„Wir sind überrascht, welche hohen Gebühren vermögende Kunden

Liqid-Mitgründer Schneider-Sickert
„Wir sind überrascht, welche hohen Gebühren vermögende Kunden bei
Anbietern zahlen“
Das Berliner Fintech Liqid will ab 250.000 Euro Anlagevolumen Zugang zu Leistungen bieten, die sonst nur
Hochvermögenden vorbehalten sind. Mitgründer Christian Schneider-Sickert über
Mund-zu-Mund-Propaganda als effizientestes Marketinginstrument, die Bedeutung von Algorithmen für das
digitale Geschäft und warum Liqid seinen Wettbewerbern einen Schritt voraus ist.
private banking magazin: Was sehen Sie im Vergleich zum klassischen Finanzberater als Ihr
größeres Asset an: Ihren Online-Vertriebsweg, der Ihnen enormes Kundenpotenzial bietet, oder
Ihre skalierbaren Portfolio-Management-Lösungen, die Ihren Kunden attraktive,
maßgeschneiderte Rendite-Risiko-Profile bietet?
Christian Schneider-Sickert: Sowohl der digitale Vertriebsweg, als auch die skalierbaren Portfoliound Risiko-Management-Lösungen sind natürlich wichtig. Allerdings vergessen Sie weitere Faktoren,
die den digitalen Vermögensverwaltern und Robo-Advisors meines Erachtens einen strukturellen Vorteil
gegenüber traditionellen Anbietern bieten: Hierzu würde ich zum Beispiel hocheffiziente Back-Office
Prozesse, moderne Technologien anstelle von Legacy-Systemen und einen Mangel an Interessensbzw. Kanalkonflikten zählen.
In Deutschland gibt es aktuell ein gutes Dutzend unabhängige Robo-Advisor. Mit denen der
Banken sollen es 30 bis 40 sein. Wie viele werden in den kommenden Jahren dazukommen?
Schneider-Sickert: Zunächst tue ich mich mit Ihrer Frage etwas schwer – denn unter dem Begriff
„Robo-Advice“ werden gerade in der Presse gerne die unterschiedlichsten Geschäftskonzepte in einen
Topf geworfen. Dies verwirrt aus meiner Sicht mehr, als dass es hilft.
Natürlich gibt es bereits eine Vielzahl von Jungunternehmen, die sich auf das Thema private
Geldanlage fokussieren, und zukünftig werden sicher noch weitere hinzukommen. Nicht alle werden
überleben, aber ich halte das aktuelle Wachstum für absolut unbedenklich, denn wir sprechen hier von
einem sehr großen Markt, der auch offline äußerst fragmentiert ist und außerdem aus Kundensicht
dringend einer Revolution bedarf.
Robo-Advisor sind noch eine krasse Nische: Selbst die größten Robo-Advisor verwalten nicht
einmal 50 Millionen Euro. Die Unternehmensberatung Oliver Wyman schätzt die verwalteten
Vermögen aller unabhängigen Robo-Advisor hierzulande auf rund 100 Millionen Euro. Auf der
anderen Seite sagen Experten Ihrer Branche ein exponentielles Wachstum voraus. Schauen Sie
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mal in Ihre Glaskugel? Wann wird der erste deutsche unabhängige Robo-Advisor die
Eine-Milliarden-Euro-Grenze überschreiten?
Schneider-Sickert: Die Oliver Wyman-Zahlen kann ich nicht nachvollziehen. Sie sind fairerweise aber,
glaube ich, schon etwas veraltet. Ich wäre nicht überrascht, wenn der erste unabhängige Robo-Advisor
oder digitale Vermögensverwalter die eine-Milliarde-Euro-Grenze in 2018 erreicht. Das ist zwar absolut
ein hoher Betrag –im Vergleich mit der offline-Welt aber immer noch nicht wirklich signifikant. Offline
gibt es zahlreiche Vermögensverwalter mit einem derartigen Anlagevolumen, von denen der
durchschnittliche Kunde noch nie etwas gehört hat.
Sprechen wir hier von Ihrem Unternehmen?
Schneider-Sickert: Das fragen Sie mich gerne im Sommer 2018.
Können Sie uns Angaben zu Ihren aktuellen Kundenzahlen, dem verwalteten Vermögen, dem
verwalteten Durchschnittsvermögen, Ihrem Jahresumsatz oder Ihrem Gewinn oder dem
Wachstum der genannten Kenngrößen machen?
Schneider-Sickert: Da wir uns in privater Hand befinden, geben wir generell keine Kennzahlen heraus.
Dies ist übrigens auch in der traditionellen Vermögensverwaltung, bei der die Diskretion ja eine wichtige
Rolle spielt, nicht unüblich. So kommuniziert unser Partner und Investor HQ Trust zum Beispiel nur,
dass er gemeinsam mit seinen Schwesterfirmen ein Vermögen von „ungefähr €16 Milliarden“ betreut.
Einige Details kann ich trotzdem gerne nennen, da sie Ihre These der „krassen Nische“ wiederlegen:
unsere Kunden lassen aktuell im Durchschnitt ungefähr 300.000 Euro bei Liqid verwalten – mit einem
Anlagevolumen, das von 100.000 Euro bis weit in den siebenstelligen Bereich reicht. Selbst unsere
Pilotkunden gestalten sich hierbei äußerst heterogen. Sie sind mitnichten typische Early-Adopters,
sondern umfassen Unternehmer, Manager und Professionals von den frühen Dreißigern bis zu den
mittleren Siebzigern – was durchaus einem Querschnitt unserer Zielgruppe entspricht. Auch regional
sind sie – wie in Deutschland vielleicht zu erwarten – sehr breit verstreut.
