Lebenszeichen vom 18.01.2015 (PDF-Download: 98,7 KB)

Weltflucht oder Berufung: Über Menschen,
die sich heute noch einem Orden anschließen
Lebenszeichen
Von Ernst Dohlus
18.01.2015
Zitat:
„Höre auf die Weisung des Meisters!“ Aus der Ordensregel des Heiligen
Benedikt.
O-Ton:
Also, Benediktiner möchte ich werden, weil ich schon immer Sehnsucht hatte
nach der Stille und dem Gebet in der Stille.
O-Ton:
Das Wichtigste ist für mich, Christus ganz nachzufolgen, und nicht mit einer
Hintertür.
Zitat:
Neige das Ohr deines Herzens.
O-Ton:
Dann war ich hier zu einem Seminar im Kloster, und da hat es mich quasi
gepackt. Da wehrt man sich dagegen, denn wer will das schon machen, und
dann lässt es einen nicht mehr los.
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen
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Weltflucht oder Berufung: Über Menschen, die sich heute noch einem Orden anschließen
Lebenszeichen
Von Ernst Dohlus
18.01.2015
O-Ton:
Ich habe irgendwann begonnen zu merken, dass ich ein Leben führen
möchte, das nicht irgendwie mit der Gottesfrage sich nebenbei beschäftigt,
sondern in dem Gott wirklich in der Mitte steht.
O-Ton:
Gott ist mir ein Leben lang nachgegangen und ich konnte nichts mehr
entgegensetzen. Mir ist kein Argument mehr eingefallen, es nicht zu
versuchen.
Zitat:
Nimm den Zuspruch des gütigen Vaters willig an! Und erfülle ihn durch die Tat!
O-Ton:
Das war bei mir die Suche nach der wahren Liebe und der wahren Freude im
Leben, die ich im bisherigen Leben so nicht gefunden habe, in meinem
damaligen Berufs- und Arbeitsumfeld.
O-Ton:
Ein Zuhause zu haben, wo ich Glauben so intensiv leben kann, wie ich
möchte; und auch nach außen hin geradezustehen durch das Ordenskleid.
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Weltflucht oder Berufung: Über Menschen, die sich heute noch einem Orden anschließen
Lebenszeichen
Von Ernst Dohlus
18.01.2015
Zitat:
Und erfülle den Zuspruch des Vaters durch die Tat!
Sprecherin:
Die Motive derer, die sich einem Orden anschließen wollen, sind so unterschiedlich
wie sie selbst. 80 Männer und 60 Frauen entschieden sich 2013 dafür, in einen
Orden, in ein Kloster einzutreten. Kandidatur, Postulat, Noviziat heißen die Stufen
vor der Profess, dem Versprechen also, sich dauerhaft an einen Orden zu binden. So
richtig jung ist der Nachwuchs jedoch nicht.
O-Ton:
Also, bei den vier Postulantinnen gegenwärtig ist die Altersspanne zwischen
25 und 42. Und die Novizin ist schon 50.
O-Ton:
In den 80er Jahren kamen sie sicher nach dem Abitur, nach der Ausbildung
mit Anfang 20, in den 90er Jahren verschob sich das bis Mitte 20, nach
Abschluss des Studiums oder in der Mitte des Studiums. Heute haben wir
ganz oft Bewerber, die sind Ende 30 bis Mitte 40.
O-Ton:
Garantiert sind die Bewerberinnen und die, die eintreten, älter. Das
intellektuelle Niveau ist tatsächlich auch bei den Frauen deutlich gestiegen.
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Weltflucht oder Berufung: Über Menschen, die sich heute noch einem Orden anschließen
Lebenszeichen
Von Ernst Dohlus
18.01.2015
Ob die reifer sind, die heute kommen, also das weiß ich nicht. Was es gibt, ist
eine Verschiebung an die Ränder, eher sehr reif oder sehr unreif, von daher
ist es im Entscheidungsprozess der Gemeinschaft leichter geworden.
Sprecherin:
Zwischen 22 und 49 Jahre alt sind die 14 Ordensneulinge, die Sie in dieser Sendung
hören. Vier sind Konvertiten oder wurden erst als Erwachsene getauft. Einige
kommen aus religiösen, einige aus liberalen Elternhäusern. Sie wollen Benediktiner,
Dominikaner, Jesuiten werden, sie sind oder werden Schwestern in Bestwig,
Münster, Waldbreitbach, Koblenz oder Bad Saulgau.
