So entsenden Sie Ihre Mitarbeiter nach Deutschland rechtlich korrekt

Risikofalle externer Personaleinsatz: Beispiel Deutschland – Österreich
lohn & recht
Autorin
Autorin
Rechtsanwältin / Mediatorin,
BTU SIMON
Associate Partner / Lehrbeauftragte der
Hochschule der Bayerischen Wirtschaft (HDBW),
Fachanwältin für Arbeitsrecht,
BTU SIMON
Susanne Schröder
Foto: Schröder
Foto: Kochanowski
Berit Kochanowski
So entsenden Sie Ihre Mitarbeiter
nach Deutschland rechtlich korrekt
Deutschland ist Österreichs wichtigster Außenhandelspartner. Nach
Zahlen von Statistik Austria stammen 40 Prozent aller nach Österreich
eingeführten Waren aus Deutschland, etwa 30 Prozent aller aus Österreich ausgeführten Waren gelangen dorthin. Dementsprechend häufig
erbringen Mitarbeiter ihre Arbeitstätigkeit im jeweils anderen Land.
Dabei ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinn jeder Personaleinsatz
im Ausland eine Entsendung (§ 4 deutsches SGB IV). Beim grenzüberschreitenden Einsatz von Mitarbeitern ist daher im Hinblick auf das Sozialversicherungsrecht sowie Mindestlohn und Meldepflichten einiges
zu beachten.
Auswirkungen auf das anzuwendende
Sozialversicherungsrecht
Kurzfristige Entsendungen sind ohne Einfluss auf die sozialversicherungsrechtliche
Beurteilung; dies gilt jedenfalls, wenn der
Mitarbeiter seinen Wohnsitz (Mittelpunkt der
Lebensinteressen) im Entsendestaat behält
und die Verordnungen zur Koordinierung der
Sozialversicherungssysteme anwendbar sind.
Zum Nachweis der Zugehörigkeit zum „Heimat“-Sozialversicherungssystem muss eine
A1-Bescheinigung beantragt werden; denn
im Fall einer Überprüfung muss diese sowohl
in Österreich als auch in Deutschland vorliegen.
Jedenfalls erforderlich ist dies bei langfristigen Entsendungen. Nach europäischem Sozialversicherungsrecht richtet sich die Frage
der Sozialversicherungspflicht grundsätzlich
nach dem Recht des Arbeitsortes. Ist eine
Rückkehr nach Österreich vorgesehen, kann
für einen Zeitraum von 24 Monaten (mit
Ausnahmevereinbarung bis 48 Monate) das
österreichische Sozialversicherungssystem
beibehalten werden. Dies gilt nur dann, wenn
eine A1-Bescheinigung vorliegt.
Für den Fall, dass der Arbeitgeber nicht
rechtzeitig oder nicht vollständig Sozialversicherungsbeiträge abführt, gibt es in beiden
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Ländern umfassende Haftungen (§ 66 österreichisches ASVG; § 28 e Abs. 3 deutsches
SGB IV).
In beiden Ländern haben Unternehmen
Meldepflichten und müssen einen
Mindestlohn zahlen
Der grenzüberschreitende Einsatz von Mitarbeitern ist in beiden Staaten unter unterschiedlichen Prämissen meldepflichtig. Halten Arbeitgeber die Meldepflicht nicht ein,
drohen vor allem verwaltungsstrafrechtliche
Folgen. In Deutschland liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. In schwerwiegenden Fällen
kann durch die Missachtung von gesetzlichen
Mindestlohnbestimmungen in beiden Ländern auch eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegen. Dazu kommt der mögliche
Ausschluss von Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge. Nicht zuletzt kann der bloße
Verdacht der Missachtung von Mindestlohnbestimmungen in Österreich auch zu erheblichen Liquiditätsproblemen führen, denn
die Behörde kann den Auftraggeber dazu
veranlassen, den Werklohn beziehungsweise
die Vergütung nicht zu bezahlen, sondern als
Sicherheit für mögliche Beitragsschulden zu
erlegen.
