Die Auswirkungen des Online-Handels auf die

KPMG Law
Bau- und Immobilienwirtschaft
Mandanteninfo aktuell | April 2015
Die Auswirkungen des Online-Handels auf die
Umsatzmiete
Im Einzelhandel sind kaum noch Unternehmen zu finden, die ihre Waren nicht online verkaufen.
Daher werden zunehmend Umsätze nicht nur durch den Verkauf in klassischen Geschäftsräumen, sondern im Wege des Fernabsatzes durch sogenannte Online-Shops erwirtschaftet. Durch die Verlagerung
von Umsatzerlösen eines Mieters auf den elektronischen Handel (E-Commerce), besteht für den gewerblichen Vermieter das Risiko einer sinkenden Umsatzmiete. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung sind unterschiedliche Anforderungen an die Gestaltung von Umsatzmietverträgen zu beachten.
Der Anteil des E-Commerce an den Einzelhandelsumsätzen ist in den vergangenen Jahren stetig zweistellig gewachsen und belief sich im Jahr 2014 in
Deutschland auf mehr als 9 % des Gesamtmarktes. In einzelnen Segmenten,
wie beispielsweise bei Büchern, Mode
oder Elektronik, liegt der Anteil des Online-Handels schon bei über 15 %.
Wandel im Einzelhandel
Dieser Trend ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass mit dem OnlineHandel geografisch nahezu unbeschränkte Kundenkreise erschlossen
werden können. Weiterhin erhoffen sich
Einzelhändler mit dem Einsatz eines Online-Shops regelmäßig eine Reduzierung
ihrer Kosten durch das Einsparen von
Verkaufs- und Lagerflächen sowie von
Personal. Zu berücksichtigen ist ande-
rerseits, dass Retouren im E-Commerce
einen wesentlichen Kostenfaktor darstellen. Denn die Rücksendequoten liegen je nach Bereich bei 40 % bis 60 %
des versendeten Warenwertes und
auch die Abwicklung dieser Prozesse erfordert einen hohen und mithin kostenintensiven Personaleinsatz. Nicht mehr
erforderlich ist beim Einsatz des OnlineHandels allerdings, die Ware in Verkaufsstätten vorzuhalten, und auch die
Auslieferung der Produkte kann über
dezentrale Versandlager erfolgen.
Risiken für Umsatzmietverträge
Die Vermietung von Geschäftslokalen
erfolgt häufig auf der Grundlage von
Umsatzmietverträgen. Bei der Ladenmiete in Einkaufszentren ist die Vereinbarung einer Umsatzmiete sogar die
Regel. Bei der Umsatzmiete wird ein
bestimmter Prozentsatz des vom Mieter
im Mietobjekt erwirtschafteten Umsatzes als Miete an den Vermieter weitergereicht. Auf diese Weise partizipiert
der Vermieter an den geschäftlichen
Chancen und Risiken des Mieters und
kann so direkt an sich verändernden
Marktbedingungen und dem Geschäftserfolg des Einzelhändlers teilhaben.
Üblicherweise knüpft der Mietvertrag
für die Berechnung der Umsatzmiete an
die im Mietobjekt erzielten Umsätze.
Verlagert der Mieter den Handel aus
dem Mietobjekt auf den Online-Handel,
indem er nicht mehr nur die Mietflächen
zum Verkauf nutzt, kann dies für den
Vermieter erhebliche Mieteinbußen zur
Folge haben. In einem solchen Fall wird
die mit der Umsatzmiete bezweckte
ausgewogene Chancen- und Lastenverteilung im Mietverhältnis einseitig zu
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International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
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Lasten des Vermieters verschoben.
Dem kann mit der richtigen Vertragsgestaltung vorgebeugt werden.
