12 akademie INHALT 12 –14: Herzmarker 15 –17: Herpes-Viren 18 –19: T hrombozytendiagnostik Herzmarker Individuelle Risikobestimmung Mit der Lipoproteinassoziierten Phospholipase A2 steht ein neuer Marker für kardiovaskuläre Erkrankungen zur Verfügung. Er erlaubt eine spezifische Aussage zur Stabilität atherosklerotischer Plaques und gilt als unabhängiger Laborparameter für das KHK-Risiko. Kardiovaskuläre Erkrankungen sind in den westlichen Industrieländern mit einem Anteil von 50 Prozent die führende Todesursache. In Deutschland sterben zurzeit jährlich etwa 175000 Menschen an Herzinfarkten und 70000 an Schlaganfällen. Epidemiologische Studien haben die wesentlichen modifizierbaren und nicht modifizierbaren Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen identifiziert. Inzwischen gibt es mehrere, konkurrierende Rechenvorschriften, in denen diese Risikofaktoren (Alter, Geschlecht, Rauchen, Lipide, Diabetes und Familienanamnese) zur integrierten Errechnung eines globalen Herzinfarktrisikos herangezogen werden (SCORE, PROCAM, Framingham). Leider ist die Sensitivität dieser Vorschriften nicht hoch, sie schwankt (bei akzeptabler Spezifität) um ein Drittel. 5_2009 Das bedeutet, dass in der Gruppe der „Hochrisikopatienten“ nur etwa ein Drittel aller Herzinfarkte auftritt und dass zwei Drittel aller Infarkte bei Personen mit niedrigerem rechnerischem Risiko vorkommen. Um Personen ausfindig machen zu können, die trotz eines vermeintlich mittleren oder niedrigen Risikos dennoch einen Herzinfarkt bekommen können, werden zusätzliche klinische und biochemische Informationen benötigt. Es ist inzwischen akzeptiert, dass entzündliche Prozesse an der Entstehung der Atherosklerose beteiligt sind. Marker der Akutphase wie das C-reaktive Protein korrelieren daher auch mit dem Risiko für Herzinfarkte. Ein wesentlicher Nachteil des CRP liegt darin, dass es ein unspezifischer Indikator für systemische Entzündungsprozesse ist. Mit der Lp-PLA2 steht nun ein spezifischerer Marker 13 für das entzündliche Geschehen in atheromatösen Plaques zur Verfügung. Lp-PLA2: In der Zirkulation gebunden an Lipoproteine Die Lipoprotein-assoziierte Phospholipase A2 (Lp-PLA2, PLA2G7), auch Platelet activating factor acetylhydrolase (PAF-AH, EC 3.1.1.47) genannt, wird vor allem von Makrophagen, Monocyten, T- Zellen und Mastzellen gebildet. Sie setzt bevorzugt oxidierte Phospholipide um. Man geht derzeit davon aus, dass die zirkulierende Lp-PLA2 aus hämatopoetischen Zellen stammt. In der Zirkulation ist die Lp-PLA2 an Lipoproteine gebunden; 70 bis 80 Prozent finden sich in den LDL, 20 bis 30 Prozent in den High Density Lipoproteinen (HDL). Innerhalb der LDL ist die Lp-PLA2 nicht gleichmäßig verteilt. Vielmehr reichert sich das Enzym vorwiegend in den kleinen, dichten LDL an. Das molare Verhältnis von Lp-PLA2 zu LDL liegt bei etwa 1 zu 5000, in den kleinen, dichten LDL bei etwa 1 zu 200. Obgleich die Lp-PLA2 den pro-atherogenen platelet activating factor hydrolysiert (daher die synonyme Bezeichnung als platelet activating factor acetyl hydrolase, PAFAH), schreibt man ihr heute pro-atherogene Eigenschaften zu, denn die Produkte der Umsetzung oxidierter Phospholipide, nämlich Lysophosphatidylcholin und oxidierte Phospholipide, wirken entzündungsfördernd. Foto: Fotolia/Bilderbox/Wodicka Bestimmung der Konzentration und der Enzymaktivität Für die Analytik der LpPLA2 stehen prinzipiell zwei Verfahren zur Verführung, nämlich die Bestimmung der Konzentration des Enzyms und die Messung der Enzymaktivität. Der PLACTM-Test erlaubt eine Bestimmung der Konzentration des Enzyms mittels Enzyme Linked Immunosorbent Assay (ELISA), während die Tests der Firmen Cayman Chemical Co. beziehungsweise Azwell Inc. (Auto PAF-AH Kit) eine Bestimmung der Enzymaktivität ermöglichen. Der PLACTM-Test ist von der Arzneimittelzulassungsbehörde der Vereinigten Staaten (FDA) freigegeben und besitzt eine CE-Markierung. Er ist der klinisch am besten dokumentierte Test und wird daher in der Praxis bevorzugt. Einfluss von Medikamenten Vor allem Medikamente, die zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen (Statine, Fibrate, Nikotinsäure, Ezetimibe und Omega-3-Fettsäuren) eingesetzt werden, senken die Lp-PLA2. Wahrscheinlich ist die Wirkung dieser Medikamente auf die Lp-PLA2 lediglich die Folge der Absenkung des LDL-C. Andere, bei kardiovaskulären Erkrankungen ebenfalls häufig verabreichte Medikamente wie etwa Calciumantagonisten, α1-Rezeptorantagonisten, Diuretika, ACE-Hemmer und β-Blocker beeinflussen Lp-PLA2 nicht. Einen neuen, möglicherweise relevanten therapeutischen Ansatz stellt Darapladib dar, ein oral zu verabreichender selektiver