Programm Mai– Juni 2015 - Stiftung Lyrik Kabinett

Das Lyrische Quartett
Zwiesprachen III
Wenn schon nicht Himmel, dann ordentlich Hölle
Lust auf Lyrik
Mit Kristina Maidt-Zinke, Heinrich Mittwoch, 8. Juli 2015
Detering und Harald Hartung und 20 Uhr
als Gast Felicitas von Lovenberg
Veranstaltungsort:
Daniela Danz über Friedrich Hölderlin
Christine Lavant: Zu Lebzeiten veröffentlichte Gedichte
Immer neuere Lyrik-Perlen aus Neuperlach I
Gefördert durch die Arbeits­gemein­
schaft Literarischer Gesellschaften und
Gedenkstätten (ALG) aus Mitteln der
Beauftragten der Bundesregierung
für Kultur und Medien sowie durch
das ­Kulturreferat der LH München
Donnerstag, 16. Juli 2015
20 Uhr
Präsentiert von den Herausgebern
Doris Moser und Fabjan Hafner
Mittwoch, 22. Juli 2015
20 Uhr
Die Klasse 6a der
Wilhelm-Busch-Realschule
Mittwoch, 6. Mai 2015
19 Uhr
Veranstaltungsort:
Die Gedichte rezitiert
Veranstaltungsort:
Projektleiter: Johanna Müller
und Gerald Fiebig
Veranstaltungsort:
Lyrik Kabinett
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier Eintritt
Jeweils mit Spannung erwartet wird das Lyrische Quartett –
Jour Fixe für die Literaturinteressierten.
Als Gast von Kristina Maidt-Zinke, Heinrich Detering
und Harald Hartung begrüßen wir diesmal: Felicitas von
Lovenberg. 1974 geboren, studierte sie Neuere Geschichte in
Oxford und Bristol. Seit 1998 tätig in der Feuilleton-Redaktion
der FAZ; seit November 2008 verantwortlich für das Ressort
„Literatur und Literarisches Leben“ und regelmäßig Modera­
torin der SWR-Literatursendung lesenswert. Für ihre publi­
zistische Arbeit wurde sie u. a. mit dem Alfred-Kerr- (2003),
dem ­Hildegard-von-Bingen- (2011) und dem Julius-Campe-Preis
(2013) ausgezeichnet.
Alle Informationen zum Lyrischen Quartett finden Sie unter
www.daslyrischequartett.de.
Keith Jarrett: The Schnega-Concert
Hagebutte, rührt sich nicht, rot wie Schnee
Hagebutte in Sanskrit, hinter Kiefern
werde Strauch – sieben Jahreszeiten
als ich aus der Zucchiniblüte rief, fremd
gegangen in das Zimmer mit den Bärentatzen
wie Kleister, Koppheister, das Hagebuttenkind
zwischen den Gleisen
für Ron Winkler
Tom Schulz, aus: Lichtveränderung, Hanser Berlin 2015, S. 72
Lyrik Kabinett
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier Eintritt
Warum Hölderlin? 1. Der kühne Zugriff auf die freie Form in
dieser zu einem unglaublichen Sprung ansetzenden Zeit 2. Der
Entwurf einer dichterischen Landschaft, in der das Vertraute ins
Mythische übergeht und der Mythos in die Gegenwart greift
3. Das Wagnis der an die Grenzen getriebenen Verständlichkeit.
Daniela Danz, 1976 in
Eisenach geboren, studierte
Kunstgeschichte und Deut­
sche Literatur in Tübingen,
Prag, Berlin, Leipzig und
Halle bis zu einer Promo­
tion und lebt heute als
freie Autorin und Lei­
terin des Schillerhauses in
Rudolstadt.
Denn […] das Alles in Allen,
welches immer ist […], stellt
sich nur in aller Zeit – oder im
Untergange oder im Moment,
oder genetischer im Werden des
Moments und Anfang von Zeit
und Welt dar, und dieser Unter­
gang und Anfang ist wie die
Sprache Ausdruk Zeichen Dar­
stellung eines lebendigen, aber
besondern Ganzen, welches eben
wieder in seinen Wirkungen
dazu wird, und zwar so, daß in
ihm, sowie in der Sprache, von
einer Seite weniger oder nichts
lebendig Bestehendes, von der
anderen Seite alles zu liegen
scheint.
