KPMG Law Bau- und Immobilienwirtschaft Mandanteninfo aktuell | Mai 2015 Schönheitsreparaturklauseln weiter auf dem Prüfstand Mit Urteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 242/13 hat der Bundesgerichtshof die Rechte der Vermieter erneut eingeschränkt. Nunmehr werden Quotenabgeltungsklauseln auch dann als unwirksam angesehen, wenn der vom Mieter zu zahlende Anteil nach dem Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum bemessen wird, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde. Eine solche Klausel benachteilige den Mieter unangemessen, weil für diesen bei Abschluss des Mietvertrages nicht klar und verständlich sei, welche Belastung auf ihn zukomme. Schönheitsreparaturen Bei Schönheitsreparaturen handelt es sich um Maßnahmen zur Erhaltung eines ansprechenden äußeren Erscheinungsbildes der Mieträume durch Beseitigung der Spuren des vertragsgemäßen Gebrauchs, insbesondere durch das Streichen der Decken und Wände sowie der Reinigung der Böden. Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die Durchführung von Schönheitsreparaturen grundsätzlich Aufgabe des Vermieters. Sie ist geschuldet, wenn ein entsprechender Bedarf besteht. Üblicherweise wird die Durchführung der Schönheitsreparaturen jedoch durch eine entsprechende mietvertragliche Vereinbarung auf den Mieter abgewälzt. Formularmäßige Abwälzung der Schönheitsreparaturen Der Bundesgerichtshof hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Formularklauseln, mit denen Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt haben, wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters für unwirksam gehalten. Die betrifft insbesondere • starre Fristenpläne, die nicht durch Formulierungen wie „im Allgemeinen“, „in der Regel“ usw. aufgeweicht sind (u.a. Urteile vom 23.06.2004 – VIII ZR 361/03 (Wohnraum) und vom 08.10.2008 – XII ZR 84/06 (Gewerberaum)); • Endrenovierungsklauseln, die unabhängig vom tatsächlichen Abnutzungszustand des Mietobjekts die Durchführung von Arbeiten des Mieters vorsehen (u.a. Urteil vom 14.5.2003 – VIII ZR 308/02 (Wohnraum) und vom 06.04.2005 – XII ZR 308/02 (Gewerberaum)); • Farbwahlklauseln oder Bestimmungen der Ausführungsart mit Ausnahme der Regelung zur Rückgabe des Mietobjekts in „neutralen, hellen, deckenden Farben“ (u.a. Urteil vom 18.06.2008 – VIII ZR 224/07). Entwicklung der Rechtsprechung Formularmäßig vereinbarte Quotenabgeltungsklauseln sah der Bundesgerichtshof zunächst auch bei der Vereinbarung von „starren“ Fristen als zulässig an (Rechtsentscheid vom 06.07.1988 – VIII ARZ 1/88), schränkte dies aber mit Urteil vom 26.09.2007 – VIII ZR 143/06) dahingehend ein, dass © 2015 KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. 2 | Mandanteninfo Aktuell | Bau- und Immobilienwirtschaft | Mai 2015 derartige Klauseln (nur dann) der gerichtlichen Inhaltskontrolle standhalten, wenn sie den vom Mieter zu zahlenden Anteil nach dem Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum bemessen, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde. Daran hält der Bundesgerichtshof, wie schon mit Beschluss vom 22.01.2014 (VIII ZR 352/12), angedeutet worden war, nicht mehr fest. Formularmäßig vereinbarte Quotenabgeltungsklauseln sind nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich unwirksam, da der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages den auf ihn entfallenden Kostenanteil nicht verlässlich ermitteln kann. Dieser hängt vom Zustand der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses ab, der bei Abschluss des Mietvertrages nicht voraussehbar ist. Dies stelle eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar (Urteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 242/13) Es ist zu erwarten, dass der für das Gewerberaummietrecht zuständige XII. Senat des Bundesgerichtshofes diese Rechtsprechung auch für die Gewerberaummiete übernimmt. Mit weiteren Urteilen vom 28.03.2015 (VIII ZR 185/14 und VIII ZR 21/13) hat der Bundesgerichtshof zudem entschieden, dass