O-Ton:
Was bei uns Voraussetzung ist, dass die Frau eine abgeschlossene
Berufsausbildung hat, bereits im Beruf gestanden hat, eigenes Geld verdient
hat einfach Lebenserfahrung hat und weiß, was sie hinter sich lässt, wenn sie
eintritt.
Sprecher:
Schwester Ursula betreut den Nachwuchs bei den Arenberger Dominikanerinnen in
Koblenz. Die Voraussetzungen für einen Ordenseintritt sind bei den Männerorden
ähnlich. Nur bei Priesterorden gibt es Ausnahmen: Wer Theologie studiert, wird auch
schon mit 21 Jahren aufgenommen. Nötig ist aber besonders das Gefühl, berufen zu
sein.
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Weltflucht oder Berufung: Über Menschen, die sich heute noch einem Orden anschließen
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Von Ernst Dohlus
18.01.2015
O-Ton:
Berufung kann jeder unterschiedlich erfahren. Ich kann da nur von mir
sprechen. Dass da kein Blitz vom Himmel gefahren ist oder ich hatte eine
Erscheinung. Sondern dass ich einfach auf mein Inneres gehört habe, auf
mein Herz.
Zitat:
Stehen wir also endlich einmal auf! Die Schrift rüttelt uns wach und ruft: "Die
Stunde ist da, vom Schlaf aufzustehen."
O-Ton:
Also, bei manchen ist das ein sehr nüchterner Prozess, ich merke, dass eine
bestimmte Form zu mir passt. Bei manchen hat es durchaus so etwas
gegeben, was man sich landläufig unter Berufung vorstellt, also dass es
einschneidende Erlebnisse gab, die eine Veränderung bewirkt haben.
Sprecher:
Schwester Katharina hat vor einigen Jahren 150 Frauen zu ihren Motiven befragt, in
einen Orden einzutreten. Sie vergleicht Berufung mit der Entscheidung für eine
Partnerschaft.
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18.01.2015
O-Ton:
Es gibt Liebe auf den ersten Blick. Wenn es den gibt, sollte man lieber noch
den zweiten tun, wie bei einem Ehemann. Aber es ist ganz oft eher ein
Herantasten und ein Merken, wir passen zusammen.
Sprecherin:
Menschen, die sich einem Orden anschließen wollen, kommen aus sehr
unterschiedlichen Berufen und Lebensumständen.
O-Ton:
Ich bin aufgewachsen in Mecklenburg, in der katholischen Diaspora, in einem
katholischen Umfeld, bin aber spät getauft. Ich habe in Mecklenburg noch
Abitur gemacht, bin dann nach Kiel, eine Ausbildung machen, kaufmännische
Ausbildung und habe dann in der Verwaltung gearbeitet.
O-Ton:
Ich komme aus dem Münsterland. Mein Vater ist Diakon hauptberuflich, habe
also von Kindheit an viel mit Kirche zu tun gehabt, habe aber auch so viel die
Schattenseiten kennengelernt. Es war ein Kirchenbild, das mich sehr
abgestoßen hat, das mir den Zugang zum Glauben erschwert hat.
Zitat:
Öffnen wir unsere Augen dem göttlichen Licht!
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18.01.2015
O-Ton:
Ich war Einkäuferin in der Mode- und Textilbranche.
O-Ton:
Ich bin von der Berufsausbildung her biologisch-technische Assistentin. In
dem Beruf habe ich dann auch drei Jahre gearbeitet.
O-Ton:
Ich habe ursprünglich mal Schauspieler gelernt, war Regieassistent am
Theater und dann auch freischaffender Regisseur. Auf dem Weg hat sich
herauskristallisiert, dass ich Sehnsucht hatte, erst mal religiöses Leben zu
leben und dafür musste ich mich erst mal taufen lassen. Und das habe ich
Ende 30 selber entschieden.
Zitat:
Und hören wir mit aufgeschrecktem Ohr, wozu uns die Stimme Gottes täglich
mahnt und aufruft.
O-Ton:
Vorher war ich Fertigungsmechaniker in Freiburg und das knapp 12 Jahre
lang.