Friedrich Hölderlin, aus: „Das unter­gehende
Vaterland …“, aus: Sämtliche Werke und Briefe,
Bd. 2, Hanser Verlag 1992, S. 72
Bettina Rossbacher
Mit freundlicher Unter­stützung des
­Kulturreferats der LH München
Lyrik Kabinett
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier Eintritt
Der Abend lädt ein zu einem Streifzug durch den Kosmos der
Dichterin Christine Lavant (1915–1973), aus Anlass des 2014
erschienenen
Fragt nicht, was die Nacht durchschneidet,
Bandes der
denn es ist ja meine Nacht
Werkausgabe:
Zu Lebzeiten
und mein großer Pfauenschrei
veröffentlichte
und ganz innen drin die Zunge
Gedichte. Die
mit der Botschaft nur für mich.
von schweren
Selbst wenn morgen dann die Sonne
Krankheiten
ganz erschöpft und fast verwachsen
und Depressio­
nen gezeichnete mit der Fegefeuerknospe
rasten will, wird sie vertrieben –
Dichterin und
denn es ist ja meine Knospe
Erzählerin, die
aus ärmsten
auf dem Rücken meines Steines
Verhältnissen
und für meine nächste Nacht.
stammte, fesselt
Christine Lavant, aus: Zu Lebzeiten veröffentlichte Gedichte,
das Publikum
herausgegeben und mit Nachworten von Doris Moser
bis heute mit
und Fabjan Hafner, unter Mitarbeit von Brigitte Strasser,
der elementaren Wallstein Verlag 2014, S. 411
Kraft ihrer
Sprache und ihrer bildkräftigen Neudeutung des Katholizismus.
Die Herausgeber erzählen Leben und Werk der Dichterin und
von ihrer Poetik und Rezeption: Fabjan Hafner, Übersetzer,
Autor und Leiter des Robert-Musil-Instituts der Universität Kla­
genfurt; Doris Moser, Radiojournalistin und Kultur­orga­nisatorin
und Leiterin des Fachbereichs Angewandte Germanistik an der
Universität Klagenfurt. Bettina Rossbacher war nach einem
Studium der Kunstgeschichte jahrelang für die UNESCO tätig,
ausgebildete Sprecherin und Rezitatorin.
Kulturhaus Neuperlach
Hanns-Seidel-Platz 1
(U5: Neuperlach Zentrum)
Bitte besuchen Sie uns:
Amalienstraße 83 a | 80799 München
(U3 und U6: Haltestelle Universität)
Immer neuere Lyrik-Perlen aus Neuperlach II
Die Klasse 9a des Werner-vonSiemens-Gymnasiums
Mittwoch, 20. Mai 2015
19 Uhr
Projektleiter:
Veranstaltungsort:
Birgit Müller-Wieland und
Àxel Sanjosé
Büro:
Montag bis Freitag 8–14 Uhr
Telefon: +49 89 346299
Fax: +49 89 345395
E-Mail: [email protected]
PEPPER
Theater im Keller
Thomas-Dehler-Straße 12
(U5: Neuperlach Zentrum)
www.lyrik-kabinett.de
www.facebook.com/lyrikkabinett
www.daslyrischequartett.de
In Kooperation mit dem Kulturreferat der LH München, mit freundlicher
Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus,
Wissenschaft und Kunst und von Reinhard Gorenflos
Bibliothek:
Montag, Mittwoch 10–13 Uhr
Dienstag, Donnerstag 15–21 Uhr
(an Veranstaltungstagen nur bis 18 Uhr)
Samstag 12–18 Uhr
Poetry in Motion
Moderation: Ko Bylanzky
An den Turntables:
Poetry DJ Rayl Patzak
„Jeder gesunde
Mensch kann
leicht zwei Tage
ohne Nahrung
leben – ohne
Poesie – niemals!“
Baudelaire, 1846
20 Uhr
(Einlass 19.30 Uhr)
Mit Lars Ruppel (Berlin),
Amy Leon (New York/USA) und
Verena Fiebiger (München)
Montag
11. Mai 2015
Mit freundlicher Unterstützung des
­Kulturreferats der LH München
Veranstaltungsort:
Lyrik Kabinett
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier
Eintritt
Fotos © www.panobilder.de
In Zusammenarbeit mit der ­Deutschen
­Akademie für Sprache und Dichtung
Die Stiftung Lyrik Kabinett München will der Poesie quer durch
alle Zeiten und Nationalliteraturen ein beständiges Forum zur
Verfügung stellen. Die Stiftung unterhält die zweitgrößte auf
Lyrik spezialisierte ­Präsenz-Bibliothek Europas (mit ca. 50.000
Medien), darunter zahlreiche hochwertige Künstlerbücher, und
richtet regelmäßig Veranstaltungen aus. Historisch reicht das
Spektrum der Poesie, die in den Lesungen zu erleben war und ist,
vom Gilgamesch-Epos bis zu zeitgenössischen Stimmen.
