Predigt von Pfarrer Dr. Nandkisore zum 3. Fastensonntag am 10

Predigt von Pfarrer Dr. Nandkisore zum 3. Fastensonntag Lesejahr B – 08.03.2015
Tempelreinigung
Liebe Schwestern und Brüder,
Tempelreinigung – das kann uns in der Fastenzeit näher rücken, als uns
lieb ist!
Viele von uns haben möglicherweise im Kopf: Kurz nach dem
Palmsonntag, kurz vor dem Karfreitag räumt Jesus noch einmal im Tempel
auf – eine letzte Bestätigung für seine Gegner, Ihn doch beseitigen zu
müssen!
Der Evangelist Johannes erzählt es anders: Er stellt die Tempelreinigung
nicht an das Ende, sondern an den Anfang des Wirkens Jesu. Damit will er
etwas Entscheidendes sagen – für uns!
Das erste Zeichen, das Jesus im Johannesevangelium nach Seiner Taufe
und der ersten Jüngerberufung wirkt, geschieht in Kana, bei der Hochzeit:
Wasser in Wein. Man muss nicht im Rheingau aufgewachsen sein, um zu
begreifen, was das bedeutet: Die Lebensfreude, die Lebenslust,
symbolisiert durch den Wein, können wir Menschen selbst bei einem der
schönsten Feste, die es gibt, einer Hochzeit, nicht garantieren. Christus
sorgt dafür, dass genug davon da ist – das wird Ihn am Ende viel kosten.
Aber wir sind es Ihm Wert!
Direkt nach dieser Episode folgt bei Johannes die Tempelreinigung, und
der entscheidende Satz lautet dort: „Reißt diesen Tempel nieder, in drei
Tagen werde ich ihn wieder aufrichten“ (2,19). Der Tempel – Ort der
Gottesbegegnung, Ort, um die Lebensfreude, die Gott schenken will, zu
erfahren. Dieser Tempel ist – Jesus! ER ist der Ort, ER, als Person.
Ganz am Anfang Seines Wirkens macht Er das deutlich und alles, was
dann folgt, ist die Entwicklung, ist die Ausfaltung dieser Behauptung. Ich
sage bewusst „Behauptung“ – denn zu einer Erfahrung kann es nur für den
werden, der sich darauf einlässt.
Aber – und jetzt müssen wir uns der Tempelreinigung stellen, wir, die
Gemeinschaft der Gläubigen, die Gemeinde. Hier findet Kirche statt – oder
nicht; hier ist der Leib Christi zu spüren, zu erfahren, oder nicht – der Leib
Christi, Christi, der der Tempel ist, der Ort der Gottesbegegnung, der Ort,
an dem mir Lebensfreude geschenkt wird.
Eine ganze Liste von Klagen könnte jetzt – auch von mir! – eröffnet
werden:
Dass in unseren Gemeinden kaum mehr Lebensfreude erfahren wird –
Lebensfreude, die aus der Begegnung mit Jesus kommt; das der ganze
Fusionsprozess der Gemeinden, in dem wir uns befinden, alle möglichen
Formen von Egoismus, Klientelwirtschaft und Partikularinteressen
offenbart, aber kein oder kaum Denken und Handeln aus dem Evangelium;
dass unsere Gottesdienste nur noch für Eingeweihte, die mehr und mehr
aussterben, erträglich sind; dass wir Christen hier bei uns nicht als die
wahrgenommen werden, die Licht, Farbe, Freude in das Leben der
Menschen bringen. Eine jüngste Umfrage soll ja ergeben haben, dass bis
zu einem Viertel der Kirchenmitglieder daran denkt, auszutreten!
Diese Liste können sicher noch viele von uns verlängern – und wir wären
damit in der Bewegung Jesu, der die Markthalle räumen will, zu der der
wunderbare Ort der Gottesbegegnung geworden ist.
Lassen Sie uns doch vielmehr darüber sprechen und das miteinander
entdecken, was im Evangelium auch ausgesagt wird: dass Menschen zum
Glauben, zum Vertrauen an Ihn kommen, weil sie entdecken, dass es wahr
ist – dass bei Ihm Leben in Fülle zu finden ist. Dass wir wieder die Augen
aufmachen, um zu entdecken, welche Zeichen Er hier unter uns wirkt –
Zeichen, die wir gar nicht wahrnehmen, weil wir blind geworden sind. Dass
wir darüber sprechen, dass wir uns von Ihm verstanden und wirklich
erkannt fühlen und Ihm zunehmend vertrauen, dass ER unser und mein
Leben als guter Weggefährte begleitet – gerade weil ER Tempel ist, Ort der
Begegnung – oder wie Paulus es sagt: Ort der Kraft, Ort der Klarheit. All
das wäre möglich, hier unter uns, hier und heute, ab jetzt.
Die Tempelreinigung meint auch uns. Hier. Amen
Fürbitten
Zu Jesus Christus, der uns Leben in Fülle schenken will,
rufen wir:
- Du bist der Gott, der uns Leben in Fülle schenkt.
Hilf uns, denen ein Zeichen der Hoffnung zu sein,
die in ihrem Alltag keine Freude und Hoffnung spüren.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
- Unsere Familien sind die Keimzelle von Kirche und Gesellschaft.
Sei besonders den Frauen und Männern nahe,
die schwer tragen an der Sorge für ihre kranken und bedürftigen Eltern.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
- Du bist die Liebe und willst, dass wir sie leben.
Wir bitten Dich für die Paare, die es schwer miteinander haben:
Lass sie die Freude des Anfangs wieder neu spüren.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
- Du bist die Wahrheit, die uns frei macht.
Hilf uns in Deiner Kirche, uns dort von Dir reinigen zu lassen,
wo Egoismus und Kleinglauben groß geworden sind.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
- Du bist das Leben.
Schenke all unseren Verstorbenen
die wahre Freiheit in der Gemeinschaft mit Dir.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
Dir, dem Vater, sei Dank,
der du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst
und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
Fürbitten – Sonntag Eltville
Zu Jesus Christus,
der uns Leben in Fülle schenken will,
rufen wir:
- Du bist der Gott, der uns Leben in Fülle schenkt.
Öffne uns und alle Christen gerade in dieser Fastenzeit wieder neu
für die Freude, die die Begegnung mit Dir schenkt.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
- Wir bitten Dich für unsere Gemeinde und die ganze Kirche:
lass uns aus der Freude über Deine Nähe
anderen eine Zeichen der Hoffnung und Zuversicht sein.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
- Wir bitten Dich für Lara Maria,
die heute in Deine Kirche aufgenommen wird:
Lass sie im Glauben wachsen, halte fern von ihr, was ihr schadet,
und lass sie auch durch unsere Gemeinde Bestärkung erfahren.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
- Wir bitten dich auch für Patricia und Johannes Frankenbach,
die die ersten Zeugen des Glaubens für ihre Tochter sein werden:
Lass sie den Schutz, den sie durch Dich erfahren,
an ihre Tochter weitergeben.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
- Du bist das Leben.
Schenke all unseren Verstorbenen die wahre Freiheit
in der Gemeinschaft mit Dir.
Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.
Dir, dem Vater, sei Dank,
der du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst
und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.