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O-Ton:
Ich habe Bäcker gelernt, habe dann noch Konditor gemacht und 2005 meine
Ausbildung zur Altenpflegerin abgeschlossen.
Sprecherin:
Die Modeeinkäuferin, der Regisseur, die kaufmännische Angestellte sind
Konvertiten, alle drei um die 40. Zwei Novizinnen haben langjährige Partnerschaften
hinter sich, eine hatte einen Heiratsantrag. Einige vermissen die engen
Verbindungen zur Herkunftsfamilie, zu den Freunden, sie haben viel aufgegeben,
schöne Wohnungen, interessante Berufe.
Sprecher:
So richtig katholisch sind viele am Ordensleben Interessierte nicht mehr, stellt Pater
Jonas fest, Novizenmeister in der Benediktiner-Abtei Königsmünster:
O-Ton:
Es sind ganz oft Suchende. Und so ist der Anfang des Noviziats gar nicht so
sehr Einführung in das Mönchtum, sondern Einführung in den christlichen
Glauben.
Sprecherin:
Bei den Frauen ist das Motiv für den Ordenseintritt häufiger der Wunsch nach einem
erfüllten Gebetsleben in einer Gemeinschaft, bei den Männern oft die Suche nach
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Gott. In Deutschland gibt es 60 verschiedene Männerorden und mehr als 300
selbständige Frauenorden und Klöster. Wie finden die, die Interesse am
Ordensleben haben, die richtige Gemeinschaft für sich?
O-Ton:
Ich habe Jesuiten erlebt, die mich fasziniert haben in der Art, wie sie sind, wie
sie leben.
O-Ton:
Als der Ordenswunsch vor sieben Jahren wieder aufkam, dachte ich zuerst an
mein Traumkloster, die Benediktinerinnen, und hab dann tatsächlich dort eine
Probezeit gemacht und hab gemerkt: Och, das geht gar nicht das ist mir alles
zu eng, von den Räumlichkeiten bis zum Beichtvater, alles benediktinisch, nur
benediktinisch. Ich kam mir vor wie mit Scheuklappen.
O-Ton:
Nach Königsmünster bin ich gekommen, weil ich hier kontemplative Exerzitien
gemacht habe, das ist also Meditation im Schweigen, so 10 Tage lang. Da hat
im Grunde der Blitz eingeschlagen.
O-Ton:
Ich bin über die Internetseite der Deutschen Ordensoberenkonferenz
gegangen und habe nach Klöstern auf Zeit gesucht und bin in meinem
Postleitzahlengebiet 5 geblieben und da war Koblenz nicht weit.
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O-Ton:
Bei den Dominikanern hatte ich einige Freunde gefunden durch das Studium
und habe einige Leute kennengelernt, die sehr inspirierend sind, die sehr klar
sind in ihrer Meinung, im Fach Theologie immer vorn dabei sind.
Sprecherin:
Die Wahl des Ordens hängt oft von Vorerfahrungen ab. Meist ist es das Beispiel von
Ordensmitgliedern, die die Bewerber zuvor schon kennengelernt haben. Oder das
Erlebnis von Exerzitien, Begegnungswochenenden, Kloster auf Zeit – Aufenthalten.
Ganz selten ist die Farbe des Ordenskleides ausschlaggebend. Aber auch das gibt
es. „Mich hat der weiße Habit angezogen“ sagt eine Postulantin, „in einen Orden mit
schwarzer oder grauer Kleidung wäre ich nie eingetreten.“
Sprecher:
Ansprüche stellen aber immer beide Seiten: der Bewerber und der Orden. Die
Tatsache, dass die Orden dringend Nachwuchs brauchen -
Sprecherin:
Jedes Jahr sterben 1000 Ordensschwestern, nur 60 kommen nach.
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Sprecher:
Diese Tatsache also hat die Hürden nicht kleiner gemacht, die Orden sind nicht
sorgloser bei der Aufnahme, sondern kritischer. Denn viele Bewerber kommen mit
durchaus zweifelhaften Motiven.
Sprecherin:
Meditationserfahrene Frauen suchen den Sinn des Lebens, wollen sich aber nicht
binden. Einsame Menschen suchen Gemeinschaft und Versorgung. Manchmal
suchen auch psychisch Kranke Halt in einem geregelten Leben hinter
Klostermauern.
Sprecher:
Für die Aufnahme richten sich die Orden oft nach ganz traditionellen Regeln.
