Rechte von Fahndern und Bankern Was tun, wenn die Steuerfahndung das Haus durchsuchen will? Ungelegen kommt eine Hausdurchsuchung garantiert immer. In der Regel frühmorgens erscheinen die Fahnder, ob nun von Polizei, Kartellbehörden, Zoll- oder Steuerfahndung. Die Beamten präsentieren einen Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss. Zur gleichen Zeit werden Geschäftsräume, Büros und gegebenenfalls auch Autos und Privaträume der Verdächtigen durchsucht. Wer als Betroffener die Nerven verliert, kann eklatante Fehler machen. Dabei schützt der Rechtstaat die Interessen des Betroffenen einer Hausdurchsuchung in besonderer Weise, weil eine Hausdurchsuchung als eine der schwerwiegendsten Eingriffe in die Grundrechte gilt. Deshalb muss sie grundsätzlich ein Richter anordnen. Der Antrag, den in aller Regel ein Staatsanwalt stellt, muss gut begründet sein. Der Richter prüft, ob ein Anfangsverdacht vorliegt und ob der Grundrechtseingriff in einem angemessenen Verhältnis zum Tatverdacht steht. Erst dann erfolgt eine etwaige Anordnung. Ein Hausdurchsuchungsbeschluss darf laut Bundesverfassungsgericht längstens ein halbes Jahr lang vollstreckt werden, weil sich dann die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben können. Tatsächlich scheitern viele Durchsuchungen an dieser zeitlichen Begrenzung. Für Steuerberater und Rechtsanwälte gilt Ausnahmeregel Bei Steuerberatern und Rechtsanwälten kommen Hausdurchsuchungen nur im Ausnahmefall vor, weil diese Berufsgruppen einer besonderen Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegen. Ihnen ist die Erteilung von Auskünften über Vertrauliches und die Herausgabe von bestimmten Unterlagen bei Strafe untersagt. Es sei denn, sie sind selbst Beschuldigte in einem Strafverfahren. Grund der Verschwiegenheitsverpflichtung ist das besonders schützenswerte Vertrauensverhältnis zwischen dem Betroffenen und seinen Beratern. Banken und Vermögensberater zählen allerdings nicht zu den Berufsgruppen, deren Kundenbeziehungen diesem besonderen Schutz unterliegen. Der eigentliche Beschlagnahmebeschluss, der in aller Regel zusammen mit dem Hausdurchsuchungsbeschluss angeordnet wird, muss genau beschreiben, welche Unterlagen die Behörden suchen und mitnehmen dürfen. Der Umfang der Hausdurchsuchung wird hierdurch beschränkt. Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Der Beschlagnahmebeschluss umfasst aber in der Regel Informationen in digitaler Form genauso wie Papiere, Reisedokumente, Spesenquittungen, Fotografien und Tonbandaufzeichnungen. Besonderes Interesse haben die Fahnder an inoffiziellen handschriftlichen Notizen. Diese enthalten häufig Informationen über die Motive des Verdächtigen. Rechte des Durchsuchten Die Hausdurchsuchung durchführenden Fahnder müssen einen Zeugen dabei haben. Dies kann beispielsweise ein Staatsanwalt oder ein Beamter der Gemeinde sein. Die Anwesenheit eines Zeugen soll sicherstellen, dass das rechtsstaatliche Verfahren eingehalten wird. Nach Beendigung der Durchsuchung bekommt der Durchsuchte ein Protokoll, in dem die beschlagnahmten Gegenstände aufgelistet sind. Unterlagen und EDV-Geräte, die der Durchsuchte zum Beispiel zwingend für die Fortführung seines Geschäftsbetriebs benötigt, erhält er auf Antrag nach einer Überprüfung durch die Behörden und gegebenenfalls der Anfertigung einer Kopie vorzeitig wieder zurück. Die Beamten müssen den Durchsuchten zu Beginn der Razzia über seine Rechte belehren. Jederzeit hat er das Recht, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Eine etwaige Telefonsperre gilt nicht für ein entsprechendes Telefonat. Beschwert sich der Durchsuchte gegen die Beschlagnahmemaßnahmen, überprüft ein Richter erneut, ob die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme vorgelegen haben. So viel zur Theorie einer rechtsstaatlichen Durchsuchung. Die Praxis sieht allerding anders aus. Gern versuchen die Fahnder mit einem Tatverdächtigen ein vermeintlich informelles Gespräch zu führen. Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Konkret suchen sie ihn ohne Hausdurchsuchungsbeschluss zu Hause oder in seinen Geschäftsräumen auf, um ihn darüber zu informieren, dass gegen ihn ein Strafverfahren eingeleitet worden ist. Viele Verdächtige wollen hierbei Reue zeigen oder zumindest ihre Bereitschaft zur Kooperation bekunden und sprechen mit den Fahndern über die Vorgänge, auf denen der Tatverdacht beruht. Die Fahnder nehmen diese Informationen bereitwillig auf und verwenden sie gegebenenfalls gegen den Tatverdächtigen oder nehmen sie zum Anlass weitergehender Durchsuchungen. Solche informellen Gespräche finden häufig auch während einer Hausdurchsuchung mit dem Verdächtigen oder mit seinen Mitarbeitern statt – obwohl die Durchsuchung eine Vernehmung nicht zum Gegenstand hat. Die oberste Devise in jedem informellen Gespräch und in jeder Hausdurchsuchung lautet daher: keine Angaben zur Sache. Gewollte Zufallsfunde Gern nutzen die Fahnder auch den Überraschungseffekt. Niemand fühlt sich wohl dabei, wenn er morgens zu Hause beim Frühstück oder in der Firma vor dem ersten Kaffee mit einer Hausdurchsuchung konfrontiert wird. Allzu verständlich ist es dann, wenn der Durchsuchte bereitwillig alle Informationen und Unterlagen herausgibt, um die unangenehme Situation so schnell wie möglich zu beenden. Damit fangen die Probleme aber häufig erst an. Gegebenenfalls gelangt die Behörde so an Beweise, die vom Beschlagnahmebeschluss nicht gedeckt waren, und kann sich bei ihren weiteren Ermittlungen darauf stützen. Im Fachjargon heißen diese Zufallsfunde. Gegen die Beschlagnahme solcher Zufallsfunde kann zwar Beschwerde eingelegt werden, der Richter wird aber gegebenenfalls den Beschlagnahmebeschluss einfach erweitern. Der im US-Recht vertretene Grundsatz, dass in einem unrechtmäßigen Verfahren erlangte Beweise einem Verwertungsverbot unterliegen, dient dort der Disziplinierung der – teils kommunal organisierten – Polizei. Im deutschen Rechtskreis mit seinen hoch qualifizierten Polizeiorganen wird ein solches Beweisverwertungsverbot nur bei besonders rechtsstaatswidrigen Verfahrensfehlern anerkannt. Vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, mit den Beamten nicht zu sprechen und sie von den Mitarbeitern der Firma so weit wie möglich zu isolieren. So mancher Angestellter fühlt sich im Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH überschäumenden Gehorsam zum Detektiv berufen, wenn er für die Fahnder Informationen zusammenstellen soll. Unangenehm ist es auch, wenn die Fahnder von Kunden oder Hauspersonal wahrgenommen werden. Zu empfehlen ist, die Beamten nach ihrem Erscheinen zunächst in einen Raum zu führen, bis der herbeigerufene Rechtsanwalt eingetroffen ist. Während der Wartezeit sollten die Personalien der Fahnder aufgenommen werden – schon um zu prüfen, ob sie einen Zeugen mitgebracht haben. Nachdem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss überprüft sind, wird der Rechtsanwalt mit den Fahndern den Verlauf der Hausdurchsuchung besprechen. Dabei wird er den Fahndern anbieten, dass der Durchsuchte die im Beschlagnahmebeschluss beschriebenen Unterlagen und Gegenstände zusammenstellt. Sollte der Durchsuchte seine Kooperation verweigern, muss er damit rechnen, dass die Fahnder sein Haus oder seine Geschäftsräume selbst durchsuchen. Das beeinträchtigt in aller Regel die Privatsphäre und Betriebsabläufe