Häufig heißt es: Die größte Wachstumsbremse für Robo-Advisor ist die fehlende
Marketing-Power aufgrund von beschränkten Werbebudgets. Stimmen Sie dem zu?
Schneider-Sickert: Wieder eine sehr pauschale Aussage, die ich nur bedingt nachvollziehen kann.
Richtig ist sicher, dass sich sowohl die digitalen Vermögensverwalter, als auch die Robo-Advisors erst
am Anfang ihrer Wachstumsgeschichte befinden. Daher können alle ihren Bekanntheitsgrad bestimmt
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noch deutlich steigern.
Welche Wachstumsbremse würden Sie außerdem gerne gelöst wissen?
Schneider-Sickert: Generell sehe ich die weitere Verbreitung einer effizienten und sinnvollen privaten
Geldanlage vor allem durch zwei Faktoren gebremst: zum einen durch das noch immer unterentwickelte
Kundenverständnis für die wichtige Rolle, die ein breit diversifiziertes Kapitalmarktportfolio in der
langfristigen Entwicklung des privaten Vermögens spielt.
Denn langfristig können Sie nur mit Aktien und Immobilien Ihr Geld überhaupt erhalten, geschweige
denn mehren. Und zweitens das oft noch fehlende Bewusstsein für die Rolle von Kosten bei der
Geldanlage. Denn hier sind wir immer wieder überrascht, welche hohe expliziten und impliziten
Gebühren selbst vermögende Kunden bei ihren bestehenden Anbietern zahlen, ohne sich die fatalen
Folgen für ihre Langfristrenditen vor Augen zu führen.
Oft ist die Gesamtkostenbasis einer Vermögensverwaltung für Nicht-Experten auch deshalb schwer zu
quantifizieren, weil viele Anbieter noch immer nicht ausreichend Transparenz walten lassen.
Welche Marketing- und Vertriebsaktivitäten haben sich bei Ihnen als besonders effektiv und
effizient herausgestellt?
Schneider-Sickert: Unser zweifellos effektivster und effizientester Marketingkanal sind Empfehlungen
von bestehenden Kunden. Das klingt vielleicht offensichtlich – ist aber ein nicht zu unterschätzender
Faktor. In der traditionellen Vermögensverwaltung sind Kundenempfehlungen für bis zu einem Drittel an
neu verwaltetem Geld verantwortlich, in der digitalen Vermögensverwaltung können es – wenn man
alles richtigmacht – sicher noch mehr sein. Denn in einem vertrauensbasierten Geschäft sind die
Erfahrungen von Freunden, Familienmitgliedern und Kollegen besonders wichtig.
Neben aktivem Empfehlungsmanagement halten wir in dieser Marktphase auch die Bereitstellung von
Inhalten – sogenanntes Content-Marketing – und natürlich eine aktive Pressarbeit für wichtig. In
unserem speziellen Modell hilft es auch, dass Kunden jederzeit über eine Reihe von digitalen Kanälen
aber auch per Telefon auf eine persönliche Betreuung durch unsere Anlage-Experten zurückgreifen
können. Das schafft Vertrauen.
Welche Rolle spielt hierbei Content-Marketing? Wie betreiben Sie es? Welche
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Social-Media-Kanäle funktionieren am besten?
Schneider-Sickert: Wir halten die Bereitstellung von fachlich hochwertigen Inhalten, die auch dem
prüfenden Blick von unabhängigen Experten standhalten, für äußerst wichtig. Denn die private
Geldanlage ist erklärungsbedürftig und das notwendige Kundenvertrauen entsteht nur, wenn in der
Kommunikation die Interessen des Kunden und nicht die des Finanzdienstleisters im Vordergrund
stehen.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, haben wir einen erfahrenen Finanzredakteur an Bord, der
gemeinsam mit dem Investment-Team von HQ Trust und unserem Portfolio-Management-Team Inhalte
erstellt. Einer Agentur kann man dies, glaube ich, nicht anvertrauen.
Inhalte verbreiten wir über unser kürzlich gestartetes Digitalmagazin Summit, das wir in Zukunft noch
erheblich ausbauen werden. Die Distribution erfolgt über soziale Medien sowie Content-Distribution
Netzwerke. Darüber hinaus verbreiten wir Inhalte auch über Events und Präsentationen.
Oft heißt es: Wer seine Kunden nicht kennt, wird zu den Verlierern der Digitalisierung gehören.
Wie gut kennen Sie Ihre Kunden? Und wie nutzen Sie dieses Wissen über das reine
Portfolio-Management hinaus?
Schneider-Sickert: Eine gute Kenntnis der Umstände, der Präferenzen und der Pläne eines Kunden ist
nicht nur für ein Digitalunternehmen, sondern auch für jeden guten Vermögensverwalter ein
Fundament. Denn wie können wir verantwortungsvoll im Interesse eines Kündens agieren, wenn wir ihn
und seine Absichten nicht kennen?
Vor diesem Hintergrund versuchen wir, schon im Rahmen der Eröffnung unserer Verwaltungsbeziehung
ein fundiertes Verständnis von unseren Kunden zu entwickeln. Hierbei hilft es, auf die in Theorie und
Praxis erprobten Algorithmen unseres Partners BhFS zurückgreifen zu können, die auf Forschungen an
den Universitäten Zürich und St. Gallen basieren. Denn Tatsache ist, dass besonders anspruchsvolle
Kunden auf der einen Seite hohe Erwartungen an einen Anlagevorschlag stellen, der ihre Bedürfnisse
reflektiert, auf der anderen aber wenig Zeit haben, sich unnötig detaillierten Fragen zu unterwerfen. Hier
versuchen wir, ein gesundes Mittelmaß zu erreichen, während wir gleichzeitig die Vielzahl an
regulatorischen Anforderungen beachten.
