Der Mindestlohn wirkt?

Der Mindestlohn wirkt ?
Mindestlohn und Arbeitszeit aus veranstaltungsrechtlicher Sicht
Rechtsanwalt Martin Glöckner
Der Mindestlohn wirkt?
Zum 01.01.2015 trat in Deutschland das Gesetz zur Regelung
eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) in Kraft.
Damit ist Deutschland das 22. Land der EU, das einen
gesetzlichen Mindestlohn einführt.
Quelle: der-mindestlohn-wirkt.de; BMAS
Das Gesetz soll sowohl der finanziellen Absicherung der
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen dienen, als auch der
Bekämpfung von Schwarzarbeit.
Der Mindestlohn liegt bei 8,50 Euro brutto je Stunde. 2016 wird eine Kommission darüber
beraten, wie hoch der Mindestlohn ab dem 1. Januar 2017 sein soll.
Die Einhaltung der Vorschriften des MiLoG wird, wie beim Gesetz zur Bekämpfung der
Schwarzarbeit, von den Zollbehörden überwacht.
Alles Bestens ?
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Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Gesetzestext des MiLoG an sich, zumindest
auf absehbare Zeit, nicht geändert werden.
Gerade aus diesem ergeben sich aber wesentliche
Problemfelder des Mindestlohngesetzes:
o Geltungsbereich
o Unternehmerhaftung
o Dokumentationspflichten
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Geltungsbereich des Gesetzes
§ 20 MiLoG - Pflichten des Arbeitgebers zur Zahlung des Mindestlohns
Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des
Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 spätestens zu dem in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2
genannten Zeitpunkt zu zahlen.
Das Gesetz gilt daher territorial für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland und ist nicht auf deutsche Unternehmer beschränkt.
Nach dem Wortlaut gilt es auch für ausländische Arbeitnehmer, egal wie lange
sie Deutschland tätig sind.
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Vierzehn europäische Logistikunternehmen erhoben bereits Anfang 2015 Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht gegen die Regelungen des § 20 MiLoG.
Mit Beschluss vom 25.06.2015 (1 BvR 555/15) hat das Bundesverfassungsgericht die
Verfassungsbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen, gleichzeitig indirekt aber rechtliche
Bedenken gegen eine Mindestlohnpflicht für nur kurzzeitig in Deutschland beschäftigte
ausländische Arbeitnehmer angedeutet.
Aus 1 BvR 555/15:
Vorliegend ist auslegungsbedürftig, wer unter den Begriff der im Inland beschäftigten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 20 MiLoG fällt.
Dabei stellt sich auch die Frage, ob eine Mindestlohnpflicht bei kurzzeitigen Einsätzen in
Deutschland erforderlich ist, um die mit dem Mindestlohngesetz verfolgten Ziele zu
erreichen.
Die Fachgerichte sind darüber hinaus aufgerufen, von den Beschwerdeführenden
aufgeworfene unionsrechtliche Fragen aufzuarbeiten, soweit diese entscheidungserheblich
sind, und zu prüfen, ob eine Normenkollision mit Unionsrecht besteht
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Gerade der Aspekt des Europarechts ist hier von besonderer Bedeutung.
Am 15.05.2015 leitete die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren
gegen die Bundesrepublik Deutschland, bezüglich der Anwendung des deutschen
Mindestlohngesetzes im Verkehrssektor, ein.
Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
„Die Kommission unterstützt zwar voll und ganz die
Einführung eines Mindestlohnes in Deutschland, vertritt aber
die Ansicht, dass die Anwendung des Mindestlohngesetzes
auf alle Verkehrsleistungen, die deutsches Gebiet berühren,
eine unverhältnismäßige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit und des freien Warenverkehrs bewirkt.“
aus der Pressemitteilung der EU Kommission vom
15.05.2015
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Unternehmerhaftung
Beispiel:
Für eine Konzertveranstaltung in Bayern werden Bühnenbaukomponenten bei einem
tschechischen Hersteller bestellt. Die Komponenten werden von einem tschechischen
Spediteur geliefert, der seinem Fahrer nicht den deutschen Mindestlohn zahlt. Der Fahrer
möchte nun für seinen Einsatz in Deutschland die Differenz seines Gehalts zum deutschen
Mindestlohn geltend machen.
Veranstalter
Hersteller
Spediteur
Fahrer
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§ 13 MiLoG - Haftung des Auftraggebers
§ 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.