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Mittlerweile allgemein bekannt ist die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes seit
dem 1.1.2015 in Höhe von 8,50 Euro brutto
in Deutschland. Viele Fragen, insbesondere
welche Entgeltbestandteile für die Berechnung des Mindestlohnes zu berücksichtigen
sind, sind in diesem Zusammenhang noch
ungeklärt. Mit einigen wenigen Ausnahmen
gilt der Mindestlohn für alle Branchen und
für jede in Deutschland erbrachte Arbeitsleistung. Ausgenommen vom Mindestlohn
sind zum Beispiel Jugendliche unter 18
Jahren ohne Berufsabschluss, Zeitungszusteller (mit einer Übergangsregelung) und
Praktikanten, die sogenannte Pflichtpraktika
ausüben.
Der Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro
Arbeitsstunde ist nach § 2 des deutschen
MiLoG spätestens am letzten Bankarbeitstag
des Folgemonats, in dem der Arbeitnehmer
die Arbeitsleistung erbracht hat, zur Zahlung
fällig. Der Mindestlohn für im September
2015 erbrachte Leistungen ist daher am 30.
Oktober 2015 zu leisten. Deshalb muss der
für einen Kalendermonat bezahlte Bruttomonatslohn mindestens der Anzahl der in diesem Monat geleisteten Arbeitsstunden multipliziert mit dem Mindestlohn entsprechen.
Bei stark schwankendem Arbeitsumfang oder
variablen Bezügen kann der Mindestlohn ungewollt unterschritten werden. Das Gesetz
erlaubt die Einführung von Arbeitszeitkonten
durch schriftliche Vereinbarung, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag und ermöglicht
damit einen Ausgleich von schwankenden Arbeitszeiten. Dadurch scheint die Handhabung
der Arbeitszeitguthaben, wie sie beispielsweise aufgrund von Durchrechnungszeiträumen
in österreichischen Kollektivverträgen vorgesehen ist, wohl zulässig zu sein.
In Österreich gibt es nach wie vor keinen
einheitlichen gesetzlich festgelegten Mindestlohn. Verbindliche Mindestlöhne ergeben
sich aber für österreichische Arbeitgeber in
den meisten Fällen aus den Kollektivverträgen, denen sie angehören. Unabhängig von
einer etwaigen Gewerkschaftsmitgliedschaft
müssen Arbeitgeber aufgrund der Außenseiterwirkung die Kollektivverträge für alle
Arbeitnehmer anwenden. Da Kollektivverträge grundsätzlich nur für die Mitglieder der
jeweiligen Kollektivvertragsparteien (in der
Regel Gewerkschaft beziehungsweise Sekti-
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on der Wirtschaftskammer) verbindlich sind,
sind ausländische Arbeitgeber von den Regelungen des Kollektivvertrags grundsätzlich
nicht unmittelbar erfasst.
Dies hat der Gesetzgeber durch eine Umsetzung der EU–Entsenderichtlinie geändert.
Das AVRAG verpflichtet auch den ausländischen Arbeitgeber ohne Sitz in Österreich
dazu, seinen Mitarbeitern für die Dauer des
Einsatzes in Österreich das Entgelt zu bezahlen, das vergleichbaren österreichischen
Arbeitnehmern am Einsatzort aufgrund des
Kollektivvertrages zusteht.
Dies gilt nicht für Tätigkeiten im Rahmen
von Montagearbeiten, Inbetriebnahmen oder
Schulungen mit einer Dauer von höchstens drei Monaten (§ 7b Abs. 2 Z 1 österreichisches AVRAG), es sei denn es handelt sich
um Bautätigkeiten. Für Bautätigkeiten gilt
das „Montageprivileg“ nicht; hier sind in der
Regel die österreichischen Mindestentgeltregelungen und auch die entsprechenden
Urlaubsregelungen vom ersten Tag an anzuwenden. Ab 1.1.2016 hat in der Baubranche
die Lohnzahlung verpflichtend durch Banküberweisung zu erfolgen, eine Barzahlung ist
dann nicht mehr zulässig.
Im österreichischen AVRAG ist in § 7 weiters
geregelt, dass der vergleichbaren Arbeitnehmern zu bezahlende kollektivvertragliche
Mindestlohn auch für Ortskräfte eines Arbeitgebers gilt, der seinen Sitz im Ausland
hat.
Sollen österreichische Arbeitnehmer in
Deutschland in den Branchen nach § 2 des
deutschen
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) oder jenen nach
§ 19 des deutschen Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG) beschäftigt werden, ist
seit 1.1.2015 eine Meldung an die hierfür
zuständige Bundesfinanzdirektion West verpflichtend. Anders als in Österreich ist die
Meldepflicht also auf bestimmte Branchen,
wie etwa die Baubranche, beschränkt. Die
Meldung hat vor Beginn jeder Werk- oder
Dienstleistung also spätestens am Vortag zu
erfolgen. Unternehmen müssen auch eine
Dienstleistung von nur einem Tag melden.