Während wir aktuell in dieser Hinsicht noch in den Kinderschuhen stecken, ist es unsere Absicht,
während unserer hoffentlich langjährigen Beziehung mit unseren Kunden diese so gut kennenzulernen,
dass wir nicht nur unsere Anlagevorschläge, sondern unsere gesamte Kommunikation und auch unser
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Investment-Produktangebot an ihren konkreten Bedürfnissen orientieren. Denn genau so
unterschiedlich, wie Kunden in ihren Anlagepräferenzen sind, sind sie auch bei ihren anderen
Vorlieben: während ein Kunde eher gerne im Detail über unsere Anlageentscheidungen liest, möchte
ein anderer nur kurz und knapp informiert werden. Hier müssen wir uns – mit Hilfe von Daten – eng an
den individuellen Kundenwünschen orientieren.
Bitte beschreiben Sie uns Ihre Portfolio-Lösungen. Wo sehen Sie sich gegenüber Ihren
Wettbewerbern einen Schritt voraus?
Schneider-Sickert: Unser Anlageprozess besteht aus drei Schritten, die seit vielen Jahren in
identischer Form von HQ Trust in der Verwaltung großer Privatvermögen eingesetzt werden: der
strategischen Vermögensaufteilung, der taktischen Vermögenssteuerung und der Manager-Selektion.
Während die strategische Vermögensaufteilung in allen Liqid-Strategien Anwendung findet, werden die
beiden anderen Schritte nur bei Liqid Select eingesetzt.
Die strategische Vermögensaufteilung beschreibt die langfristige Aufteilung des verwalteten Vermögens
in sichere und riskante Anlageklassen. Grundsätzlich gilt: Je höher der Anteil von risikobehafteten
Wertpapieren wie Aktien, desto besser sind auch die langfristigen Renditeaussichten. Studien zeigen,
dass sich etwa 80 Prozent der Wertentwicklung eines Portfolios mit der strategischen
Vermögensaufteilung erklären lassen. Sie ist deswegen neben den Kosten die wichtigste Einflussgröße
bei der Geldanlage. Wir ermitteln die Rendite-Risiko-Präferenzen jedes Kunden mit einem
wissenschaftlich fundierten Test und ermitteln so seine Liqid-Aktienquote, eine vereinfachte Darstellung
seiner strategischen Vermögensaufteilung. Diese Aufteilung wird in allen Liqid-Strategien, ob aktiv oder
passiv, eingesetzt.
Mit der taktischen Vermögenssteuerung wird ein Portfolio an ein geändertes Marktumfeld angepasst.
Brechen beispielsweise die Aktienmärkte ein, kann es sinnvoll sein, günstig einzukaufen und die
Aktienquote zu erhöhen. In einem folgenden Aufschwung führt das zu höheren Portfolio-Renditen. Wir
setzen diese taktische Vermögenssteuerung bei den Liqid-Select-Portfolios ein. HQ Trust hat für jede
Anlageklasse eigene Modelle entwickelt, die zahlreiche Faktoren berücksichtigen. Sie signalisieren, ob
es lohnenswert erscheint, einzelne Anlageklassen über- oder unterzugewichten. Die taktische
Vermögenssteuerung führt also zu einer temporären Abweichung von der genannten strategischen
Vermögensaufteilung – allerdings immer in einem klar gesteckten Rahmen.
Die Managerselektion ist die dritte Stufe unseres Anlageprozesses. Während HQ Trust auch für unser
Benchmark-Portfolio Liqid Index und die passive Liqid-Global-Strategie die passenden Finanzprodukte
aussucht, kommt die Managerselektion im engeren Sinne nur bei Liqid Select zum Einsatz. Bei dieser
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Strategie setzen wir neben ETFs überwiegend auf aktiv gemanagten Fonds. Dank seiner langjährigen
Erfahrung hat HQ Trust Zugang zur Elite der aktiven Fondsmanager, und wählt diese nach strikten
Kriterien aus. Kosteneffizienz und eine klare Strategie sind eine klare Voraussetzung. Zudem muss
plausibel sein, wie der jeweilige Manager nach Kosten höhere Renditen als ein passives Indexprodukt
erwirtschaften will. Wird ein Fonds ausgewählt, überprüft HQ Trust die Leistung des Managers laufend.
Bleiben die Erwartungen unerfüllt, wird der Fonds ausgetauscht.
Neben den sehr differenzierten Modellen und der langjährigen Erfahrung, die in allen Liqid-Strategien
zum Einsatz kommt, sehen wir unseren USP vor allem beim Thema Zugang. Denn dank unserer
Partnerschaft mit HQ Trust haben wir bei unseren Kernstrategien Zugang zu Tranchen und
Konditionen, die normalen Privatanlegern nicht offenstehen. Das drückt die Kosten und hilft der
langfristigen Rendite.