Programm
Mai– Juni 2015
Wundertiere
Zwiesprachen I
Poetry is an Island
Zwiesprachen II
Tarnkappe
Kapverdischer Dezember
Fräulein Militanz
Heinrich Detering stellt seinen neuen Gedichtband vor
Steffen Popp über César Vallejo
Derek Walcotts Topografien
Uljana Wolf über Theresa Hak Kyung Cha
Peter K. Wehrli liest aus seinem neuen Gedichtband
Meena Kandasamy liest aus ihren Gedichten
Moderation: Frieder von Ammon
Montag, 4. Mai 2015
20 Uhr
Rezitation der Gedichte in Original­
sprache: Leonardo Paredes Pernía
Montag, 18. Mai 2015
20 Uhr
Mit: Michael Krüger, Werner von
Koppenfels u. a.
Freitag, 22. Mai 2015
19 Uhr
Ein Abend für und mit Christoph Meckel
zu seinem 80. Geburtstag
Einführung und Moderation:
Einführung und Moderation:
Gefördert durch die Arbeits­gemein­schaft
Literarischer Gesellschaften und Gedenk­
stätten (ALG) aus Mitteln der B
­ eauftragten
der Bundes­regierung für Kultur und
Medien sowie durch das Kultur­referat
der LH München
Veranstaltungsort:
Moderation: Kathrin Härtl
Veranstaltungsort:
Mittwoch, 17. Juni 2015
20 Uhr
Frido Mann
Veranstaltungsort:
Es lesen aus seinen Gesammelten
Gedichten: Heinrich Detering,
Im Rahmen der gleichnamigen Tagung
der LMU (Vorträge auf Englisch)
Freitag, 22. Mai (9.30–17.00) –
Samstag, 23. Mai (9.30–13.00)
Lyrik Kabinett
Elisabeth Edl, Michael Krüger,
Anja Utler und Jan Wagner
Veranstaltungsort:
Mit freundlicher Unterstützung des
­Kulturreferats der LH München
Lyrik Kabinett
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier Eintritt
„Diese Gedichte sind Kapseln in der Ökonomie und Sparsamkeit
ihrer Effekte. Dabei spielen auch versteckte Resonanzen eine Rolle,
Echoräume … Manches ist von einer geradezu Heineschen Frechheit,
dann wieder gibt es Märchentöne. Heinrich Detering ist ein Poesie­
kopf, ein Radiokopf, der sehr viele Empfangsmöglichkeiten hat.“
(Hans Magnus Enzensberger im Lyrik Kabinett)
Von adamitischen Anfängen bis zu Apokalypsen und hinüber
ins Reich der Toten reichen Heinrich Deterings neue lyrische
Erkundungen: ebenso formvirtuos wie eindringlich, anspielungs­
reich wie bildstark. Mit den Wundertieren legt er seinen sechsten
Gedichtband vor. Wir freuen uns, den vielfach ausgezeichneten
Literaturwissenschaftler und den unermüdlich für die Lyrik
­werbenden Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache
und Dichtung nun erneut als Dichter auf unserem Podium
begrüßen zu können.