Keine Meldepflicht besteht wegen der deutschen Mindestlohndokumentationsverord-
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nung (MiLoDokV) dann, wenn das dem Arbeitnehmer bezahlte monatliche verstetigte
Arbeitsentgelt (gemeint wohl das regelmäßige Arbeitsentgelt) mehr als 2.958 Euro brutto
beträgt. Weiters besteht seit dem 1. August
2015 keine Meldepflicht, wenn das verstetigte regelmäßige Monatsentgelt 2.000 Euro
brutto überschreitet und wenn der Arbeitgeber dieses Monatsentgelt für die letzten
vollen zwölf Monate (Zeiten ohne Anspruch
auf Arbeitsentgelt bleiben unberücksichtigt)
nachweislich gezahlt hat (§ 1 Abs. 1 Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung
[MiLoDokV]).
Keine Meldepflicht besteht nach dem deutschen MiLoG und dem deutschen AEntG für
im Betrieb des Arbeitgebers im Rahmen eines
Arbeitsverhältnisses arbeitende Ehegatten,
eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers. Ist der Arbeitgeber
eine juristische Person oder eine rechtsfähige
Personengesellschaft, so kommt es auf das
Bestehen einer entsprechenden verwandtschaftlichen Beziehung zu dem vertretungsberechtigten Organ der juristischen Person,
einem Mitglied eines solchen Organs oder
einem vertretungsberechtigten Gesellschafters der rechtsfähigen Personengesellschaft
an (§ 1 Abs. 2 deutsches MiLoDokV). Familienangehörige, bei denen ein Arbeitsverhältnis nicht vorliegt, sondern die lediglich aufgrund ihrer familiären Beziehung im Betrieb
mitarbeiten, sind keine Arbeitnehmer und
unterfallen damit nicht dem deutschen MiLoG oder dem deutschen AEntG und den dort
geregelten Meldepflichten.
Zum Nachweis der Voraussetzungen für die
Befreiung von der Meldepflicht hat der Arbeitgeber diejenigen Unterlagen in Deutschland in deutscher Sprache bereitzuhalten, aus
denen sich die Erfüllung der in der deutschen
MiLoDokV genannten Voraussetzungen ergibt.
Das Gesetz unterscheidet nicht danach, ob es
sich bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit
um Leistungen für rechtlich unabhängige
Unternehmen, oder ob es sich um verbundene
Unternehmen mit Sitz im Ausland, hier also
in Österreich, handelt. Daher sind auch österreichische Mutter- oder Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen zur Meldung
verpflichtet, wenn sie ihre Arbeitnehmer zur
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Arbeitsleistung innerhalb der Unternehmensgruppe nach Deutschland entsenden. Im Fall
einer zulässigen Arbeitnehmerüberlassung
über die Grenze trifft ergänzend den deutschen Entleiher nach § 16 Abs. 3 des deutschen MiLoG eine entsprechende Meldeverpflichtung. Dies gilt umgekehrt auch für den
Fall einer Entsendung zwischen verbundenen
Unternehmen von Deutschland nach Österreich.
Eine geplante Entsendung nach Österreich
muss, unabhängig von der Branche, spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme an
die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung
(ZKO) gemeldet werden. Seit 1. Jänner 2015
ist dies nur noch in elektronischer Form möglich. Die Abschrift der Meldung ist dem Beauftragten des Arbeitgebers auszuhändigen
oder in elektronischer Form zur Verfügung zu
stellen. Entsendet der Arbeitgeber nur einen
Arbeitnehmer, kann der Arbeitgeber das Dokument auch dem entsendeten Arbeitnehmer
übergeben.
Eine Meldung ist für jede Entsendung gesondert durchzuführen, eine Vorratsmeldung ist
nicht möglich. Allerdings kann der Arbeitgeber eine Rahmenmeldung (Quartalsmeldung)
im Fall längerfristiger Entsendungen, etwa
bei Serviceverträgen, abgeben. Die Meldeverpflichtung gilt auch für den Fall der Entsendung aus Deutschland zu einem verbundenen
Unternehmen in Österreich.