O-Ton:
Ein bisschen christlich sollte man schon sein, um in eine christliche
Ordensgemeinschaft einzutreten, das wäre hilfreich.
O-Ton:
Ob er Gott sucht, darauf soll man schauen, ob diese Suche, diese Spiritualität
da ist, ob er gebetsfähig ist. Ein anderes wichtiges Kriterium, ob er
gemeinschaftsfähig ist, er lebt Ja sein ganzes Leben lang in einer
Gemeinschaft, und ein drittes Kriterium, ob er arbeitsfähig ist.
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Zitat:
Kommt einer neu und will das klösterliche Leben beginnen, werde ihm der
Eintritt nicht leicht gewährt!
O-Ton:
Entscheidend ist – und da steht und fällt alles damit, ist die wachsende
Christusbeziehung. Normalerweise zeigt dann jemand auch Eifer und Freude
und einen Wunsch, zu den Menschen zu gehen. Das merkt man einfach im
Dasein, in den kleinen Dingen. Wenn jemand nicht bereit ist, das Klo zu
putzen für die Gemeinschaft, dann wird das nichts.
O-Ton:
Also, es geht nicht drum, zu prüfen, hat jemand eine Berufung, oder hat
jemand keine Berufung, sondern: Kann sie das leben in dieser Gemeinschaft
unter diesen Bedingungen oder kann sie das nicht.
Zitat:
Man achte genau darauf, ob der Novize wirklich Gott sucht, ob er Eifer hat für
den Gottesdienst, ob er bereit ist zu gehorchen und ob er fähig ist,
Widerwärtiges zu ertragen.
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O-Ton:
Man kann mit ziemlichen Macken kommen, wenn man bereit ist, an diesen
Macken zu arbeiten. Aber wenn diese Bereitschaft fehlt, das ist ein
Ausschlusskriterium. Es gibt heute zum Beispiel Gemeinschaften, die
psychologische Tests erwarten, es gibt natürlich so ein Mindestkriterium an
Gesundheit, psychischer, aber auch körperlicher – aber es gibt Ausnahmen,
es werden durchaus auch behinderte Frauen aufgenommen. Es gehört die
Gemeinschaftsfähigkeit dazu und die Bindungsfähigkeit.
Sprecherin:
Nach den ersten Stufen der Ausbildung zum Ordensmitglied – Kandidatur, Postulat,
Noviziat – steht in den meisten Fällen zuerst die zeitliche, nach mehreren Jahren
dann die ewige Profess. Darin werden die Gelübde der Armut, der Keuschheit und
des Gehorsams abgelegt.
O-Ton:
Die Gelübde sind in der heutigen Zeit eine Herausforderung. Und zwar alle
drei. Das womit die meisten ringen und sich beschäftigen, ist schon die
ehelose Keuschheit. Das liegt in der Natur des Menschen, das geht ziemlich
an den Leib. Viele hatten auch schon Freundschaften, drei, vier Jahre. Wichtig
ist, dass sie tatsächlich sagen: ich kenne das, worauf ich verzichte, aber es
gibt eine größere Liebe in meinem Herzen, ein größeres Projekt und für das
kann ich das andere loslassen.
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Sprecher:
Pater Joseph Maureder ist Novizenmeister der Jesuiten in Deutschland. Und was
meinen die neuen Ordensmitglieder selbst dazu:
O-Ton:
Am Anfang des Noviziats dachte ich, dass es die Keuschheit sein könnte. Also
ich bin 24. Ich bin ein junger Mann, der natürlich Gefallen findet an
zwischenmenschlicher Nähe und auch absolut bereit wäre, eine Partnerschaft
einzugehen. Und jetzt im Noviziat merke ich, dass vielleicht die anderen
Gelübde die größere Herausforderung darstellen, Armut zum Beispiel und
Gehorsam. Auf den eigenen Willen so manchmal zu verzichten, könnte schon
schwer fallen.
O-Ton:
Also das schwerste ist der Gehorsam, so allgemein. Der Gehorsam ist nicht
mehr der Kadavergehorsam, sondern die Frage: Was sagt Gott mir?
Zitat:
Sollte es jedoch aus wohlüberlegtem Grund etwas strenger zugehen, so um
Fehler zu bessern und die Liebe zu bewahren.
