Rezension zum Buch „Tschick“: Ein Gefühl von Freiheit Das Buch „Tschick“, eine Mischung aus Roadnovel und Jugendroman, das von Wolfgang Herrndorf im Jahre 2010 geschrieben wurde, handelt von den beiden Protagonisten, den Jugendlichen Maik Klingenberg und Andrej Tschichatchow, genannt „Tschick“, die sich zu Beginn der Sommerferien mit einem geklauten Lada auf eine abenteuerliche Reise quer durch Deutschland begeben. Ihr eigentliches Ziel ist die Walachei, da dort Verwandte von Tschick leben, jedoch steht die Walachei in Herrndorfs Werk für ein unbestimmtes Ziel und damit für Freiheit. Der Leser erfährt relativ schnell, dass sie ihr eigentliches Ziel, eben diese „Walachei“ , gar nicht erreichen werden, da sie ohne Karte, geschweige Kompass die Reise starten. Es fängt jedoch alles damit an, dass der 14-jährige Maik, ein Außenseiter, der in die Klassenschönheit Tatjana verliebt ist, einen neuen Mitschüler bekommt: den russischen, aufgrund seiner Herkunft mit Vorurteilen überhäuften, Jungen, Andrej Tschichatchow („Tschick“), der das komplette Gegenteil zu Maik darstellt. Im Gegensatz zu Maik, der aus einem gutbürgerlichen Haus mit einer kaputten Familie kommt und dessen Vater mit der „Assistentin“ auf Geschäftsreise ist, während seine Mutter in der Entzugsklinik ist, kommt Tschick aus einer, wie Herrndorf beschreibt, „asigen, asozialen“ Familie mit wenig Geld und angeblich kriminellem Hintergrund. Bald, höchstwahrscheinlich weil sie so verschieden sind, freunden sie sich an und beschließen, mit einem geklauten Lada eine Reise zu unternehmen, die für den 14jährigen, von seinen Eltern vernachlässigten Maik wie eine Rettung erscheint. Die beiden erleben nicht nur ein unglaubliches, unvergessliches Abenteuer, sondern treffen auf ihrer Reise auf ganz besondere Menschen, wie z.B. Friedemann mit seiner außergewöhnlichen, aber schrecklich netten Familie, Isa, ein Mädchen, das sie auf einem Schrottplatz treffen und mit dem sie sich anfreunden, Horst Fricke, der sie zunächst als Feinde ansieht und auf sie schießt sowie die Sprachtherapeutin. Herrndorf hat es geschafft, die Jugendsprache auf einer, in keinster Weise peinlichen, Ebene zu benutzen, die den Leser sofort in ihren Bann zieht, weil man sich damit verbunden fühlt und sich damit identifiziert. Er hat nicht an der, zum Teil vulgären, Jugendsprache gespart, was zum freien, jugendlichen Erscheinungsbild des Buches sehr gut passt. Beim Lesen hat man das Gefühl, der Autor konnte sich in die Denke der Jugendlichen hineinversetzen und hat im Anschluss daran dieses Werk geschrieben. Von vorne bis hinten ist die Handlung schlüssig. Hat man auf der einen Seite das Gefühl, der Handlung nicht mehr vollständig folgen zu können, macht Herrndorf dies auf der nächsten Seite wieder wett, sodass der Leser wieder versteht, worum es geht. Dies ist zum Beispiel am Anfang des Buches so: Der Leser wird praktisch gleich, mit Beginn des ersten Satzes, in die Handlung „hineinkatapultiert“, da Maiks Erzählung der Geschehnisse damit beginnt, wie er alleine und voller Angst auf dem Polizeirevier sitzt. Zu diesem Zeitpunkt fragt sich der Leser, wie er dort gelandet ist und hat zunächst Schwierigkeiten, der Handlung zu folgen. Bald wird jedoch klar, wie es zu dieser Situation gekommen ist. Nämlich, dass Maik, nach dem Unfall mit dem geklauten Lada, von der Polizei geschnappt wurde, während Tschick fliehen konnte. Das Buch macht einen sehr guten Eindruck, belustigt und bringt den Leser nicht nur hier und da zum Schmunzeln. Der Roman zeigt, dass es bei allem Schlechten und Bösen auf der Welt und zwischen allen schlechten Menschen auch noch gute Menschen gibt, die hilfsbereit und gutmütig sind. Die Protagonisten Maik und Tschick begegnen auf ihrer Reise ausschließlich dem guten Teil der Menschheit. Maiks Zitat zum Ende der Lektüre passt hier sehr gut: „Die Welt ist schlecht. Wenn man Nachrichten schaut: die Welt ist schlecht. Und vielleicht stimmte das auch und der Mensch war zu 99% schlecht. Aber das Seltsame war, dass Tschick und ich auf unserer Reise ausschließlich dem 1% begegnet sind, das nicht schlecht ist“. Für mich ist „Tschick“ ein absolut gelungener Jugendroman, der den Leser sofort in eine andere Welt befördert und ihm das Gefühl gibt, hautnah beim Geschehen dabei zu sein. Empfehlen kann ich das Buch jedem, unabhängig davon, welcher Altersgruppe er angehört, aber vor allem jedem, der in eine andere Welt abtauchen möchte. Jedem, der das Gefühl und die Wirkung von Freiheit verspüren möchte. Jedem, den die offene und direkte Sprache, die dem Werk einen noch jugendlicheren Touch verleiht, zum Schmunzeln bringen würde. Jedem, der wie Maik gesagt hat, dem 1% der guten Menschen begegnen will. Julia Sophie Kleemann
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