DIE RHEINPFALZ — NR. 89 A KT U EL L NO TI ER T Verschwundenes Marterl sorgt für schlaflose Nacht SAMSTAG, 16. APRIL 2016 Mehr Licht Ostschule: Putz abgefallen, Kind leicht verletzt FLÜCHTLINGE IN NEUSTADT (3): Die Gemeinschaftsunterkunft in der Landwehrstraße soll ab Juni Im ersten Stock der Ostschule ist gestern ein Stück der verputzten Decke im Flur heruntergefallen. Laut Stadt wurde ein Kind leicht an der Stirn getroffen, ein anderes hat sich erschreckt. Der für heute geplante Präsentationstag wurde abgesagt, die Schule vorerst bis einschließlich Dienstag geschlossen. bezogen werden. Damit einher gehen viele Sicherheitsvorkehrungen. Wie mehr Licht am Böbig. Am Donnerstag stand eine kleine Probe aufs Exempel an: Ortsbesichtigung im Dunkeln. VON ANKE HERBERT Vor Kurzem hing es noch: das Marterl mit Kruzifix. FOTO: KLOHE Die Nacht auf Freitag war für Waldemar Klohe eine schlaflose. Denn am Donnerstag hatte der Rentner aus Geinsheim entdeckt, dass das „Marterl“ mit Kruzifix verschwunden ist. Der kleine Heiligenstock hing seit zehn Jahren an einem Baum bei einer Sitzgruppe entlang des Radwegs nach Speyer. Zu ihr führt ein Steg über den Speyerbach. Klohe ist fassungslos: Den Rastplatz hat er selbst mitgestaltet, das Marterl eigenhändig gefertigt. Als es aufgehängt wurde, hat der damalige Pfarrer Markus Magin das Kruzifix geweiht. „Wer ist so ehrfurchtslos und dreist?“, fragt der Geinsheimer und weiß sich darin mit Ortsvorsteher Reinhard Nebel einig. Dieser erfuhr gestern auf RHEINPFALZ-Anfrage von dem Verschwinden des Marterls. „Das sind doch kulturelle Werte, man ist doch selig, so etwas im Dorf zu haben.“ Er will nun Augen und Ohren offen halten, ob jemand etwas über das Verschwinden weiß. Auf Hinweise hofft auch Waldemar Klohe, Telefon 06327/966793. (ahb) T A GE STHE MA Bald Großbaustelle in Hambach Im Juni ist voraussichtlich Baubeginn in der Hambacher Dammstraße. Die Durchfahrt wird 15 Monate lang voll gesperrt sein. Jetzt wurden die Anlieger informiert. LOKALSEITE 2 Wer den Fußweg zwischen Realschule plus am Böbig und MartinLuther-Kirche kennt, erkennt ihn nicht mehr wieder. Wo früher üppiges Grün jeden Überblick verhinderte und nach Einbruch der Dämmerung die Hand nicht mehr vor Augen zu sehen war, herrscht jetzt freie Sicht und es ist fast gleißend hell. Dafür sorgen zusätzliche oder erneuerte Leuchten an Gebäuden und Masten sowie eine ordentliche „Rasur“ durch die Stadtgärtnerei. Der kleine Trupp aus Mitarbeitern von Stadtverwaltung und Polizei mit Sozialdezernent Ingo Röthlingshöfer an der Spitze ist am späten Donnerstagabend fast ein wenig sprachlos. Mehr Licht und keine Gelegenheit für weniger nette Zeitgenossen, sich zu verstecken, kann das Sicherheitsgefühl immens erhöhen. Dass es mit jenem der Anwohner am Böbig oder der Nutzer des Bahnhaltepunkts nicht immer zum Besten stand, wissen vor allem Ordnungsamt und Polizei. Der Grund, warum nun unter Anleitung des Gebäudemanagements etwas passiert ist, liegt links vom Fußweg in Richtung Kirche: die neue Unterkunft für 160 Flüchtlinge. Auch sie ist in helles Licht getaucht, ein privater Wachdienst zieht Streife: Kurz vor der Fertigstellung ist die Gefahr von Vandalismus besonders groß. „Wir nehmen die Sorgen der Anwohner wegen der neuen Nachbarn ernst“, sagt Röthlingshöfer – auch wenn er angesichts der bisherigen Erfahrungen mit Flüchtlingsunterkünften nicht mit einer Gefahrenlage rechnet. Gerade im Schöntal habe sich gezeigt, dass im täglichen Miteinander mögliche Vorbehalte schnell abgebaut würden. Zumal die ANZEIGE B I T TE U M BLÄT TE RN Raketenbasis trotz Ratsstreik Haßloch: 