Der Erfolg hängt von der Vergütungstabelle ab

Testamentsvollstreckung, Teil 2
Der Erfolg hängt von der Vergütungstabelle ab
Nachdem sich eine Bank, Sparkasse, ein Vermögensverwalter oder ein Family Office entschieden hat,
die Dienstleistung der Testamentsvollstreckung anzubieten, ist intern zunächst zu klären, in welchem
Bereich die eigentliche Testamentsvollstreckung angesiedelt werden soll. Je nach Größe des Hauses
muss zudem geklärt werden, ob die Testamentsvollstreckung zentral oder dezentral organisiert wird.
Ersteres etwa in der Rechtsabteilung oder einer eigens für die Testamentsvollstreckung geschaffenen
Abteilung, Letzteres beispielsweise durch Estate Planner oder andere speziell ausgebildete Berater vor
Ort.
Vorteile einer zentralen Einheit wären unter anderem:
Bündelung von Know-how bei wenigen Mitarbeitern. Dadurch sollte ein höherer
Qualifizierungsgrad möglich sein.
Größere Routine durch höhere Fallzahl
Größere Unabhängigkeit vom Vertrieb
Vorteile dezentraler Spezialisten wären vor allem:
Vermeidung hoher Anlaufkosten bei anfänglich geringer Auslastung
Größere Nähe zum Kunden
Stärkere Prozessorientierung und dadurch weniger Verlust an Fallwissen
Da das Estate Planning in den meisten Häusern im Private Banking oder Wealth Management
angesiedelt ist, ist es aufgrund der Nähe und Abhängigkeit zum Estate Planning empfehlenswert, die
Testamentsvollstreckung ebenfalls dort anzusiedeln. Beide Einheiten müssen jedoch nicht zwingend in
der gleichen Gruppe und durch die gleichen Mitarbeiter erfolgen. Während die Beratungen im Rahmen
des klassischen Estate Planning als Marktaufgabe zu sehen ist, handelt es sich bei der Durchführung
der Testamentsvollstreckung eher um eine Aufgabe der Marktfolge.
Aufgrund dessen empfiehlt es sich in größeren Häusern mit voraussichtlich kontinuierlichem
Aufkommen von Testamentsvollstreckungen, für die Durchführung der Testamentsvollstreckung eine
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eigene Gruppe zu installieren. auch die Durchführung übernehmen. In kleineren Häusern kann es
sinnvoll sein, dass die Estate Planner neben der Beratung des Kunden und der Akquise der
Testamentsvollstreckung auch die Durchführung übernehmen.
Es muss jedoch immer sichergestellt sein, dass die zuständigen Mitarbeiter im Falle des Todes ihres
Kunden sofort verfügbar sind und sich unmittelbar mit ganzer Kraft der Durchführung der
Testamentsvollstreckung widmen können. In allen Fällen ist die Einbindung externer Partner wie
Rechtsanwälte und Steuerberater zwingend.
Daneben sollte man auch auf bestehende interne Ressourcen, zum Beispiel in der Rechtsabteilung
oder der Steuerabteilung, zurückgreifen. Gerade in der heutigen Zeit ist auch das Thema Compliance
von hoher Bedeutung. Diesbezüglich müssen unter anderem folgende Aspekte geregelt werden:
Institutsinterne Interessenkonflikte zwischen Vertrieb und Abteilung für
Testamentsvollstreckung. Das betrifft unter anderem die Konditionen für Bankdienstleistungen.
Es besteht das Risiko, dass der Testamentsvollstrecker als verlängerte Werkbank des Vertriebs
angesehen wird
Konzentration der liquiden Nachlasswerte im eigenen Haus
Beauftragung von Konzernunternehmen als Hilfspersonen (etwa Immobilienmakler)
Vier-Augen-Prinzip bei Nachlasskonsolidierung wie der Sicherung des Hausstands
Dürfen Mitarbeiter persönlich als Testamentsvollstrecker tätig werden?
Die Festlegung der Preisgestaltung und die dazugehörige Kalkulation sind von zentraler Bedeutung.
Sofern das Haus als Testamentsvollstrecker beauftragt wird, ergeben sich daraus in der Regel zweierlei
Einnahmen. Zum einen die Vergütung für die Testamentsvollstreckung selbst und zum anderen die
Entgelte für die Verwaltung des Vermögens und weiterer Bankdienstleistungen.