Für Leistungen in reglementierten Gewerben,
wie zum Beispiel in der Elektrotechnik, dem
Maschinenbau oder dem metallverarbeitenden Gewerbe, ist zusätzlich eine Meldung der
grenzüberschreitenden Leistungserbringung
bei der zuständigen Gewerbebehörde erforderlich. Die Meldung ist jährlich zu wiederholen.
Umgekehrt ist für die Ausübung zulassungspflichtiger handwerklicher Berufe durch
ein Unternehmen mit Sitz in Österreich aus
der Anlage A der Handwerksordnung bei
erstmaliger Tätigkeit in Deutschland bei
der Handwerkskammer einmalig eine Anzeige der Dienstleistungserbringung nach
§ 8 der EU/EWR-Handwerk-Verordnung
vorzunehmen, die dann ein Jahr gültig ist.
Dies gilt zum Beispiel für Elektrotechniker,
Installateure und Heizungsbauer oder Metallbauer.
In beiden Ländern drohen Sanktionen
Zunächst ist ein Verstoß gegen das deutsche MiLoG eine Ordnungswidrigkeit (= Verwaltungsübertretung), die mit Bußgeldern
geahndet wird. Strafbar ist nicht nur die
Unterschreitung des Mindestlohnes an sich,
sondern auch die unzureichende Mitwirkung
an Prüfungshandlungen, die Unterlassung
von Anmeldungen, das Fehlen von Aufzeichnungen und die Missachtung anderer, sich
aus diesem Gesetz ergebender Verpflichtungen. Die Geldbußen können empfindlich
sein und bis zu 500.000 Euro betragen.
Eine Ordnungswidrigkeit begeht nicht nur der
Arbeitgeber selbst, sondern auch derjenige,
der als Unternehmer einen anderen Unternehmer mit Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, von dem er weiß oder wissen muss,
dass dieser selbst oder dessen Subunternehmer den Mindestlohn unterschreitet. Auch
die Kenntnis einer verspäteten Lohnzahlung
durch den Auftragnehmer oder dessen Subauftragnehmer stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.
Daher müssen Auftraggeber Angebote, die
die Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen in Deutschland zum Gegenstand
haben, auf ihre Plausibilität hin überprüfen.
Lässt eine kalkulatorische Prüfung erkennen,
dass der Subunternehmer die angebotenen
Leistungen nur bei Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns zu dem angebotenen
Preis erbringen kann, muss der Auftraggeber
dem Subunternehmer den Auftrag verwehren. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich
um eine grenzüberschreitende Dienstleistung handelt oder schlicht ein Auftrag nach
Deutschland vergeben werden soll. Diese
Überprüfung sollten Unternehmen aus Beweisgründen in den betrieblichen Unterlagen
auch nachvollziehbar dokumentieren.
In Betracht kommt unter Umständen auch
eine gerichtliche Strafe nach dem § 266 des
deutschen StGB für Untreue oder § 266a des
deutschen StGB für das Vorenthalten und
Veruntreuen von Arbeitsentgelt.
Mindestens ebenso riskant ist ein Ausschluss
von der Teilnahme an der öffentlichen Auf-
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tragsvergabe. § 19 des deutschen MiLoG sieht
ausdrücklich vor, dass Bewerber von der Teilnahme an Wettbewerben um einen Liefer-,
Bau oder Dienstleistungsauftrag im Sinne
von § 98 des deutschen GWB für eine angemessene Zeit ausgeschlossen werden sollen,
wenn gegen sie eine Geldbuße wegen Ordnungswidrigkeiten nach dem deutschen MiLoG von zumindest 2.500 Euro verhängt worden ist. Hier handelt es sich um einen Betrag,
der weit unter der möglichen Obergrenze für
eine Geldbuße von 500.000 Euro liegt.
In Österreich ist Lohn- und Sozialdumping,
also die Unterschreitung des österreichischen
Lohnniveaus und die damit verbundene Hinterziehung von Lohnabgaben, mehrfach und
aus verschiedenen Ansatzpunkten heraus
sanktioniert. Es handelt sich um eine Verwaltungsstraftat nach § 7 i des österreichischen
AVRAG. Hier drohen Verwaltungsstrafen
zwischen 500 und 50.000 Euro. Wie auch in
Deutschland ist nicht nur die Unterbezahlung
an sich, sondern auch das Fehlen entsprechender Dokumente oder die Behinderung
der Kontrollen sowie die unterlassene Meldung der Entsendung verwaltungsrechtlich
sanktioniert.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die
Behörde von der Bestrafung jedoch absehen.