lebend
bewegungslos ein grauer Stein so
lag er unauffällig am Feldrand
als mein Vater ihn mit dem Schuh anstieß
rollte er zur Seite und war ein Igel
in der Seite sah ich das Loch in dessen Rot
es weiß wimmelte ich verstand das Bild nicht
als mein Vater sagte das seien die Maden
waren wir schon im Gehen und ich sah
dass der Igel uns sah
Heinrich Detering, aus: Wundertiere, Wallstein Verlag 2015, S. 40
Lyrik Kabinett
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier Eintritt
Die deutschsprachige Gegenwartslyrik empfängt wichtige Impulse
aus einer lebendigen Auseinandersetzung mit der internatio­
nalen Tradition. Zehn Lyrikerinnen und Lyriker sprechen 2015
und 2016 in einer neuen Reihe über Dichter, die für ihr eigenes
Schaffen bedeutsam sind. So werden Paarungen zu erleben sein,
die auf reizvolle Weise einen doppelten Blick entwerfen – auf das
Gegenwärtige und das Vergangene, das Eigene und das Fremde:
Zwiesprachen als treibende Kraft des Poetischen.
Obwohl er zu Lebzeiten nur drei Gedichtbände veröffentlichte,
ist der peruanische Dichter César Vallejo, der im Alter von nur
46 Jahren 1938 in Paris starb, einer der großen poetischen Neuerer
der spanischen Sprache des 20. Jahrhunderts. Den literarischen
Strömungen der Zeit immer voraus, war jedes seiner Bücher stilis­
tisch einzigartig und sprachlich wie gedanklich revolutionär.
Steffen Popp, geboren 1978 in Greifswald, lebt in Berlin. Für
seinen Gedichtband Dickicht mit Reden und Augen erhielt er den
Peter-Huchel-Preis 2014, derzeit ist er Stipendiat der Deutschen
Akademie in Rom.
XXIX
Es summt die Langeweile, versenkt
unter dem ungeschaffenen Augenblick und dem Rohr.
Eine Parallele verläuft zur
undankbaren vom Glück gebrochenen Linie.
Mich verwundert jede Festigkeit neben diesem Wasser,
das sich entfernt, das Stahl lacht, Rohr.
Neugestärkter Faden, Faden, zweinamiger Faden,
wo wirst du reißen, Knoten des Krieges?
Panzere diesen Äquator, Mond.
César Vallejo, aus: Trilce, Übertragen von Curt Meyer-Clason, Werke Bd. III,
herausgegeben von Alberto Perez-Amador Adam, Rimbaud Verlag 1998, S. 71
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder und Konferenz­
teilnehmer: freier Eintritt
Anlässlich des 85. Geburtstages des Nobelpreisträgers Derek
Walcott widmet sich ein Symposium in Kooperation mit dem
Lyrik Kabinett und dem Filmmuseum München seinen postkolo­
nialen Sprachlandschaften. In der Zusammenführung von
language und landscape wird sein Werk so zur Kartografie einer
langscape für die maritime Inselwelt der Karibik. Seine Texte
rücken diese Inseln immer wieder in weltliterarische Kontexte
und erkunden die vielfältigen poetischen Beziehungen, die sie mit
Orten in Afrika oder der Alten Welt suchen.
Michael Krüger und Werner von Koppenfels nähern sich in
ihrem Gespräch diesen alternativen Raumordnungen und lesen
eine Auswahl aus Walcotts Gedichten.
