SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE, SWR2 DIE BUCHKRITIK Kerstin Decker: Die Schwester Das Leben der Elisabeth Förster-Nietzsche Berlin Verlag 655 Seiten 24 Euro Rezension von Barbara Dobrick Donnerstag, 09.02.2017 (14:55 – 15:00 Uhr) Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Die Vorwürfe der Nachwelt an die Schwester Friedrich Nietzsches lauten, sie habe Texte gefälscht und die Vereinahmung Nietzsches durch die Nationalsozialisten gefördert. Was daran ist, lässt sich nun nachlesen in Kerstin Deckers Biografie mit dem Titel „Die Schwester. Das Leben der Elisabeth Förster-Nietzsche“. Ein gewichtiges, ein reiches und faszinierendes Werk sei daraus geworden, findet unsere Rezensentin Barbara Dobrick. Friedrich Nietzsche war schon mit 25 Jahren Professor. Seine 1846 geborene Schwester Elisabeth konnte nur durch ihre späte Ehe promovieren. Damals wurden Frauen über Männer definiert, und Elisbeth Nietzsche wollte ihr Leben ihrem 1 ¾ Jahre älteren Bruder widmen, als Helferin und Vertraute. Die Kindheit ohne Vater, mit einer schwachen Mutter Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT und einer dominanten Großmutter hatte die Geschwister ungewöhnlich eng zusammengeschweißt. Bis die Liebe zu anderen sie trennte. Damit beginnt Kerstin Decker, springt mitten hinein in den großen Konflikt zwischen Bruder und Schwester. Lou von Salomé hat den 37-jährigen Friedrich entflammt; Elisabeth hält das für ein Unglück und will es verhindern. Mit Lou von Salomé ist es vorbei, bevor es richtig angefangen hatte. Aber dann heiratet Elisabeth zum Entsetzen ihres Bruders 1885 einen Antisemiten, Bernhard Förster, und geht mit ihm nach Paraguay. Dieses Abenteuer endet fünf Jahre später mit dem Suizid ihres Mannes. Da ist ihr Bruder schon geisteskrank und in der Obhut seiner Mutter. Ab 1893 leben Mutter, Sohn und Tochter Nietzsche wieder zusammen. Die Mutter pflegt den kranken Sohn. Die Tochter kümmert sich um die Verlagsangelegenheiten ihres Bruders und baut das Nietzsche-Archiv auf, erst in Naumburg, dann in Weimar, und leitet es bis zu ihrem Tod im Alter von 89 Jahren. Sie spürt Briefe und andere Handschriften des Bruders auf, kauft sie an, sichert und sichtet, was nur möglich ist. Das sei ihre große Leistung, resümiert Kerstin Decker, und niemand anders habe sie erbringen können. Aber Elisabeth Förster-Nietzsche schreibt auch über ihren Bruder, betätigt sich als Herausgeberin. Und in dieser Eigenschaft gerät sie nach dem Zweiten Weltkrieg in Verruf. Für intellektuell überfordert halten sie schon ein paar eifersüchtige Zeitgenossen, aber – so Decker – sie „sammelt ungerührt einen ganzen Stab von Philosophen und Philologen unter ihrem Oberbefehl“, trage also keinesfalls allein Verantwortung für das, was schief lief. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Elisabeth Förster-Nietzsche ist eine tatkräftige, fleißige Frau und sehr kommunikativ. „Um 1900 wird das Weimarer Nietzsche-Archiv zum Treffpunkt der freien Geister Europas“, schreibt ihre Biografin. Nietzsches Ruhm wächst unaufhörlich, und Elisabeth FörsterNietzsches Ansehen als Herausgeberin und Biografin wird so groß, dass sie drei Mal für den Nobelpreis für Literatur vorgeschlagen wird. „Niemand urteilt bestimmter als die Unwissenheit“, schreibt Kerstin Decker und setzt uns auf akribische und profunde Weise in Kenntnis – über die Familienbeziehungen, über Zerwürfnisse und Friedensschlüsse der Nietzsches. Und über die Entwicklung der Schwester als Sachwalterin, die sich persönlicher Animositäten von Freunden des Bruders ebenso erwehren musste wie allerlei Ränke ehrgeiziger Mitarbeiter – oft genug frauenfeindlich konnotiert. Die Philosophin Kerstin Decker hat ein gewichtiges, ein reiches Werk vorgelegt. Die Lektüre fasziniert auch durch Deckers eigenwilligen Duktus. Gekonnt präsentiert sie Fakten und Beziehungsgeflechte, stellt sie in größere Sinn und Zeit erhellende Zusammenhänge und verbindet sie mit geistreichen Kommentaren, oft in Form köstlichironischer Sentenzen. Nietzsches Schwester habe das schauderhafte Frauenbild ihres Bruders widerlegt, konstatiert Decker. Aber: Je unabhängiger sie von ihm wurde, umso mehr folgte sie ihren eigenen Ansichten und unterstützte tatsächlich das Missverständnis, Nietzsche eigne sich als Philosoph der Nationalsozialisten. „Was gestern noch Lebensklugheit war“, schreibt Decker wird „Komplizenschaft mit dem Abgrund.“ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Elisabeth Förster-Nietzsche starb 1935. Mehr als 80 Jahre später gibt es nun eine Biografie, die ihr umfassend gerecht wird. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
© Copyright 2024 ExpyDoc