SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE, SWR2 DIE BUCHKRITIK Paul Mason: Postkapitalismus Grundrisse einer kommenden Ökonomie Aus dem Englischen von Stephan Gebauer Suhrkamp Verlag 26,95 Euro Rezension von Barbara Eisenmann Donnerstag, 23. Juni 2016 (14:55 – 15:00 Uhr) Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Kürzlich hat Paul Mason, renommierter britischer Wirtschaftsjournalist, das Berliner Haus der Kulturen der Welt mit über tausend Zuhörern gefüllt, alte wir junge gleichermaßen, um dort sein neues Buch „Postkapitalismus“ im Rahmen der von den Blättern für deutsche und internationale Politik organisierten Democracy-Lecture-Reihe vorzustellen. Der 1960 geborene britische Journalist Paul Mason, Redakteur der renommierten Channel 4 News, hat ein dickes, großes Buch geschrieben: „Postkapitalismus“ heißt es. Man könnte es als Riesenweltreportage begreifen – Mason ist ein weit gereister Reporter –, in die allerdings ein wissenschaftlich gründlich gearbeiteter großer argumentativer Bogen eingearbeitet ist. Das Buch beschreibt nicht nur die Gegenwart, es analysiert die Vergangenheit und blickt in die Zukunft und ist auch noch hervorragend geschrieben. Seinen Autor versteht man vielleicht am besten in Worten Gramscis als „Pessimist des Verstands“, aber „Optimist des Willens“, und das macht ihn und sein Buch auch so glaubwürdig und sympathisch. Zunächst einmal hat man es mit einer fundierten Bestandsaufnahme des neoliberalen Kapitalismus zu tun, der spätestens seit 2008 in einer Krise steckt, die nicht mehr einfach als vorübergehend abgetan werden kann, und dessen Eliten mit ihren Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Austeritätsprogrammen und Geldschöpfungsorgien zunehmend verzweifelt wirken, weil sich trotzdem kein Wachstum mehr einstellen mag, die aber auch immer autoritärer agieren, wie es zuletzt die Griechenlandkrise und gerade die sog. Flüchtlingskrise vor Augen führen. Das Buch enthält, der Untertitel im Englischen „A Guide to our Future“ macht es klar, auch tatsächlich ganz konkrete Vorschläge, wie der Übergang in eine nichtkapitalistische Gesellschaftsordnung vor sich gehen könnte. Und nicht zuletzt ist es eine kenntnisreiche Auseinandersetzung mit Wirtschaftstheorien des 20.Jahrhunderts, denn Mason fragt sich als Linker, warum die Linke ein Jahrhundert lang mit ihren Krisentheorien vom bevorstehenden Zusammenbruch des Kapitalismus so daneben lag. Er stößt dabei auf den sowjetischen Ökonom Nikolai Kondratjew, der ganz gegen Stalins Vorstellung, schon Anfang des 20.Jahrhunderts, von der Anpassungsfähigkeit des kapitalistischen Systems überzeugt, in seiner Auswertung von Wirtschaftsdaten seit der Entstehung des Industriekapitalismus ein Muster von jeweils 50 Jahre dauernden Wellen des Auf- und Abschwungs entdeckte. Eine Welle beginne immer mit einem grundlegenden technologischen Wandel, der einen Aufschwung bewirke, und gehe nach seiner Durchsetzung in einen Abschwung über. In der Folge von Konflikten würde dann die Entwicklung neuer Technologien erzwungen und eine nächste Welle eingeleitet. Mason nun benutzt die Kenntnisse über den Kondtratjew´schen Zyklus, um festzustellen, dass seit dem vierten Zyklus, der nach dem 2.Weltkrieg begann, einiges anders verlaufen ist. Einen organisierten Widerstand der Arbeiter, der in den vorangegangenen Wellen immer auch für ein Produktiver-Werden des Kapitalismus gesorgt hatte, gibt es nicht mehr. Die Gewerkschaften wurden von Thatcher und Co. zerschlagen und die ehemalige Arbeiterklasse ist fragmentiert und prekarisiert. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Und so ist der gegenwärtige fünfte Zyklus, aus Masons Sicht, zum Stillstand gekommen. Die für diesen Zyklus charakteristischen Informationstechnologien haben den Kapitalismus als ein System, in dem alles einen Preis hat, mit dem Überfluss potentiell kostenloser digitaler Güter an die Grenzen seiner Anpassungsfähigkeit getrieben – so die These. iTunes-Songs z.B. untergraben den Preismechanismus von Märkten, die auf Angebot und Nachfrage fußen. Konzerne wie Apple wehren sich dagegen mit willkürlichen Preisfestsetzungen durch Monopolbildung; aber Monopole unterdrücken Innovation. Und deshalb, so Mason, lautet die Auseinandersetzung heute: Hierarchie versus Netzwerk. Kollaborative Projekte wie Wikipedia oder Linux zeigen, dass immer mehr Dinge in Zukunft abseits des Marktes bereitgestellt werden können. Und so könnte sich an diesem Widerspruch von netzwerkartigen Produktivkräften und hierarchischen Produktionsverhältnissen – da ist Mason wieder ganz Marxist - am Ende doch noch das Ende des Kapitalismus entscheiden. Allerdings müsste der Staat - am besten ein Staatenverbund – diesen Wandel von unten, angetrieben von vielen kleinen Projekten, Kooperativen, Genossenschaften, hin zu einer Netzwerkgesellschaft fördern - auch wenn der Staat selbst sich dabei irgendwann überflüssig macht. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. 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