Darüber hinaus bieten wir im Rahmen unserer “Core-und-Satelliten”-Philosophie, die u.a. auch von
Goldman Sachs eingesetzt wird, unseren Kunden neben der Kern-Vermögensverwaltung auch die
Möglichkeit, in sogenannte Satelliten-Anlagen zu investieren. Hierbei dreht es im ersten Schritt um ein
gemeinsam mit HQ Trust aufgesetztes Vehikel, das diversifiziert in die Top-Private-Equity-Fonds
weltweit investiert. Die Anlageklasse Private Equity hat für große Privatvermögen schon immer eine
wichtige Rolle gespielt – stand bisher den meisten Anlegern aufgrund der hohen Minimumbeteiligungen
und des schwierigen Zugangs zu den wirklich exzeptionellen Managern aber nicht offen. Hier haben wir
die Einstiegshürde auf 250.000 Euro gedrückt, was natürlich immer noch ein signifikanter Betrag ist,
trotzdem aber weit unter den üblichen 5 bis 10 Millionen Euro liegt. Zukünftig erwarten wir, unser
Angebot an derartigen Satelliten-Anlagen noch erheblich auszuweiten.
Bitte beschreiben Sie uns Ihre Risikomodelle zur Optimierung der Portfolios. Bitte begründen
Sie, inwiefern sich diese Modelle im Vergleich zum einfachen Rebalancing für Ihren Kunden
bezahlt machen bzw. bereits bezahlt gemacht haben.
Schneider-Sickert: Die Grundlage unserer Portfoliokonstruktion bilden die Risiko- und
Projektionsmodelle von HQ Trust, die wir mindestens monatlich aktualisieren. Bei der Konstruktion
unserer Portfolios legen wir einen besonderen Fokus darauf, unkorrelierte Assets zu verwenden. Dies
hat sich beispielsweise im Zuge des Brexits ausgezahlt: Durch eine kleine Allokation in Gold konnten
wir zum Beispiel den um 10 Prozent gestiegenen Goldpreis für unsere Anleger nutzen. Insgesamt
haben sich unsere Portfolios durch ihre breite Diversifikation nach der Entscheidung der Briten zum
EU-Austritt also wie erwartet positiv verhalten.
In unseren passiv verwalteten Portfolios führen wir ein regelbasiertes Rebalancing basierend auf
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historischen Daten durch. Ziel ist es hierbei, ein optimales Chance-Risiko-Verhältnis zu erreichen.
Dabei werden Rebalancings nicht nur halbjährlich oder jährlich durchgeführt, sondern auch unmittelbar
bei Abweichungen über 5 Prozent. In unserer Liqid-Global-Strategie kommt auf der Aktienseite zudem
eine BIP-Gewichtung zum Einsatz. Durch eine höhere Gewichtung von Aktien aus Europa und den
Schwellenländern gegenüber Aktien aus Nordamerika richten wir die Liqid-Global-Portfolios enger an
der regionalen Wirtschaftskraft aus. Somit können Risiken durch mögliche regionale Kapitalmarktblasen
reduziert werden.
Bei unserer aktiv gesteuerten Liqid-Select-Strategie kommt die taktischer Vermögenssteuerung zur
Anwendung, durch die unsere Kunden an kurzfristigen Marktentwicklungen teilhaben können. Taktische
Anpassungen basieren auf den Entscheidungen des Investment-Komitees von HQ Trust und werden
über unsere digitalen Prozesse automatisch in unseren Kundenportfolios umgesetzt.
Wie stellt sich für Ihre Kunden die genaue Kostenstruktur dar?
Schneider-Sickert: Wir legen großen Wert auf eine einfache und transparente Kostenstruktur. So
umfasst unsere Verwaltungspauschale die Vermögensverwaltung durch Liqid / HQ Trust, die
Depotführung bei der Deutsche Bank, alle Handelskosten und alle Börsenplatzkosten.
Im Gegensatz zu Banken und anderen Vermittlern nehmen wir grundsätzlich keine Zuwendungen von
Dritten an. Auch Performance-Fees gibt es bei uns nicht.
Neben unserer Verwaltungspauschale zahlen unsere Kunden – wie bei allen Vermögensverwaltern –
natürlich noch die Kosten der eingesetzten Finanzprodukte. Diese versuchen wir durch eine vorsichtige
Produktauswahl, sowie den Zugriff auf die erheblich günstigeren institutionellen Tranchen zu
minimieren.
Experten stellen den aktuellen Portfolio-Lösungen und Risikomodellen von Robo-Advisorn
generell kein gutes Zeugnis aus – um aber oft direkt nachzuschieben, dass hier in den
kommenden Jahren radikale Fortschritte zu erwarten sind. Würden Sie dem grundsätzlich
zustimmen?
Schneider-Sickert: Mit pauschalen Aussagen von nicht benannten oder gar selbst ernannten Experten
tue ich mich leider etwas schwer – und gerade hier ist es meines Erachtens nicht zielführend, alle
Robo-Advisor oder gar die digitalen Vermögensverwalter über einen Kamm zu scheren.
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Die von Liqid eingesetzten Portfolio-Lösungen und Risikomodelle werden seit Jahren erfolgreich in der
Verwaltung einiger der größten und anspruchsvollsten Privatvermögen in Deutschland eingesetzt.
Natürlich nehmen die Anlagexpeerten auch im Utra-High-Net-Worth-Bereich laufend Verbesserungen
und Optimierungen vor – diese sind aber eher inkrementell als fundamental, denn die grundsätzlichen
Ansätze haben sich bereits in allen Marktphasen bewiesen.
Wie zufrieden sind sie mit Ihrer aktuellen Lösung? An welchen Stellen haben Sie seit Ihrem Start
nachjustiert und warum? An welchen konkreten Stellen sehen Sie das größte weitere
Optimierungspotenzial?