1959 trat der Gemeinderat wegen des geplanten Baus einer Raketenstation im Haßlocher Wald vorübergehend in Streik. Gebaut wurde sie trotzdem. LOKALSEITE 3 Von Baum zu Baum Richtung Tal Land: Gestern wurde der Zipline-Parcours Elmstein zum Fahren an Stahlseilen hoch über dem Waldboden offiziell eingeweiht. Start für jedermann ist am 30. April. LOKALSEITE 4 Anstrengend wie per Rad nach Haßloch Kultur regional: Der Kölner Kabarettist Jürgen Becker widmet sich beim Neustadter Kleinkunstverein „Reblaus“ dem vielschichtigen Thema Sexualität. LOKALSEITE 5 Ein Weltmeister in Haßloch Sport: Mit dem Handball-Weltmeister von 2007, Andrej Klimovets, gastiert die TGS Pforzheim heute im Haßlocher TSG Sportzentrum. Die Gastgeber brauchen Punkte. LOKALSEITE 7 S ER VI C E Auf einen Blick LOKALSEITE 6 SO ER RE IC HEN S IE UNS Verlag und Geschäftsstelle Kellereistr. 12 - 16 67433 Neustadt 06321 8903-0 06321 8903-20 [email protected] Abonnement-Service Telefon: 06321 3850146 Fax: 06321 3850188 E-Mail: [email protected] Privatanzeigen Telefon: Fax: E-Mail: Landwehrstraße bei Nacht: Die Flüchtlingsunterkunft wirkt schon vor dem Erstbezug bewohnt. Zeit der alleinreisenden Männer vorbei sei, und die Landwehrstraße vor allem mit Familien belegt werde. Dafür sei das Umfeld am Böbig ideal – viele potenzielle Ehrenamtliche hätten sich bereits gemeldet, vorneweg die Schulen und Schüler. Wer so argumentiert, muss es eigentlich für kontraproduktiv halten, wenn schon früher geforderte Verbesserungen wie mehr Licht, Grünrückschnitt oder eine veränderte Einzäunung der Realschule erst dann umgesetzt werden, wenn Flüchtlinge in der Nachbarschaft einziehen. „Es war vermutlich auch vorher notwendig, aber besser, es geschieht jetzt als gar nicht“, meint der Bürgermeister. Videoüberwachung ist ein zweites Stichwort. Am Bahnhalt und auf dem nahen Parkplatz sind Kameras installiert, sie wurden überprüft, ebenso die Hinweisschilder. Der Fußgängertunnel unter den Gleisen ist auch anheimelnd hell, dem jungen Paar auf der Treppe davor dürfte das nicht ganz so lieb sein. Polizeibeamte werden dort und an anderen Stellen künftig verstärkt unterwegs sein – verdeckt und offen. Zwei neue Mitarbeiter erhält das Ordnungsamt, um die Augen offen halten zu können. Regina Reiser vom Sozialamt gehört zum Betreuungsteam für die Unterkunft. Sie hat bereits viele Ideen, auch für die Außenanlage: einen Spielplatz, einen Nutzgarten. Unterstützt wird sie von der nahen Kindertagesstätte, die natürlich die jüngsten Flüchtlinge im Blick hat. Angedacht sind zudem reine Frauenangebote, um den weiblichen Flüchtlingen den Zugang zu Integrationsmöglichkeiten zu erleichtern. Wie groß der Bedarf an Unterkünften tatsächlich noch ist, wird derzeit geprüft. Was den Sozialdezernenten, in dessen Ressort viele Fäden der Flüchtlingsarbeit zusammenlaufen, freut: Dass es vorab gute Gespräche mit Anwohnern, Schulen und Kindertagesstätte gab – und dass in einer Arbeitsgruppe der Stadtverwaltung ressortübergreifend gearbeitet wurde und wird. Ein Lob gab es unlängst vom Landessportbund: Weil FOTO: LM Neustadt als eine der wenigen Städte im Land keine Notunterkunft für Flüchtlinge einrichten musste und damit Sporthallen blockierte. Auch das sei ein Beleg für die gute Arbeit aller, so Röthlingshöfer. Kaiserslautern hat diese Woche den Bau einer weiteren Flüchtlingsunterkunft gestoppt. Derzeit sieht die Stadt keinen Druck. Ob das auch für Neustadt gilt? Die Gesamtsituation sei derzeit auf dem Prüfstand, sagt der Bürgermeister. Ob es bei den geringen Zuweisungen bleibe, müsse abgewartet werden. Generell werde die Stadt alles