Da der Testamentsvollstrecker laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) „angemessen“ zu vergüten ist
(Paragraf 2221BGB), ist eine Konkretisierung des Begriffs nötig. Das Institut muss also festlegen, zu
welchen Konditionen es die Dienstleistung der Testamentsvollstreckung anbietet. Üblich ist der
Rückgriff auf eine Gebührenordnung in Form einer Tabelle wieder „Neuen Rheinischen Tabelle“ (siehe
Tabellen), die sich am Bruttonachlasswert orientiert. Dabei muss das Haus sich jedoch nicht zwingend
an einer bereits existierenden Tabelle orientieren, sondern kann auch, wie die Deutsche Bank, eine
eigene Gebührenordnung entwerfen. Denkbar wäre ebenso ein Zeithonorar in Form von
Stundensätzen.
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Auf eigene Rechnung
Neben der eigentlichen Vergütung für die Testamentsvollstreckung wird das Institut in der Regel weitere
Gebühren und Provisionen aus der Vermögensverwaltung erhalten. Hier ist insbesondere zu regeln, wie
mit Interessenkonflikten umgegangen wird. Das Gleiche gilt für Zinsen, Disagio und Gebühren im
Kreditbereich. Es sollte vereinbart werden, ob die Gebühren der Vermögensverwaltungen bereits in der
Vergütung des Testamentsvollstreckers enthalten sind oder zusätzlich dem Nachlass entnommen
werden.
Fehlt eine eindeutige Regelung, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass diese bereits die Vergütung
der Testamentsvollstreckung enthält. Da es sich bei der Testamentsvollstreckung um eine
eigenständige Dienstleistung handelt, die sich auch isoliert rechnen muss, sollte es im Interesse des
Anbieters sein, weitere Gebühren nicht auf die Vergütung der Testamentsvollstreckung anrechnen zu
lassen.
Stattdessen sollte es Ziel sein, für den Auftraggeber, den künftigen Erblasser, die Kosten transparent
darzustellen. Des Weiteren sollte man für den Testamentsvollstrecker eine klare Regelung im
Testament erreichen. Eine entsprechende, klare Vereinbarung könnte gegebenenfalls auch nach dem
Erbfall noch mit den Erben abgesprochen werden.
Die richtige Auswahl und Entwicklung der Mitarbeiter ist von entscheidender Bedeutung. Das gilt sowohl
für die Mitarbeiter, die im Rahmen des klassischen Estate Planning vorrangig die Nachfolgeberatung
durchführen und die Testamentsvollstreckung verkaufen, als auch für diejenigen, die für die
Durchführung verantwortlich sind.
Bei der Auswahl der Mitarbeiter sollten nicht nur Rechtsanwälte, sondern auch Estate Planner
berücksichtigt werden. Als Mindestqualifikationen sollte entweder ein juristisches oder ein
Estate-Planning-Studium, jeweils ergänzt um einen umfangreichen Testamentsvollstrecker-Lehrgang,
gelten. Eine rein theoretische Ausbildung allein reicht nicht.
Da Mitarbeiter mit entsprechender praktischer Erfahrung in der Testamentsvollstreckung in den meisten
Häusern nicht von vornherein verfügbar sind, bietet es sich an, in der Anfangsphase mit erfahrenen,
externen Spezialisten zusammenzuarbeiten. Im Sinne eines Coachings können diese die Durchführung
der ersten Testamentsvollstreckungen begleiten.
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Lieber einmal zu viel
Obwohl die Testamentsvollstreckung nicht dem Rechtsberatungsverbot unterliegt, gibt es viele Aspekte
in diesem Geschäftsfeld, bei denen die Einschaltung von qualifizierten Rechtsanwälten und Notaren
geboten und damit eine Kooperation sinnvoll ist. Das gilt besonders für die Testamentsgestaltung, da
diese nur durcheinen Rechtsanwalt oder Notar erfolgen darf. Gleiches gilt für Steuerberater.
Dabei sollte man sich jedoch nicht nur auf die Fälle beschränken, in denen man sonst das
Rechtsberatungsverbot verletzen würde. Stattdessen ist es empfehlenswert, im Sinne eines
partnerschaftlichen Miteinanders bereits frühzeitig den Rat eines entsprechend qualifizierten
Rechtsanwalts oder Notars einzuholen.