Vertragsgestaltung
Damit der Vermieter bei der Verlagerung
des Warenabsatzes des Mieters in den
Online-Handel und aufgrund der im
Mietobjekt weggefallenen Umsätze
nicht immer weniger Miete erzielt, sollten bei der Vertragsgestaltung unterschiedliche Kriterien berücksichtigt werden. Zunächst sollte eine Mindestmiete
vereinbart werden. Da für die Mindestmiete die allgemeinen Grundsätze gelten, kann sie als Indexmiete oder Staffelmiete ausgestaltet werden. Ferner
sollte vereinbart werden, welcher Umsatzbegriff der Berechnung der Umsatzmiete zu Grunde gelegt werden soll.
Eine möglichst genaue Definition des
Umsatzbegriffs kann dabei wesentlich
der Vermeidung von späteren Auseinandersetzungen dienen. Im Interesse
beider Mietvertragsparteien muss auch
eindeutig geregelt werden, ob auch die
durch Online-Handel erzielten Umsätze
des Mieters erfasst werden sollen. Hierfür sind konkreten Bezugnahmen auf die
Umsätze im Mietobjekt sowie diejenigen Umsätze, die über den elektronischen Vertriebsweg erzielt werden, erforderlich. Weiterhin empfiehlt es sich,
im Rahmen der Vertragsgestaltung Mitteilungs- und Zustimmungspflichten im
Hinblick auf etwaige Änderungen des
Vertriebskonzeptes des Mieters aufzunehmen, die den Vermieter ermöglichen, sich auf mögliche Umsatzverlagerungen einzustellen und gegebenenfalls
mit vorab bezifferten oder vom Vermieter oder einen sachverständigen Dritten
als Schiedsgutachter nach billigem Ermessen bestimmten Mietanpassungen
zu reagieren. Ferner sollte der Mieter
verpflichtet werden, detaillierte Aufzeichnungen über alle Einnahmen aus
sämtlichen Warenverkäufen und Dienstleistungen sowie über alle sonstigen
Einnahmen zu führen und dem Vermieter beispielsweise bis zum zehnten
Werktag eines jeden Kalendervierteljahres eine unterzeichnete Aufstellung vorzulegen, welche den Umsatz des jeweils vorhergehenden Kalendervierteljahres ausweist. Im ersten Mietjahr erscheint eine monatliche Meldepflicht
des Mieters in Bezug auf seine Umsätze
angemessen. Außerdem sollte im Miet-
vertrag eine Verpflichtung des Mieters
zur jährlichen Vorlage einer durch einen
Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater
unterzeichneten Aufstellung der im abgelaufenen Kalenderjahr insgesamt erzielten Umsätze geregelt werden. Auf
dieser Grundlage kann der Vermieter die
Umsätze des Mieters prüfen bzw. prüfen lassen. Insofern ist ebenso die Vorlagefrist zu regeln, ebenso sind die
Prüfbefugnisse des Vermieters einschließlich eines Rechts zur Belegeinsicht zu vereinbaren.
Fazit
Lassen sich Umsatzverlagerungen zulasten des Vermieters trotz entsprechender Vertragsgestaltung nicht mit
hinreichender Sicherheit und Transparenz ausschließen, sollte im Zweifel auf
eine Umsatzmiete verzichtet werden.
Besteht die Möglichkeit, dass der Vermieter am Umsatz des gesamten Internethandels des Mieters prozentual beteiligt wird, sollte hiervon Gebrauch
gemacht und dies entsprechend vertraglich vereinbart werden, da sich dann der
Vermieter über die Verlagerung von Umsätzen nicht mehr sorgen muss.
Kontakt
KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Dr. Rainer Algermissen (V.i.S.d.P.)
Rechtsanwalt
Leiter Practice Group Bauund Immobilienwirtschaft
Ludwig-Erhard-Straße 11–17
20459 Hamburg
T +49 40 360994-5331
[email protected]
Florian Grüner
Rechtsanwalt
Bau- und Immobilienwirtschaft
Klingelhöferstraße 18
10785 Berlin
T +49 (0) 30 530199-115
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