Schneider-Sickert: Wie gesagt optimieren und aktualisieren wir gemeinsam mit HQ Trust die von uns
eingesetzten Kapitalmarktmodelle mindestens monatlich. Hier geht es aber vor allem um Anpassungen
an den zukünftigen Renditeerwartungen, die von Marktentwicklungen getrieben werden, und nicht um
ein fundamentales Nachjustieren.
Wie beurteilen Sie die bisherigen Anlageergebnisse von deutschen Robo-Advisorn?
Zu den bisherigen Anlageergebnissen der deutschen Robo-Advisor fehlt mir leider die nötige
Transparenz.
Als digitaler Vermögensverwalter vergleichen wir unsere eigene Leistung nicht allein mit digitalen
Anbietern, sondern marktübergreifend mit den realen Leistungen der professionellen
Vermögensverwalter in Deutschland, inklusive der Privatbanken. Bereits seit 2003 werden diese von
der Firstfive AG aus Frankfurt anhand echter Depotdaten nach Produktkosten und
Vermögensverwaltungsgebühren analysiert, was einen unabhängigen Benchmark in der privaten
Vermögensverwaltung schafft.
Die Firstfive Wealth Management Indices spiegeln den Durchschnitt dieser Leistungen in vier
Risikoklassen wider, die wir den entsprechenden Liqid-Aktienquoten zugeordnet haben. Mit unserer
Performance im Vergleich mit diesem Marktdurchschnitt sind wir sehr zufrieden.
Können Sie sich Kooperationen mit Banken vorstellen?
Schneider-Sickert: Banken haben gewisse Assets, die für digitale Spieler eindeutig relevant sind.
Hierzu zählen natürlich ihre bestehenden Kundenbeziehungen, aber auch Back- und
Middle-Office-Funktionen sowie – in einzelnen Fällen – auch Marken, die trotz der häufigen Kritik
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weiterhin ein gewisses Vertrauen bei den Kunden genießen.
Generell sind in der digitalen Vermögensverwaltung verschiedene Arten der Kooperation zwischen alten
und neuen Spielern denkbar. Aus Sicht von Liqid zählen eine Übernahme durch Bank aktuell aber nicht
dazu. Denn wir halten unsere Unabhängigkeit – vor allem was unsere Anlagestrategie und
Finanzproduktauswahl angeht – für ein wirklich fundamentales Element unserer Positionierung. Lassen
Sie uns nicht vergessen, was in der Vergangenheit so viel Vertrauen beim Kunden verspielt hat: der
Einsatz von teuren, hauseigenen Produkten, die durch falsche Bonussysteme bedingten
Interessenskonflikte zwischen Beratern und Kunden, sowie das oft abenteuerliche Verhalten gewisser
Kapitalmarktabteilungen der Großbanken. Vor diesem Hintergrund wäre es einfach nicht glaubwürdig,
auf der einen Seite die eigene Unabhängigkeit zu betonen, sich auf der anderen aber durch eine
Beteiligung an eine Bank zu binden.
Trotzdem sehen wir verschiedene Möglichkeiten, die besten Elemente der analogen und digitalen Welt
zu verbinden. Wir machen das in vieler Hinsicht bereits mit HQ Trust und auch mit der Deutsche Bank,
bei der unsere Kundendepots und -gelder liegen. Parallel sind wir in weiteren Gesprächen zu anderen
Arten der Kooperation. White-Label-Lösungen gehören übrigens nicht dazu, denn wir haben durchaus
den Anspruch, mit Liqid eine neue eigenständige Marke zu bauen, die für Transparenz, Fairness und
Kompetenz bei der privaten Geldanlage steht.
Mit welchen Playern können Sie sich außerdem Kooperationen vorstellen oder mit wem
kooperieren Sie bereits? Wie könnten solche Kooperationen aussehen? Wie funktioniert das
Erlös-Sharing?
Schneider-Sickert: Wir arbeiten bereits eng – aber auch in einem klar definierten Rahmen – mit der
Deutsche Bank Wealth Management zusammen. So haben wir gemeinsam mit dem Team der
Deutsche Bank einen volldigitalen Depoteröffnungs- und Abwicklungsprozess gestaltet, der für unsere
Kunden eine erhebliche Erleichterung und für uns hohe operative Effizienzen bedeutet. Die
Vermögensverwaltung und Distribution liegen aber weiterhin klar allein bei uns.
Zu welchen Arten von Kooperationen haben Sie bereits konkrete Pläne oder befinden sich
bereits in Gesprächen?
Schneider-Sickert: Wie Sie sich vorstellen können, sind wir mit vielen Spielern im Gespräch und
werden ankündigen, sobald wir etwas Konkretes zu berichten haben.
Die Volksbanken haben seit März dieses Jahres einen eigenen Robo-Advisor namens
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Visualvest, die Deutsche Bank in Kooperation mit Fincite seit Dezember vergangenen Jahres
den Anlagefinder, die Commerzbank soll in Kürze folgen. Sogar der Kölner Vermögensverwalter
Meridio plant eine eigene Lösung mit der Meridio Matrix GmbH. Die Eintrittsbarrieren in den
Markt der Robo-Advisor scheinen nicht besonders hoch. Täuscht der Eindruck?
