MERKBLATT Der gesetzliche Mindestlohn - IHK Lahn-Dill

MERKBLATT
Der gesetzliche Mindestlohn
Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland wirft viele Fragen auf. Dieses Merkblatt enthält
grundsätzliche Informationen hierzu. Rechtsprechung und Kommentierungen zu diesem
Thema liegen jedoch noch nicht vor, weshalb diese Informationen lediglich als erste
Einschätzung zu sehen sind.
Allgemeine Informationen
Seit dem 01.01.2015 gilt in Deutschland ein flächendeckender branchenunabhängiger
gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € (brutto) pro Stunde. Dieser ist im Mindestlohngesetz
(MiLoG) geregelt.
Für wen gilt das MiLoG?
Gemäß § 22 MiLoG gilt dieses für Arbeitnehmer und Praktikanten i.S.v. § 26 BBiG (s. aber
unten).
Für wen gilt das MiLoG nicht?
Für folgende Gruppen gilt der Mindestlohn nicht:
 Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung
 Auszubildende
 Langzeitarbeitslose (in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung)
 Praktikanten, die
o ein Pflichtpraktikum nach einer schul- oder hochschulrechtlichen Bestimmung
oder einer Ausbildungsordnung absolvieren
o ein Praktikum zur Orientierung für Beruf oder Studium von bis zu drei Monaten
absolvieren
o die ein berufs- oder hochschulausbildungsbegleitendes Praktikum von bis zu
3 Monate, wenn nicht bereits zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit
demselben Ausbildenden bestand,
 Ehrenamtliche Mitarbeiter
 Personen, die an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III oder an einer
Berufsbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz teilnehmen
Wo muss die Tätigkeit ausgeübt werden?
Der Arbeitnehmer muss im Hoheitsgebiet Deutschlands tätig sein.
Für welche Arbeitgeber gilt das Mindestlohngesetz?
Das Gesetz gilt für alle Arbeitgeber mit Sitz im In- und Ausland, wenn sie im Inland
Arbeitnehmer beschäftigen.
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Kann der Mindestlohn ausgeschlossen werden?
Nein. Es dürfen keine Vereinbarungen getroffen werden, die dazu führen, dass der
Mindestlohn unterschritten, ausgeschlossen oder beschränkt wird. Der Arbeitnehmer kann
nur in einem gerichtlichen Vergleich auf den Mindestlohn verzichten, ansonsten ist dies nicht
möglich (§ 3 MiLoG).
Sind nur noch Entlohnungsmodelle auf Stundenbasis erlaubt?
Nein. Nach dem Mindestlohngesetz gilt der Grundsatz, dass jede tatsächlich geleistete
Arbeitsstunde mit dem Mindestlohn zu vergüten ist. Alle bislang zulässigen
Entlohnungsmodelle bleiben weiterhin zulässig, solange dieser Grundsatz berücksichtigt
wird.
Welche Zahlungen sind einzuberechnen?
Grundsätzlich sind solche Zahlungen des Arbeitgebers als Bestandteil des Mindestlohns
anzurechnen, die die „Normaltätigkeit“ abgelten.
Welche Zahlungen sind nicht einzuberechnen?
Die genaue Berechnung des Mindestlohns ist nicht im MiLoG geregelt, weshalb die
Aussagen der Koalitionsfraktionen im Gesetzgebungsverfahren hierbei herangezogen
werden müssen.
Danach sollen folgende Gelder unberücksichtigt bleiben:
 Zuschläge für besondere Mehrarbeit wie Sonntags-, Nacht- oder
Überstundenzuschläge;
 in größeren Abständen gezahltes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld;
 Wegegeld (als Aufwandsentschädigung).
Ferner dürften wohl nicht zu berücksichtigen sein:
 Trinkgelder bleiben ebenfalls unberücksichtigt, da diese nicht kalkulierbar sind und
der Arbeitnehmer auch keinen Anspruch darauf hat;
 Vermögenswirksame Leistungen;
 Aufwandsentschädigungen, weil mit Ihnen ein besonderer Aufwand abgegolten wird;
 Wäschegeld
 Qualitätsprämien
Wann ist der Mindestlohn fällig?
Der gesetzliche Mindestlohn ist zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit, spätestens jedoch
am letzten Bankarbeitstag des Folgemonats (Monat, der auf den Monat folgt, in dem die
Arbeitsleistung erbracht wurde) zu zahlen. Wurde nichts vereinbart und wird der Lohn nach
Zeitabschnitten bemessen, so ist der Mindestlohn immer nach Ablauf dieser einzelnen
Abschnitte zu zahlen. In der Regel werden Monatslöhne vereinbart, sodass der Mindestlohn
mit Ablauf des Monats zu zahlen ist.
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Wie werden Überstunden behandelt?
Für Überstunden gelten grundsätzlich die allgemeinen Regelungen zum Mindestlohn.