Inhibitor der Lp-PLA2. Eine erste, bei Koronarpatienten durchgeführte klinische Studie mit intravaskulärem Ultraschall ergab neben einem Abfall der Lp-PLA2-Aktivität um 59 Prozent Hinweise auf eine Stabilisierung atherosklerotischer Plaques. Hohe Lp-PLA2-Konzentrationen als Indikator für erhöhtes Risiko In allen Studien mit noch asymptomatischen Personen gehen hohe Konzentrationen beziehungsweise Aktivitäten der Lp-PLA2 mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse einher. Einzige Ausnahme ist die Women's Health Study. Die WOSCOP (West of Scotland Coronary Prevention)Studie war eine der ersten, in der eine erhöhte Lp-PLA2Konzentration unabhängig von anderen etablierten Risikofaktoren ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko anzeigte. Ihre Ergebnisse wurden in der MONICA-Studie in Augsburg, der ARIC (Atherosclerosis Risk in Communities)Studie und der Rotterdam-Studie bestätigt. Die Assoziation zwischen Lp-PLA2 und kardiovaskulärem Risiko wird konsistent auch in weiteren Patientenpopulationen beobachtet: bei Typ 2 Diabetes mellitus und Hyperlipidämie, bei Patienten mit metabolischem Syndrom (Malmö Diet and Cancer Study) und bei Älteren (Rancho Bernardo Studie). Patienten mit Gefäßerkrankungen und akutem Koronarsyndrom Die Beziehung zwischen Lp-PLA2 und dem Risiko wurde mehrfach auch bei Patienten mit KHK, stabiler und in- 5_2009 14 akademie stabiler Angina pectoris, akutem Koronarsyndrom sowie Patienten mit Myokardinfarkt untersucht. Mit Ausnahme der GUSTO IV- und FRISC II-Studie zeigte sich in allen Studien ein etwa doppelt so hohes Risiko für wiederholte kardiale Ereignisse, wenn die Lp-PLA2 in der obersten Tertile oder Quartile lag. Abrechnung der Lp-PLA2-Bestimmung: wenn auch der Zusammenhang in den meisten Studien nicht so ausgeprägt ist wie für den Myokardinfarkt. Eine Ausnahme war der Veterans Affairs HDL Intervention Trial (VA-HIT), in dem die prädiktive Bedeutung der LpPLA2 für das Auftreten eines Schlaganfalles höher als für das Auftreten koronarer Ereignisse war. Konsequenzen für die Praxis Die robuste statistische Assoziation zwischen Lp-PLA2 und kardiovaskulären Ereignissen legt bereits heute ihre diagnostische Anwendung nahe. In Übereinstimmung mit den Richtlinien des National Cholesterol Education Adult Als Grund für die fehlende Assoziation zwischen Lp-PLA2 Treatment Panel III (NCEP-ATP III) wird die Messung der und weiteren Ereignissen in GUSTO-IV und FRISC II Lp-PLA2 ergänzend zu einer Bestimmung des kardiovaskuwird ein Abfall der Lp-PLA2 unmittelbar nach Infarkt lären Risikos anhand der klassischen Risikofaktoren eingediskutiert. Wir konnten aber weder einen solchen Abfall, setzt. Die Lp-PLA2 erlaubt die Erkennung eines gesteigernoch einen Anstieg der Lp-PLA2 beim akuten Koronar- ten Risikos bei Patienten, bei denen sonst von einem leicht syndrom beobachten. Die Beziehung zwischen kardio- bis deutlich erhöhten Risiko ausgegangen würde. Bei klinisch sehr geringem und bei sehr hohem Risiko sollte die Bestimmung aufgrund fehlender therapeutischer Konsequenzen nicht durchgeführt werden. Eine hohe Lp-PLA2 erfordert in der Regel eine intensivere Behandlung modifizierbarer Risikofaktoren (Hyper- und Dyslipidämie, Hypertonie). Risikofaktoren nach NCEP-ATP III sind: Zigarettenrauchen, Bluthochdruck, HDL-Cholesterin < 40 mg/dL; Familienanamnese für Diagnostischer und therapeutischer Algorithmus zur Anwendung der Lp-PLA2-Bestimmung vorzeitige KHK. Wie eine gesicherte KHK zu vaskulärer Mortalität und Lp-PLA2 ist unabhängig von behandeln sind die sogenannten KHK-Risikoäquivalente. etablierten Risikofaktoren und CRP. In einigen Studien Dazu zählen andere klinisch manifeste Formen der Athebestand sogar ein Zusammenhang zwischen der Schwere rosklerose wie periphere arterielle Verschlusskrankheit oder der KHK und der Lp-PLA2. Knöchel-Arm-Index < 0,9, cerebrovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, chronische Nierenerkrankungen. Analog zur GOÄ Ziffer 4139 (1,0-facher Satz): 43,72 €. (Derzeit keine Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen) Lp-PLA2 und Schlaganfall In atherosklerotischen Plaques, die mittels Carotis-Endarteriektomie gewonnen wurden, wurde bei symptomatischen Patienten (transitorisch ischämische Attacken) eine erhöhte Expression von Lp-PLA2 im Vergleich zu asymptomatischen Patienten nachgewiesen. Sowohl bei symptomatischen als auch asymptomatischen Personen zeigt eine erhöhte Lp-PLA2 ein erhöhtes Risiko für Schlaganfall an, 5_2009 Kontakt Prof. Dr. med. Winfried März Dr. med. Tanja B. Grammer synlab Heidelberg Telefon: 0 62 21 – 79 30 E-Mail: [email protected]
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