Wie bringt man öffentliche Finanzen zurück ins Gleichgewicht? Erfahrungen aus den Kantonen Dr. Monika Engler Gesprächskreis für Wirtschaftspolitik, 3. Oktober 2014 FHO Fachhochschule Ostschweiz Seite 1 Beispiel: Kanton St. Gallen Sparpaket I Sparpaket II EP 2013 Seite 2 St. Gallen: Der Weg zurück ins Gleichgewicht I Konsolidierung über mehrere Runden 3 Spar- bzw. Entlastungspakete (2011, 2012, 2013) 2 Steuerfusserhöhungen à 10 Prozentpunkte Strenge Richtlinien im Budgetprozess Im Rückblick ist das Ergebnis doch beachtlich Haushaltskorrekturen von knapp 600 Mio. Franken pro Jahr (≅ 13% des Gesamtetats, 2% BIP) Seite 3 St. Gallen: Der Weg zurück ins Gleichgewicht II Sparpaket I Volumen & 90 Mio. Fr.* Struktur Aufwand ↓: Einnahmen↑: Gemeinden: «Tricks»: 175 Mio. Fr. 35% 5% 60% 0% Ergänzend: +10 Steuerfussprozente Initiative Sparpaket II Aufwand ↓: Einnahmen↑: Gemeinden: «Tricks»: EP 2013 110 Mio. Fr. 50% 10% 10% 15% Aufwand ↓: Einnahmen↑: Gemeinden: «Tricks»: 85% 15% 0% 0% Ergänzend: Im Nachgang: +10 Steuerfussprozente Kantonsrat: Feb. 2010, Kantonsrat: Feb. Vorgaben 2011/12, Vorgaben Kantonsrat: Feb. 2013, Vorgaben minimale Reserven Plafonierung Personalaufwand Sparvolumen: 50 / 200 Mio. Fr. (keine Steuer-/ Gebührenerhöhung) Sparvolumen: 150 Mio. Fr. (keine Steuererhöhung) Regierung: Herbst 2011, Projektauftrag, aktive Gestaltung Sparprozess Regierung: Herbst 2012, Projektauftrag, aktive Gestaltung Sparprozess *ursprünglich rund 100 Mio. Fr., aber “Verluste” insb. in Referenden EP 2013 Vorgehen Sparpaket II Erarbeitung «en passant» Separates Projekt mit höchster Priorität Separates Projekt mit höchster Priorität 1. Schritt: Strenge Regeln für Budget und Finanzplanung 2. Schritt: Zwischenkalkulation («Vielleicht funktioniert das Prinzip Hoffnung ja doch?») 3. Schritt: Nachbesserung der Finanzplanzahlen in kurzer Zeit mit Methode «Rasenmäher» Frühzeitiger Sparauftrag an Departemente Vorgaben auf Basis des in Finanzplanung ausgewiesenen Wachstums in einzelnen Aufgabenbereichen Σ Sparmassnahmen > erforderliches Volumen Wahlmöglichkeiten Frühe Definition des Umfangs nicht aufwandseitiger Massnahmen Mehrere «Runden» zwischen Verwaltung und Regierung (iterativer Prozess) Basis: Grundlagenbericht zur Finanzlage Frühzeitiger Auftrag an Departemente, Aufgaben von Grund auf zu überprüfen Einsparungen in Höhe von 10/ 25% des Nettoaufwands bzw. gänzl. Aufgabenverzicht was wären Auswirkungen? Klarer Fokus auf Aufwandreduktionen Relativ direkter Entscheidprozess in Regierung (stärkere Rolle Generalsekretäre) Einbezug Dritte Sparpaket I Ohne Einbezug relevante politische Partner «Sounding Board» im Kantonsrat Fremdgutachten in komple- Fremdbegleitung der entscheidenden Diskussionen xen/ sensiblen Bereichen Seite 5 Welche Erfahrungen mach(t)en andere Kantone? NZZ, 15.8.2013 Seite 6 Rückmeldungen aus anderen Kantonen I* Grund für die Haushaltssanierung? Strukturelles Defizit (in Finanzplanung) (Künftige) Nichteinhaltung Schuldenbremse Absehbare Mehrausgaben und Mindereinnahmen (Polster schaffen/ erhalten) Politischer Druck Wie wird der Haushalt entlastet? In aller Regel Mix aus Einsparungen (50% - 80%) Steuerfusserhöhung Weitere Ertragssteigerungen (Gebühren, Bussen, …) Verlagerungen auf Gemeinden Kaum erwähnt werden Investitionen (Verschiebungen ja, aber kein grundlegendes Hinterfragen von Projekten) *Auf Basis einer Umfrage in der Fachgruppe für kantonale Finanzfragen (FkF), Sept. 2013, nicht veröffentlicht Seite 7 Rückmeldungen aus anderen Kantonen II Wie geht man vor beim Sparen? Rasenmäher: Aufwandreduktionen entsprechend der Grösse der Bereiche Dynamik kappen: Aufwandreduktionen entsprechend des Wachstums der Bereiche Aufgabenüberprüfung: a) Was können wir effizienter Machen? b) Was brauchen die Bürgerinnen und Bürger eigentlich? Was können wir weglassen? c) Wo setzt die Regierung ihre Prioritäten für die Entwicklung des Kantons? Strategische Zielsetzungen? Benchmarks: Erbringen andere Kantone ihre Leistungen günstiger? Verursacherprinzip: Können wir einzelne Leistungen stärker in Rechnung stellen? Seite 8 Lessons learned Was führt zum Erfolg? Griffige Schuldenbremse und aussagekräfte Aufgaben- und Finanzplanung, ausreichend hoher Druck (rasch schwindende Reserven) Starke Führung der Gesamtregierung (nicht nur des Finanzchefs) und enger Einbezug des obersten Verwaltungskaders Frühzeitige und regelmässige Information sowie Miteinbezug aller internen und externen Beteiligten Frühe Definition des notwendigen Entlastungsvolumens inkl. Festlegung einer (zu) hohen Zielvorgabe für Kürzungen Offenheit gegenüber einer gewissen Opfersymmetrie und dem Einbezug von ertragsseitigen Massnahmen Vorausschauende Planung und nachvollziehbares methodisches Vorgehen Reporting über die Umsetzung der Massnahmen Seite 9 Lessons learned Welches sind die Herausforderungen? Bereitschaft und Motivation in der Verwaltung, am «eigenen Ast zu sägen» «Konzerndenken» in der Regierung Zeitliche Komponente: Dauer bis Entlastungen wirksam werden (Gesetzesänderungen, Referenden) Wie kann man ein Entlastungsprojekt in eine dauerhafte Steuerungsaufgabe umwandeln? Seite 10
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