M I S S I O N A R I SC H L E B E N 21 Was die Welt über die Siebenten-TagsAdventisten wissen sollte E E s gibt Situationen, in denen du innehalten und überlegen musst, wie andere deinen Glauben sehen. Im Scheinwerferlicht eines Fernsehstudios zu sitzen und mit einem Journalisten zu sprechen, der sich vielleicht noch nie mit einem Siebenten-Tags-Adventisten unterhalten hat, ist eine solche Situation. Wie kannst du dann in wenigen Sätzen die Tiefe und Breite deines Glaubens zusammenfassen, seine große Bedeutung, die er für dich persönlich hat, den Reichtum seiner Geschichte, die Kraft seiner Botschaft und die Verheißung, die er für den Einzelnen und für die Gesellschaft bereit hält? sion und darf niemals aufgegeben werden. Sie ist das Herzstück unserer Identität und unsere geistliche Heimat. Aber wir müssen auch darüber sprechen, welchen Einfluss unser geistliches Fundament auf unser tägliches Leben hat. Wir müssen über die Werte reden, die wir aus jenen Wahrheiten, an die wir glauben, ableiten, und müssen erklären, wie sie sich praktisch auswirken – in unserem Leben, in unserer Nachbarschaft und in den Städten, in denen Adventisten leben. Vor diesem Hintergrund möchte ich fünf Punkte nennen, die wir in Kontakten mit der Öffentlichkeit stärker hervorheben sollten. WER SIND SIE? 1. UNSER GLAUBE IST NICHT AN EINE BESTIMMTE KULTUR GEBUNDEN In den letzten zehn Jahren habe ich oft mit öffentlichen Medien zu tun gehabt – in verschiedenen Ländern und unter ganz unterschiedlichen Umständen. Und immer wieder wird mir die gleiche Frage gestellt, egal, ob ich mit einem Journalisten in New York rede oder im Malawi-Fernsehen auf dem so genannten „heißen Stuhl“ sitze. Sie wird mit solcher Eindringlichkeit an mich gerichtet, dass ich manchmal überrascht bin: „Wer sind die Siebenten-Tags-Adventisten wirklich?“ Wenn ich meinem Gesprächspartner dann sage, dass es Adventisten fast in jedem Land der Erde gibt, und dass wir eine schnell wachsende christliche Gemeinschaft von etwa 25 Millionen Gläubigen sind (Kinder eingeschlossen), fragt er verwundert: „Warum wissen wir dann so wenig über sie? Wo haben sie sich versteckt? Bitte sagen Sie uns, wer die Adventisten eigentlich sind.“ Sie sind fasziniert von unserem schnellen Wachstum in einer Zeit, in der viele andere christlichen Kirchen immer mehr Mitglieder verlieren. Was antworten wir ihnen? Wie stellen wir uns der Welt in den Medien am besten vor? Natürlich dürfen wir unsere wichtigste Aufgabe – die biblischen Wahrheiten zu lehren und zu predigen – nicht vernachlässigen. Die Verkündigung des Evangeliums ist unsere Mis- Kürzlich fragte der Moderator in einem Fernsehinterview: „Was kann ein 2000 Jahre altes Buch den heutigen Menschen noch zu sagen haben? Damals hatte man doch ganz andere Werte!“ Als Siebenten-Tags-Adventist möchte ich die Öffentlichkeit wissen lassen, dass die Werte, von denen die Bibel spricht, nicht nur in einer bestimmten kulturellen oder geschichtlichen Epoche Bedeutung hatten. Sie sind vielmehr unabhängig von Zeit und Kultur und gelten für alle Menschen, ganz gleich, wo sie leben und wie sie geprägt sind. Wir müssen klar machen, welche Bedeutung die Werte, für die wir einstehen, für unser heutiges Leben haben: Mitgefühl, selbstloser Dienst, Freiheit, Toleranz, Achtung voreinander und die Bereitschaft, lieber zu geben als zu nehmen. Das sind bleibende, biblische Werte, die in unserer heutigen Zeit große Bedeutung haben. © edp Generalkonferenz-Präsident Jan Paulsen über unseren Ruf Dr. Jan Paulsen bei einem Radio-Interview im Medienzentrum der STIMME DER HOFFNUNG im April 2005 in Darmstadt. 2. UNSER GLAUBE IST LEBENDIG Unsere Werte sind nicht nur zeitlos, sondern auch mit Leben erfüllt. Unser Glaube ist keine Theorie, sondern hat eine praktische Bedeutung. Er fristet sein 9/2008 ADVENTECHO 22 M I S S I O N A R I SC H L E B E N i Für audiovisuelles Material im Internet, darunter ein Fernseh-Interview vom Bloomberg Television Network mit Pastor Jan Paulsen, siehe www.advent-verlag.de (ADVENTECHO 2008/9). Dasein nicht in Archiven oder Lehrbüchern und muss nicht von Akademikern und Theologen erklärt werden. Vielmehr findet er seinen überzeugendsten Ausdruck im Alltag der Männer und Frauen, deren Leben durch Christus umgewandelt wurde. Wir müssen der Öffentlichkeit zeigen, wie die Wahrheiten, an die wir glauben, unser Leben beeinflussen. Wir müssen ihnen zum Beispiel sagen, dass wir uns für Religionsfreiheit einsetzen; denn wir sind Freiheitskämpfer im besten Sinne des Wortes, und arbeiten nicht nur für die Menschen, die ebenso denken wie wir, sondern für alle, ganz gleich, zu welchem Glauben sie sich bekennen. Lasst uns auch über unser Engagement für einen abstinenten Lebensstil reden, über unseren Kampf gegen Tabak, Alkohol, Drogen und Missbrauch aller Art, der unsere Gesellschaft zerstört und unendliches Leid über Familie und Kommunen bringt. Wir müssen erklären, warum wir uns um Fragen der Gesundheit kümmern, um Entwicklungshilfe und um die Bekämpfung von Erkrankungen wie AIDS. Denn so wie Christus in die Welt kam und den Menschen seiner Zeit Heilung und Hoffnung brachte, so fühlen auch wir uns verantwortlich für jeden Menschen, der leidet oder dem Unrecht geschieht. Die Welt soll wissen, dass wir über die Heilige Schrift nicht nur reden, sondern ihre Grundsätze auch praktisch anwenden. Deshalb bemühen wir uns auch um eine positive und konstruktive Zusammenarbeit mit den Kommunen. 