Bei einem gleichbleibenden (verstetigten) Arbeitslohn, besteht aber die Möglichkeit, dass die
über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden auf ein
Arbeitszeitkonto eingestellt werden.
Dies muss schriftlich (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) vereinbart werden.
Allerdings müssen die eingestellten Überstunden innerhalb von 12 Kalendermonaten durch
Gewährung bezahlten Freizeitausgleichs oder Auszahlung des Mindestlohns ausgeglichen
werden.
Dies gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitslohn so hoch ist, dass der Mindestlohn für
sämtliche geleistete Arbeitsstunden einschließlich der Überstunden erreicht wird.
Die Überstunden dürfen 50 % der im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitszeit im Monat nicht
übersteigen. Wird das Arbeitsverhältnis beendet, müssen die Überstunden spätestens im
folgenden Monat ausgeglichen werden.
Gibt es Regelungen für den Übergang?
Tarifverträge
Die Übergangszeit für abweichende tarifvertragliche Entgelthöhen geht bis zum 31.12.2017.
Solche abweichenden Regelungen finden sich beispielsweise im Friseurhandwerk. Ab dem
01.01.2018 bildet der gesetzliche Mindestlohn dann branchenübergreifend die absolut
unterste Entgeltgrenze, welche auch nicht mehr von Branchenmindestlöhnen unterschritten
werden darf.
Zeitungszusteller gemäß § 24 Abs. 2 MiLoG
Zeitungszusteller sind Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodisch
Zeitungen und Zeitschriften an Endkunden zustellen. Dies umfasst auch Zusteller von
Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt.
Für sie gilt:
Ab 01.01.2015: 75 % des Mindestlohns
Ab 01.01.2016: 85 % des Mindestlohns
Ab 01.01.2017: 8,50 € brutto je Zeitstunde
Ab 01.01.2018: Mindestlohn nach dem MiLoG
.
Gibt es eine Haftung des Auftraggebers?
Ja, beauftragt ein Unternehmer einen anderen mit der Erbringung von Werk- oder
Dienstleistungen, so haftet er wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet
hat, verschuldensunabhängig dafür, dass die von ihm beauftragten Werk- oder
Dienstleistungsunternehmer einem Nachunternehmer einen von dem Unternehmer oder
Nachunternehmer beauftragten Verleiher (Zeitarbeitsfirma), § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG
den gesetzlichen Mindestlohn zahlen.
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Das MiLoG verweist hier entsprechend auf § 14 Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG). Die
Rechtsprechung zum AEntG aus der Baubranche entsprechend angewendet, würde diese
Haftung dann greifen, wenn Sub- bzw. Nachunternehmer die Leistungspflichten des
Hauptunternehmers erfüllen. Dies ist der Fall, wenn der Hauptunternehmer die Leistung nicht
mit seinen eigenen Arbeitern erfüllt, sondern sich einem oder mehrerer Subunternehmer
bedient. Dieser Subunternehmer müsste dann für die eigene wirtschaftliche Tätigkeit des
Generalunternehmers eingesetzt werden. Dies bedeutet, dass zum Beispiel der Betrieb einer
Kantine für die Mitarbeiter des Hauptunternehmers oder der Bau einer eigenen Lagerhalle
nicht unter die Generalunternehmerhaftung fällt, da damit keine Einnahmen erzielt werden
und kein eigener Auftrag bearbeitet wird.
Es gibt allerdings Vertreter der Auffassung, dass aufgrund der nur entsprechenden
Anwendung und der branchenunabhängigen Geltung des Mindestlohns eine umfassende
Auftraggeberhaftung gelten müsste.
Hier ist die konkrete Rechtsprechung diesbezüglich abzuwarten.
* Bundesministerin Nahles hat nun eine klarstellende Erklärung von Bundesarbeits- und
Bundesfinanzministerium zugesagt, dass sowohl die zivilrechtliche Auftraggeberhaftung als auch die
entsprechende Bußgeldvorschrift nur greifen, wenn eigene vertraglich übernommene Pflichten
weitergegeben werden.
Wird der Mindestlohn künftig angepasst?
Ja, die Mindestlohnkommission entscheidet in zweijährigem Turnus über die Anpassung des
Mindestlohns. Die Mindestlohnkommission besteht aus einem Vorsitzenden, zwei
beratenden Mitgliedern und je drei von den Spitzenverbänden der Arbeitgeber bzw.
Arbeitnehmer vorgeschlagenen stimmberechtigten Mitgliedern.
Für wen gilt die Dokumentationspflicht und wie gestaltet sie sich?
Die Dokumentationspflicht des Arbeitgebers gilt grundsätzlich für folgende Arbeitnehmer:

Geringfügig Beschäftigte (Minijobber bis 450 € und kurzfristig Beschäftigte) mit
Ausnahme der geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten.