Schneider-Sickert: Dies ist – wieder einmal – eine Definitionsfrage. Natürlich ist es nicht besonders
schwer, einen hübschen „ETF-Mischer“ ins Internet zu stellen. Diese können Sie mittlerweile sogar von
der Stange kaufen. Allerdings greift diese – oft in der Presse zu bemerkende – Reduzierung der
digitalen Vermögensverwaltung auf ein reines Front-End meines Erachtens erheblich zu kurz. Dazu
kommt, dass die digitale Vermögensverwaltung aus unserer Sicht mittelfristig nur erfolgreich sein wird,
wenn sie die besten Aspekte der Offline-Welt mit denen der digitalen verbindet. Das erfordert unter
anderem eine Kombination von sehr unterschiedlichen Talenten, Erfahrungen und Persönlichkeiten, die
nicht leicht zu finden ist.
Nehmen Sie unsere eigene Organisation als Beispiel: Bei der Erstellung und laufenden
Weiterentwicklung unserer Anlagestrategien greifen wir auf die Expertise eines 17-köpfigen
Investment-Teams zurück, das natürlich mit computerbasierten Kapitalmarktanalysen und
–simulationen arbeitet, auf der anderen Seite aber auch immer wieder auf die eigenen, über Jahre
geschulten Erfahrungen zurückgreift. Ähnlich ist es bei der Kundenbetreuung: hier versuchen wir
selbstverständlich, unsere Kunden über digitale Kanäle effizient mit genau den Informationen zu
versorgen, die sie bei ihren Entscheidungen benötigen. Trotzdem gibt es immer wieder Fragen und
Situation, bei denen unsere menschlichen Betreuer, die viele Jahre im anspruchsvollen
Privatkundengeschäft verbracht haben, besser weiterhelfen können, als der Computer allein.
Neben diesen Investment-Experten und Kundenbetreuern sitzt ein zwanzigköpfiges Team, das sich um
unsere technische Plattform, unser digitales Marketing und unsere Datenanalyse kümmert. Diese
Kollegen sind im Durchschnitt nicht nur erheblich jünger, sondern bringen auch die vollkommen
anderen Erfahrungen und Erwartungen der digitalen Generation mit sich. Wenn diese beiden Seiten
zielgerichtet zusammenarbeiten, können Sie ein Kundenerlebnis schaffen, das das Beste der „alten“
und „neuen“ Welt kombiniert. Einfach ist das aber ganz bestimmt nicht.
Setzen Sie die Aktivitäten der Branchengrößen nicht unter einen enormen Zeitdruck? Was
passiert, wenn eine Deutsche Bank ernst macht und mal eben eine Marketing-Kampagne für
einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag startet?
Schneider-Sickert: Zunächst würde ich mit größtem Respekt vor unserer Depotbank Deutsche Bank
bezweifeln, dass dort – oder bei anderen Großbanken – aktuell derartige Summen für
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Marketing-Kampagnen zur Verfügung stehen. Das deckt sich einfach nicht meinem Verständnis der
dortigen operativen und finanziellen Realitäten.
Noch wichtiger sind aber sicherlich andere Punkte: so kann die digitale Vermögensverwaltung – wie
eben beschrieben – nur erfolgreich sein, wenn sie als ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept aufgesetzt
wird und man die hierfür notwendigen, sehr unterschiedlichen Ressourcen in einem Team
zusammenbringt. Dies ist in einem Großunternehmen bewiesenermaßen sehr schwierig. So möchten
viele der besten Programmierer oder Online-Marketing-Experten einfach nicht in einer Großbank
arbeiten. Auch die kristallklare Orientierung an einem gemeinsamen Ziel, was in einem Start-Up die
unterschiedlichsten Talente verbindet, ist für Konzerne schwer darzustellen – denn hier kommen schnell
politische und andere Faktoren ins Spiel.
Darüber hinaus stellen die Kanalkonflikte, der seit Jahren eingespielte Fokus auf die Vermarktung
eigener Finanzprodukte sowie das verlorene Kundenvertrauen meines Erachtens eine echte Barriere
für die Großbanken dar. Ja, man kann mit großen Budgets viel erreichen, aber die notwendige
Innovation und das geforderte Umdenken nicht mit ihnen erzwingen. Schauen Sie doch mal auf den
Retail-, Medien- oder Reisemarkt: warum haben es die bestehenden Spieler, die ja auch alle
erdenklichen Assets hatten, nicht geschafft, sich langfristig gegenüber den Angreifern zu behaupten?
Matthias Hübner von Oliver Wyman erwartet, diese Entwicklung beobachtend, in den
kommenden vier Jahren ein Wachstum der verwalteten Vermögen auf etwa 30 Milliarden Euro –
das jedoch vor allem auf die Robo Advisors von Banken und Asset Managern entfällt. Von den
unabhängigen Anbieter werden seiner Meinung nach nur ein oder zwei überleben? Teilen Sie
diese Aussage?
Schneider-Sickert: Ich kenne die detaillierten Annahmen von Herrn Hübner nicht, denke aber, dass
eine langfristige teilweise Konsolidierung des Marktes nicht auszuschließen ist. Gleichzeitig würde ich
nicht vergessen, dass auch der traditionelle Markt für Vermögensverwaltung äußerst fragmentiert ist.
Dort haben selbst die größten Spieler keine wirklich dominierenden Marktpositionen – unter anderem,
weil sie unterschiedliche Bedürfnisse beim Kunden erfüllen. Wir sind überzeugt, dass es im Markt für
digitale Vermögensverwaltung kein Nullsummenspiel oder gar eine „winner takes it all“-Dynamik gibt.
Der Anteil des Gesamtvermögens in Deutschland, der im Kapitalmarkt investiert ist, lässt prinzipiell viel
Wachstum nach oben zu. Darüber hinaus wird es sicher Platz für verschiedene Robo-Advisors und
digitale Vermögensverwalter mit unterschiedlichen Positionierungen geben – nur letztere muss halt klar
definiert sein, damit ein Kunde versteht, warum Verwalter A, nicht Verwalter B der richtige für ihn ist.
