Kritik an Dresdner Studie zu "Pegida"-Anhängern | Manuskript Kritik an Dresdner Studie zu "Pegida"-Anhängern Bericht: Knud Vetten Seit Wochen marschiert Pegida in Dresden – mit immer mehr Zulauf. Nur wer sind diese Leute? Wenn Journalisten fragen, verweigern viele Demonstranten die Antwort. „Wir möchten das nicht. Bitte geht rüber.“ Mitte vergangener Woche - ein Termin, der Schlagzeilen produziert. Hans Vorländer, Politikwissenschaftler der TU-Dresden präsentiert seine Erkenntnisse, wer bei Pegida marschiert und warum: Prof. Hans Vorländer, TU Dresden „Der typische Pegida-Demonstrant entstammt der Mittelschicht, ist gut ausgebildet, berufstätig, verfügt über ein für sächsische Verhältnisse leicht überdurchschnittliches Nettoeinkommen, ist 48 Jahre alt, männlich, gehört keiner Konfession an, weist keine Parteiverbundenheit auf.“ Damit löst der Wissenschaftler eine Welle von Berichten aus. Viele Medien verbreiten das Ergebnis. Dieter Rucht befasst sich seit vier Jahrzehnten mit Protestbewegungen. Er ist von Anfang an skeptisch: Prof. Dieter Rucht, Wissenschaftszentrum Berlin „Ich habe bei den ersten Nachrichten über diese Studie gestaunt, was in den Medien eins zu eins aufgegriffen wurde ohne Kommentierung ohne kritischen Filter. Es herrscht ein ungeheurer Druck, der erste zu sein der mit irgendeiner Nachricht rauskommt. In dem Fall war der Druck besonders groß, weil in dem Fall haben alle über Pegida spekuliert.“ Doch ist jetzt wirklich klar, wer der typische Pegida-Anhänger ist? Wir gehen der Frage nach. Bei vielen Wissenschaftlern ist die Studie inzwischen umstritten. Denn nur 35 Prozent der Befragten hat geantwortet. Prof. Dieter Rucht, Wissenschaftszentrum Berlin „Wenn man nur sagt, wir haben so und so viele Leute angesprochen und zwei Drittel wollten nicht und man hat keine Aussagen über die Merkmale der Leute dass ist es problematisch. Frage: „Weil?“ „Weil dann die Sanften, die Jüngeren, die Freundlicheren überhaupt nur in den Blick kommen. Der Schluss, die wir angesprochen haben, stehen für den Durchschnitt der Pegida-Anhänger, der ist völlig verkehrt.“ Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 1 Kritik an Dresdner Studie zu "Pegida"-Anhängern | Manuskript Zur Veranschaulichung des Problems – hier ein Modell: 250 Figuren symbolisieren die 25.000 Demonstranten bei der letzten Pegida-Demo. 1.200 Teilnehmer wurden angesprochen – im Modell 12 Figuren. Da gerade mal 400 Teilnehmer in der Realität antworten, bleiben vier Figuren übrig. Von dieser kleinen Gruppe können Rückschlüsse gezogen werden, von der Mehrheit der Verweigerer wissen wir aber nichts. Gestern im Wissenschaftszentrum Berlin: Hier stellen Forscher unter Dieter Rucht das Resultat einer Befragung vor, die sie durchgeführt haben. Doch die Wissenschaftler warnen: Ihre Erkenntnisse lassen sich nicht auf Pegida insgesamt übertragen. Doch genau diesen Anschein erwecke die Studie der TU Dresden, ohne diesen Anspruch einzulösen. Prof. Sabrina Zajak, Ruhr Universität Bochum „Das größte Manko ist der mögliche Mangel an Repräsentativität, die von den Erhebern verteidigt wurde. Aber auch auf unsere Erfahrungen, die wir hatten bei dem Handzettelverteilen, stößt man auf Widerstände, die eben nicht so repräsentative Ansprüche zulassen.“ Termin in Dresden. Hans Vorländer hat die Studie bewusst zugespitzt, wie er uns gegenüber einräumt. Streit war absehbar. Doch von dem grundsätzlichen Vorgehen und den Aussagen distanziert er sich nicht. Prof. Hans Vorländer, TU Dresden Frage Frage: Irritieren Sie solche Kritiken nicht ? „Ja, natürlich, sie interessieren, sie irritieren mich, weil ich auch nicht wirklich glaube, dass sie in dieser apodiktischen Art der Formulierung gerechtfertigt sind, denn die Methode der Zufallsstichprobe ist eine die zum Grundarsenal empirischer Sozialforschung gehört. Für uns schaut sich der Geschäftsführer des Forsa-Instituts, Manfred Güllner, die Studie an. Er wirft der Forscher vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass Menschen mit Nähe zu extremen Parteien ihre politische Haltung oft verschleiern. Prof. Manfred Güllner, Forsa „Wir haben hier die Antworten auf die Frage nach der Parteiverbundenheit und da sagen 62 Prozent – keine. Und das wird ja auch in seiner Zusammenfassung betont. Er sagt, der typische Pegida-Demonstrant gehört keiner Konfession an und weist keine Parteiverbundenheit auf. Das ist natürlich ein gravierender Fehler, wenn ich offen frage in einer solchen Situation, dann weiß ich ja, dass die Wähler extremer Parteien sowohl der NPD, als auch der AfD nicht dazu bekennen. Der hat falsch gefragt. Offenbar von empirischer Forschung hat er nicht fürchterlich viel Ahnung.“ Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 2 Kritik an Dresdner Studie zu "Pegida"-Anhängern | Manuskript Dieser Streit der Wissenschaftler könnte mit einer unlösbaren Aufgabe verbunden sein: Wer der typische Pegida-Anhänger ist - diese Frage lässt sich derzeit wissenschaftlich nicht ergründen. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 3
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