Dies ist insbesondere bei einer nur geringfügigen Unterschreitung des Mindestentgelts
der Fall, sofern der Arbeitgeber den Differenzbetrag an den Mitarbeiter nachbezahlt.
Geringfügig ist nach den gesetzlichen Bestimmungen eine Unterschreitung dann,
wenn das dem Arbeitnehmer zustehende
Mindestentgelt um nicht mehr als zehn Prozent unterschritten wurde.
Bei begründetem Verdacht auf Lohn- und
Sozialdumping kann die Behörde im Fall einer Entsendung nach Österreich gegen den
Auftraggeber oder Entleiher in Österreich
einen Zahlungsstopp verfügen, der zur Folge hat, dass der Arbeitgeber den noch ausständigen Werklohn beziehungsweise das
Entgelt nicht mehr bezahlen darf. Der Arbeitgeber muss den ausständigen Werklohn
dann auf die behördliche Verfügung hin
bei der Behörde als Sicherheit für die Abgabenforderungen im Zusammenhang mit
der möglichen Unterentlohnung hinterlegen (§ 7 m österreichisches AVRAG). Für den
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Kunden hat dieser Erlag schuldbefreiende
Wirkung.
Über verhängte Verwaltungsstrafen im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping
führen die österreichischen Verwaltungsbehörden eine Evidenz. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge können die öffentlichen
Auftraggeber Einsicht in diese Evidenz nehmen. Etwaige Eintragungen können den Ausschluss aus dem Vergabeverfahren, insbesondere wegen mangelnder Zuverlässigkeit (z. B.
§ 68 BVergG 2006), zur Folge haben.
Unter den in § 7 k des österreichischen
AVRAG genannten Voraussetzungen kann die
Behörde die Dienstleistung auch untersagen –
insbesondere bei wiederholten Übertretungen. Dann ist die rechtmäßige Erbringung einer Dienstleistung in Österreich für
den Zeitraum der Untersagung nicht mehr
möglich. In Ausnahmefällen kann Lohn- und
Sozialdumping auch gerichtlich strafbar sein,
beispielsweise als organisierte Schwarzarbeit
nach § 153 e österreichisches StGB.
Neben den Haftungstatbeständen nach § 67
österreichisches ASVG schuf der Gesetzgeber
in den §§ 67a bis d österreichisches ASVG
(ab 1.1.2015 Erweiterung um § 67e) für die
Baubranche eine umfangreiche Auftraggeberhaftung. Nach dem Grundtatbestand des
§ 67a Abs. 1 österreichische ASVG haftet
jedes Unternehmen, das einen Auftrag über
Bauleistungen an ein anderes Unternehmen weitergibt, verschuldensunabhängig
für alle uneinbringlichen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen, die das beauftragte Unternehmen an den betreffenden
Krankenversicherungsträger
abzuführen
hätte.
Die Haftung ist jedoch mit 20 Prozent des
geleisteten Werklohnes begrenzt und kann
entfallen, wenn der Auftragnehmer bei
Bezahlung des Werklohnes auf der Liste
der haftungsfreistellenden Unternehmen
(HFU-Liste) steht und damit bescheinigen
kann, dass er zu den „vertrauenswürdigen“
Beitragszahlern gehört. Ein weiterer Grund
ist der, wenn der Auftraggeber 25 Prozent des
zu zahlenden Werklohnes einbehält und diesen Betrag an das „Dienstleistungszentrum
Auftraggeberhaftung“ überweist. Von diesen
25 Prozent entfallen 20 Prozent auf die So-
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zialversicherung und fünf Prozent überweist
das „Dienstleistungszentrum Auftraggeberhaftung“ an das Finanzamt. Dies befreit
den Auftraggeber sowohl von der Haftung
für Sozialversicherungsbeiträge als auch für
lohnabhängige Abgaben.
Eine HFU–Liste gibt es in Deutschland nicht.
Das Haftungsrisiko lässt sich jedoch dadurch
begrenzen, dass sich der Auftraggeber eine
Unbedenklichkeitsbescheinigung der Einzugsstelle und eine Freistellungsbescheinigung des Finanzamtes vorlegen lässt.
