Machtwort aus München

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Stand: 22h00
G 02531 NR. 73 / PREIS 2,60 €
DONNERSTAG, 16. APRIL 2015
DEUTSCHLANDS WIRTSCHAFTS- UND FINANZZEITUNG
2
Machtwort aus München
THEMEN DES TAGES
Nikolaus von Bomhard spricht Klartext: Der Chef des Rückversicherers
Munich Re geißelt die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank. Der Kauf
von Staatsanleihen werde große Schäden verursachen, sagt er im Interview.
Mit einem nationalen Alleingang bei
der Speicherung von Telefon- und
Internetdaten will die Bundesregierung einen langjährigen politischen
Streit beenden. Heiko Maas stellte
am Mittwoch in Berlin Leitlinien für
einen Gesetzentwurf zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung vor.
Bürgerrechtler und Netzpolitiker
gehen auf die Barrikaden. Seite 8
S. Afhüppe, K. Leitel, D. Schäfer
München
Munich-Re-Chef
Nikolaus
von Bomhard:
Vernichtendes
Urteil über
die Geldpolitik
der EZB.
Hans-Bernhard Huber/laif
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Ungarn 1100,00 FT
D
ie Pressekonferenz mit
Mario Draghi lief erst ein
paar Minuten, da kam die
Attacke. Aus den Reihen
der Journalisten sprang eine Femen-Aktivistin auf das Podium,
bewarf den Präsidenten der Europäischen Zentralbank mit Konfetti und rief
„Stoppt die EZB-Diktatur“. Draghis Personenschützer griffen ein, nach einer
Unterbrechung konnte der EZB-Präsident die Pressekonferenz fortsetzen.
Eigentlich wollte Draghi fünf Wochen
nach dem Start des Staatsanleihekaufprogramms eine positive Zwischenbilanz ziehen. „Die wirtschaftliche Erholung beruht ganz sicher auch auf unserer Geldpolitik“, sagt er. Doch im
Tumult ging seine Botschaft unweigerlich unter.
Draghis Geldschwemme alarmiert
nicht nur Aktivisten. Auch mancher in
der Finanzindustrie ist wenig begeistert. „Die EZB verabreicht den Märkten
schon eine sehr starke Medizin, die
auch abhängig machen kann“, sagt Nikolaus von Bomhard, Chef des weltgrößten Rückversicherers Munich Re,
im Handelsblatt-Interview. „Das Risiko
von Kollateralschäden halten wir für gewichtiger als mögliche positive Effekte.“
Von Bomhards Hauptvorwurf: Versicherer, Pensionsfonds und andere
Großinvestoren würden von der EZB
aus den Märkten gedrängt. Durch die
Eingriffe der Notenbank seien die
Zinsen für viele Finanzprodukte auf
mickrige Niveaus gefallen. Tatsächlich
haben die Anleiherenditen vieler euro-
päischer Staaten ins Negative gedreht.
Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sank an diesem Mittwoch auf ein
neues Rekordtief von nur 0,11 Prozent.
Auch beim Euro-Kurs sind die Folgen
der lockeren Geldpolitik spürbar. Seit
dem Juni vergangenen Jahres, als mit
der Einführung von
Bundesanleihe
Strafzinsen für BankRendite in Prozent,
einlagen die neue
Laufzeit zehn Jahre
Runde geldpolitischer
0,11 % Lockerung eingeleitet
2
wurde, ist die Währung gegenüber dem
US-Dollar um 22 Pro1
zent gefallen. Beflügelt
vom billigen Geld, hat
der Dax seit Jahresbeginn mehr als 20 Pro0
zent zugelegt.
1.1.2014
15.4.2015
Von Bomhard hat
Handelsblatt
Quelle: Bloomberg
sich schon länger als
Gegner des billigen
Notenbankgeldes positioniert. Nun bekommt er Schützenhilfe von ungewohnter Seite: Auch der Internationale
Währungsfonds, eigentlich ein Befürworter der Lockerung, warnt vor den
Folgen der Magerzinsen für die europäischen Lebensversicherer: „Ein Viertel der Versicherungsunternehmen in
Europa ist möglicherweise bald nicht
mehr in der Lage, Kapitalanforderungen zu erfüllen“, sagt der Finanzdirektor des Fonds, José Viñals.
An von Bomhard beißt sich Draghi
jedenfalls die Zähne aus: Munich Re
verkaufe der EZB keine Staatsanleihen,
kündigt der Manager an.
Interview Nikolaus von Bomhard
Seiten 4 – 6 Kommentar Seite 27
Milliardenstrafe für Google?
Wettbewerbskommissarin Vestager leitet Verfahren gegen US-Konzern ein.
Ruth Berschens
Brüssel
E
uropa macht Ernst im Streit mit
dem weltgrößten Suchmaschinenkonzern: Google missbrauche seine
Marktmacht im Internet, sagt Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager –
und geht in die Offensive. Die EU-Marktwächter verschärfen ein laufendes Kartellverfahren gegen den US-Konzern und
leiten ein weiteres ein. Die Vorwürfe: Google platziere das eigene Preisvergleichsportal Google Shopping systematisch
prominenter als ähnliche Dienste von
Konkurrenten. Zum anderen bestehe der
Verdacht, dass Smartphone-Hersteller
mit unlauteren Mitteln an das Google-Betriebssystem Android gebunden würden,
verkündet Vestager. Android ist mit großem Abstand Weltmarktführer.
Der US-Konzern hat zehn Wochen Zeit,
die Vorwürfe zu widerlegen. Gelinge dies
nicht, müsse „Google die rechtlichen Konsequenzen tragen und seine Geschäftspraxis in Europa ändern“, erklärt Vestager. Dem Unternehmen droht eine Kartellstrafe von bis zu sechs Milliarden Euro.
Google weist die Vorwürfe zurück. Google Shopping behindere den Wettbewerb
nicht, erklärt der Konzern. Lob kommt
vom Axel Springer Verlag. Das Vorgehen
der EU-Kommission sei „ein gutes Signal
für die Konsumenten und den fairen Wettbewerb“, findet das Unternehmen, das in
Europa zu den schärfsten Google-Kritikern gehört. Springer und andere Verlage
hatten sich vergeblich dagegen gewehrt,
dass Google ihre redaktionellen Inhalte
verbreitet, ohne dafür zu zahlen.
Kommentar, Bericht Seiten 14, 18
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Befristete Speicherung
von Daten kommt
Trägheit gefährdet
das Riesenreich VW
Zu viele widerstrebende Interessen
lähmen den Konzern mit seinen
zwölf Marken und mehr als 100 Fabriken immer öfter. Daher geht es
Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch
bei seiner Attacke auf Vorstandschef Martin Winterkorn vor allem
um die künftige Aufstellung von
Europas größtem Autokonzern,
heißt es in Wolfsburg. Seite 16
Dirk Roßmann: „Wir
brauchen keine Stiftung“
Der Gründer der Drogeriemarktkette Rossmann spricht gemeinsam mit seinem jüngsten Sohn Raoul im Interview über die Nachfolgeregelung, über Verantwortung
und die Bedeutung von Vertrauen
für den Erfolg eines Unternehmens. Seite 20
Pharmakonzern Merck
büßt operative Kraft ein
Vor der Bilanzvorlage am Freitag
legt der Handelsblatt-Bilanzcheck
die Stärken und die Schwächen
des Darmstädter Spezialchemieund Pharmakonzerns offen. Es
zeigt sich: Der operative Schwung
lässt nach. Denn trotz Umsatzwachstum geht der Gewinn leicht
zurück. Seite 22