This page is a cloud between whose fraying edges
a headland with mountains appears brokenly
then is hidden again until what emerges
from the now cloudless blue is the grooved sea
Die Seite hier ist eine Wolke: hinter dem fransigen Saum
springt umrisshaft mit Bergen eine Landzunge vor
und schwindet wieder und was dann aus wolkenlosem Blau
auftaucht, ist das geriefte Meer
Derek Walcott: Weiße Reiher, Aus dem Englischen von Werner von Koppenfels,
Hanser Verlag 2012, S. 54
Gefördert durch die Arbeits­gemein­
schaft Literarischer Gesellschaften und
Gedenkstätten (ALG) aus Mitteln der
Beauftragten der Bundesregierung
für Kultur und Medien sowie durch
das Kultur­referat der LH München
Donnerstag, 11. Juni 2015
20 Uhr
Veranstaltungsort:
Lyrik Kabinett
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier Eintritt
Wer diktiert, wenn eine spricht, die Herkünfte ihrer Namen,
Heimaten, Mythen? Wie spricht sich das poetisch Ungehörige,
Unzugehörige der Immigrantin, der Mutter, der Revolutionärin?
Die koreanisch-amerikanische Dichterin und Künstlerin
Theresa Hak Kyung Cha veröffentlichte 1982 ihr wegwei­
sendes Buch Dictee, in derselben Woche, in der sie in New York
ermordet wurde. Nicht die Muttersprache bleibt, sondern ein
wichtiges Hauptwerk der postkolonialen Avantgarde, das mit
seiner irritierenden, zwischen Sprachen und Genres changie­
renden Poesie wichtige Fragen bis in unsere nationalsprachliche
Gegenwart hineinpunktuiert …
Die Lyrikerin und Übersetzerin Uljana Wolf lebt in New York
und Berlin; jüngste Veröffentlichungen: der Gedichtband
meine schönste lengevitch (2013) sowie Übersetzungen von
Yoko Ono, Eugene Ostashevsky, Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki.
Von weit her Ferne
welche Nationalität
welche Abstammung
oder Bluts oder Verwandtschaft
welche Blutlinien aus Blut
welche Strippen oder Sippen
welche Rasse Klasse Gen/eration
welcher Clan Stamm Stammung Bestand
welches Haus Geschlecht welche Kaste Konfession
welche Familie Zucht Sorte Brut Art
welche Streuung Störung Verschollung
Tertium Quid nicht dies nicht das
Tombe de nues de Transplantat
eingebürgert aufgeräumt zu was
Theresa Hak Kyung Cha, aus: Dictee, University of California Press
2001, S. 20, übersetzt von Uljana Wolf
Einführungen und Moderation:
Wolfgang Matz
Lyrik Kabinett
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier Eintritt
„Von Christoph Meckel, der Verkörperung des romantischen
Dichters, der alles andere als naiv und schwärmerisch ist, gibt es zu
seinem 80. Geburtstag eine Gesamtausgabe seiner Gedichte, die auch
für Kenner seines Werks Überraschungen bietet, denn viele seiner
Gedichtbände waren in kleinen Verlagen erschienen und kaum im
Handel erhältlich. Die nun vorliegenden tausend Seiten zeigen einen
produktiven, artistischen Dichter, der die Komödie der Welt in immer
neuen Versuchen zu preisen und zu demaskieren versteht. Ein
Lebensroman in Versen, großartig und auf jeder Seite überraschend.“
Michael Krüger über den neuen Band Tarnkappe, herausgegeben
von Wolfgang Matz, erschienen 2015 im Carl Hanser Verlag. An
diesem Abend feiern Meckels Freunde in einem mehrstimmigen
Lese-Konzert seine Dichtung.
u. A.w. g.
Davon ausgehend
daß die Materie erhalten bleibt und nicht verwechselt wird
mit Utopie oder Lyrik
weiter davon ausgehend
daß der Dreckige Jakob und sein Neinsein nicht verwechselt
wird mit Mister Rockefeller und seinen Geschäften
ferner davon ausgehend
daß der Tod Fleisch frißt und nicht verwechselt wird mit
einem Genickschuß
alles in allem davon ausgehend
daß der Mensch die Krone der Schöpfung ist und nicht
verwechselt werden kann mit Schwein, Laus oder Affe –
Licht der Welt! Um Antwort wird gebeten.