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O-Ton:
Für mich wird es auch der Gehorsam sein. Vor allen Dingen etwas
mitzutragen, wenn ich spüre: Eigentlich stehe ich nicht dahinter.
O-Ton:
Im Alltag das Gelübde der Armut. Ich kann mir nicht mehr alles kaufen. Die
Verfügbarkeit, dass ich nicht mehr sagen kann: ich plane jetzt meinen Tag so.
Man ist halt jetzt verfügbarer, und das fällt mir manchmal schon recht schwer.
Zitat:
Lass dich nicht sofort von Angst verwirren und fliehe nicht vom Weg des Heils;
er kann am Anfang nicht anders sein als eng.
O-Ton:
Ehelosigkeit ist wahrscheinlich eine der schwierigsten Sachen, die viele auch
davon abhält.
O-Ton:
Mein Wunsch ist, die Gelübde zu leben, weil ich glaube, dass Jesus – und das
ist der letzte Grund – auch die Gelübde gelebt hat. Und weil er es gelebt hat,
möchte ich es auch leben.
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O-Ton:
Wenn ich wirklich bei der Sinnsuche auf ein christliches Angebot stoße und
feststelle, das ist das Richtige für mich, dann aber mich zu entscheiden für
eine Gemeinschaft, die ein Durchschnittsalter kurz vor den 80 hat, das finde
ich für eine 30, 40-jährige Frau schon richtig mutig.
Sprecherin:
Wer sich für einen Lebensweg in einem Kloster, in einem Orden entscheidet, schließt
sich in der Regel einer Gemeinschaft an, die bei den Männern ein Durchschnittsalter
von 65, bei den Frauen von knapp unter 80 Jahren hat.
O-Ton:
Also ich bin im Orden aktuell mit 24 der jüngste und der Altersschnitt liegt bei
67. Als ich das gesehen habe, war ich schockiert.
O-Ton:
Der Altersdurchschnitt ist zwar hoch, aber die Schwestern sind so jugendlich
geblieben, dass das Alter keine Rolle spielt.
O-Ton:
Doch, die Spannungen gibt es schon, weil die aus einem ganz anderen
Umfeld kommen. Die sind ganz anders erzogen worden und aufgewachsen
wie wir jüngere Schwestern. Manchmal hilft auch nur ein dickes Fell.
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O-Ton:
Wir sind in einer Welt demographischen Wandels und das Kloster ist in
diesem Bezug schon Vorreiter.
Sprecher:
Das Durchschnittsalter der Gemeinschaft war auch der Grund dafür, dass eine junge
Theologin und Pastoralreferentin aus dem Münsterland ein Franziskanerinnenkloster
in Oberschwaben gewählt hat.
O-Ton:
Einmal, weil alle Gemeinschaften, die ich kannte, eine Altersstruktur hatten,
die ich mir schwer vorstellen konnte. Ich wollte nicht das Gefühl haben, ich bin
eine der wenigen Jüngeren, ich wollte auch Leute in meinem Alter haben. Ich
wollte nicht das Gefühl haben, auf mir lastet dann viel Verantwortung, wie es
mit meiner Gemeinschaft weitergeht.
Sprecherin:
Die Franziskanerinnen von Waldbreitbach haben ihren Sozialkonzern mit 6.000
Mitarbeitern in eine Stiftung ausgelagert. Sie beschäftigen ihre Jungschwestern im
Konzerncontrolling oder in der Betreuung der ordenseigenen Altenheime für
Mitschwestern.
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18.01.2015
Sprecher:
Im Orden der Arenberger Dominikanerinnen sind nur noch fünf Prozent der
Schwestern arbeitsfähig. Im Kloster stehen noch ein Gäste- und Wellnesszentrum,
ein Klostergarten, die Wäscherei und die Kirche als Arbeitsfelder für den Nachwuchs
zur Verfügung. Aber immerhin gibt es hier vier Postulantinnen.
Sprecherin:
Einige Orden haben in den vergangenen 30 Jahren ihre Ausbildung nicht
entscheidend geändert, andere behandeln ihre immer älteren Novizinnen nicht mehr
wie Unmündige.