In beiden Ländern gibt es
zivilrechtliche Haftungsrisiken
Der § 13 des deutschen MiLoG enthält einen
Verweis auf die Haftungsbestimmungen des
§ 14 des deutschen AEntG. Demnach haftet
der Auftraggeber für den betroffenen Arbeitnehmer seines Auftragnehmers oder dessen
Subauftragnehmer selbst für den Nettomindestlohn wie ein Bürge, der auf die Einrede
der Vorausklage verzichtet hat, also als Bürge
und Zahler. Der Umfang der Haftung bedarf
noch der Klärung durch die Rechtsprechung.
Nach aktueller Auffassung soll sowohl bei
der zivilrechtlichen Haftungsfrage als auch
bei der Anwendung der Bußgeldvorschriften
ein „eingeschränkter“ Unternehmensbegriff
zugrunde gelegt werden. Danach haftet ein
Unternehmen nur dann für von ihm beauftragte Unternehmen, wenn eigene, vertraglich übernommene Pflichten weitergegeben
werden.
In Österreich ist die Haftung nach § 7 c österreichisches AVRAG gegenüber dem Arbeitnehmer für Entgeltdifferenzen im Fall
der Entsendung auf Generalunternehmer
beschränkt. Generalunternehmer ist, wer
im Rahmen seiner Unternehmertätigkeit die
Erbringung zumindest eines Teiles einer aufgrund eines Auftrages geschuldeten Leistung
an einen anderen Unternehmer weitergibt
(§ 7c österreichisches AVRAG). Gibt ein Unternehmen den Auftrag unzulässig weiter,
besteht eine Bürgenhaftung nach § 1355
österreichisches ABGB. Übergibt das Unternehmen den Auftrag rechtmäßig an einen
Subauftragnehmer, besteht eine Haftung nur
als Ausfallsbürge nach § 1356 ABGB und nur
für Leistungen auf Baustellen im Sinne des
§ 2 Abs. 3 österreichisches ASchG.
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Zu beachten ist aber im Fall einer Überlassung
von Arbeitnehmern die Haftung als Bürge
beziehungsweise Ausfallsbürge nach § 14
des österreichischen AÜG, die grundsätzlich
sowohl Entgeltansprüche, als auch etwaige
Sozialversicherungsbeiträge umfasst. Soweit
der Auftraggeber in der Baubranche gemäß
§ 67 a Abs. 3 Z 2 österreichisches ASVG anteilige Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von
20 Prozent des Werklohns an das Dienstleistungszentrum überwiesen hat, reduziert
sich die Haftung für die Beitragsschulden
anteilig. Keine Beitragshaftung besteht nach
§ 67 a Abs. 3 österreichisches ASVG für Leistungen im Bau, sofern der Auftragnehmer in
der HFU-Liste aufgeführt ist.
Zu beachten ist, dass ein langfristiger Auslandseinsatz weitere Folgen haben kann und
sich für den Mitarbeiter die anzuwendenden
Rechtsvorschriften ändern. Das kann für
den Mitarbeiter selbst, aber auch für seine
Angehörigen, erhebliche Auswirkungen haben. Aktuell empfiehlt sich bei einem langfristigen Auslandseinsatz insbesondere ein
nachweisbarer Hinweis auf eine mögliche
Änderung des anzuwendenden Erbrechts:
Wegen des Inkrafttretens der EU–ErbrechtsVO im August 2015 gilt für österreichische
Staatsbürger im Todesfall nicht mehr in jedem Fall das österreichische Erbrecht. Bei
einem Wohnsitzwechsel ins EU–Ausland
kann das Erbrecht des jeweiligen Einsatzortes
anwendbar werden. Der Arbeitnehmer sollte
sich auch hinsichtlich der möglichen sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen beraten lassen. So kann es zu Auswirkungen auf
künftige Pensionsansprüche kommen. Auch
der Umfang der Versicherungsleistungen ist
von Land zu Land unterschiedlich. Dasselbe
gilt für die Voraussetzungen der Mitversicherung von Familienangehörigen. Auch hierüber sollte der Arbeitnehmer Kenntnis haben.
COMM
UNITY
Download für Abonnenten unter:
HRM.at/gruppen/personal-managerexklusiver-wissenstransferfuer-abonnenten
Checkliste: So bereiten Sie grenznahe
Entsendungen optimal vor. Von Berit
Kochanowski und Susanne Schröder.
www.personal-manager.at/abopluswebinar
Ja! A
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