommunen im Umland aber viel Überzeugungsarbeit
geleistet werden. Da die Stadt zu 25 Prozent aus Ackerflächen besteht, ist das Realisierungspotenzial
weiterer Baugebiete beschränkt.
Frankfurt und Offenbach bald eins
Positiv ist anzumerken, dass Frankfurt und Offenbach bei der Entwicklung neuer Wohngebiete stärker
zusammen arbeiten wollen. Fakt ist, dass die beiden Städte, die zusammen auf 850.000 Einwohner
kommen, bereits jetzt zusammenwachsen, obwohl dies von vielen Politikern bislang vehement verneint
wird. Mit einer gemeinsamen Gesellschaft wollen Frankfurt und Offenbach nunmehr die
grenzübergreifende Entwicklung vorantreiben.
Dies ist einer von vielen Vorschlägen des „Urban Land Instituts“, sagt der Offenbacher
Oberbürgermeister Horst Schneider. Unter anderem wollen Cunitz und Schneider den Vorschlag
aufgreifen, eine gemeinsame Entwicklungsgesellschaft der beiden Städte zu gründen, die sich zum
Beispiel um das Kaiserlei-Gebiet an der Stadtgrenze kümmern könnte.
Hier könnte ein moderner Bürostandort entstehen, betonte der Offenbacher Oberbürgermeister. Eine
andere Idee ist, den Grüngürtel in Oberrad und Fechenheim über das Offenbacher Stadtgebiet zu
verbinden. Schneider wies in seinem Vortrag auf dem Immobilienforum auch auf die neuen
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Wohnraumkonzepte am Hafen Offenbach hin. Zudem hofft er, dass die Industrieflächen auf dem
ehemaligen MAN-Roland-Gelände revitalisiert werden können.
Eine Fläche für zwei Bedarfe
Das Frankfurter Problem ist, dass keine ausreichenden Flächen für Gewerbe und Wohnen zur
Verfügung stehen. Einerseits habe es die Stadt versäumt Flächen auszuweisen, andererseits habe die
Stadt keine Strategie, um dieses Problem zu adressieren, sagte der Architekt Stefan Forster. Zudem
sollten sämtliche Stadtgebiete am Wasser entlang erschlossen werden, was die beiden Kommunen
bisher verhinderten.
Hier soll das integrierte Stadtentwicklungsprojekt „Frankfurt am Main 2030“, das Ende 2016/Anfang
2017 fertig gestellt sein soll, Klarheiten schaffen, wie es mit Frankfurt weiter geht. Oft ist davon die
Rede, dass Frankfurt die zentrale Funktionen einer sogenannten Global City zu erfüllen habe und als
attraktive Großstadt mit hoher Lebens- und Umweltqualität zukunftsfähig weiterentwickelt werden soll.
Was viele Kommunalpolitiker jedoch übersehen ist, dass der Großraum Frankfurt innerhalb
Deutschlands zusammen mit Berlin und München zwar zu dem sogenannten Magic Tree zähle, wie der
arthesia-Berater Thomas Secvik erklärte.
Allerdings befinde sich Frankfurt in einer Einwohnerfalle. Mit über 700.000 Einwohnern sei die
Mainmetropole keine Millionenstadt, sondern eher mit Städten wie Amsterdam, Rotterdam oder Boston
vergleichbar. Zudem fehle der Stadt die Modernität, die Sevcik beispielsweise bei Rotterdam ausmacht.
Für den Berater kommen zwei Veränderungen auf die Städte zu: Zum einen die digitalen Urbanität und
die Mischung von Funktionen und die Neudefinition von Arbeit und Wohnen. Vor diesem Hintergrund
müssen im Stadtbau neue Wege eingeschlagen werden, um Frankfurt als Modernität zu platzieren.
Auch dieses Forum hat erneut gezeigt, dass eine metropolenübergreifende Strategie – trotz der
Beteuerungen vom Planungsdezernenten, Wirtschaftsförderer oder Stadtentwickler – nicht zu erkennen
ist. Zu unüberbrückbar sind offenbar die Partikularinteressen der Stadt- und Kommunalpolitiker
zwischen Offenbach und Wiesbaden.
Andererseits haben die Politiker sich noch nicht ausreichend der Frage gewidmet, wie in einer so unter
Wachstumsdruck stehenden Stadt die viel beschworene Lebensqualität aufrechterhalten werden kann?
Denn wer will noch in einer Stadt leben, die immer mehr zugebaut, nachverdichtet, luxussaniert und
segmentiert wird?
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Falls die Mainmetropole die Stadtentwicklung nicht im Sinne der Stakeholder vorantreibt, könnte es mit
dem Boom bald vorbei sein und als Folge daraus die Zuwanderung abnehmen. Dann bräuchte auch der
Kampf um die Flächen nicht mehr geführt werden – und mit der Wohnungsnot wäre es möglicherweise
auch vorbei.
Über den Autor:
Der Autor Karl-Heinz Goedeckemeyer ist unabhängiger Finanzanalyst (CREA) und Wirtschaftsjournalist
in Frankfurt am Main. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Finanzanalyst hat er sich in verschiedenen
Positionen umfassende Kenntnisse im Private Banking, Investmentbanking sowie in der
Immobilienbranche erworben.
Dieser Artikel erschien am 06.07.2015 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/angespannter-immobilienmarkt-wie-es-mittelfristig-mit-frankfurt-weitergehen-kann-1435939667/
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