enorm. Der in Deutschland geltende Rechtsgrundsatz, dass sich niemand in einem Strafverfahren gegen sich selbst belasten oder mit den Behörden zusammenarbeiten muss, ist insoweit Makulatur. Häufig finden Hausdurchsuchungen an mehreren Orten statt, sodass es den Fahndern an Zeugen fehlt, die die Hausdurchsuchungen an den betreffenden Orten begleiten können. In diesen Fällen ist eine Durchsuchung zwar unzulässig, häufig drohen die Fahnder aber damit, irgendeinen Zeugen von der Straße oder aus der Nachbarschaft zu holen, wenn der Rechtsanwalt die Hausdurchsuchung aus diesem Grund verweigert. Der Durchsuchte muss dann abwägen, welches für ihn das größere Übel ist. Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Klare Faktenlage Extrem wichtig ist es, mit den Fahndern zu vereinbaren, von allen beschlagnahmten Unterlagen Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Fotokopien anzufertigen. Der Erfolg eines Strafverfahrens aus Sicht des Beschuldigten steht und fällt nämlich mit der Frage, ob der Vortrag des Beschuldigten mit der Aktenlage übereinstimmt. Jede Widersprüchlichkeit kann für den Beschuldigten zum Verhängnis werden, denn er lässt so Staatsanwalt und Richter leichtes Spiel, seine Verteidigung für unglaubwürdig zu erklären. Dies wiegt im Strafverfahren besonders schwer. Das wohl berühmteste Beispiel ist der Fall Middelhoff , in dem der Richter eine besonders schwere Strafe aussprach, weil sich der Angeklagte mehrfach in Widersprüche verwickelt hatte. Wenn der Strafverteidiger hingegen schon im Ermittlungsverfahren die Aktenlage kennt, kann er gemeinsam mit dem Beschuldigten eine Verteidigungsstrategie abstimmen, die im besten Fall zu der Einstellung des Ermittlungsverfahrens führt. Die Beschlagnahmeprotokolle sind hierfür völlig unzureichend, da sie nicht den Inhalt der beschlagnahmten Unterlagen wiedergeben. Die Fahnder sträuben sich allerdings gegen das Anfertigen von Fotokopien während der Hausdurchsuchung, weil das viel Zeit kostet. Der Durchsuchte sollte daher für den Fall der Fälle einen zügigen Ablauf des Fotokopierprozesses organisieren. Bekannt ist, dass einige Unternehmen ihre Mitarbeiter die ganze Nacht hindurch Fotokopien haben erstellen lassen, damit die Unterlagen für die Verteidigung zur Verfügung stehen. So unangenehm eine Hausdurchsuchung für die Betroffenen ist, der Durchsuchte muss in der Situation einen kühlen Kopf bewahren. Teils üben Unternehmen solche Situationen, um ihnen im Ernstfall die Schärfe zu nehmen. In Einzelfällen sind Behörden bereit, ihre Durchsuchungen vorher anzukündigen, damit der Durchsuchte die angeforderten Unterlagen zusammenstellen kann. Dies gilt insbesondere für Durchsuchungen bei Banken und Steuerberatern, da diese die vorhandenen Informationen oft erst aufwendig zusammenstellen müssen. Wenn mit wiederkehrenden Hausdurchsuchungen gerechnet werden muss, kann es sinnvoll sein, den Behörden ein solches Vorgehen von sich aus anzubieten. >>Vergrößern Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Über den Autor: Ralf Lüdeke ist Partner der Wirtschaftskanzlei PKF Fasselt Schlage. Arbeitsschwerpunkt des Fachanwalts für Steuerrecht sind unter anderem die Vertretung in Finanzgerichts- und Steuerstrafverfahren, bei Selbstanzeigen und Litigation sowie in der Beratung zur Vermögensstrukturierung und -nachfolge. Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Dieser Artikel erschien am 20.01.2016 unter folgendem Link: https://www.private-banking-magazin.de/rechte-von-fahndern-und-bankern-was-tun-wenn-die-steuerfahndung-das-haus-durchsuchen-will-14532165 36/ Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)
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