3. UNSER GLAUBE BEREITET MENSCHEN FÜR DIE EWIGKEIT VOR Dr. Jan Paulsen ist der Präsident der weltweiten Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Dieser Beitrag, der in Adventist World 5/2008 erschienen ist, stellt eine Kurzfassung seiner Festansprache vom 31. Mai 2008 zum 100-jährigen Jubiläum der Adventgemeinde Tübingen dar. Jan Paulsen studierte u. a. an der Universität Tübingen und wurde dort zum Doktor der Theologie promoviert. ADVENTECHO 9/2008 Journalisten sind erstaunt über das umfangreiche Bildungssystem unserer Freikirche. Das kann kaum verwundern, denn wir unterhalten weltweit über 7000 Schulen mit fast 1,5 Millionen Schülern und Studenten. Aber wir dürfen uns nicht damit begnügen, Zahlen zu nennen, sondern müssen erklären, warum wir so viel in die Bildung investieren. Ohne in die „Sprache Kanaans“ zu verfallen, sollten wir mit einfachen Worten erklären: Unser Engagement für das Bildungswesen beruht auf dem Glauben, dass die Ewigkeit schon jetzt beginnt. Deshalb wollen wir jetzt Menschen auf die unendlichen Möglichkeiten der Ewigkeit vorbereiten. Wir leben und planen für eine nie endende Zukunft und darum liegt uns die geistliche, geistige und körperliche Entwicklung der Menschen am Herzen. 4. WIR SIND FRIEDENSSTIFTER Während der Schrecken des Völkermordes in Ruanda 1994 haben die Kirchen – einschließlich der Siebenten-Tags-Adventisten – versagt. Die etablierten christlichen Gemeinden haben fast nichts unternommen, um jene katastrophalen Ereignisse zu verhindern. Wir dürfen nie vergessen: Wenn wir die Aufforderung Christi, Friedensstifter zu sein, erfüllen wollen, kann Schweigen ein ebenso großes Versagen bedeuten wie provozierende Worte. Wer angesichts des Bösen schweigt, macht sich mitschuldig an dem Unrecht, das geschieht. Hass kann Schweigen zu einer Waffe machen. Siebenten-Tags-Adventisten sollten dafür bekannt sein, dass sie sich mit allen Kräften für Hoffnung und Frieden einsetzen. Unsere Worte und Taten müssen deutlich machen, dass wir allem entgegentreten, was Hass erzeugt und Gewalt fördert. Als einzelne Christen mögen wir zwar nur begrenzte Möglichkeiten haben, die großen gesellschaftlichen Probleme zu lösen. Aber wir können überall unsere Stimme für den Frieden erheben. Unser Verhalten in den Gemeinden und Kommunen kann deutlich machen, dass Christus alle persönlichen, politischen oder ethnischen Konflikte zu lösen vermag. Je mehr die multikulturelle Prägung der Industrienationen zunimmt, desto deutlicher müssen wir als Siebenten-Tags-Adventisten dafür bekannt werden, dass wir Menschen anderer Kulturen respektieren und akzeptieren. 5. WIR SIND REDLICHE MENSCHEN In einer Zeit, in der Korruption die Schlagzeilen bestimmt, haben Siebenten-Tags-Adventisten auch etwas über Moral, Ethik und Redlichkeit zu sagen. Unsere Spiritualität zeigt sich nicht nur im Gottesdienst. Wir vertreten keine Theologie, die lehrt: Was du im täglichen Leben tust, spielt keine Rolle. Es ist uns bewusst, dass unser Verhalten unseren Glauben immer entweder bestätigt oder verleugnet. Ich wünsche mir, dass die Siebenten-Tags-Adventisten dafür bekannt werden, dass sie ehrliche Leute sind, die Moral nicht nur predigen, sondern auch praktizieren; Menschen mit höchsten ethischen Standards, die ihre Stimme erheben gegen die Gier und die Selbstbedienungsmentalität in unserer Gesellschaft. In manchen Teilen der Welt stehen wir bereits in dem Ruf, redliche Menschen zu. Der Präsident eines afrikanischen Staates sagte mir kürzlich: „Adventisten können uns Vieles über Integrität und ethisches Verhalten lehren.“ So muss es sein. Auf diesem Gebiet können wir als Kirche und als Einzelne einen großen Beitrag leisten. In meinen Gesprächen mit den Vertretern der Medien erlebe ich, dass sie aufgeschlossen sind und ein echtes Interesse daran haben, mehr über das zu erfahren, was uns wichtig ist, und wofür wir uns einsetzen. Und immer wieder höre ich sie leise sagen: „Erstaunlich!“ – als hätten sie nicht erwartet, dass unser Glaube so stark in das tägliche Leben eingreift. „Wer sind Sie wirklich?“ Lasst uns die Frage unerschrocken und klar beantworten. Ich bete, dass die Welt deutlich Jesus Christus in uns erkennt, dem wir dienen. ■
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