Der Robo-Advisor Fintego von der Fondsplattform Ebase bietet seine Lösungen seit Herbst
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vergangenen Jahres auch für einzelne Makler beziehungsweise Finanzanlagenvermittler nach
Paragraph 34f GewO an. Bieten Sie einzelne Finanzanlagenvermittler vergleichbare Lösungen
an?
Schneider-Sickert: Eine Zusammenarbeit mit Vermittlern ist auch für uns denkbar – allerdings nur,
wenn diese dem Kunden keine Nachteile bringt. Persönlich halte ich es in unserem konkreten Fall für
am wahrscheinlichsten, dass eine derartige Zusammenarbeit sich zunächst auf unsere
Satelliten-Anlagen im Private Equity-Bereich konzentriert.
Die Kosten in der Anlageberatung für Dokumentation und andere regulatorische Vorgaben sind
in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Ab welcher Anlagesumme ist eine vernünftige
persönliche Betreuung für Banken noch profitabel?
Schneider-Sickert: Das müssten Sie die Banken fragen. Wir beobachten auf jeden Fall, dass die
klassische Anlageberatung aus verschiedenen Gründen unter erheblichem Druck steht. Erstens – und
für den Kunden sicher am wichtigsten – sind die langfristigen Renditeergebnisse dieser Beratung –
zumindest in ihrer gemeinläufigen Ausprägung – einfach sehr fragwürdig. Wie glaubhaft ist es, dass der
nette Anlageberater bei der Bank an der Ecke wirklich „den“ Einblick in die globalen Aktienmärkte hat,
der ihm erlaubt, seinen Kunden eine Anlageopportunität mit realistischer Chance auf Überperformance
zu empfehlen? Dafür sind die Märkte inzwischen einfach viel zu effizient und zu komplex. Aus Sicht der
Bank kommt – wie Sie sagen – hinzu, dass diese Form der Kundenbetreuung mit erheblichem und
teurem Dokumentationsaufwand versehen ist. Drittens birgt sie erhebliche rechtliche Risiken, welche
die Banken zunehmend vermeiden möchten.
Generell sollte man das Thema „persönliche Betreuung“ meiner Meinung nach aber klar vom Thema
„Anlageberatung“ im regulatorischen Sinne trennen. Wir setzen absolut auf die persönliche Betreuung,
die wir digital aber auch in persönlichen Gesprächen mit unseren Experten anbieten. Denn bevor man
mit einem Kunden eine langfristige, treuhänderische Beziehung wie in der Vermögensverwaltung
eingeht, muss man seine Situation in ausreichendem Detail verstehen. Das heißt aber nicht unbedingt,
dass der darauffolgende Schritt die Anlageberatung sein muss.
Selbst die besten Privatbanken der Welt – und ich denke an ein kürzliches Gespräch mit dem CEO
einer der größten – empfehlen ihren Kunden zunehmend die diskretionäre Vermögensverwaltung in
derselben Form, wie sie auch Liqid anbietet. Auch für Kunden mit Millionenvermögen ist die klassische
Anlageberatung also auf dem Rückzug, da sie einfach für beide Seiten oft nicht die sinnvollste Lösung
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ist.
Ab welchem Gesamtvolumen pro Kunden können Sie profitabel arbeiten?
Schneider-Sickert: Wie in jedem jungen Unternehmen sehen auch wir einen klaren Trade-Off
zwischen kurzfristiger Profitabilität und schnellem Wachstum. In der aktuellen Phase liegt unser Fokus
dabei klar auf dem Wachstum.
Generell sehe ich aber keinen Grund, warum ein digitaler Vermögensverwalter nicht mit demselben
verwalteten Volumen profitabel arbeiten kann, wie es viele traditionelle Vermögensverwalter bereits seit
langem tun. Denn die Kostenstrukturen der digitalen Anbieter sind sehr kompetitiv.
Verbraucherschützer und andere Marktteilnehmer fordern ein Ende der klassischen Provisionsberatung.
Anlageberater sollen nicht mehr vom Produktanbieter, sondern direkt von den Kunden bezahlt werden.
Dass Berater nicht mehr vom Produktanbieter, sondern allein vom Kunden bezahlt werden,
unterstützen auch wir. Denn nur so kann eine Interessensgleichheit zwischen Berater und Kunde
sichergestellt werden. Bei Liqid ist das übrigens bereits seit Anfang an der Fall – bei uns gibt es keine
Provisionen, Kickbacks oder andere Vergütungen von Produktanbietern.
Was glauben Sie, wird es in Deutschland im Bereich Investmentfonds zu einem
Provisionsverbot kommen? Wenn ja, wann wird das sein?
Schneider-Sickert: Eine schwierige Frage. Fakt ist, dass das Verbot in den Niederlanden, der Schweiz
und Großbritannien bereits umgesetzt wurde. Auf europäischer Ebene wird das Thema heiß diskutiert.
In Deutschland gibt es eine starke Lobby gegen das Verbot, nicht zuletzt in der Versicherungsbranche.
Dies könnte den Prozess verzögern, allerdings ist davon auszugehen, dass es auch hierzulande früher
oder später keine Provisionen mehr geben wird. Wir würden das auf jeden Fall begrüßen.
Wie groß wäre der Schub, der Ihnen ein Provisionsverbot verleihen würde?
