SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE, SWR2 DIE BUCHKRITIK Gerd Hankel : Ruanda Leben und Neuaufbau nach dem Völkermord, wie Geschichte gemacht und zur offiziellen Wahrheit wird Zu Klampen-Verlag 487 Seiten 24,80 Euro Rezension von Marie-Christine Werner Donnerstag, 19. Januar 2017 (14:55 – 15:00 Uhr) Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Zunächst ein paar Fakten, die der Leser, dem die ruandische Geschichte nicht präsent ist, in Exkursen bekommt: Der Völkermord von 1994 ist grausamer Höhepunkt eines Krieges, der vier Jahre zuvor begann. Die Ruandische Patriotische Front - kurz FPR – bestehend aus Exil-Tutsi, fällt von Uganda aus immer wieder in Ruanda ein. Ruanda wird zu dem Zeitpunkt von der Hutu-Mehrheit regiert. Es kommt im Landesinneren zu Massakern an Tutsi. 1993 soll ein Vertrag mit der FPR für Frieden sorgen. Die UN schickt Soldaten zur Sicherung. Am Abend des 6. Aprils 1994 wird die Maschine des ruandischen Staatspräsidenten über Kigali abgeschossen. Unmittelbar danach beginnen die Massaker an Tutsi und moderaten Hutu. Die UN zieht ab. Das Morden wird drei Monate später durch die FPR und ihre Eroberung des Landes beendet. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Der Wiederaufbau beginnt, mit Paul Kagame als Vizepräsidenten. Im Jahr 2000 wird er die Nummer 1. Mit der juristischen Aufarbeitung des Völkermords und den hunderttausenden Tätern ist die ruandische Justiz überfordert. Im Sommer 2002 wird die alte Tradition der Wiesengerichte wieder belebt, die Gacaca-Gerichte. Diese Gerichte zu beobachten reist der Jurist Gerd Hankel zum ersten Mal nach Ruanda. Er beschreibt die Hoffnung, dass durch die Gacaca alle Greueltaten aufgearbeitet würden, auch die, die Tutsi an der Hutu-Bevölkerung begingen während und nach der Befreiung des Landes. Welche Rolle spielten Paul Kagame und seine FPR in dieser Zeit? Doch bald wirf klar, dass ausschließlich die Hutu-Verbrechen an den Tutsi verhandelt werden würden, nicht die Verbrechen der Tutsi. Keine Gerechtigkeit auf beiden Seiten. Autor Gerd Hankel spricht mit unterschiedlichsten Menschen, mit Juristen und Journalisten, mit Opfern und Tätern. In den 15 Jahren seiner Recherche kann er zu einigen so viel Vertrauen aufbauen, dass sie ihm auch brisante Dinge erzählen. Exklusive Informationen, wie sie Ausländern sonst in Ruanda kaum zugänglich sind. Denn es herrscht, und das beschreibt er im Detail, immer mehr ein Klima der Angst. Unliebsame Menschen verschwinden, kritische Journalisten werden massiv eingeschüchtert, Oppositionelle oder Kritiker kommen unter dem Vorwurf Versöhnungsgefährder zu sein hinter Gitter. 2008 wird die Verfassung geändert. Der „Völkermord“ heißt fortan offiziell „Völkermord an den Tutsi“. Tutsi sind Opfer, Hutu Täter – so lautet die einfache Gleichung in Ruanda. Etliche Länder, darunter auch Deutschland geben dem ostafrikanischen Land viel Geld, um bei der Rückkehr zur Normalität nach dem Völkermord zu helfen. Mit Frankreich bricht der anglophone Paul Kagame sehr schnell. Nicht ohne Grund, wie Gerd Hankel schreibt: Frankreich beginnt als erstes Land nach dem Völkermord, mit der Untersuchung des Flugzeugabsturzes. Denn dabei war auch die französische Besatzung ums Leben gekommen. Für die Franzosen weist viel darauf hin, dass die Maschine von Gefolgsleuten Paul Kagames abgeschossen wurde. Doch das würde bedeuten, dass ein Tutsi den Völkermord an den Tutsi ausgelöst hätte. Unmöglich. Paul Kagame seinerseits geht zum Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Gegenangriff über und wirft der französischen Regierung Unterstützung der Völkermörder vor. Gerd Hankel deckt die Willkür der ruandischen Regierung sowie ihrer Polizei und ihrer Geheimdienste auf. Er nimmt die konsequent vorgetragenen Lügen zu den Ereignissen im Ostkongo, das Leugnen der Verbrechen, trotz anders lauternder UN-Berichte auseinander. „Ein Selbstbild, das von Selbstbewusstein strotzt und das offensiv auf Selbst-behauptung drängt“ schreibt Gerd Hankel. Das Buch ist trotz der Beschreibung juristischer Fragen nach der Aufarbeitung des Völkermords, sehr gut lesbar, weil mit vielen anrührenden Lebensgeschichten durchsetzt. Da ist es vernachlässigbar, dass der Autor plötzlich an einer Stelle aus John le Carrés Spionageroman „Geheime Melodie“ zitiert, der erstaunliche Parallelen zur Realität zeigt. Doch das ist nur eine kurze Passage. Ein Buch, das zur Pflichtlektüre werden müsste für alle Geldgeber Ruandas und für all diejenigen, die ein wirkliches Interesse an dem Land haben auch im rheinland-pfälzischen Partnerland. Doch leider zeigt das Buch auch überdeutlich, dass die Zukunft Ruandas am seidenen Faden hängt. Bräche das System Paul Kagames zusammen, könnte es zu neuerlicher Gewalt kommen. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
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