Sprecher:
Was ein Ordensmitglied beruflich macht, wohin es gestellt wird, das entscheidet es
nicht selbst, das ist allein Entscheidung der Oberin, des Oberen. In
aufgeschlossenen Orden geschieht das nach Rücksprache und möglichst nach den
Interessen und der Vorbildung des Ordensmitglieds, in anderen ausschließlich nach
den Bedürfnissen des Ordens. Und der finanziert sich ja ausschließlich aus Spenden
und der Arbeit seiner Mitglieder.
O-Ton:
Ich arbeite jetzt 39 Stunden im Büro, habe also feste Arbeitszeiten, daneben
Stundengebet, Betrachtungszeit und Gemeinschaftsleben, das ist auch nicht
zu vernachlässigen.
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O-Ton:
Ich glaube, dass der Orden sehr viele Möglichkeiten bietet, die man als
Weltpriester nicht hat. Man muss im Orden nicht Karriere machen. Es ist sehr
befreiend von Zeit zu Zeit den Konvent zu wechseln.
Zitat:
Wer aber im klösterlichen Leben fortschreitet, dem wird das Herz weit, und er
läuft in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes.
O-Ton:
Ich bin der festen Überzeugung, dass Gott über mich entscheidet und
vielleicht durch den Oberen. Und ich bin bereit, mich von Gott führen zu
lassen.
O-Ton:
Morgens um halb sieben das Morgengebet, danach Zeit für die persönliche
Lesung in der heiligen Schrift. Dann von 9 bis 12 Uhr Arbeit in den einzelnen
Arbeitsbereichen. Dann ist um 12.15 Uhr das Mittagsgebet, Mittagessen,
anschließend eine kurze Mittagspause, und der Nachmittag ist eigentlich
reserviert für das Studium, für den Unterricht. Da gibt es in der Regel zuerst
einen Text zu lesen, und dann treffen wir uns um gemeinsam darüber ins
Gespräch zu kommen. Dann ist um 17.45 Uhr das Konventamt, die Vesper,
es schließt sich das Abendessen an und um 19.40 Uhr dann die Complet, die
den Tag beschließt.
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Sprecher:
So ähnlich wie Pater Jonas den Novizenalltag im Benediktinerkloster beschreibt, ist
er in den meisten Klöstern.
O-Ton:
Wenn sie in der Welt nicht zurechtkommen, werden sie erst recht nicht im
Kloster
zurechtkommen.
Wenn
Sie
mit
Ihrem
Arbeitskollegen
nicht
zurechtkommen, dann wissen Sie: Bis 17 Uhr, dann ist gut. Hier aber leben
sie mit Ihrem Kollegen ein Leben lang zusammen.
Sprecher:
Ordensleben darf keine Flucht aus der Welt sein, meint der Jesuit Joseph Maureder:
O-Ton:
Wenn das Bestimmende das Davonlaufen wäre, dann wird’s nichts, dann wird
jemand nicht genommen. Da braucht es eine Geschichte, eine Geschichte
des Glaubens, des Gebets, aber auch eine Geschichte der Liebe zu den
Menschen, die man konkret sieht.
Sprecherin:
140 Menschen im Jahr glauben sich berufen, fangen den Weg an in einen Orden;
wissen aber nicht, ob sie ankommen werden. Sie geben Beruf, Wohnung, Freunde,
Hobbys auf. Die Orden nehmen sie auf, weil sie glauben, dass diese Bewerber es
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ernst meinen mit der Suche nach Gott, der Suche nach einem erfüllten Gebetsleben.
Doch die Hälfte von Ihnen wird diesen Weg wieder aufgeben, bei den Benediktinern
sind es fast 70 Prozent.
Sprecher:
Menschen können aber nicht nur im Kloster ihr Christsein leben. Es gibt auch ein
Christsein in der Welt. Wenn jemand sich entscheidet, das Kloster wieder zu
verlassen, muss das nicht das Ende des Glaubenslebens sein. Klöster waren immer
auch Orte der Suche und der Vergewisserung im Glauben, weiß Schwester
Katharina von den „Franziskanerinnen der Buße und christlichen Liebe“.
O-Ton:
Ich glaube einfach, dass es heute auch andere Möglichkeiten gibt, engagiert
christlich zu sein, geistliches Leben zu leben, mich einzusetzen in sozialen,
pastoralen und therapeutischen Feldern. Das war früher nicht so.
Dieses Manuskript entspricht der in WDR3 gesendeten Langfassung. Die
Wiederholung in WDR5 weicht von diesem Manuskript ab.
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