Christoph Meckel, aus: Tarnkappe. Gesammelte Gedichte,
herausgegeben von Wolfgang Matz, Hanser Verlag 2015, S. 726
Mittwoch, 24. Juni 2015
20 Uhr
Mit freundlicher Unterstützung der
Veranstaltungsort:
Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia
Lyrik Kabinett
und des Kulturreferats der LH München Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier Eintritt
Die Vergegenwärtigung des Fremden und ihre Einverwandlung
ins Vertraute ist eines der Grundanliegen des Katalogs von Allem,
in dem der Züricher Autor und Filmemacher Peter K. Wehrli
(geb. 1939) über vier Jahrzehnte seine Eindrücke von Reisen
sprachlich festhielt; das Buch genießt bei einer breiten Leserschaft
heute Kultstatus. 2014 erschien in der Reihe „Phoebus“ des
Münchner Scaneg-Verlags Wehrlis Gedichtband, der den
Vergegenwärtigungsimpuls des Katalogs im lyrischen Medium
fortsetzt und für die Kapverdischen Inseln neu facettiert.
„Wehrli ist ein Wahrnehmungsvirtuose, empfindsam und genau.
Sein Blick dringt tief unter die Oberfläche der Erscheinungen;
bewegend und irritierend.“ (Nürnberger Nachrichten)
Frido Mann, geboren 1940 in Monterey/Kalifornien, a­ rbeitete
nach dem Studium der Musik, der Katholischen Theologie
und der Psychologie viele Jahre als klinischer Psychologe in
Münster, Leipzig und Prag. Er lebt heute als freier Schriftsteller in
München. Zuletzt sind von ihm erschienen Mein Nidden. Auf der
Kurischen Nehrung (2012) und Das Versagen der Religion. Betrach­
tungen eines Gläubigen (2013).
Zuversicht
… und gäbe es
von Allem
was es gibt auf der Welt
nur ein einziges Stück,
so gäbe es doch dieses Eine:
nämlich Alles.
Peter K. Wehrli, aus: ­Kapverdischer
Dezember. Poetischer Dialog,
­Scaneg-Verlag 2014, S. 38
Joachim Sartorius
Montag, 29. Juni 2015
20 Uhr
Veranstaltungsort:
Lyrik Kabinett
Eintritt: 7,– € / 5,– €
Mitglieder: freier Eintritt
Sie schreibe keine Gedichte, das werde sie erst tun, wenn die Welt
sich gebessert habe. So die indische Lyrikerin, Übersetzerin,
promovierte Linguistin und Aktivistin Meena Kandasamy
(geb. 1984), die mit ihren beiden Gedichtbänden (2006 und 2010)
Aufsehen erregte. In bald sarkastisch-zornigem, bald charmantem,
traurigem oder ironischem Ton fasste sie darin Tabuthemen in
Indien an: Kastenwesen, Prostitution, ­Vergewaltigung, Unter­
drückung der Frauen und Rassismus – Poesie als Versuch existen­
zieller Not-Wendigkeit für Missstände, die ausgesprochen werden
müssen.
Moderiert wird der Abend von Joachim Sartorius, geb. 1946 in
Fürth/Bayern, Lyriker, Übersetzer, Herausgeber, Essayist, Jurist,
vormals Generalsekretär des Goethe-Instituts und Intendant der
Berliner Festspiele.
Prüfender Fick
Für eine Affäre:
Glaub jedem Mann der eine Kinderallergie hat,
Einen Bürgerkrieg in den Augen trägt, viel reist
Und aufbegehrt wenn du einer gesellschaftlich
Gebräuchlichen Steinigung ausgesetzt bist –
Dieser Held hat eine skandalträchtige Geschichte.
Er hütet Geheimnisse wie Sklavenmädchen.
Glaub diesem Mann, dass er dich nie enttäuscht,
Oder dich versetzt, auch wenn es eine
Wiederauferstehung von den Toten beinhaltet. Amen.
Meena Kandasamy, aus: Fräulein Militanz, Gedichte englisch – deutsch.
Aus dem Englischen von Raphael Urweider, Wunderhorn Verlag 2014, S. 31