Totmacher DE CK /D PA »Keiner sieht sie kommen«: Mit dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren werden auch die Killerdienste des Kommandos Spezialkräfte im eigenen Land aktiviert. Eine unheimliche Truppe. Von Otto Köhler UL I SEITE 3 GEGRÜNDET 1947 · DONNERSTAG, 21. APRIL 2016 · NR. 93 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Maulkorb Gegenwehr Wettrüsten Einheitspartei 4 6 7 12 Juristischer Angriff: junge Welt darf Parteitag der PCC: Kubas KommuniNamen von Exneonazi und sten bekräftigen antikapitalistiGeheimdienstmann nicht nennen schen Kurs. Kommentar Seite 8 USA stecken in den nächsten fünf Historischer Zusammenschluss: Jahren 18 Milliarden Dollar in EntVor 70 Jahren wurde die SED wicklung strategischer Waffen gegründet. Von Leo Schwarz Klatsche aus Karlsruhe Von der Leyen will NATO-Einsatz ausweiten Izmir. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen will die NATO-Mission zur Überwachung der Ägäis ausweiten. Am Mittwoch forderte die Ministerin bei einem Besuch des deutschen Flaggschiffs »Bonn« vor der Insel Chios, dass das Operationsgebiet nach ihren Vorstellungen künftig auch die Gewässer um die Inseln Samos, Kos und Leros umfassen soll. Derzeit operieren acht NATOSchiffe aus sechs Ländern zwischen der türkischen Küste und den Inseln Lesbos und Chios. In den vergangenen sechs Wochen haben sie dort fast 100 Boote mit Flüchtlingen an die türkischen und griechischen Küstenwachen gemeldet. Deutschland stellt mit der »Bonn« das Flaggschiff des Einsatzes mit etwa 200 Soldaten Besatzung. (dpa/jW) Bundesverfassungsgericht kassiert Großteil des BKA-Gesetzes, erklärt aber Staatsinteresse für gleichrangig mit Bürgerrechten. Von Ulla Jelpke Der Schutz grundlegender Rechte ist im BKA-Gesetz nicht ausreichend garantiert, urteilte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts ULI DECK/DPA-BILDFUNK Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte, dass der Schutz grundlegender Bürgerrechte nicht ausreichend garantiert werde. Eingriffe in die Privatsphäre dürften sich nicht gegen Unbeteiligte richten, sondern ausschließlich die »gefahrenverantwortlichen Zielpersonen selbst«. Und auch dann gehe es nicht an, dass das BKA selbst darüber entscheide, ob die mitgehörten Gespräche in den Bereich der geschützten Privatsphäre fallen. Abgesehen von Fällen bei »Gefahr in Verzug«, müssten sämtliche in Wohnungen oder per Computerüberwachung gewonnenen Daten einer unabhängigen Stelle vorgelegt werden. Kassiert wurde vom Gericht außerdem die Möglichkeit, auf die Löschung erhobener Daten langfristig zu verzichten, um sie für ganz andere Zwecke zu verwenden. Dauerhafte Observationen seien – mit Gerichtsbeschluss – nur zulässig, wenn die Zielpersonen verdächtig seien, »in überschaubarer Zukunft terroristische Straftaten« zu begehen. Eine Weitergabe von Daten an andere Polizeibehörden ohne konkrete Ermittlungsansätze wurde verworfen. Erstmals gibt das Verfassungsgericht auch Rahmenbedingungen für Datenübermittlungen an ausländische Behörden vor. Dabei müsse eine »wirksame Kontrolle« sicherstellen, dass der Empfängerstaat die Daten nicht für Menschenrechtsverletzungen nutzt. Das hört sich zwar gut an, gleichwohl erklärten die Richter genau in diesem Punkt das BKA-Gesetz für verfassungskonform, weil es in einem Halbsatz Datenübermittlungen ausschließt, wenn ihnen »schutzwürdige Interessen« der betreffenden Person entgegenstehen. Wie eine »wirksame Kontrolle« zum Beispiel die USA davon abhalten könnte, übermittelte Daten für Drohnenangriffe zu nutzen, bleibt im Dunkeln. Mitkläger Gerhart Baum hofft nun, das Urteil werde auch Änderungen in anderen Gesetzen etwa der Geheimdienste nach sich ziehen, die ähnliche Regelungen enthalten. Allerdings haben die Richter das BKA-Gesetz nicht komplett verrissen. Vielmehr hielten sie fest, dass die Sicherheitsinteressen des Staates und die Freiheitsrechte der Bürger »im gleichen Rang« zueinander stünden. Die meisten Gesetzesbestimmungen seien »im Grundsatz mit den Grundrechten vereinbar«, nur ihre »derzeitige Ausgestaltung« nicht. Innenstaatssekretär Hans- Georg Engelke kündigte an, die Regierung werde zügig die geforderten Nachbesserungen vornehmen. Es steht zu befürchten, dass sie sich auf einige Hohlphrasen beschränkt, die den Vorgaben der Richter mehr formell als inhaltlich genügen. Somit ist die Klatsche des Gerichts für die Bundesregierung längst nicht kräftig genug ausgefallen. Sie reden wieder NATO-Russland-Rat tagte in Brüssel. Virtuelle Kriegsspiele in Estland Z um ersten Mal seit fast zwei Jahren ist am Mittwoch wieder der NATO-Russland-Rat zu direkten Gesprächen zusammengekommen. Die Botschafter beider Seiten berieten am Mittwoch im Brüsseler Hauptquartier der Allianz fast vier Stunden und damit doppelt so lang wie erwartet. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach anschließend von einer »offenen und ernsten Diskussion«. Gerade in Krisenzeiten sei der Dialog wichtig. Themen der Gespräche waren laut Stoltenberg die Lage in der Ukraine und in Afghanistan sowie Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos militärischer Zwischenfälle zwischen beiden Seiten. Die Treffen des Rates waren im Juni 2014 von der westlichen Seite wegen der Krise in der Ukraine abgebrochen worden. »Die NATO und Russland haben tiefgehende und anhaltende Meinungsverschiedenheiten«, bekräftigte Stoltenberg am Mittwoch. So stimmten viele NATO-Mitglieder nicht mit der Darstellung Russlands überein, dass es sich bei dem Konflikt in der Ostukraine um einen Bürgerkrieg handele. Der Generalsekretär warf Russland vor, für die Destabilisierung im Donbass verantwortlich zu sein und die Separatisten mit Munition, Ausrüstung und Finanzmitteln zu unterstützen. Die deutsche Linkspartei begrüßte die Wiederaufnahme des Dialogs, durch den militärische Konfrontationen zwischen Russland und NATOMitgliedsstaaten verhindert und bestehende Spannungen abgebaut werden könnten. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gehrcke forderte: »Wer A sagt, sollte auch B sagen. Eine Aufhebung der Sanktionen wäre ein wichtiger Schritt zur Normalisie- rung der deutsch-russischen Beziehungen.« Parallel zur Wiederaufnahme des Dialogs haben mehrere NATO-Staaten mit einem virtuellen Manöver in Estland die Abwehr von Hackerangriffen geprobt. Mehr als 550 Computerexperten beteiligen sich an der Übung des »NATO-Kompetenzzentrums zur Abwehr von Attacken aus dem Internet« in Tallinn. Beteiligt waren Teams aus 19 Nationen und die »NATO Computer Incident Response Capability« (NCIRC), wie das Zentrum am Mittwoch mitteilte. (AFP/Reuters/dpa/jW) SEBASTIAN KAHNERT/ZB/DPA-BILDFUNK B eim Umbau des Bundeskriminalamts zur Spitzelbehörde musste die Bundesregierung gestern einen erheblichen Dämpfer einstecken: Das Bundesverfassungsgericht erklärte am Mittwoch das BKAGesetz in weiten Teilen für verfassungswidrig. Das Urteil hält allerdings auch fest, dass die meisten Bestimmungen durch »flankierende« Regelungen beibehalten werden könnten. Mit dem bereits im Jahr 2009 eingeführten Gesetz erhielt das BKA weitreichende Befugnisse zur »präventiven Gefahrenabwehr«. Besonders umstritten waren damals die optische und akustische Wohnraumüberwachung (»Lausch- und Spähangriff«) und die Möglichkeit der Onlineüberwachung von Computern. Auch unbeteiligte Kontakt- oder Begleitpersonen gerieten seither ins Visier. Gegen das Gesetz legten unter anderem ZeitHerausgeber Michael Naumann, einige Grünen-Politiker und der frühere Warnstreiks werden ausgeweitet Berlin. Eine Woche vor der nächsten Verhandlungsrunde im Tarifkonflikt des öffentlichen Diensts von Bund und Kommunen erhöhen die Gewerkschaften ihren Druck. Am gestrigen Mittwoch demonstrierten nach Angaben des DBB Beamtenbunds in Berlin rund 800 Beschäftigte, darunter viele Bundesbeamte, gegen das bisherige Angebot. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hatte alleine in Bayern 5.000 Mitglieder zu Warnstreiks aufgerufen. In vielen Städten Ostdeutschlands standen Busse und Bahnen still. Für den heutigen Donnerstag kündigte ver.di bundesweite Warnstreiks an Kliniken an. Ver.di fordert für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen unter anderem sechs Prozent mehr Geld. Die Gegenseite hatte drei Prozent mehr Lohn und Gehalt für zwei Jahre geboten, was die Gewerkschaften aber mit dem Argument ablehnten, unter dem Strich seien es weniger als zwei Prozent. Die dritte Verhandlungsrunde ist für den 28. April angesetzt. (dpa/jW) wird herausgegeben von 1.828 Genossinnen und Genossen (Stand 15.4.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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