nutzen, was sie angekauft und gebaut habe oder noch bauen werde – auch, um angemietete Objekte unter Umständen wieder abzugeben. Dabei sei eine Frage, ob diese ebenso als sozialer Wohnraum dienen könnten. Zur Sache: Was Flüchtlinge die Stadt tatsächlich kosten 28,5 Stellen wurden bislang bei der Stadtverwaltung wegen der Flüchtlingssituation geschaffen, 24 sind bereits besetzt: 16 für Sozialarbeit und Vollzugsdienst, zwei für Integrationskurse und 6,5 im Bereich Gebäudemanagement, darunter vier Hausmeister und zwei Techniker. Zu den Mitarbeitern zählen auch frühere Flüchtlinge. Aktuelle Flüchtlinge sollen Deutsch künftig nicht nur in Kursen, sondern auch bei der Arbeit lernen: Vier Stellen im Bundesfreiwilligendienst werden in den nächsten Wochen unter Dach und Fach gebracht. An Personalkosten bedeutete das im Jahr 2015 rund 758.000 Euro. Hinzu kamen Mittel für Wohnnebenkosten (67.754 Euro), Bauunter- halt (91.218 Euro), Mieten (744.073 Euro) und Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz von rund 2,14 Millionen Euro. Erstattungen von Bund und Land und Kursgebühren, die die Asylbewerber selbst zahlen, gegengerechnet, verblieb für die Stadt sozusagen ein Eigenanteil von rund 1,27 Millionen Euro. Darin nicht eingerechnet sind die Investitionskosten für den Kauf oder Neubau von Gebäuden und Gemeinschaftsunterkünften. So werden derzeit auch die Container im Naulott für weitere 100 Menschen aufgestockt. Dafür brachte die Stadt im vergangenen Jahr rund 6,42 Millionen Euro auf, finanziert über zinslose Kredite. Im laufenden Jahr sind weitere acht Millionen Euro eingeplant. Größtes Projekt sind drei Wohnblocks für 5,2 Millionen Euro im Norden der Böhlstraße (Bereich Knappengraben) für 210 Asylbewerber. Dauerhaft sollen sie dem sozialen Wohnungsbau dienen. Aktuell sind in Neustadt rund 650 Flüchtlinge untergebracht: in städtischen Wohnungen, Gebäuden, Gemeinschaftsunterkünften, Mobilhomes sowie in Mietobjekten. Ende vergangenen Jahres waren es 522 Menschen. Laufende Ausgaben und Erstattungen im Jahresmittel gegengerechnet, bedeutete das für die Stadt einen Zuschussbedarf von rund 290 Euro pro Kopf/Monat. Die Investitionen in die Unterkünfte dazuaddiert, erhöht sich diese Summe um 1460 auf 1750 Euro. (ahb) ANZEIGE 9298506_10_1 DIE SERIE Das Thema Flüchtlinge in Neustadt umfasst viele Aspekte. Wie stellen sich Kitas und Schulen auf? Was bedeutet Flüchtlings-TV? Wie läuft es bei den Deutschkursen, wie auf dem Arbeitsmarkt? Diese und andere Fragen greifen wir in losen Serienfolgen auf. 9267560_10_1 •• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• In dem sofort gesperrten Flur hat eine Firma im Auftrag des Gebäudemanagements und eines Statikers noch gestern die gesamte, 30 Meter lange Decke auf Hohlräume untersucht und weitere kritische Stellen entdeckt. Vermutet wird, dass sich die Hohlräume unter dem Putz gebildet haben, weil 2015 der Boden im darüberliegenden Flur des zweiten Obergeschosses saniert worden war. Um aber jedes Sicherheitsrisiko auszuschließen, wurde gestern Nachmittag entschieden, den Putz aller Decken zu kontrollieren, was bis voraussichtlich Dienstagnachmittag dauern wird. Am Montag fällt der Unterricht aus, der Dienstag ist ein Ausflugstag. Die Eltern sind STI CH W ORT Unterkunft Landwehrstraße Die Gemeinschaftsunterkunft in der Landwehrstraße besteht aus drei Gebäuden. Werden sie mal nicht mehr für Flüchtlinge gebraucht, sollen sie anderen Zwecken dienen, Beispiel Ausweichquartier für Schulen. 