Ferner müssen die Arbeitgeber der Wirtschaftsbereiche des § 2 a
Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetzes:
 Baugewerbe,
 Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
 Personenbeförderungsgewerbe,
 Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
 Schaustellergewerbe,
 Unternehmen der Forstwirtschaft,
 Gebäudereinigungsgewerbe,
 Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
 Fleischwirtschaft,
die tägliche Arbeitszeit aufzeichnen.
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In diesen Wirtschaftsbereichen müssen auch Entleiher die Arbeitszeit von bei ihnen tätigen
Leiharbeitnehmern aufzeichnen.
Es müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit innerhalb einer Woche nach
der Arbeitsleistung aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnung muss mindestens zwei Jahre
aufbewahrt werden.
Die Dokumentationspflicht gilt nicht für Arbeitnehmer, deren regelmäßiges Bruttoeinkommen
2.958 € überschreitet (MiLoDokV). Außerdem muss sieht die Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (MiLoAufzV) für ausschließlich mobile Tätigkeiten unter bestimmten
Voraussetzungen Vereinfachungen der Aufzeichnungspflicht vor.
* Bundesministerin Nahles hat angekündigt die Einkommenshöhe für die Arbeitszeitnachweise in
bestimmten Branchen abzusenken, wenn das regelmäßige Arbeitsentgelt in den letzten zwölf
Monaten mindestens 2.000 € betragen hat, sowie für Ehepartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers
ganz zu streichen. Die IHK-Organisation hatte immer wieder eine generelle Absenkung des Wertes
auf 1.900 €, eine Streichung für Familienangehörige, das Abstellen auf ein vollzeitäquivalentes Gehalt
sowie Einschränkungen für Kleinbetriebe und geringfügige Beschäftigungen gefordert. Außerdem soll
die Aufzeichnung von Überstunden nach dem Arbeitszeitgesetz nicht mehr durch den Zoll überprüft
werden. Die Pflichten bleiben zwar bestehen, werden aber wie früher ausschließlich durch die
zuständigen Behörden kontrolliert.
Was müssen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland beachten?
Arbeitnehmer mit Sitz im Ausland, die Arbeitnehmer in Deutschland in folgenden
Wirtschaftsbereichen beschäftigen
 Baugewerbe
 Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
 Personenbeförderungsgewerbe
 Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe
 Schaustellergewerbe
 Unternehmen der Forstwirtschaft
 Gebäudereinigungsgewerbe
 Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen
 Fleischwirtschaft
haben die Pflicht, diese vor jeder Werk- oder Dienstleistung bei der zuständigen Behörde der
Zollverwaltung schriftlich anzumelden und Änderungen dieser Angaben unverzüglich zu
melden (§ 16 MiLoG). Dies gilt auch für Entleiher. Näheres zu den Meldepflichten regelt die
Mindestlohnmeldeverordnung (MiLoMeldV). Die Mindestlohndokumentations-Verordnung
(MiLoDokV) schränkt die vorgenannte Meldepflicht ein, wenn das verstetigte regelmäßige
Monatsentgelt brutto 2.958 € überschreitet.
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Wird die Einhaltung des MiLoG kontrolliert?
Ja, die Behörden der Zollverwaltung sind gemäß § 14 MiLoG für die Kontrolle zuständig.
Hierbei sind sie dazu berechtigt, Grundstücke und Geschäftsräume des Arbeitgebers, des
Auftraggebers und des Entleihers zu betreten, Arbeitsverträge und Geschäftsunterlagen
einzusehen und weitere Auskünfte zu verlangen (§ 15 MiLoG). Der Arbeitgeber muss diese
Kontrolle dulden und auch daran mitwirken.
Welche Konsequenzen hat die Missachtung des MiLoG?
Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das MiLoG begeht dieser eine
Ordnungswidrigkeit. Bei einem fahrlässigen oder vorsätzlichen Verstoß gegen die
Dokumentationspflicht kann ein Bußgeld bis zu 30.000 € verhängt werden. Wird der
Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig gezahlt, droht sogar ein Bußgeld bis zu 500.000 €.
Zudem können Unternehmen bei Verstoß gegen das MiLoG unter bestimmten
Voraussetzungen von der Vergabe öffentlicher Verträge ausgeschlossen werden.
Weitere Informationen
Das Bundesministerium für Soziales und Arbeit (BMAS) hat eine Website zum Thema
Mindestlohn eingerichtet (www.der-mindestlohn-gilt.de). Das BMAS hat auch eine Hotline für
Fragen zum Mindestlohn eingerichtet: Telefon 030 60 28 00 28 (Montag bis Donnerstag,
jeweils von 8.00 bis 20.00 Uhr).
Bei weiteren Fragen können sie sich auch gerne an die IHK Lahn-Dill wenden.
Hinweis
Die Veröffentlichung von Merkblättern ist ein Service der IHK Lahn-Dill für Ihre Mitgliedsunternehmen. Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen
Grundlagen, die nur erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
Es kann eine anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: Juli 2015
Ihr IHK-Ansprechpartner:
Ass. jur. Christian Bernhard
Telefon: 06441- 9448 1700
[email protected]
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