Schneider-Sickert: Groß – schauen Sie doch mal auf die Entwicklungen im englischen Markt,
nachdem sich dort die Regulierung geändert hat.
Zwar haben Finanzanlagenvermittler weniger Pflichten im Bereich Dokumentation zu erfüllen, dürfen
aber streng genommen gar keine Anlageberatung anbieten. Deshalb bemühen sich aktuell einige
Robo-Advisor um eine Bafin-Lizenz. Welchen rechtlichen Status hat Ihr Unternehmen?
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Während unserer Pilotphase sind wir als vertraglich gebundener Vermittler der HQ Trust gemäß
Paragraph 2 Abs. 10 KWG aufgetreten und haben somit – indirekt – bereits alle Anforderungen des
Paragraphen 32 KWG erfüllen müssen. Mit unserem offiziellen Marktstart werden wir als eigenständiger
Finanzportfolioverwalter gemäß Paragraph 32 KWG agieren.
Welche konkreten Vorteile und Nachteile ergeben sich für Robo-Advisor, die als
Vermögensverwalter mit 32er-KWG-Lizenz tätig sind?
Schneider-Sickert: Für uns kam immer nur ein Markteintritt als Finanzportfolioverwalter /
Vermögensverwalter in Frage. Denn nur so sind die Interessen des Kundens ausreichend geschützt,
ohne dass es Konfliktpotential mit einem Produktanbieter gibt. Natürlich kommt die Paragraph 32 KWG
Lizenz mit gewissen aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen – diese helfen aber auch, Vertrauen beim
Kunden aufzubauen.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Gesetzeslage/Regulierung in Bezug auf die Wachstums- und
Entwicklungsmöglichkeiten von Fintechs im Allgemeinen und Robo Advisorn im Speziellen?
Schneider-Sickert: Wir finden den Bafin-Ansatz „gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regel“
eigentlich sehr vernünftig und begrüßen es auch, dass die Bafin inzwischen aktiv den Austausch mit der
Fintech-Szene sucht. Natürlich gibt es – wie in jeder großen Organisation – teilweise noch
Diskrepanzen zwischen den positiven Absichten auf Führungsebene und der gelebten Realität. Vor
allem das von Herrn Hufeld immer wieder betonte Interesse an einem direkten, unkomplizierten
Austausch haben wir in der Praxis gelegentlich leider anders erlebt. Da gibt es sicherlich – auch im
Vergleich mit anderen europäischen Regulatoren – noch Verbesserungspotenzial.
Welche aktuellen Regelungen bremsen das Wachstum Ihres Unternehmens am stärksten? Bei
welcher dieser Regelungen erwarten Sie in naher Zukunft eine Entschärfung oder einen
Wegfall?
Schneider-Sickert: Aktuell sehen wir keine bestimmten Regelungen als konkrete Wachstumsbremser.
Nur der operative Austausch mit der Bafin könnte, wie gesagt, etwas schneller und direkter sein.
Welche in letzter Zeit angekündigten oder umgesetzten Regelungen ärgern Sie am meisten, zum
Beispiel Video-Identifikation?
Schneider-Sickert: Die Geschichte mit der Video-Identifikation war natürlich für uns und die
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Fintech-Szene insgesamt sehr unschön, wobei die Bafin das fairerweise ja auch eingesehen hat. Hier
müsste man zukünftig sicherlich früher Feedback von allen relevanten Marktteilnehmern einholen, um
unerwartete und unbeabsichtigte Konsequenzen zu vermeiden.
Teil des Mifid-2-Regulierungskomplexes ist die sogenannte Product Governance:
Fonds-Vermittler müssen regelmäßig überprüfen, ob das vermittelte Produkt immer noch für die
Zielgruppe geeignet ist und dürfen sich nicht auf die Angaben der Produktgeber verlassen.
Vermittlern wird hier ein riesiger administrativer Aufwand vorhergesagt. Kommt diese Regelung
Ihrer Geschäftsentwicklung zugute, weil sie für Ihre Wettbewerber einen hohen administrativen
Aufwand mit sich bringt?
Schneider-Sickert: Wir wären sicherlich die letzten, die administrativen Aufwand per se – ob er bei uns
oder anderen anfällt – begrüßen würden. Ein Vorteil des digitalen Modells ist natürlich, dass sich
administrative Prozesse dort erheblich effizienter abbilden lassen und sie – sobald sie einmal
regulatorisch abgezeichnet sind – dann mit hoher Konsistenz ausgeführt werden.
Viele Experten sagen ein mehr oder weniger umfangreiches Berater-Sterben infolge von Mifid II voraus.
Die wenigen verbleibenden Berater werden sich fast ausschließlich auf finanzkräftige Kunden (zirka 5
Prozent der Deutschen) konzentrieren. Sehen Sie sich als klarer Gewinner dieser Regulierung des
Finanzvertriebs? Schließlich ist Ihr Unternehmen ein Auffangbecken für die restlichen 95 Prozent der
Bevölkerung – also der für die klassische Beratung nicht mehr rentierlichen Kunden?
Die Rolle der traditionellen Berater ist – wie beschrieben - bereits jetzt unter Druck. Allerdings sieht sich
Liqid nicht als „Auffangbecken“ für nicht rentierliche Kunden, sondern möchte für liquide Vermögen ab
250.000 Euro ein fokussiertes Angebot bieten, das besser, kostengünstiger und transparenter als die
aktuellen Alternativen ist.
Dieser Artikel erschien am 18.08.2016 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/liqid-mitgruender-schneider-sickert-wir-sind-ueberrascht-welche-hohen-gebuehren-vermoegende-kunden-b
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