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Das kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein im Haus angestellter Rechtsanwalt diese
Aufgaben übernimmt. Der Rechtsanwalt darf als Angestellter einer Bank oder eines
Vermögensverwalters nicht mehr rechtlich beraten als irgendein anderer Angestellter. Darüber hinaus
ist auch die Kooperation mit einer Steuerberater-, Notar oder Rechtsanwaltskanzlei in der Weise
denkbar, dass diese grundsätzlich alle akquirierten Testamentsvollstreckungen durchführt. In einem
solchen Fall bedarf es allerdings einer besonders engen Kooperation. Bei der Auswahl von externen
Kooperationspartnern sollten daher folgende Aspekte berücksichtigt werden:
Feste Partnerschaft en empfehlenswert
Formale Qualifizierungen (Fachanwalt, Zertifizierungen) plus Praxiserfahrung
Entsprechend dem eigenen Angebot regional oder überregional tätig
Nicht exklusiv: Öffnung für Sonderfälle, insbesondere Kundenwünsche
Rahmenvereinbarungen sind empfehlenswert, insbesondere für die Verwendung abgestimmter
Testamentsklauseln, Kunden- und Mandantenschutzklauseln, Aufgabenteilung für Standardfälle,
jeweilige Honorarhöhe für gemeinsame Fälle sowie keine Provisionsregelungen mit
Angehörigen freier Berufe.
Auch die Anbahnung der Testamentsvollstreckung muss geklärt werden. Diese kann am besten im
Rahmen einer umfassenden Nachfolgeberatung erfolgen. Einige Banken und Sparkassen schließen mit
ihren Kunden sogenannte Testamentsvollstrecker-Verträge ab. Das ist jedoch nicht nötig, da die
Testamentsvollstreckung ohnehin grundsätzlich nur im Rahmen einer letztwilligen Verfügung, dem
Testament oder Erbvertrag angeordnet werden kann.
Aufgrund dessen ist es sinnvoller, die Anordnung zur Testamentsvollstreckung im Testament so
abzufassen, dass alle relevanten Fragen, wie die Vergütung und die Weitergabe von Kosten für
Vermögensverwalter oder Rechtsanwalt, geregelt werden, und auf einen
Testamentsvollstrecker-Vertrag zu verzichten.
Liste zum Abarbeiten
Falls man doch zusätzlich einen solchen vereinbart, sollte dieser kompatibel zur Testamentsgestaltung
sein. Im Rahmen der Testamentsvollstreckungsanordnung muss insbesondere für den Fall, dass eine
Bank oder ein Vermögensverwalter Testamentsvollstrecker werden soll, unbedingt darauf geachtet
werden, dass sie vom Paragraf 181 BGB (Selbstkontrahierungsverbot) befreit werden. Im Rahmen der
Kundenvereinbarung sind vor allem folgende Details zu regeln:
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Anordnung der Testamentsvollstreckung, darunter Aufgaben des Testamentsvollstreckers,
Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens, Einschaltung Dritter
Nähere Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung(allgemeine Maßnahmen, Konkretisierung
der Vermögensverwaltung von Todes wegen)
Vergütungsregelung (Grundvergütung, Entnahmerecht, Vergütung bei mehreren
Testamentsvollstreckern, sonstige Entgelte und Aufwendungsersatz)
Auskunft und Rechnungslegung
Haftung des Vermögensverwalters/der Bank
Beendigung der Testamentsvollstreckung und sonstige zu regelnde Bestimmungen.
Im dritten Teil geht es dann unter anderem um die Abwicklung nach dem Tod des Kunden, Fälle mit
Auslandsbezug, Testamentsvollstreckung bei Unternehmern und andere Besonderheiten. Es werden
dann auch das Behinderten- und das Bedürftigentestament sowie die Nutzung der
Testamentsvollstreckung bei Minderjährigen behandelt.
Über den Autor:
Jörg Plesse ist Erb- und Stiftungsmanager mit mehr als 15 Jahren Berufspraxis. Er hat aus seiner
Tätigkeit bei mehreren Privat- und Regionalbanken langjährige Erfahrung in den Bereichen Family
Office, Wealth Management und Unternehmensnachfolgeberatung. Daneben arbeitet er als
freiberuflicher Dozent und Fachbuchautor.
Dieser Artikel erschien am 23.10.2015 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/testamentsvollstreckung-teil-2-der-erfolg-haengt-von-der-verguetungstabelle-ab-1443185718/
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