die formularmäßige Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam ist, wenn die Wohnung bei Übergabe unrenoviert war und der Mieter keine angemessene Ausgleichszahlung erhielt. Einen Nachlass von einer halben Monatsmiete sah der Bundesgerichtshof dabei als nicht ausreichend an. Rechtsfolgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln Sind formularvertraglich vereinbarte Schönheitsreparaturklauseln unwirksam, ist der Vermieter auch während der Laufzeit des Mietverhältnisses zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet, ohne dass er insoweit einen Zuschlag auf die Miete geltend machen könnte. Führt der Mieter Schönheitsreparaturen aus, obwohl er hierzu nicht verpflichtet ist, oder leistet er Zahlungen auf eine unwirksame Quotenabgeltungsklausel, kann er die ihm entstandenen Kosten bzw. von ihm geleisteten Zahlungen zudem vom Vermieter zurückverlangen. Dies gilt auch für Schönheitsreparaturen, die bereits mehrere Jahre zurückliegen. Die Ansprüche des Mieters verjähren innerhalb von sechs Monaten beginnend mit der Beendigung des Mietverhältnisses. Ausblick/Praxistipp Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zeigt, dass bei der Abfassung von Schönheitsreparaturklauseln höchste Vorsicht geboten ist. Eine weitere Änderung der Rechtsprechung ist bereits in Sicht. So hat der Bundesgerichtshof in einem obiter dictum in seinem Urteil vom 26.09.2007 – VIII ZR 143/06 die Angemessenheit der Dauer der Regelfristen von drei, fünf und sieben Jahren gemäß des vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen Mustermietvertrags 1976 in Frage gestellt. Eine Entscheidung hierüber steht noch aus. Für die Praxis empfiehlt es sich, die Schönheitsreparaturklausel möglichst kurz zu fassen, um nicht Gefahr zu laufen, dass diese unzulässige Bestandteile enthält und die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter hierdurch insgesamt unwirksam ist. Zulässig ist beispielsweise eine Formulierung wie „Der Mieter trägt die Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten.“ Alternativ ist auch darüber nachzudenken, auf eine Abwälzung der Schönheitsreparaturen insgesamt zu verzichten und stattdessen einen Aufschlag auf die Miete zu vereinbaren. Zu dessen Bemessung kann zumindest für Wohnraum § 28 Abs. 4 Satz 2 der zweiten Berechnungsverordnung herangezogen werden, der für die Durchführung von Schönheitsreparaturen bis zu 8,50 €/m²/Jahr vorsieht. Wir empfehlen, vorformulierte Mietverträge zu prüfen, Formulartexte für die Zukunft zu ändern und ggf. in bestehenden Mietverhältnissen eine einvernehmliche Anpassung herbeizuführen, um späteren Streitigkeiten oder Rückforderungsansprüchen des Mieters wegen durchgeführter Schönheitsreparaturen zuvorzukommen. Für diesbezügliche Fragen stehen wir gerne zur Verfügung. Kontakt KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Dr. Matthias Aldejohann (V.i.S.d.P.) Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Ammonstraße 10 01069 Dresden T +49 351 2129-4411 [email protected] Inke Reuter Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Ammonstraße 10 01069 Dresden T +49 351 2129-4441 [email protected] www.kpmg-law.de Die enthaltenen Informationen sind allgemeiner Natur und nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson oder einer juristischen Person ausgerichtet. Obwohl wir uns bemühen, zuverlässige und aktuelle Informationen zu liefern, können wir nicht garantieren, dass diese Informationen so zutreffend sind wie zum Zeitpunkt ihres Eingangs oder dass sie auch in Zukunft so zutreffend sein werden. Niemand sollte aufgrund dieser Informationen handeln ohne geeigneten fachlichen Rat und ohne gründliche Analyse der betreffenden Situation. Unsere Leistungen erbringen wir vorbehaltlich der berufsrechtlichen Prüfung der Zulässigkeit in jedem Einzelfall. © 2015 KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperatve („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
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