§ 14 AEntG - Haftung des Auftraggebers
Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder
Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines
Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer
beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder
Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung
der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage
verzichtet hat. Das Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfasst nur den Betrag, der
nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur
Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an
Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt).
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Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn
Auftraggeber
Auftragnehmer
SubUnternehmer
Arbeitnehmer
Auftraggeberhaftung nach § 13 MiLoG, § 14 AEntG
Die Auftraggeberhaftung nach § 13 MiLoG, § 14 AEntG ist verschuldensunabhängig
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Die Problematik wurde nun auch von der Bundesregierung gesehen, aus politischen
Gründen möchte man das MiLoG aber vorläufig nicht ändern.
In der „Bestandsaufnahme zum Mindestlohn“ des Bundesministeriums für Arbeit
und Soziales vom 30.06.2015 heißt es aber:
Das BMAS wird daher gemeinsam mit dem BMF gegenüber den Behörden der
Zollverwaltung klarstellen, dass sowohl bei der zivilrechtlichen Haftungsfrage als auch
bei der Anwendung der Bußgeldvorschriften ein „eingeschränkter“ Unternehmerbegriff
zugrunde gelegt wird, wie ihn das Bundesarbeitsgericht
für die zivilrechtliche Haftung im Arbeitnehmerentsendegesetz entwickelt
hat. Dabei übernimmt ein Unternehmen nur die Verantwortung für Beauftragte
Unternehmen, wenn eigene vertraglich übernommene Pflichten weitergegeben werden.
Gegenüber den Gerichten ist dies aber nicht bindend.
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Nach den §§ 16, 17 MiLoG treffen Arbeitgeber "in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen“ strenge und
umfassende Melde- und Dokumentationspflichten.
Hiervon betroffen sind
§ 2a SchwarzArbG
(1) Bei der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen sind die in folgenden Wirtschaftsbereichen oder
Wirtschaftszweigen tätigen Personen verpflichtet, ihren Personalausweis, Pass, Passersatz oder
Ausweisersatz mitzuführen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen vorzulegen:
1. im Baugewerbe,
2. im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
3. im Personenbeförderungsgewerbe,
4. im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
5. im Schaustellergewerbe,
6. bei Unternehmen der Forstwirtschaft,
7. im Gebäudereinigungsgewerbe,
8. bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
9. in der Fleischwirtschaft.
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§ 17 MiLoG - Erstellen und Bereithalten von Dokumenten
(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches
Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten
Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der
täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten
auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen
mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren.
Nach dem Wortlaut gilt die Dokumentationspflicht für alle Arbeitnehmer der betroffenen
Branchen, egal ob diese den Mindestlohn erhalten, oder mehr verdienen.
Der Umfang der Verpflichtung geht zudem über die Dokumentationspflicht des Arbeitszeitgesetzes hinaus.
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Nach Einführung des Gesetzes wurde auch Seitens der Regierung erkannt, dass diese
Verpflichtungen teilweise Härten für Betriebe darstellen können.
Es wurden daher 2015 vom BMAS zwei Mindestlohndokumentationspflichten-verordnungen
(MiLoDokV), zur Konkretisierung der Dokumentationspflichten erlassen.
Die Dokumentationspflicht nach § 17 MiLoG muss nicht beachtet werden, wenn
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den betroffenen Arbeitnehmern ein verstetigtes regelmäßiges Bruttomonatsentgelt von
mehr als 2.958,00 € gezahlt wird.
ein Arbeitnehmer ein verstetigtes monatliches Einkommen vom mehr als 2.000,00 €
brutto/Monat erhält und dieses jeweils für die letzten tatsächlich abgerechneten 12 Monate
nachweislich gezahlt wurde.
enge Familienangehörige (Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des
Arbeitgebers) als Arbeitnehmer betroffen sind, unabhängig vom monatlichen Einkommen.
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Gerade bezogen auf die Dokumentationspflichten ist zu beachten, dass auch bei
Veranstaltungen an sich das Arbeitszeitgesetz gilt.
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Grundsätzlich: die maximale tägliche Arbeitszeit beträgt 8 Stunden (§ 3 ArbZG)
kann auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten
oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht
überschritten werden (§ 3 Satz 2 ArbZG)
Es ist die generelle Ruhezeit von 11 Stunden zu gewähren (§ 5 Abs. 1 ArbZG)
Sonn- und Feiertagsarbeit ist im Veranstaltungsbereich möglich, sofern ein
Ersatzruhetag zeitnah gewährt wird (§10 Abs. 1 Nr. 5 und 9, § 11 ArbZG)
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