4,4 Millionen Euro hat die Stadt investiert – zinslose Darlehen der landeseigenen Investitions- und Strukturbank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Ab Juni soll die Landwehrstraße bezogen werden, vor allem von Familien. Zwei hauptamtliche Betreuer, an der Spitze Regina Reiser, haben dort ganztags ihr Büro und sind Ansprechpartner für alle. Für 26. April, 20 Uhr, sind Anwohner zur Infoveranstaltung in die Aula der Berufsbildenden Schule eingeladen. (ahb) nach Stadtangaben informiert; auch darüber, dass für Montag bei Bedarf eine Notgruppe eingerichtet wird. Rektorin Karin Hochlechner zufolge war das Verhalten der Kinder nach dem Vorfall vorbildlich gewesen, ebenso die Zusammenarbeit mit der Stadt als Schulträger. Der Vater des Schülers, der von einem Stück Putz getroffen worden war, habe sein Kind abgeholt und mit ihm auf Anraten der Schulleitung einen Arzt aufgesucht. Eine Erstversorgung direkt nach dem Unfall sei nicht notwendig gewesen. (ahb) ANZEIGE Die neuen Kurse beginnen ab So. 01.05.16! Mit -CARD RHEINPFALZ gutschein 20,- € Getränke zum bei Anmeldung Grundkurs 1 www.tanznickel.de 9231017_10_1 MITTELHAARDTER RUNDSCHAU Telefon: Fax: E-Mail: Jetzt Baustelle: der Flur im ersten Stock. FOTO: LM 06321 3850192 06321 3850193 [email protected] Geschäftsanzeigen Telefon: Fax: E-Mail: 06321 3850383 06321 3850384 [email protected] Lokalredaktion Telefon: Fax: E-Mail: 06321 8903-28 06321 8903-36 [email protected] WOCHENSPIEGEL Seit Kurzem erinnern Info-Tafeln daran. Sogar ein „Rundweg Altstadtsanierung“ wird darauf vorgeschlagen. Sieht man mal von der Grünanlage in der Zwerchgasse ab, ist das sozusagen ein Rundweg zu den 70erJahre-Hässlichkeiten Neustadts. Wozu das? Um Besucher auf ungelöste städtebauliche Probleme der Stadt aufmerksam zu machen? Merkwürdige Sache. Und noch dazu diese popelige Gestaltung der Hinweistafeln ... Kathrin Keller INFO-TAFELN •• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• Rundgang zu den Bausünden Die Hoffnung, dass in die Entwicklung von Neustadts Problemzone Nummer 1 schon bald Bewegung kommt, ist diese Woche wieder gesunken. Die geplante Zwangsversteigerung des Hertie-Gebäudes wurde abgesagt, nachdem die ausstehenden Forderungen aus Grundsteuern und Gebühren beglichen wurden. Dass dieser Komplex ebenso wie das Palatia-Haus am Kartoffelmarkt und der Klemmhof einmal als städtebauliche Vorzeige-Objekte galten, mag man sich gar nicht mehr vorstellen. Das Palatia-Haus, heute unter anderem Sitz der Targo-Bank, hat 1975 sogar den Architekturpreis der Architektenkammer RheinlandPfalz bekommen. Lange ist’s her. HAARDT •• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• Neue Bausünden verhindern KARIKATUR: HERRMANN Dass sich die Haardter in ihrem Ortsbeirat Gedanken darüber machen, wie der Ort von Bausünden verschont bleibt, ist löblich. Vor al- lem Friderike Graebert von den Grünen setzt sich engagiert dafür ein, dass die Stadt Neu- und Umbauvorhaben sehr kritisch unter die Lupe nimmt. Gleichzeitig fordert sie aber auch mehr Toleranz des Denkmalschützers, wenn es darum geht, Photovoltaikanlagen auf den Dächern zu befestigen. Schließlich müssten sich möglichst alle an der Energiewende beteiligen. Bei dieser Forderung im Ortsbeirat am Dienstag widersprach ihr aber Volker Klein, der Chef des Stadtplanungsamtes, deutlich. Und das ist auch gut so. Es gibt genug Flächen und Gebäude, die sich besser dafür eignen, den Strom selbst zu erzeugen, als Dachflächen von denkmalgeschützten Gebäuden auf der „Terrasse“ der Pfalz. Die Haardter wollen ja auch, dass keine Windräder ihnen die Sicht über die Rheinebene versperren. Wolfgang Kreilinger neu_hp15_lk-stadt.01
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